Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Gewerblicher Grundstückshandel bei Verkauf an Angehörige und Teilentgeltlichkeit, keine Divergenz bei besonderen Sachverhaltsumständen
Leitsatz (NV)
- Die Annahme einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bei einem Verkauf an Angehörige, sofern keine besonderen Umstände dagegen sprechen, beinhaltet keine Abweichung von der Rechtsprechung, wonach eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegt, sofern die Grundstücke auch an andere Erwerber verkauft worden wären.
- Die Frage der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr muss unter Einbeziehung des gesamten Verhaltens des Steuerpflichtigen beantwortet werden.
- Wird ein Sachverhalt von besonderen Umständen geprägt, gebietet das Ziel einer einheitlichen Rechtsprechung die Revisionszulassung nicht.
- Erzielt ein Verkäufer trotz Teilentgeltlichkeit einen Gewinn, weicht die Berücksichtigung dieses Verkaufs im Rahmen der Objektzählung nicht von der Rechtsprechung ab, dass Grundstücke nicht berücksichtigt werden, die der Steuerpflichtige offensichtlich ohne Gewinnerzielungsabsicht erworben hat und unentgeltlich oder teilentgeltlich veräußert.
- Es ist Sache des in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertretenen Klägers, das Übergehen von Beweisangeboten rechtzeitig zu rügen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Weder erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung i.d.F. des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757) ―FGO n.F.― noch leidet die angefochtene Entscheidung des Finanzgerichts (FG) an einem Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO n.F.
1. Entgegen der Ansicht des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) weicht das angefochtene Urteil des FG nicht von den von ihm genannten Entscheidungen des BFH ab, wonach eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nur vorliegt, sofern die Grundstücke auch an andere Erwerber verkauft worden wären (BFH vom 22. Mai 1987 III R 212/83, BFH/NV 1987, 717; vom 3. Juni 1987 III R 209/83, BFHE 150, 418, BStBl II 1988, 277; vom 22. November 1988 VIII R 184/84, BFH/NV 1989, 726; vom 12. Juli 1991 III R 47/88, BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143; vom 28. Oktober 1993 IV R 66-67/91, BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463, und vom 21. März 2000 IV B 64/99, BFH/NV 2000, 1329).
Die nach § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Annahme eines gewerblichen Grundstückshandels erforderliche Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird (z.B. BFH-Urteil in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143, 146). Dieses Merkmal soll aus dem Begriff des Gewerbebetriebs Tätigkeiten ausklammern, die von Gewinnabsicht getragen, aber nicht auf Leistungs- oder Güteraustausch gerichtet sind (BFH-Urteil vom 9. Juli 1986 I R 85/83, BFHE 147, 245, BStBl II 1986, 851). Für das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals sprechen Geschäftsbeziehungen mit mehreren, ggf. ständig wechselnden Kunden. Sie sind aber gerade für den gewerblichen Grundstückshandel kein unerlässliches Erfordernis. Vielmehr hat es der BFH genügen lassen, dass die Verkaufsabsicht nur einem kleinen Kreis von Personen ―unter Umständen auch nur einer einzigen Person― bekannt wird und der Verkäufer damit rechnet, die Verkaufsabsicht werde sich herumsprechen (BFH in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143). Deshalb kann auch im Verkauf an einen Angehörigen eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr gesehen werden (BFH in BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463). Denn entscheidend ist, dass sich der Verkäufer insofern an den allgemeinen Markt wendet, als er an jeden verkaufen will, der die Kaufbedingungen erfüllt (BFH in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143; Senatsbeschluss vom 23. Februar 1998 X B 136/97 BFH/NV 1998, 1084). Erforderlich ist also die grundsätzliche Offenheit, auch mit anderen, die es angeht, Verträge abzuschließen, wenn sich das Geschäft mit dem angesprochenen Kreis oder mit der bestimmten Einzelperson nicht verwirklichen lässt (BFH in BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143). Diese Frage muss unter Einbeziehung des gesamten Verhaltens des Steuerpflichtigen beantwortet werden (BFH in BFHE 173, 313, BStBl II 1994, 463). Dabei kann angenommen werden, dass beim nachhaltigen Verkauf von Grundbesitz der Steuerpflichtige in der Regel auch an andere Personen zu verkaufen bereit sein wird, die willens und in der Lage sind, den geforderten Kaufpreis zu zahlen. Hiervon kann das FG ausgehen, sofern nicht besondere Umstände dagegen sprechen (Kempermann, Deutsches Steuerrecht ―DStR― 1996, 1156, 1158). Das FG kann die Teilnahmeam allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch dann bejahen, wenn es nicht zugleich positiv feststellt, dass der Steuerpflichtige bei Scheitern des Verkaufs an diesen Personenkreis anderweitig verkauft hätte (BFH in BFH/NV 2000, 1329).Dies vorausgesetzt kann auch ein entgeltlicher und von Gewinnerzielungsabsicht getragener Leistungsaustausch zwischen Eltern und Kindern die Voraussetzung einer Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfüllen (vgl. BFH-Urteil vom 13. August 2002 VIII R 14/99, Betriebs-Berater ―BB― 2002, 2058).
Diesen Grundsätzen entsprechend konnte das FG unter Einbeziehung des gesamten Verhaltens des Klägers berücksichtigen, dass er in der Bau- und Immobilienbranche tätig gewesen ist und bereits andere Grundstücke veräußert hat. Der Sachverhalt weist keine besonderen Umstände auf, die das FG daran hätten hindern können anzunehmen, dass der Kläger im Falle des Scheiterns der Verkäufe an seine Angehörigen die Objekte anderen Interessenten angeboten hätte. Nur so sind die Ausführungen des FG zu verstehen, dass eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr auch bei einem Verkauf an Angehörige vorliege, sofern keine großen Besonderheiten dagegen sprächen, ohne dass das FG damit einen von der Rechtsprechung des BFH abweichenden Rechtssatz aufgestellt hat.
2. Zu verneinen ist auch der vom Kläger behauptete Widerspruch des angefochtenen Urteils zur Entscheidung des Niedersächsischen FG vom 23. August 2000 13 K 316/95 (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 2001, 1438). In diesem Urteil wurde ausdrücklich und maßgeblich auf die besonderen Umstände abgestellt, die den jeweiligen Verkäufen zugrunde lagen. Solche den Einzelfall prägenden Umstände schließen die Übertragung der angestellten Überlegungen und der Schlussfolgerungen auf einen anderen, möglicherweise wiederum durch besondere Umstände gekennzeichneten Sachverhalt aus und rechtfertigen unterschiedliche Ergebnisse, ohne dass deshalb die eine Entscheidung von der anderen abweichen würde. So liegt es im Streitfall, in dem der Kläger ausdrücklich auf die besonderen Umstände seines Falles hinweist, die seines Erachtens eine besondere Beurteilung verlangen. Wird ein Sachverhalt aber von besonderen Umständen geprägt, gebietet es das Ziel einer einheitlichen Rechtsanwendung nicht, die Revision zuzulassen (vgl. Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, § 115 FGO Rz. 119).
3. Das angefochtene Urteil weicht entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht vom Urteil des FG Nürnberg vom 21. März 2001 III 163 und 164/1999 (EFG 2001, 1294) ab, das bei einem Verkauf einer Wohnung zu einem unter den Selbstkosten der Wohnung liegenden Preis die Teilentgeltlichkeit des Verkaufs bejahte und zugleich die Gewinnerzielungsabsicht des Verkäufers verneinte. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass solche Grundstücke nicht in die Objektzählung einzubeziehen sind, die der Steuerpflichtige offensichtlich ohne Gewinnerzielungsabsicht erworben hat und ―unentgeltlich oder teilentgeltlich― veräußert (vgl. Entscheidungen vom 14. März 1989 VIII R 373/83, BFHE 158, 214, BStBl II 1990, 1053, unter 3.; vom 9. Mai 1996 IV R 74/95, BFHE 181, 19, BStBl II 1996, 599; vom 2. Februar 2000 X B 83/99, BFH/NV 2000, 946; in BFH/NV 2000, 1329; vom 23. Juli 2002 VIII R 19/01, juris Nr: STRE200250865, im letzteren Fall hatte das Teilentgelt die Herstellungskosten der Wohnung zuzüglich des Einlagewerts des anteiligen Grund und Bodens ―Selbstkosten― nicht erreicht). Der Kläger hat demgegenüber mit dem Verkauf der Erbbaurechte und der Doppelhaushälften unstreitig einen Gewinn erzielt, so dass selbst bei Teilentgeltlichkeit dieser Verkäufe seine Gewinnerzielungsabsicht nicht verneint werden kann. Damit ist kein Grund für die Zulassung der Revision gegeben.
4. Das angefochtene Urteil leidet an keinem Verfahrensmangel. Es wäre Sache des in der mündlichen Verhandlung fachkundig vertretenen Klägers gewesen, das Übergehen seines Beweisangebots rechtzeitig zu rügen. Daran fehlt es im Streitfall. Damit hat der Kläger auf die Rüge dieses (behaupteten) Verfahrensverstoßes gemäß § 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung stillschweigend verzichtet (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 120 FGO Rz. 208).
5. Im Übrigen sieht der Senat von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung nach Maßgabe des § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO n.F. ab.
Fundstellen
Haufe-Index 873228 |
BFH/NV 2003, 165 |