Entscheidungsstichwort (Thema)
In Rechnung gestellte USt als Teil der Gegenleistung
Leitsatz (NV)
Die dem Grundstückskäufer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gehört als Teil des Kaufpreises zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer. Die Vorsteuerabzugsberechtigung des Käufers rechtfertigt es nicht, die Kaufpreisforderung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG niedriger zu bewerten. Das Recht zum Vorsteuerabzug stellt keinen besonderen Umstand im Sinne des § 12 Abs. 1 BewG dar.
Normenkette
GrEStG 1983 § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; BewG § 12 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) erwarb ein Grundstück. Der Kaufpreis betrug laut Kaufvertrag "… DM zuzüglich der gesetzlichen Umsatzsteuer".
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) ging bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuer vom Bruttokaufpreis aus, berücksichtigte antragsgemäß die Veräußerung von Inventar und Betriebsvorrichtungen mit einem Kaufpreisanteil von … DM und setzte demgemäß nach einer Bemessungsgrundlage von … DM Grunderwerbsteuer in Höhe von … DM fest.
Die Klägerin machte geltend, von der vom FA zugrunde gelegten Bemessungsgrundlage müsse die darin enthaltene Umsatzsteuer in Höhe von … DM abgezogen werden. Wert der grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenleistung sei der Kaufpreis ohne Umsatzsteuer. Der Umsatzsteuer komme kein wirtschaftlicher Wert zu.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Nichtzulassungsbeschwerde begehrt die Klägerin Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Es sei die Rechtsfrage zu klären, welcher Wert einem Grundstücks-Brutto-Kaufpreis nach den hier anzuwendenden Vorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) beizumessen sei. Gemäß § 9 Abs. 2 BewG werde der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre, und gemäß § 12 Abs. 1 BewG seien bei der Bewertung von Kapitalforderungen Umstände, die einen geringeren Wert begründen, zu berücksichtigen. Als Wert eines Grundstückskaufpreises müsse deshalb der Netto-Betrag angesetzt werden, da allein dieser im gewöhnlichen Verkehr mit Grundstücken von Bedeutung sei. Persönliche Verhältnisse wie die Umsatzsteueroption des Veräußerers und die Vorsteuerabzugsberechtigung des Erwerbers seien nicht zu berücksichtigen.
Das FA beantragt, die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO), wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt daher nur wegen einer klärungsbedürftigen und im Revisionsverfahren klärbaren Rechtsfrage in Betracht. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist gemäß § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung schlüssig und substantiiert darzulegen. Der Beschwerdeführer muss demnach eine bestimmte Rechtsfrage herausstellen, die für den Rechtsstreit erheblich sein kann und im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig ist.
An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere, wenn sich die streitige Rechtsfrage aus dem Gesetz und der vorliegenden Rechtsprechung beantworten lässt und keine Gesichtspunkte erkennbar sind, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den Bundesfinanzhof (BFH) erforderlich machen. Dies trifft im vorliegenden Streitfall zu.
2. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich gemäß § 8 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) nach dem Wert der Gegenleistung. Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gelten als Gegenleistung bei einem Kauf der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen. Die Feststellung des Werts der Gegenleistung (Kaufpreis) als der grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage hat hinsichtlich der Höhe nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes zu erfolgen, denn gemäß § 1 Abs. 1 BewG gelten die allgemeinen Bewertungsvorschriften für alle öffentlich-rechtlichen Abgaben, die durch Bundesrecht geregelt sind, soweit sie durch Bundesfinanzbehörden oder durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden, d.h. auch für die Grunderwerbsteuer.
Der Kaufpreis ist als Kapitalforderung nicht notwendigerweise mit dem Nennwert anzusetzen, sondern gemäß § 12 BewG zu bewerten (vgl. BFH-Urteile vom 9. September 1959 II 55/58 U, BFHE 70, 537, BStBl III 1960, 200; vom 31. März 1976 II R 72/72, BFHE 119, 83, BStBl II 1976, 545; vom 18. Januar 1989 II R 103/85, BFHE 155, 558, BStBl II 1989, 427; vom 12. Oktober 1994 II R 4/91, BFHE 176, 56, BStBl II 1995, 69; Boruttau/Sack, Grunderwerbsteuergesetz, § 9 Rn. 220; Hofmann, Grunderwerbsteuergesetz, 6. Aufl., § 9 Rdnr. 3; Pahlke in Pahlke/Franz, Grunderwerbsteuergesetz, § 8 Rz. 36, § 9 Rz. 79; abweichend BFH-Urteil vom 8. März 1989 II R 37/86, BFHE 156, 257, BStBl II 1989, 576). Allerdings ist eine Kaufpreisforderung nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG im Regelfall mit ihrem Nennwert anzusetzen. Dies ist der Betrag, der nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses vom Schuldner bei Fälligkeit der Forderung zu entrichten ist. Der Ansatz mit dem Nennbetrag gilt nur dann nicht, wenn besondere Umstände einen höheren oder geringeren Wert begründen.
Aus den in § 12 Abs. 1 bis 3 BewG aufgezählten Beispielen für besondere Umstände ergibt sich aber, dass in jedem Fall die besonderen Umstände der Kapitalforderung selbst innewohnen, ihr also immanent sein müssen (Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 12 BewG Anm. 25, m. Nachw. zur Rechtsprechung), wie es bei uneinbringlichen, zweifelhaften, unverzinslichen, niedrig oder hochverzinslichen Forderungen der Fall ist.
Der Umstand, dass ein Teil der Forderung (Kaufpreisteil in Höhe der Umsatzsteuer) dem Käufer durch das FA im Wege des Vorsteuerabzugs erstattet wird, betrifft nur die wirtschaftliche Folgewirkung des Erwerbsvorgangs im Verhältnis zu einem Dritten. Motive und Erwartungen der Kaufvertragsparteien, die die Kaufpreisbemessung beeinflussen, haften nicht der Kapitalforderung als solcher an. Sie stellen deshalb keine besonderen Umstände i.S. des § 12 Abs. 1 BewG dar. Die Vorsteuerabzugsberechtigung des Käufers rechtfertigt deshalb nicht, die Kaufpreisforderung gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 BewG niedriger zu bewerten.
Im Ergebnis gehört somit die dem Grundstückskäufer in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Teil des Kaufpreises zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (BFH-Urteil vom 18. Oktober 1972 II R 124/69, BFHE 107, 399, BStBl II 1973, 126; BFH-Beschluss vom 13. Februar 1998 II B 69/97, BFH/NV 1998, 1256).
Fundstellen
Haufe-Index 544167 |
BFH/NV 2001, 642 |