Entscheidungsstichwort (Thema)
Begründung des Wiedereinsetzungsantrags
Leitsatz (NV)
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erfordert eine substantiierte in sich schlüssige Darlegung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb der Zweiwochenfrist (hier: Darlegung der Hindernisse für die rechtzeitige Bestellung eines Prozessbevollmächtigten).
Normenkette
FGO § 56
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) durch Urteil vom 27. März 2001, das dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 1. Juni 2001 zugestellt wurde, als unbegründet ab. Mit Schreiben vom 5. Juni 2001 legte der Kläger persönlich Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Am 11. Juli 2001 beantragte der Kläger durch seine Prozessbevollmächtigte, ihm wegen der Versäumung der Beschwerdefrist Wiedereinsetzung nach § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in den vorigen Stand zu gewähren. Er habe von seinem früheren Prozessbevollmächtigten am 1. Juni 2001 eine Kopie des Urteils mit Rechtsbehelfsbelehrung erhalten, die weder ein Urteilsdatum enthalten habe noch einen Eingangsvermerk des Prozessbevollmächtigten. Da er "wenige Tage später eine längere Geschäftsreise in das europäische Ausland" angetreten habe, habe er selbst vorsorglich Beschwerde eingelegt. Da er von der Geschäftsstelle des erkennenden Senats lediglich die Eingangsmitteilung vom 6. Juli 2001 ohne einen Hinweis auf seine fehlende Postulationsfähigkeit erhalten habe, habe er davon ausgehen dürfen, dass seine Beschwerde wirksam gewesen sei.
Entscheidungsgründe
II. Das Rechtsmittel ist unzulässig.
1. Vor dem Bundesfinanzhof (BFH) muss sich ―wie auch aus der Rechtsmittelbelehrung im vorbezeichneten Urteil hervorgeht― jeder Beteiligte, sofern es sich nicht um eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder um eine Behörde handelt, durch einen Steuerberater, Steuerbevollmächtigten, Rechtsanwalt, niedergelassenen europäischen Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer oder vereidigten Buchprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen; zur Vertretung berechtigt sind ferner Steuerberatungsgesellschaften, Rechtsanwaltsgesellschaften, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Buchführungsgesellschaften sowie zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugte Partnerschaftsgesellschaften, die durch einen der in dem vorigen Halbsatz aufgeführten Berufsangehörigen tätig werden (§ 62a FGO). Im Streitfall ist die Beschwerde nicht von einer solchen Person oder Gesellschaft eingelegt worden; die Einlegung der Beschwerde ist daher unwirksam.
2. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor.
Ein erfolgreicher Antrag auf Wiedereinsetzung setzt eine substantiierte, in sich schlüssige Darstellung aller entscheidungserheblichen Tatsachen innerhalb der Zweiwochenfrist des § 56 Abs. 2 FGO voraus (z.B. BFH-Beschlüsse vom 25. Februar 1999 X R 102/98, BFH/NV 1999, 1221; vom 19. Januar 1993 X R 82/92, BFH/NV 1993, 611). Erforderlich ist eine vollständige Darstellung der Ereignisse, die zur Fristversäumung geführt haben und die unverschuldete Säumnis belegen sollen, soweit sie nicht gerichtsbekannt oder offenkundig sind. Nach Ablauf der Zweiwochenfrist können Wiedereinsetzungsgründe nicht mehr nachgeschoben werden. Lediglich unklare oder unvollständige Angaben können erläutert oder ergänzt werden, wenn innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist der Kern der Wiedereinsetzungsgründe in sich schlüssig vorgetragen worden ist (BFH-Urteile vom 20. Juni 1996 X R 95/93, BFH/NV 1997, 40; vom 21. Februar 1995 VIII R 76/93, BFH/NV 1995, 989).
Nach seiner eigenen Darstellung erhielt der Kläger von seinem vorherigen Prozessbevollmächtigten am 1. Juni 2001 ―im Übrigen noch am Tag der Zustellung an diesen― eine Kopie des Urteils samt Rechtsmittelbelehrung persönlich ausgehändigt. Aus der ―zutreffenden― Rechtsmittelbelehrung konnte der Kläger entnehmen, dass die Beschwerde einen Monat nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen ist und bei Einlegung der Beschwerde die Vertretung durch eine der aufgezählten Personen oder Gesellschaften erforderlich ist. Unabhängig davon, ob der nicht weiter substantiierte Hinweis auf eine nach Erhalt des Urteils angetretene "längere Geschäftsreise" die Fristversäumnis überhaupt hätte entschuldigen können, hat der Kläger weder dargelegt, weshalb es ihm nicht möglich war, vor der "längeren Geschäftsreise" eine der bezeichneten Personen oder Gesellschaften mit der Einlegung der Beschwerde zu beauftragen.
Nicht nachvollziehbar ist des Weiteren, weshalb die Eingangsbestätigung der Geschäftsstelle des erkennenden Senats vom 6. Juli 2001 ursächlich für die Versäumung der Beschwerdefrist dafür hätte sein können; am 6. Juli 2001 war die Beschwerdefrist bereits abgelaufen.
Fundstellen