Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrüge unterlassener Sachaufklärung; Antrag auf Durchführung einer Wissensprüfung
Leitsatz (NV)
1. Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder weshalb diese Rüge nicht möglich war.
2. Zur Durchführung einer Wissensprüfung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen bedarf es eines ausdrücklichen Antrags des Steuerpflichtigen.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 295; EStG § 18
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 28.09.2006; Aktenzeichen 3 K 1263/04) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat die sinngemäß geltend gemachten Zulassungsgründe der Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung --FGO--) und der Verletzung der Sachaufklärungspflicht (Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) nicht entsprechend den gesetzlichen Anforderungen dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
1. Eine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO liegt nur vor, wenn das Finanzgericht (FG) bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der mit den tragenden Rechtsausführungen in der Divergenzentscheidung nicht übereinstimmt. Zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der (mutmaßlichen) Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender abstrakter Rechtssätze aus dieser Entscheidung einerseits und aus dem angefochtenen Urteil des FG andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen (vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. März 2006 X B 102/05, BFH/NV 2006, 1134; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 116 Rz 41 f.).
Der Kläger hat die behauptete Divergenz zu den von ihm bezeichneten BFH-Urteilen nicht schlüssig dargelegt. Er hat weder einen ggf. auch nur stillschweigend vom FG aufgestellten abstrakten tragenden Rechtssatz herausgearbeitet und den Rechtssätzen aus den behaupteten Divergenzentscheidungen so gegenübergestellt, dass Abweichungen erkennbar werden, noch hat er die Vergleichbarkeit der Sachverhalte schlüssig dargestellt.
2. a) Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung u.a. auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des angebotenen Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt worden ist oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Januar 2005 VII B 61/04, BFH/NV 2005, 921, m.w.N.).
Im Streitfall hat der Berichterstatter im finanzgerichtlichen Verfahren mit Aufklärungsschreiben vom 12. Januar 2005 an den Prozessbevollmächtigten des Klägers zu den maßgebenden Kriterien konkrete und eindeutige Fragen gestellt. Vor diesem Hintergrund war der rechtskundig vertretene Kläger gehalten, spätestens in der mündlichen Verhandlung den entscheidungserheblichen Sachverhalt sorgfältig vorzutragen und ordnungsgemäße Nachweise vorzulegen bzw. Beweisangebote zu unterbreiten. Zur Durchführung einer Wissensprüfung unter Hinzuziehung eines Sachverständigen hätte der Kläger außerdem einen ausdrücklichen Antrag stellen müssen. Denn im Hinblick darauf, dass ein Misserfolg bei der Wissensprüfung weit reichende Folgen über den Prozessverlust hinaus haben kann, ist das FG nicht verpflichtet, diesen Beweis ohne entsprechenden Antrag des Klägers zu erheben (BFH-Urteile vom 26. Juni 2002 IV R 56/00, BFHE 199, 367, BStBl II 2002, 768; vom 31. August 2005 XI R 62/04, BFH/NV 2006, 505, m.w.N.).
Dass er eine Wissensprüfung beantragt oder andere Beweisanträge gestellt hat, hat der Kläger nicht dargelegt. Auch aus dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem FG ergibt sich kein Hinweis, dass der Kläger einen Antrag auf eine Wissensprüfung oder andere Beweisanträge gestellt oder das Übergehen zuvor schriftsätzlich gestellter Anträge gerügt hat oder warum ihm eine solche Rüge ggf. nicht möglich gewesen sein sollte. Ausweislich des Protokolls hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers rügelos zur Sache verhandelt und den Klageantrag gestellt. Auf das Rügerecht ist damit wirksam verzichtet worden (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung).
b) Soweit der Kläger als Verfahrensmangel geltend macht, das FG habe auch ohne entsprechende Beweisanträge den Sachverhalt von Amts wegen weiter aufklären müssen, fehlt es an der Darlegung, dass sich dies dem FG auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Auffassung hätte aufdrängen müssen und welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 19. Januar 2006 VIII B 84/05, BFH/NV 2006, 803, m.w.N.).
c) Mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG verstoße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze, hat der Kläger keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO dargelegt. Fehler in der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind keine Verfahrensfehler, sondern materiell-rechtliche Fehler, die nicht zur Zulassung der Revision führen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. September 2005 II B 135/04, BFH/NV 2006, 306, m.w.N.; Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 76, 81 ff., m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1768250 |
BFH/NV 2007, 1531 |