Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung eines von einem Rechtsanwalt als außerordentliche (Untätigkeits-)Beschwerde bezeichneten Schriftsatzes
Leitsatz (NV)
1. Ein von einem Rechtsanwalt ausdrücklich als “außerordentliche (Untätigkeits-)Beschwerde” bezeichneter Schriftsatz ist als außerordentliche Beschwerde zu behandeln.
2. Seit Einführung der Anhörungsrüge ist die außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzwidrigkeit als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf nicht mehr statthaft. Das gilt auch für eine außerordentliche Untätigkeitsbeschwerde.
3. Eine Entscheidung, die nicht im Sinne des Beschwerdeführers ausgefallen ist, rechtfertigt nicht die Annahme einer Untätigkeit.
Normenkette
FGO §§ 132, 133a
Tatbestand
I. Mit Beschluss vom 11. Juli 2007 hat der angerufene Senat die am 17. April 2007 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangene Beschwerde der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) gegen einen Beschluss des Finanzgerichts Münster als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen wenden sich die Antragsteller mit einem ausdrücklich als "außerordentliche (Untätigkeits-)Beschwerde" bezeichneten Schriftsatz vom 26. Juli 2007 ihres Prozessbevollmächtigten, eines zugelassenen Rechtsanwalts. Zur Begründung verweist der Prozessbevollmächtigte vollinhaltlich auf eine Verfassungsbeschwerde, die er in einer anderen Sache erhoben hat.
Entscheidungsgründe
II. Die außerordentliche Beschwerde ist unstatthaft und daher als unzulässig zu verwerfen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Der Schriftsatz der Antragsteller vom 26. Juli 2007 ist entsprechend seiner ausdrücklichen Bezeichnung als außerordentliche Beschwerde zu betrachten. Einer anderen Wertung ihres Schreibens steht entgegen, dass für sie ein zur Vertretung vor dem BFH befugter Prozessbevollmächtigter handelt.
2. Seit Einführung des § 133a FGO durch das Gesetz über die Rechtsbehelfe bei Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3220) zum 1. Januar 2005 ist die außerordentliche Beschwerde wegen sog. greifbarer Gesetzeswidrigkeit als außerordentlicher, gesetzlich nicht geregelter Rechtsbehelf nicht mehr statthaft (einhellige Rechtsprechung, vgl. Kammerbeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Januar 2007 1 BvR 2803/06, bisher nicht veröffentlicht; BFH-Beschlüsse vom 30. November 2005 VIII B 181/05, BFHE 211, 37, BStBl II 2006, 188; vom 22. Juni 2006 IX B 108/06, BFH/NV 2006, 1696, und vom 14. März 2007 IV S 13/06 (PKH), BStBl II 2007, 468; Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 2006 IV ZB 57/04, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht 2006, 695).
3. Ebenso wenig statthaft ist eine außerordentliche Untätigkeitsbeschwerde, der im Streitfall zudem entgegensteht, dass angesichts des Verfahrensablaufs nicht ersichtlich ist, worin die Untätigkeit liegen könnte. Dass die Beschwerdeentscheidung vom 11. Juli 2007 X B 78/07 nicht im Sinne der Antragsteller ausgefallen ist, stellt jedenfalls keine Untätigkeit dar.
Fundstellen