Entscheidungsstichwort (Thema)
Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs in Bezug auf einzelne Feststellungen
Leitsatz (NV)
Bei der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs sind der durch den gerügten Verfahrensfehler angeblich abgeschnittene Sachvortrag und seine Entscheidungserheblichkeit immer dann darzulegen, wenn der gerügte Gehörverstoß sich nur auf einzelne Feststellungen bezieht.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 17.09.2002; Aktenzeichen 11 K 1057/99) |
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liegt nicht vor. Das Finanzgericht (FG) hat weder gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen noch das rechtliche Gehör der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) verletzt (§ 96 Abs. 2 FGO).
1. Etwaige Mängel des Steuerstrafverfahrens, rechtliche Fehler des Durchsuchungsbeschlusses und die Frage, ob derartige Fehler vor dem FG überprüft werden konnten, sind hier nicht entscheidungserheblich. Denn das FG hat seine Überzeugung, die Klägerin habe den objektiven und subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, allein auf den von ihm in Bezug genommenen Prüfungsbericht der AOK vom … gegründet.
2. Indem das FG seine Sachverhaltswürdigung auf den genannten Prüfungsbericht der AOK gestützt hat, hat es nicht gegen seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen. Nach dem Prüfungsbericht hatte die Klägerin Arbeitslohn als Rechtsanwaltsgehilfin von 18 000 DM im Streitjahr 1985 und von jeweils 24 000 DM in den Streitjahren 1986 und 1987 bezogen. Aufgrund dieser Feststellungen und der Tatsache, dass keine Lohnsteuer einbehalten und abgeführt worden war, war der Schluss des FG, die Klägerin habe den Tatbestand der Steuerhinterziehung erfüllt, jedenfalls möglich und damit für das Revisionsgericht bindend (§ 118 Abs. 2 FGO). Weitere Ermittlungen zu dieser Frage mussten sich dem FG nicht aufdrängen, auch nicht aufgrund des Vorbringens der Klägerin, die AOK prüfe nur nach den Abrechnungen die richtige Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge, nicht aber die tatsächliche Auszahlung des Arbeitslohns an den Arbeitnehmer, es sei nicht unbekannt, dass vielfach bei Ehegattenarbeitsverhältnissen nur ein fiktiver Arbeitslohn angesetzt werde, um die Ehefrau sozialversicherungsrechtlich abzusichern. Daraus ergibt sich nicht die substantiierte Behauptung, dass die Klägerin tatsächlich keinen Arbeitslohn bezogen habe.
3. Die Revision ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 2 FGO zuzulassen. Insoweit genügt das Vorbringen der Klägerin, der vom FG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Prüfungsbericht der AOK vom … sei ihr nicht bekannt, deshalb habe sie dagegen auch keine Rügen erheben können, nicht den Begründungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Bei der Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs sind der durch den gerügten Verfahrensfehler angeblich abgeschnittene Sachvortrag und seine Entscheidungserheblichkeit immer dann darzulegen, wenn der gerügte Gehörverstoß sich, wie im Streitfall, nur auf einzelne Feststellungen bezieht (Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. Dezember 2002 IX B 104/02, BFH/NV 2003, 499; vgl. auch die Nachweise im Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3. September 2001 GrS 3/98, BFHE 196, 39, BStBl II 2001, 802, unter C. III. 1. a der Gründe). Diesen Anforderungen genügt das Beschwerdevorbringen nicht, weil nicht dargelegt ist, was die Klägerin gegen die Feststellungen dieses Prüfungsberichts, wenn er ihr bekannt gegeben worden wäre, eingewandt und dass dies das Ergebnis der Vorentscheidung beeinflusst hätte. Die Klägerin hat mit ihrer Beschwerde auch nicht dargelegt, dass sie überhaupt versucht hat, in den Prüfungsbericht der AOK Einsicht zu nehmen und sich damit auseinander zu setzen.
Fundstellen
Haufe-Index 1393624 |
BFH/NV 2005, 1623 |