Entscheidungsstichwort (Thema)
Beiladung eines Abtretungsempfängers
Leitsatz (NV)
1. Die Abtretung einer Erstattungsforderung macht die Beiladung des Abtretungsempfängers im Rechtsstreit des Steuerpflichtigen um den Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis nicht i.S. des § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO “notwendig”.
2. Die im Rahmen des Ermessens getroffene Entscheidung, den Abtretungsempfänger nicht i.S. des § 60 Abs. 1 FGO beizuladen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen, wenn der Steuerpflichtige der Beiladung widersprochen hat und das Interesse an einem Klageerfolg gleichgerichtet ist (hier: Abtretung eines Teiles der erwarteten Gesamtforderung).
Normenkette
FGO § 60 Abs. 1, 3; AO § 46
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) ist Insolvenzverwalterin über das Vermögen der X GmbH (Insolvenzschuldnerin). Die Klägerin in dem beim Finanzgericht (FG) Münster anhängigen Verfahren 9 K 5138/02 K,F (betreffend Körperschaftsteuer 2000 u.a.) hatte der Insolvenzschuldnerin einen Erstattungsanspruch zur Körperschaftsteuer 2000 in Höhe von … € nach Maßgabe des § 46 der Abgabenordnung abgetreten.
Ein Antrag der Antragstellerin auf Beiladung --dem von der Klägerin widersprochen worden war-- wurde vom FG durch Beschluss vom 16. Januar 2007 abgelehnt. Der anschließenden Beschwerde wurde nicht abgeholfen.
Die Antragstellerin beantragt, sie zu dem finanzgerichtlichen Verfahren der Klägerin beizuladen.
Das Finanzamt ist dem Antrag entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die zulässige Beschwerde (§ 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) ist nicht begründet. Es liegt weder ein Fall der notwendigen Beiladung vor (§ 60 Abs. 3 FGO) noch hat das FG mit der Versagung der einfachen Beiladung (§ 60 Abs. 1 FGO) ermessensfehlerhaft gehandelt.
1. Nach § 60 Abs. 3 Satz 1 FGO ist eine Beiladung notwendig, wenn an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung notwendigerweise und unmittelbar Rechte Dritter gestaltet, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere in Fällen, in denen das, was einen Prozessbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muss (z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. April 2002 VIII B 171/01, BFHE 198, 300, BStBl II 2002, 578; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 60 FGO Rz 19, m.w.N.). Eine solche Beteiligung an dem Steuerschuldverhältnis (als Grundlage des im Klageverfahren streitigen Steueranspruchs) liegt allein mit Blick auf die Abtretung einer Erstattungsforderung nicht vor (s. Senatsurteil vom 9. April 1986 I R 62/81, BFHE 146, 344, BStBl II 1986, 565; BFH-Beschluss vom 15. März 1990 V B 174/89, BFH/NV 1991, 246).
2. Die Ablehnung einer einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO durch das FG ist nicht zu beanstanden. Nach dieser Vorschrift kann das FG zu einem Rechtsstreit andere beiladen, deren rechtliche Interessen nach den Steuergesetzen durch die Entscheidung berührt werden, insbesondere solche, die nach den Steuergesetzen neben dem Steuerpflichtigen haften. Die Erwägungen des FG bei der Ausübung des in § 60 Abs. 1 Satz 1 FGO vorgesehenen Ermessens lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
Die Ablehnung erscheint schon deshalb ermessensfehlerfrei, weil die Klägerin der beantragten Beiladung ausdrücklich entgegengetreten ist. Nach der Rechtsprechung ist das Interesse des Steuerpflichtigen an der Wahrung des Steuergeheimnisses im Regelfall höher zu bewerten als das Interesse des Beizuladenden an der Verbesserung seiner Rechtsposition durch die Beiladung, wenn der Beizuladende ein den Belangen des Klägers entgegengesetztes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat und der Steuerpflichtige der Beiladung widerspricht (BFH-Beschluss vom 17. August 1978 VII B 30/78, BFHE 126, 7, BStBl II 1979, 25). So gesehen ist den Belangen des Steuerpflichtigen aber noch stärker Rechnung zu tragen, wenn ein gleichgerichtetes Interesse des Steuerpflichtigen und des Beizuladenden (Abtretungsempfängers) am Ausgang des Klageverfahrens vorliegt (BFH-Beschluss in BFH/NV 1991, 246). Das FG hat zu Recht gewürdigt, dass sich die Abtretung des Steuererstattungsanspruchs nur auf einen Teilbetrag der gesamten im Klageverfahren streitigen Erstattungsforderung der Klägerin bezieht. Die Situation der Insolvenz des Abtretungsempfängers berührt mit Blick auf die (unteilbare) Gesamtforderung daher das klägerische Interesse an einer Durchsetzung des gesamten Steuererstattungsanspruchs nicht. Die Klägerin hat sich auch durch die Abtretung der Teilforderung nicht der Möglichkeit begeben, sich gegenüber dem Abtretungsempfänger auf den Schutz ihrer Steuergeheimnissphäre zu berufen. Im Übrigen liegt in dem Umstand, dass die Klägerin dem Beiladungsbegehren entgegengetreten ist, keine die Realisierung des abgetretenen Anspruchs beeinträchtigende Handlung der Klägerin.
Fundstellen
Haufe-Index 1778471 |
BFH/NV 2007, 1675 |