Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuerliche Abzugsmöglichkeit von Pflichtbeiträgen zur Altersrente
Leitsatz (NV)
1. Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen nicht unbeschränkt als Werbungskosten zu berücksichtigen, sondern als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar sind.
2. Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des FG-Urteils sind nicht geeignet, einen Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO darzutun.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10 Abs. 3
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 16.11.2005; Aktenzeichen 9 K 121/04) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte im Streitjahr 1995 u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Lehrer. In seiner Einkommensteuererklärung 1995 erklärte er ferner gewerbliche Verluste aus einer als "Verwaltungsselbsthilfe" bezeichneten Tätigkeit und einem "Verlag für Arbeitstechnik und Verwaltung".
In einem beim Finanzgericht (FG) geführten Klageverfahren (16 K 12536/99) verpflichtete sich der Vertreter des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--), weitere Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen und die Einkommensteuer 1995 entsprechend herabzusetzen. Die Beteiligten erklärten daraufhin übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Das FA erließ am 3. Juli 2003 einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid 1995. Der Einspruch des Klägers, mit dem er insbesondere noch die Berücksichtigung der gewerblichen Verluste begehrte, blieb ohne Erfolg. Das FG wies die Klage ab.
Mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde beruft sich der Kläger in erster Linie auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) sowie das Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO. Er trägt im Wesentlichen vor, die Rechtsfrage, ob das Alterseinkünftegesetz (AltEinkG) vom 5. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1427) ein rückwirkendes Ereignis i.S. von § 175 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) darstelle, sei ungeklärt und betreffe eine Vielzahl von Personen, nämlich alle diejenigen, die gesetzlich rentenversichert seien. Ferner sei ungeklärt, ob in diesem Zusammenhang eine Änderungsmöglichkeit nach § 174 AO bestehe. Die Pflichtbeiträge zur Altersrente seien nämlich nicht nur beschränkt als Sonderausgaben, sondern in vollem Umfang als Werbungskosten abziehbar. Auch die Ausführungen des FG zur Frage einer angeblichen Einigung zwischen den Beteiligten und einer Erledigung der Hauptsache seien unzutreffend und würden bestritten.
Darüber hinaus rügt der Kläger sinngemäß als Verfahrensfehler nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO, das FG hätte für ihn im Wege eines Beschlusses nach § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO die Bestellung eines Bevollmächtigten oder die Hinzuziehung eines Beistandes anordnen müssen. Dies habe das FG ermessensfehlerhaft unterlassen. Mit einer derartigen Anordnung wäre sein Irrtum über die Wirkung seiner Prozesserklärung zur Hauptsachenerledigung vermeidbar gewesen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig und durch Beschluss zu verwerfen (§ 132 FGO).
1. Der Kläger hat die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache sowie das Erfordernis einer Entscheidung des BFH zur Rechtsfortbildung nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
a) Die Darlegung dieser Zulassungsgründe verlangt eine substantiierte Darstellung der Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist. Dazu ist auszuführen, dass die Beurteilung der aufgeworfenen Rechtsfrage von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. In diesem Zusammenhang muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie mit gegebenenfalls veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Sofern zu dem angesprochenen Problemkreis Rechtsprechung und Äußerungen im Fachschrifttum vorhanden sind, ist eine grundlegende Auseinandersetzung damit sowie eine Erörterung geboten, warum durch diese Entscheidungen bzw. Äußerungen die Rechtsfrage noch nicht als geklärt anzusehen ist bzw. weshalb sie gegebenenfalls einer weiteren oder erneuten Klärung bedarf (BFH-Beschluss vom 28. Januar 2005 III B 91/04, BFH/NV 2005, 1141, m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdeschrift nicht.
Der BFH hat zum AltEinkG bereits mit Beschluss vom 1. Februar 2006 X B 166/05 (BFHE 212, 242, BStBl II 2006, 420) entschieden, es sei nicht ernstlich zweifelhaft, dass geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen nicht als Werbungskosten unbeschränkt zu berücksichtigen, sondern als Sonderausgaben nur beschränkt abziehbar seien. Gegen diese gesetzliche Regelung bestünden bei summarischer Beurteilung auch keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Da der BFH die Rentenversicherungsbeiträge als nur beschränkt abziehbare Sonderausgaben ansieht, kommt die vom Kläger begehrte Änderung des Einkommensteuerbescheides nach § 174 AO bzw. § 175 Abs. 2 AO von vorneherein nicht in Betracht.
In der am 26. März 2006 gefertigten Beschwerdebegründung fehlt jegliche Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung des BFH, obwohl diese bereits am 15. Februar 2006 zur Veröffentlichung freigegeben und schon am 27. Februar 2006 in der Fachpresse erschienen ist (vgl. z.B. Betriebs-Berater --BB-- 2006, 475). Der BFH hat diese Rechtsauffassung in seinem Urteil vom 8. November 2006 X R 45/02 (BB 2007, 301) nochmals bestätigt. Der Kläger hat weder neue, bisher nicht erörterte Gesichtspunkte zu den aufgeworfenen Rechtsfragen vorgetragen noch aufgezeigt, dass dazu im Schrifttum oder in Anweisungen der Verwaltung unterschiedliche Auffassungen vertreten werden.
c) Im Übrigen erschöpft sich die Beschwerdebegründung im Wesentlichen in Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des Urteils des FG. Damit wird aber kein Zulassungsgrund i.S. von § 115 Abs. 2 FGO dargelegt (Senatsbeschluss vom 22. Oktober 2003 III B 14/03, BFH/NV 2004, 224).
2. Auch die geltend gemachte Verfahrensrüge hat keinen Erfolg. Insofern ist weder vorgetragen noch erkennbar, dass die mit der Beschwerdebegründung angegriffene Entscheidung des FG auf einem fehlenden Beschluss i.S. von § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO beruhen könnte. Vielmehr steht der Hinweis des Klägers auf eine hierdurch im Vorfeld verbesserte Wahrnehmung der Rechtsfolgen seiner Prozesserklärung zur Hauptsachenerledigung sinngemäß im Zusammenhang mit dem beim FG bereits rechtskräftig abgeschlossenen Klageverfahren 16 K 12536/99, das nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist.
Fundstellen
Haufe-Index 1718306 |
BFH/NV 2007, 1117 |