Entscheidungsstichwort (Thema)
Verletzung der richterlichen Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (NV)
Bei der Verletzung der Sachaufklärungspflicht handelt es sich um einen verzichtbaren Verfahrensmangel, bei dem das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren geht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 155; ZPO § 295
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.04.2008; Aktenzeichen 2 K 2545/06) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat weder einen Verfahrensfehler, auf dem das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) beruhen könnte (unten 1.), noch die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtssache (unten 2.) schlüssig dargetan.
1. Soweit der Kläger rügt, dem FG seien bei der Urteilsfindung Verfahrensfehler unterlaufen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), genügt die Beschwerdebegründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
Mit dem Vorbringen, das FG hätte den Zeugen Steuerberater S, den er auf Anregung des FG im Termin der mündlichen Verhandlung am 9. April 2008 als präsenten Zeuge gestellt habe, zu der Behauptung vernehmen müssen, dass die Ansparrücklage für zwei Beträge von jeweils 52 000 DM zur Anschaffung von zwei LKW gebildet worden sei, rügt der Kläger einen Verstoß gegen die richterliche Sachaufklärungspflicht.
a) Wird mit der Rüge mangelnder Sachaufklärung geltend gemacht, das FG habe Beweisanträge übergangen, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. die Nachweise bei Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 120 Rz 69) u.a. Angaben zu den folgenden Punkten erforderlich:
- die ermittlungsbedürftigen Tatsachen;
- die angebotenen Beweismittel und die dazu angegebenen Beweisthemen;
- die genauen Fundstellen (Schriftsatz mit Datum und Seitenzahl, Terminprotokoll), in denen die Beweismittel und Beweisthemen angeführt worden sind;
- das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme;
- inwiefern das Urteil des FG --ausgehend von dessen materiell-rechtlichen Auffassung-- auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann und
- dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Verhaltens des FG nicht mehr vor diesem gerügt werden konnte.
b) Diesen Anforderungen entspricht die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger hat u.a. nicht substantiiert dargelegt, inwieweit die Vernehmung des Steuerberaters S die Auffassung des Gerichts, die Aufzeichnungen des Klägers genügten den Anforderungen nicht, die an die Aufzeichnung der Bildung und Auflösung einer Ansparrücklage zu stellen seien, hätte widerlegen können. Vor allem aber hat der sachkundig vertretene Kläger ausweislich des Sitzungsprotokolls vom 9. April 2008 die fehlende Befragung des Steuerberaters S weder gerügt noch dargelegt, warum er entschuldbar an der Rüge gehindert war. Bei der Verletzung der Sachaufklärungspflicht handelt es sich um einen verzichtbaren Verfahrensmangel (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), bei dem das Rügerecht nicht nur durch eine ausdrückliche oder konkludente Verzichtserklärung gegenüber dem FG verloren geht, sondern auch durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge.
2. Begründet der Kläger --wie hier im Schriftsatz vom 10. Juni 2008-- seine Nichtzulassungsbeschwerde mit der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), so muss er substantiiert darauf eingehen, weshalb die Beantwortung der von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfragen muss der Beschwerdeführer begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Fragen zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass sich der Beschwerdeführer mit der zu den von ihm für klärungsbedürftig gehaltenen Rechtsfragen bereits vorhandenen höchstrichterlichen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung bislang keine Klärung herbeigeführt habe (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 116 Rz 32 und 33, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). An einem solchen Vorbringen fehlt es.
Fundstellen