Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensverstöße; keine Protokollierungspflicht bezüglich gerichtsbekannter Tatsachen; Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; Aktenverstoß; Verletzung der Amtsermittlungspflicht; Verwertung strafgerichtlicher Feststellungen durch das Finanzgericht; qualifizierter Rechtsanwendungsfehler; eigene Schätzungsbefugnis des FG; Divergenz; Zufluss bei Rückgewähr eines Disagios
Leitsatz (NV)
1. Gerichtskundige Tatsachen gehören nicht zu den wesentlichen Vorgängen, die in die Sitzungsniederschrift aufgenommen werden müssen.
2. Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet u.a. für das Gericht die Pflicht, entscheidungserhebliches Vorbringen sowie Beweisanträge zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Allerdings geht diese Pflicht nicht soweit, dass das Gericht sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen müsste. Insbesondere geht der Anspruch nicht soweit, dass das Gericht den Kläger “erhören”, sich also seinen rechtlichen Ansichten anschließen müsste.
3. Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nur dann ein Zulassungsgrund, wenn er gleichzeitig einen Verfahrensfehler darstellt. Dazu muss schlüssig vorgetragen werden, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zu Grunde gelegt habe, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspreche oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt gelassen habe.
4. Wird ein schriftsätzlich gemachtes Beweisangebot ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht mehr aufrechterhalten, so muss der Kläger, wenn er die Verletzung der Sachaufklärungspflicht wegen Nichterhebung eines angebotenen Beweises rügt, auch vortragen, dass er die Aufnahme des Beweisantrages in die Sitzungsniederschrift beantragt habe. Ein Antrag auf Protokollergänzung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist unzulässig.
5. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird durch die Mitwirkungspflichten der Beteiligten begrenzt. Die Sachaufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, welche eine fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat.
6. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es im Allgemeinen nicht zu beanstanden, wenn sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu Eigen macht, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind und gegen die Feststellungen des Strafurteils auch keine substantiierten Einwendungen erhoben werden.
7. Ein zur Zulassung der Revision führender qualifizierter Rechtsanwendungsfehler kommt allenfalls bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG im Sinne einer willkürlichen Entscheidung in Betracht. Hierzu reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles.
8. Das FG ist zwar zu einer eigenen Schätzung verpflichtet. Es nimmt indes auch dann eine Schätzung selbst vor, wenn es die Schätzung des Finanzamts prüft und als eigene übernimmt. In diesem Falle kann es sich darauf beschränken, substantiierten Einwendungen gegen die Schätzung des Finanzamts nachzugehen.
9. Insoweit handelt es sich um eine Beweiswürdigung, wie sie auch in anderen Fällen der Beurteilung eines steuerrechtlich erheblichen Sachverhalts notwendig wird. Die Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht des FG bei Schätzungen ist als materiell-rechtlicher Fehler zu werten, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen kann.
10. Will der Steuerpflichtige eine abweichende Schätzung herbeiführen, so ist er gehalten, erweisbare Tatsachen vorzutragen, die geeignet sind, einen anderen als den von der Finanzbehörde geschätzten Betrag als wahrscheinlich erscheinen zu lassen.
11. Die teilweise Rückgewähr eines einbehaltenen Disagios wegen vorzeitiger Kündigung eines Darlehens kann sich steuerlich erst im Jahr der Rückzahlung nach § 11 Abs. 2 EStG auswirken.
12. Die Feststellung der Tatsachen und die Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich ebenso wie die Beurteilung der Beweislast dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen.
Normenkette
AO 1977 § 162 Abs. 2; BGB § 367; EStG § 11 Abs. 2, § 15 Abs. 2; FGO § 76 Abs. 1 Sätze 1-2, §§ 94, 96 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3; ZPO § 160 Abs. 3-4, § 295
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) haben die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 bis 3 FGO nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Verluste aus Vermietung und Verpachtung
a) Die Kläger haben nicht dargelegt, dass die angeblich fehlende Protokollierung über die mündliche Verhandlung am 20. September 2004 hinsichtlich der Frage der nach § 169 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) verlängerten Festsetzungsfrist ursächlich für die rechtliche Würdigung des Finanzgerichts (FG) gewesen sei.
Zum einen ist ausweislich der FG-Akten (10 K 3277/02, Bl. 114) tatsächlich eine Niederschrift gefertigt worden. Gerichtskundige Tatsachen gehören indes nicht zu den wesentlichen Vorgängen i.S. des § 160 Abs. 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) i.V.m. § 94 FGO, die in das Protokoll aufgenommen werden müssen (Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 94 Rz. 7).
Gerichtskundig war aber aufgrund der beigezogenen Strafakten (vgl. FG-Urteil S. 7), dass der Strafbefehl gegen den Kläger ausschließlich hinterzogene Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 1992 bis 1996 betraf. Zum anderen ergibt sich aus den Entscheidungsgründen (S. 9 des Urteils), dass das FG für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die verlängerte Festsetzungsfrist eigenständig geprüft und aufgrund eigener Würdigung bejaht hat.
b) Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet das Recht der Beteiligten, sich zur Sache zu äußern und für das Gericht die Pflicht, entscheidungserhebliches Vorbringen sowie Beweisanträge zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 26. April 1995 I B 166/94, BFHE 177, 451, BStBl II 1995, 532; vom 28. Juni 2002 III B 28/02, BFH/NV 2002, 1474, 1475; Gräber/von Groll, a.a.O., § 96 Rz. 28 bis 30, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 10, 10a, m.w.N.).
Allerdings geht diese Pflicht des Gerichts nicht soweit, dass es sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich befassen müsste (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Dezember 2000 I B 103/00, BFH/NV 2001, 631). Insbesondere bedeutet die Gewährung rechtlichen Gehörs nicht, dass das Gericht den Kläger "erhören", sich also seinen rechtlichen Ansichten anschließen müsste.
c) Ein Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten ist nur dann ein Zulassungsgrund, wenn er gleichzeitig einen Verfahrensfehler darstellt. Dies setzt eine Verletzung des § 96 Abs. 1 FGO dadurch voraus, dass das FG seiner Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt hat, der schriftlich festgehaltenem Vorbringen der Beteiligten nicht entspricht oder eine nach den Akten eindeutig festgestellte Tatsache unberücksichtigt lässt (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Februar 1999 III B 51/98, BFH/NV 1999, 970).
Ausweislich des Tatbestandes des FG-Urteils (S. 4) hat das FG zum einen die letzte Fassung des Steuerfahndungsberichts vom 10. November 2000 sowie die Strafakten und die Akten der Staatsanwaltschaft sowie den im Tatbestand wiedergegebenen Sachvortrag der Kläger (S. 5/6 des Urteils) seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Das FG ist jedoch aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände, insbesondere auch aus den von ihm zusätzlich benannten Umständen zu dem nachvollziehbaren und keineswegs von vornherein auszuschließenden Ergebnis gelangt, dass ein steuerlich nicht anzuerkennendes Mietverhältnis hinsichtlich der Einliegerwohnung vorlag und die Kläger auch insoweit den Tatbestand einer Steuerhinterziehung objektiv und subjektiv erfüllt haben.
d) Ausweislich der Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 19. November 2004, auf deren Grundlage das angefochtene Urteil ergangen ist, haben die fachkundig vertretenen Kläger ihre schriftsätzlich gemachten Beweisangebote nicht mehr ausdrücklich aufrechterhalten. Auch der Antrag auf Protokollberichtigung enthält insoweit keine Ausführungen (vgl. BFH-Beschluss vom 4. März 1992 II B 201/91, BFHE 166, 574, BStBl II 1992, 562).
e) Soweit die Kläger behaupten, das FG habe ihren Vortrag in der mündlichen Verhandlung am 19. November 2004, die vermietete Einliegerwohnung sei vom Kläger nicht als Arbeitszimmer genutzt worden und er habe auch keinen Zutritt gehabt, nicht protokolliert, haben die Kläger nicht vorgetragen, dass sie die Aufnahme dieser Äußerungen in die Niederschrift beantragt hätten (vgl. § 160 Abs. 4 Satz 1 ZPO i.V.m. § 94 FGO). Ein Antrag auf Protokollergänzung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ist indes unzulässig (vgl. BFH-Beschlüsse vom 30. September 1986 VIII B 59/85, BFH/NV 1989, 24; vom 24. Februar 2003 III B 117/02, BFH/NV 2003, 810).
f) Die Rügen einer Verletzung der Amtsermittlungspflichten durch das FG bezeichnen gleichfalls nicht in schlüssiger Weise Verfahrensmängel i.S. von § 76 Abs. 1 Satz 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (vgl. allgemein zu den Voraussetzungen BFH-Beschluss vom 25. Juni 2002 X B 199/01, BFH/NV 2002, 1332).
Das FG hat zwar nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Indes wird der Amtsermittlungsgrundsatz durch die Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach § 76 Abs. 1 Satz 2 FGO begrenzt. Die Sachaufklärungsrüge kann nicht dazu dienen, Beweisanträge oder Fragen zu ersetzen, welche eine fachkundig vertretene Partei selbst in zumutbarer Weise hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat (vgl. BFH-Beschlüsse vom 4. August 1999 VIII B 51/98, BFH/NV 2000, 204; vom 13. Januar 2000 VIII B 41/99, BFH/NV 2000, 744; vom 28. November 2003 III B 7/03, BFH/NV 2004, 645).
Die Kläger beanstanden, das FG hätte zu dem Komplex Scheinmietverhältnis einer Vielzahl von Fragen, insbesondere im Rahmen der Einvernahme der Zeugin, nachgehen müssen.
Indes hat es der bei der Beweisaufnahme gegenwärtige Prozessvertreter der Kläger ausweislich der Niederschrift vom 19. November 2004 unterlassen, seinerseits die von ihm nunmehr für geboten erachteten Fragen zu stellen und in der letzten mündlichen Verhandlung am 19. November 2004 konkrete Aufklärungsmaßnahmen zu beantragen bzw. Beweisangebote zu unterbreiten.
2. Einkünfte aus Kapitalvermögen
a) Die Rüge, das FG habe sich verfahrensfehlerhaft den Feststellungen des Amtsgerichts in dem gegen den Kläger ergangenen, durch Rücknahme seines Einspruchs rechtskräftig gewordenen Strafbefehl hinsichtlich einer Steuerhinterziehung bezüglich der Einkünfte aus Kapitalvermögen in den Jahren 1992 bis 1996 angeschlossen, ist unschlüssig.
Bei der Beurteilung, ob dem FG ein Verfahrensfehler unterlaufen ist, kommt es auf dessen --insoweit ggf. auch unrichtigen-- materiell-rechtlichen Standpunkt an (BFH-Beschluss vom 18. Mai 2005 VIII B 56/04, BFH/NV 2005, 1811, m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist es im Allgemeinen nicht zu beanstanden, wenn sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu Eigen macht, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, dass diese zutreffend sind und keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen des Strafurteils erhoben werden (BFH-Urteil vom 13. Juli 1994 I R 112/93, BFHE 175, 489, BStBl II 1995, 198; BFH-Beschluss vom 5. Februar 1993 VIII B 103/92, BFH/NV 1993, 351, ständige Rechtsprechung).
Das FG hat die von den Klägern insoweit erhobenen Einwendungen (vgl. Tatbestand des FG-Urteils S. 5/6) zur Kenntnis genommen, sie jedoch aus rechtlichen Erwägungen als unsubstantiiert beurteilt.
b) Unsubstantiierte Einwendungen geben ebenso wenig Anlass für weitere Ermittlungen des FG von Amts wegen. Das vom Kläger im Schriftsatz vom 15. November 2004 unterbreitete Beweisangebot auf Einvernahme des Steuerfahnders X haben die fachkundig vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 19. November 2004 ausweislich der Sitzungsniederschrift nicht mehr aufrechterhalten.
c) Die Übernahme der Ermittlungsergebnisse aus dem Steuerfahndungsbericht vom 10. November 2000 für die Jahre 1992 bis 1996 im Umfang der strafgerichtlichen Feststellungen ist nicht deshalb willkürlich, weil möglicherweise einzelne Kontenbewegungen im Rahmen der vorgenommenen Schätzung nicht zutreffend erfasst worden sind (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO).
Ausweislich des Steuerfahndungsberichts beruht die Erfassung vielfach auf einer abweichenden rechtlichen Würdigung wie z.B. der Zurechnung der Erträge aus dem auf den Namen der Kinder der Kläger angelegten Vermögen oder der zeitlichen Verrechnung von Disagien.
Es muss sich bei der Annahme des Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO um einen qualifizierten Rechtsanwendungsfehler handeln. Derartige Fehler kommen allenfalls bei offensichtlichen materiellen oder formellen Fehlern des FG im Sinne einer willkürlichen Entscheidung in Betracht. Hierzu reicht indes nicht eine bloß fehlerhafte Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles (BFH-Beschlüsse vom 13. Oktober 2003 IV B 85/02, BFHE 203, 404, BStBl II 2004, 25; vom 31. Mai 2005 III B 143/04, BFH/NV 2005, 1632).
Ausweislich des steuerstrafrechtlichen Ermittlungsberichts vom 10. November 2000 hatte der Kläger als Beschuldigter mehrfach auch im Zusammenhang mit verschiedenen anderen gerichtlichen Verfahren Gelegenheit, sich zu den Ermittlungsergebnissen zu äußern. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Schätzung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 162 Abs. 2 Satz 1 AO 1977 wegen unvollständiger bzw. unrichtiger Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1988 bis 1995 bzw. fehlender Aufzeichnungen, die auch nur ansatzweise der Ermittlung von Einkünften aus Kapitalvermögen hätten dienen können, handelt (vgl. Steufa-Bericht vom 10. November 2000, Tz. 5).
Das FG ist zwar zu einer eigenen Schätzung verpflichtet (BFH-Urteil vom 12. August 1999 XI R 27/98, BFH/NV 2000, 537). Es nimmt indes auch dann eine Schätzung selbst vor, wenn es die Schätzung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) prüft und als eigene übernimmt. In diesem Falle kann es sich darauf beschränken, substantiierten Einwendungen gegen die Schätzung des FA nachzugehen (BFH-Urteil vom 6. Februar 1991 II R 87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459; BFH-Beschluss vom 12. Oktober 2005 VIII B 241/04, BFH/NV 2006, 326). Insoweit handelt es sich um eine Beweiswürdigung, wie sie auch in anderen Fällen der Beurteilung eines steuerrechtlich erheblichen Sachverhalts notwendig wird (BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 143/84, BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412).
Im Übrigen ist die Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht des FG bei Schätzungen als materiell-rechtlicher Fehler zu werten, der grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen kann (BFH-Beschlüsse vom 31. Mai 2005 VIII B 294/03, BFH/NV 2005, 1832; vom 17. August 1999 IV B 155/98, BFH/NV 2000, 438).
Will der Steuerpflichtige eine abweichende Schätzung herbeiführen, ist er gehalten, erweisbare Tatsachen vorzutragen, die geeignet sind, einen anderen als den von der Finanzbehörde geschätzten Betrag als wahrscheinlich erscheinen zu lassen (BFH-Beschlüsse vom 13. März 2000 III B 62/99, BFH/NV 2000, 1119; in BFH/NV 1993, 351).
Gerade die vom FG für die Jahre 1992 bis 1996 in Übereinstimmung mit dem Strafbefehl vorgenommenen Kürzungen der Einkünfte aus Kapitalvermögen lassen erkennen, dass das FG nicht ohne weiteres den wesentlich höheren, vom FA den angefochtenen Einkommensteuerfestsetzungen in den Streitjahren zugrunde gelegten Ansätzen gefolgt ist.
Soweit das FG auch für die strafgerichtlich nicht festgestellten Streitjahre 1988 bis 1991 pauschal diesen Kürzungsmaßstab übernommen hat, gilt zunächst die vom FG vorgenommene Beurteilung der Einwendungen als unsubstantiiert. Vor diesem Hintergrund wirkt sich die pauschale Minderung zugunsten der Kläger aus. Der Einwand der Kläger, die Verhältnisse seien in den einzelnen Jahren nicht ohne weiteres gleich, trifft ebenso für die durch rechtskräftig gewordenen Strafbefehl erfassten Streitjahre 1992 bis 1996 zu, ohne dass sich der Kläger gegen diesen Strafbefehl durch Fortführung des von ihm zunächst eingelegten Einspruchs gewehrt hätte (vgl. dazu auch BFH-Beschluss in BFH/NV 1993, 351).
Unter diesen Umständen ist es keinesfalls völlig sachfremd, den Kürzungsmaßstab auch auf die Vorjahre 1988 bis 1991 zu übertragen.
Soweit die Kläger auf den Vermerk vom 15. Januar 1999 (in den Strafakten Bl. 289/290) verweisen, wonach einzelne Vorgänge bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht zutreffend erfasst worden seien, fehlt es zum einen an einer Darstellung, inwieweit diese Vorgänge in das endgültige Schätzungsergebnis tatsächlich noch zu Lasten der Kläger eingegangen sind, zum anderen, dass die vom Amtsgericht und vom FG vorgenommenen pauschalen Kürzungen diese Vorgänge nicht bereits betragsmäßig mitumfassen.
d) Soweit die Kläger eine Divergenz hinsichtlich der Auslegung und Anwendung des § 367 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zu einer bereits nicht hinreichend genau bezeichneten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) behaupten, fehlt es jedenfalls an der erforderlichen Gegenüberstellung voneinander abweichender abstrakter, tragender Rechtssätze im angefochtenen Urteil des FG einerseits und der vermeintlichen Divergenzentscheidung des BGH andererseits (vgl. zu dieser Voraussetzung BFH-Beschluss in BFH/NV 2005, 1632).
e) Ausweislich der Feststellungen der Steuerfahndung sind bei den vom Kläger ausgereichten Darlehen die vereinbarten Disagien berücksichtigt worden. Entgegen der Behauptung der Kläger ist die Steuerfahndung keineswegs von einem fehlenden Einbehalt der Disagien ausgegangen (vgl. Steufa-Bericht vom 10. November 2000, Tz. 17, 20 und 21).
Das FG hat die dagegen erhobenen Einwendung als nicht hinreichend substantiiert beurteilt und im Übrigen ausgeführt, die Kläger hätten ihre Behauptung, Zinseinkünfte seien doppelt erfasst bzw. Werbungskosten seien unberücksichtigt geblieben, nicht belegt.
Unter diesen Umständen hatte das FG keinen Anlass, von sich aus weitere Ermittlungen vorzunehmen, zumal die Kläger fachkundig vertreten waren.
Der Vorwurf, das FG hätte willkürlich nicht erzielte Disagien als Kapitaleinkünfte der Besteuerung unterworfen, geht an den gegenteiligen Feststellungen des FG, Disagien seien vereinbarungsgemäß geleistet worden, vorbei.
Soweit die Kläger bezüglich der Behandlung von Rückzahlungsverpflichtungen im Falle vorzeitiger Darlehensbeendigungen eine Divergenz zum Urteil des BGH vom 29. Mai 1990 XI ZR 231/89 (BGHZ 111, 287, Der Betrieb --DB-- 1990, 1610) behaupten, fehlt es ebenfalls an einer schlüssigen Darlegung der Divergenz (vgl. dazu oben Ziff. 2.d der Gründe).
Im Übrigen hat bereits das FA in der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2002 zutreffend darauf hingewiesen, dass eine teilweise Rückgewähr eines einbehaltenen Disagios wegen vorzeitiger Kündigung des Darlehens sich steuerlich erst im Jahr der Rückzahlung nach § 11 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auswirken könne (vgl. Blümich/Glenk, § 11 EStG Rz. 22; ferner BFH-Urteil vom 31. Mai 2000 IX R 73/96, BFH/NV 2001, 25).
Ein Disagio hat zinsähnlichen Charakter (BFH-Urteil vom 20. Oktober 1999 X R 69/96, BFHE 190, 185, BStBl II 2000, 259). Der Zufluss des Disagios erfolgt im Jahr des Einbehaltes (BFH-Urteil vom 21. Mai 1993 VIII R 1/91, BFHE 172, 42, BStBl II 1994, 93). Im Falle einer Tilgungsstreckung, nämlich der Auszahlung des Darlehens mit 100 v.H. gegen Gewährung eines weiteren Darlehens in Höhe des Disagios sind Tilgungszahlungen gleich einem Damnum geleistet (s. auch BFH-Urteile vom 13. September 1994 IX R 20/90, BFH/NV 1995, 293; vom 15. November 1994 IX R 11/92, BFH/NV 1995, 669, zum Werbungskostenabzug; ferner Blümich/Glenk, a.a.O., § 11 EStG Rz. 86).
f) Die bezüglich der aus den auf den Namen der Kinder der Kläger angelegten Vermögen geflossenen und dem Kläger zugerechneten Kapitalerträge erhobenen Rügen sind gleichfalls nicht schlüssig dargetan.
Bereits das FA hatte in der Einspruchsentscheidung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 3. November 1976 VIII R 170/74, BFHE 120, 393, BStBl II 1977, 206; ferner vom 24. April 1990 VIII R 170/83, BFHE 160, 256, BStBl II 1990, 539) eine Zurechnung bei den Eltern bei wie eigenes Vermögen verwaltetem Kindesvermögen angenommen.
Ausgehend von dieser materiell-rechtlichen Auffassung bestand für das FG kein Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen, zumal --wie ausgeführt-- die Kläger steuerlich beraten waren.
Die Einwände der Kläger hinsichtlich der Ermittlungen dieser Kapitalerträge hat das FG nicht als substantiiert bzw. als nicht ausreichend nachgewiesen beurteilt.
Die Feststellungen der Tatsachen und die Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich ebenso wie die Beurteilung der Beweislast dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 326).
g) Die von den Klägern geltend gemachten zusätzlichen Werbungskosten hat das FG als nicht ausreichend nachgewiesen beurteilt. Als zusätzliches Indiz hat das FG auch gewertet, dass bei Ansatz der von den Klägern behaupteten Werbungskosten in den Jahren 1993 bis 1996 erhebliche Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen entstanden wären. Der Sache nach greifen die Kläger diese Würdigung an, begründen damit aber keine Aufklärungsrüge.
Die Würdigung sowie die ebenfalls für die Streitjahre 1988 bis 1991 in Anlehnung an die durch Strafbefehl abgeurteilten Streitjahre 1992 bis 1996 vorgenommene pauschale Kürzung der vom FA in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden angesetzten Kapitaleinkünfte mit jeweils 30 v.H. überschreitet jedenfalls nicht die Schwelle zur Willkür.
Der Einzelrichter hat ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 20. September 2004 auch --entgegen der Behauptung der Kläger-- nicht erklärt, eine nochmalige Klärung des Sachverhalts könne nicht erfolgen. Vielmehr hat er in Übereinstimmung mit der nachgewiesenen Rechtsprechung des BFH zutreffend darauf hingewiesen, dass die Überprüfung der Steuerbescheide wegen der Rechtskraft des Strafbefehls des Amtsgerichts vom 14. Februar 2003 nur beschränkt möglich sei.
Fundstellen