Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Fremdvergleichsgrundsätze (Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen) auch im Rahmen des EigZulG; mittelbare Grundstücksschenkung; Verlust des Rügerechts bei Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (NV)
1. Die Anforderungen an einen Darlehensvertrag zwischen nahen Angehörigen (Fremdvergleichsgrundsätze) gelten auch im Anwendungsbereich des EigZulG. Bei Nichtanerkennung ist ein solcher Darlehensvertrag nicht der Besteuerung zugrunde zu legen. Dies führt aber nicht ohne weiteres ‐ positiv ‐ dazu, einen ganz anderen Vertragsinhalt, z.B. eine Schenkungsabrede, zugrunde zu legen.
2. Eine mittelbare Grundstücksschenkung und damit ein unentgeltlicher Erwerb ist anzunehmen, wenn der Beschenkte nicht über den geschenkten Betrag, sondern erst über die vom Schenker direkt bezahlte Eigentumswohnung verfügen kann. Die Schenkung ist zudem mit einer (schädlichen) Zweckbindung verknüpft, wenn von vornherein die Bezahlung des konkreten Wohnungserwerbs durch den Schenker vereinbart war.
3. Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht als (verzichtbaren) Verfahrensmangel kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn rügelos zur Sache verhandelt wird und damit das Rügerecht durch bloßes Unerlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren geht.
Normenkette
EigZulG § 2 Abs. 1; FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 118 Abs. 2; ZPO § 295
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 09.08.2005; Aktenzeichen 13 K 490/03) |
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen zum Teil nicht vor (s. unter 1., 2.) und wurden im Übrigen nicht hinreichend dargelegt (s. unter 3.).
1. Die grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) der aufgeworfenen Rechtsfragen ist nicht gegeben; sie ist vielmehr geklärt.
a) Zu den Anforderungen an einen Darlehensvertrag im Zusammenhang mit Anschaffungskosten im Sinne des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Grundsätze des Fremdvergleichs auch bei privaten Vorgängen, für die eine steuerliche Begünstigung beansprucht wird, Anwendung finden; denn auch in diesen Fällen besteht infolge der innerhalb der Familie typischerweise fehlenden Interessengegensätze die Gefahr unausgewogener Gestaltungsmöglichkeiten (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 22. April 1998 X R 163/94, BFH/NV 1999, 24; vom 16. Dezember 1998 X R 139/95, BFH/NV 1999, 780).
b) Auch die Folgen bei Nichtanerkennung eines Darlehensvertrages sind geklärt. Entspricht nämlich ein zwischen nahen Angehörigen abgeschlossener Vertrag nicht dem, was zwischen fremden Dritten üblich ist, so ist er der Besteuerung nicht zugrunde zu legen (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteil vom 27. Juli 2004 IX R 73/01, BFH/NV 2005, 192, unter II. 4., m.w.N.; vom 1. März 2005 IX R 70/03, BFH/NV 2005, 1245). Dies führt aber nicht ohne weiteres --positiv-- dazu, einen ganz anderen Vertragsinhalt, also z.B. eine Schenkungsabrede der Besteuerung zugrunde zu legen (vgl. dazu auch BFH-Urteil vom 31. Mai 2001 IX R 78/98, BFHE 195, 392, BStBl II 2001, 756). Dementsprechend hat das Finanzgericht (FG) in einem zweiten Schritt unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 1245 den rechtlichen Charakter der Abreden zwischen der Klägerin und ihren Eltern geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass keine Geldschenkung, sondern eine mittelbare Grundstücksschenkung gegeben war. Im Übrigen hat das FG auch insoweit entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt.
2. Auch ist die Revision nicht wegen der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen, denn das FG-Urteil weicht weder von den BFH-Urteilen in BFH/NV 2005, 1245 und vom 1. Juni 2004 IX R 61/03 (BFH/NV 2005, 27) noch vom Urteil des FG Düsseldorf vom 10. Mai 2005 9 K 4016/01 EZ (Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2006, 83) ab.
Vielmehr ist das FG im Einklang mit dieser Rechtsprechung im Rahmen seiner Gesamtwürdigung zu dem Ergebnis gelangt (s. Urteil S. 11), dass "von vornherein Übereinstimmung zwischen der Klägerin und den Eltern bestand, dass ausschließlich die Kosten des konkreten Wohnungserwerbs übernommen werden sollten", also "bereits vor dem 20. Dezember 2002 die Bezahlung des Wohnungserwerbs durch die Eltern vereinbart war". Damit war die Schenkung mit einer Zweckbindung verknüpft (vgl. BFH-Urteile vom 27. Juli 2000 X R 42/97, BFH/NV 2001, 307; vom 10. November 2004 II R 44/02, BFHE 207, 360, BStBl II 2005, 188).
Diese nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen (s. unter 3.) angegriffenen Feststellungen des FG, zu denen auch die Tatsachenwürdigung wie Schlussfolgerungen tatsächlicher Art zählen (vgl. BFH-Urteil vom 2. März 1993 VII R 90/90, BFH/NV 1994, 526; BFH-Beschluss vom 2. August 2005 IV B 185/03, BFH/NV 2005, 2224, unter 2. a.E.), binden den Senat (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).
3. Ein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) ist schon nicht hinreichend gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Soweit nämlich die Klägerin eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel rügt, hat sie --vor dem FG (s. Sitzungsprotokoll) rechtskundig vertreten-- ihr Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 7. April 2005 IX B 194/03, BFH/NV 2005, 1354; vom 29. Oktober 2002 IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326).
Fundstellen
Haufe-Index 1612034 |
BFH/NV 2006, 2234 |