Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge unterlassener Zeugenvernehmung
Leitsatz (NV)
1. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 FGO) durch Nichterhebung angebotener Beweise erfordert u. a. die Angabe der ermittlungsbedürftigen Tatsachen, nämlich der konkreten nach Raum und Zeit bestimmten, vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse oder Zustände. Für die Rüge unterlassener Zeugenvernehmung sind demzufolge die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen anzugeben.
2. Diesen Anforderungen genügt es nicht, wenn ausgeführt wird, daß durch den Zeugen das behauptete Treuhandverhältnis uneingeschränkt bestätigt worden wäre, denn damit werden keine Tatsachen angegeben, sondern die Rechtsauffassung des Zeugen.
Normenkette
FGO §§ 76, 96, 115 Abs. 2 Nr. 3, § 155; ZPO §§ 288, 291, 373, 414
Verfahrensgang
Tatbestand
Durch Urteil vom 2. April 1990 hat das Finanzgericht (FG) das Begehren des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) als unbegründet abgewiesen, die Schenkungsteuerbescheide des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt - FA -) vom 3. August 1982 und 15. Dezember 1982 aufzuheben. Das FG kam zu der Überzeugung, daß das vom Kläger behauptete Treuhandverhältnis über die strittigen Vermögensgegenstände zwischen dem Schenker als Treugeber und dem Kläger als Treunehmer nicht bestehe. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde rügt der Kläger, das FG habe zu Unrecht auf die Aussage des zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladenen, aber nicht erschienen Zeugen verzichtet, weil er für den Senat unerreichbar sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) durch Nichterhebung angebotener Beweise erfordert u. a. die Angabe der ermittlungsbedürftigen Tatsachen; denn Gegenstand des Beweises sind die unmittelbaren oder mittelbaren Tatsachen (vgl. § 155 FGO i. V. m. §§ 288, 291 der Zivilprozeßordnung - ZPO -); das sind die konkreten nach Raum und Zeit bestimmten, vergangenen oder gegenwärtigen Geschehnisse oder Zustände (Thomas / Putzo, Zivilprozeßordnung, 15. Aufl., Vorbemerkung 6 vor § 284 mit Nachweisen). Beweiserhebung als Mittel richterlicher Sachaufklärung bezieht sich auf die Tatsachen, aus denen das Gericht die rechtlichen Schlüsse zu ziehen hat und auf die das Urteil gestützt wird (vgl. § 96 FGO). Für die Rüge der unterlassenen Zeugenvernehmung folgt hieraus, daß der Kläger die in das Wissen des Zeugen gestellten Tatsachen anzugeben hat (Urteil des Bundesfinazhofs - BFH - vom 18. April 1972 VIII R 40/66, BFHE 105, 325, BStBl II 1972, 572; vgl. auch § 373 ZPO). Nur dann kann der BFH überprüfen, ob das angefochtene Urteil auf dem geltend gemachten Verfahrensfehler - der unterlassenen Vernehmung eines angebotenen Zeugen - beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), ob also das FG unter Berücksichtigung der von dem Zeugen zu erwartenden Aussagen über die Wahrnehmung vergangener Tatsachen und Zustände (vgl. § 414 ZPO) zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können.
Dem entspricht die Beschwerdebegründung im Streitfall nicht, denn darin wird nur ausgeführt, ,,durch den Zeugen wäre das vom Kläger behauptete Treuhandverhältnis uneingeschränkt bestätigt worden". Der Kläger hat damit keine Tatsachen angegeben, die den BFH in die Lage versetzen würden zu überprüfen, ob das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensmangel beruhen kann. Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich lediglich die - für das Gericht unerhebliche - Rechtsauffassung des Zeugen, es habe ein Treuhandverhältnis vorgelegen.
Fundstellen
Haufe-Index 422839 |
BFH/NV 1991, 548 |