Entscheidungsstichwort (Thema)
Ordnungsmäßigkeit eines Fahrtenbuches; Beweiswürdigung; Tatbestandsberichtigung
Leitsatz (NV)
1. Die Rechtsfrage, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, ist im Wesentlichen geklärt.
2. Ob ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß ist, kann nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entschieden werden.
3. Die Beweiswürdigung des FG kann in einem Revisionsverfahren nur darauf überprüft werden, ob die Schlussfolgerungen des FG aus den verfahrensrechtlich einwandfrei festgestellten Tatsachen mit den allgemeinverbindlichen Grundsätzen der Beweiswürdigung, insbesondere den allgemeinen Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen vereinbar sind.
4. Unzutreffende Feststellungen des FG sind grundsätzlich nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH, sondern mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG geltend zu machen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2, § 108 Abs. 1; EStG § 8 Abs. 2 Sätze 2-4, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Verfahrensgang
FG Baden-Württemberg (Urteil vom 11.10.2007; Aktenzeichen 5 K 302/04) |
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat --bei erheblichen Zweifeln an ihrer Zulässigkeit-- jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht gegeben. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) noch ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO). Darüber hinaus liegt auch kein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
1. a) Der BFH hat in mehreren Entscheidungen die Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--) näher präzisiert (z.B. Urteile vom 9. November 2005 VI R 27/05, BFHE 211, 508, BStBl II 2006, 408; vom 16. November 2005 VI R 64/04, BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410; vom 16. März 2006 VI R 87/04, BFHE 212, 546, BStBl II 2006, 625). Danach muss das Fahrtenbuch eine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der Aufzeichnungen bieten, sodass der zu versteuernde Privatanteil (Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) an der Gesamtfahrleistung mit vertretbarem Aufwand überprüft werden kann. Dazu gehört auch, dass das Fahrtenbuch zeitnah und fortlaufend in einer geordneten und geschlossenen äußeren Form geführt wird, die nachträgliche Einfügungen oder Veränderungen ausschließt oder zumindest deutlich als solche erkennbar werden lässt (vgl. auch BFH-Urteil vom 14. Dezember 2006 IV R 62/04, BFH/NV 2007, 691; BFH-Beschluss vom 11. Dezember 2006 VIII B 82/06, BFH/NV 2007, 453).
Im Urteil in BFHE 211, 513, BStBl II 2006, 410 hat der BFH zusätzlich entschieden, dass eine mit Hilfe eines Computerprogramms erzeugte Datei nur dann den Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch genügt, wenn nachträgliche Veränderungen an den zu einem früheren Zeitpunkt eingegebenen Daten nach der Funktionsweise des verwendeten Programms technisch ausgeschlossen sind oder in ihrer Reichweite in der Datei selbst dokumentiert und offengelegt werden.
Der BFH hat ferner mehrfach, zuletzt im Urteil vom 10. April 2008 VI R 38/06, BFH/NV 2008, 1382, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, dargelegt, dass die Frage, ob ein Fahrtenbuch ordnungsgemäß ist, nur anhand der jeweiligen Umstände des Einzelfalles entschieden werden kann. Diese Aufgabe obliegt in erster Linie dem Finanzgericht (FG) als Tatsacheninstanz (vgl. auch BFH-Urteil vom 15. März 2007 VI R 94/04, BFH/NV 2007, 1302).
Angesichts dessen ist die Rechtsfrage, welche Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch zu stellen sind, im Wesentlichen geklärt (vgl. auch BFH-Beschlüsse vom 17. April 2007 VI B 145/06, BFH/NV 2007, 1314; vom 13. März 2007 VI B 141/06, BFH/NV 2007, 1132; vom 13. Februar 2007 XI B 33/06, BFH/NV 2007, 915; in BFH/NV 2007, 453; vom 28. November 2006 VI B 32/06, BFH/NV 2007, 439).
b) Die Vorinstanz ist in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich von den vorgenannten Rechtsgrundsätzen ausgegangen. In tatrichterlicher Würdigung (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) ist das FG zu dem --jeweils im Einzelnen begründeten-- Schluss gelangt, dass das von dem Kläger in den Streitjahren 1998 und 1999 geführte elektronische Fahrtenbuch (mit Rückgriff auf Sicherungsdateien und anderweitige Notizen bzw. Aufzeichnungen) weder die erforderliche äußere geschlossene Form aufweise noch zeitnah geführt worden sei.
Die hiergegen vorgebrachten Einwendungen des Klägers werfen demgegenüber keine neuen grundsätzlichen, fallübergreifenden Rechtsfragen auf, die im allgemeinen Interesse (noch) der Klärung durch den BFH bedürften. Es sind im Streitfall keine neuen, insbesondere von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Aspekte erkennbar, die eine erneute revisionsrechtliche Prüfung geboten erscheinen lassen.
Im Kern richtet sich das Vorbringen des Klägers gegen die vom FG vorgenommene Tatsachen- und Beweiswürdigung und betrifft damit einen die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht rechtfertigenden vermeintlichen materiell-rechtlichen Mangel der Vorentscheidung (ständige Rechtsprechung; z.B. BFH-Beschluss vom 25. Januar 2000 VI B 384/98, BFH/NV 2000, 868; vgl. auch Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 82; Seer in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 115 FGO Rz 105 ff., 108). Überdies kann die Beweiswürdigung des FG in einem Revisionsverfahren ohnehin nur darauf überprüft werden, ob die Schlussfolgerungen des FG aus den verfahrensrechtlich einwandfrei festgestellten Tatsachen mit den allgemeinverbindlichen Grundsätzen der Beweiswürdigung, insbesondere den allgemeinen Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen vereinbar sind (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 30. Dezember 2004 VI B 67/03, BFH/NV 2005, 702).
2. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen.
Im Zusammenhang mit der Frage der nicht zeitnahen Führung des Fahrtenbuchs wendet sich der Kläger offenbar gegen die tatsächliche Feststellung des FG (§ 118 Abs. 2 FGO), er --der Kläger-- habe "seine Angaben, wie er selbst ausführt, nur einmal wöchentlich" gemacht. Ungeachtet dessen, dass sich die jetzige Behauptung des Klägers, er habe die Eintragungen in das elektronische Fahrtenbuch jeweils im Anschluss an die Fahrten, spätestens am Folgetag gemacht, in dem in Bezug genommenen Schriftsatz vom 29. November 2004 nicht wiederfindet, verkennt der Kläger, dass unzutreffende Feststellungen nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH, sondern mit einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung (§ 108 Abs. 1 FGO) beim FG geltend zu machen sind (ständige Rechtsprechung; vgl. u.a. BFH-Beschlüsse vom 21. August 2007 I B 68/06, BFH/NV 2007, 2314; vom 10. Mai 2007 VIII B 58/06, nicht veröffentlicht; vom 14. März 2007 VI B 88/06, BFH/NV 2007, 1318; Gräber/ Stapperfend, a.a.O., § 108 Rz 1 ff.). Das gilt auch für solche Tatsachen, die in den Entscheidungsgründen des Urteils mitgeteilt werden, aber entscheidungserheblich sind (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 26. Oktober 1994 I R 91/93, BFH/NV 1995, 1063, m.w.N.; Brandis in Tipke/Kruse, a.a.O., § 108 FGO Rz 5; Gräber/Stapperfend, a.a.O., § 108 Rz 3 und Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz 23, jeweils m.w.N.).
Fundstellen