Entscheidungsstichwort (Thema)
Anhörungsrüge
Leitsatz (NV)
1. Die Anhörungsrüge gemäß § 133a FGO zielt ab auf Fortführung des Verfahrens vor dem Gericht, das die beanstandete Entscheidung, gegen die ein (ordentliches) Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, erlassen hat, sofern dieses Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
2. Die Rüge ist innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben (§ 133a Abs. 2 Satz 1 FGO).
Normenkette
FGO §§ 133a, 155; ZPO § 321a
Tatbestand
Mit Beschluss vom 22. März 2005 X B 168/04 hat der angerufene Senat die Beschwerde des Antragstellers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 12. August 2004 1 K 4183/03 als unzulässig verworfen. Gegen diesen --am 29. März 2005 bekannt gegebenen-- Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seinem Schriftsatz vom 16. April 2005, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen am 18. April 2005. Er verweist darauf, die Beiladung seiner geschiedenen Ehefrau sei ohne Beachtung von § 60 Abs. 1 und 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erfolgt, und beantragt, den "Beschluss vom 22.03.2005 zu reaktivieren".
Entscheidungsgründe
1. Die Eingabe des Antragstellers ist als Anhörungsrüge i.S. des § 133a FGO zu werten. Diese Vorschrift ist durch Art. 10 Nr. 2 des Gesetzes über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (AnhRüG) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) in die FGO aufgenommen worden und hat mit Wirkung ab 1. Januar 2005 (vgl. Art. 22 Satz 2 AnhRüG) die zuvor gültige Regelung des § 155 FGO i.V.m. § 321a der Zivilprozessordnung (ZPO) abgelöst. Dieses prozessuale Instrument zielt ab auf Fortführung des Verfahrens vor dem Gericht, das die beanstandete Entscheidung, gegen die ein (ordentliches) Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf nicht gegeben ist, erlassen hat, sofern dieses Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 133a Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die Rüge ist als unzulässig zu verwerfen, da sie nicht in der gesetzlichen Frist erhoben worden ist (§ 133a Abs. 4 Satz 1 FGO). Gemäß § 133a Abs. 2 Satz 1 FGO ist die Rüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben. Der Antragsteller hat den Beschluss des BFH am 29. März 2005 erhalten. Damit hatte er Kenntnis von der Entscheidung und von den Umständen, die nach seiner Auffassung eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör begründen sollen. Gleichwohl ist die Anhörungsrüge erst am 18. April 2005 und damit verspätet beim BFH eingegangen. Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind nicht geltend gemacht worden und liegen offensichtlich auch nicht vor. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass der Antragsteller die Fristgebundenheit der Anhörungsrüge (im Übrigen keine Neuerung des § 133a FGO, vgl. § 321a Abs. 2 Satz 2 ZPO a.F.) nicht kennt.
Zudem rügt der Antragsteller keinen Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs durch den BFH im angefochtenen Senatsbeschluss vom 22. März 2005 X B 168/04, sondern weist darauf hin, das FG habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör in Zusammenhang mit der Beiladung seiner geschiedenen Ehefrau verletzt. Diesen angeblichen Verfahrensmangel konnte er nur mit der --bereits als unzulässig verworfenen-- Nichtzulassungsbeschwerde, nicht jedoch mit der Gehörsrüge nach § 133a FGO geltend machen.
2. Soweit der Antragsteller nicht die Verletzung rechtlichen Gehörs, sondern anderer Verfahrensnormen rügt, ist die Eingabe als Gegenvorstellung im herkömmlichen Sinn zu würdigen. Durch die Schaffung und Reglementierung der Anhörungsrüge in allen Verfahrensordnungen sollte das Institut der Gegenvorstellung nicht ausgeschlossen werden (vgl. BRDrucks 663/04, S. 33; BFH-Beschluss vom 13. Januar 2005 VII S 31/04, BFH/NV 2005, 898; a.A. Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 2. Februar 2005 3 S 83/05, Neue Juristische Wochenschrift 2005, 920).
Die Gegenvorstellung ist zurückzuweisen.
Die FGO sieht eine förmliche Gegenvorstellung nicht ausdrücklich vor. Als außerordentlicher, nicht förmlicher Rechtsbehelf, mit dem eine Aufhebung einer materiell und/oder formell rechtskräftigen Entscheidung begehrt wird, ist die Gegenvorstellung nur in Ausnahmefällen eröffnet, insbesondere bei schwerwiegenden Grundrechtsverstößen oder wenn die angegriffene Entscheidung jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 21. April 1997 V R 22, 23/93, BFH/NV 1998, 32, m.w.N., und vom 13. April 2000 V S 3/00, BFH/NV 2000, 1132).
Dass dem angefochtenen Beschluss des Senats vom 22. März 2005 X B 168/04 derart schwerwiegende Verfassungsverstöße anhaften sollen, hat der Antragsteller in seiner Eingabe vom 16. April 2005 nicht einmal ansatzweise dargelegt. Seine Angriffe richten sich im Wesentlichen gegen das (angeblich rechtswidrige) Verhalten des FG.
Fundstellen
Haufe-Index 1401861 |
BFH/NV 2005, 1845 |