Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nicht anfechtbar; AdV-Anträge beim FG
Leitsatz (NV)
1. Eine Entscheidung des FG über die Kosten des Verfahrens nach Erledigung der Hauptsache (§ 138 Abs. 1 FGO) kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
2. Ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung an das FG (§ 69 Abs. 3 FGO) ist nur zulässig, wenn die Finanzbehörde einen Antrag nach § 69 Abs. 2 FGO abgelehnt hat.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 4; VGFGEntlG Art. 3 § 7; FGO § 69 Abs. 3
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Am 11. Dezember 1989 erging der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 1987. Am selben Tag erließ der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) Bescheide über nachträgliche Vorauszahlungen für die Jahre 1988 und 1989. Die nachträgliche Vorauszahlung für das Jahr 1988 wurde mit . . . DM festgesetzt. Die nachträgliche Vorauszahlung für das Jahr 1989 belief sich auf . . . DM. Die Fälligkeit trat am 15. Januar 1990 ein. Ab 10. März 1991 waren dem vermuteten steuerlichen Ergebnis für das Jahr 1991 angepaßte Vorauszahlungen zu leisten.
Gegen diese Vorauszahlungsbescheide und des weiteren gegen die erteilte Abrechnung für das Jahr 1987 legten die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 13. Dezember 1989 Einspruch ein, mit dem sie dessen Verbescheidung bis spätestens 15. Dezember 1989, also den übernächsten Tag, terminierten. Ferner wurde darum ersucht, jegliches Zahlungsverlangen bzw. die Einziehung von Steuern zu den Fälligkeitsterminen zu unterlassen. Zuvor, nämlich am 8. Dezember 1989, hatten die Beschwerdeführer die ausstehende Einkommensteuererklärung für das Jahr 1988 beim FA eingereicht.
Bereits am 15. Dezember 1989 wandten sich die Beschwerdeführer beschwerdeführend an die Oberfinanzdirektion (OFD) und mahnten eine umgehende Entscheidung in der Angelegenheit an. Sollte die Beschwerdeentscheidung nicht am selben Tage per Telefax bei ihnen eingehen, würden sie - wie auch im Falle der versäumten Frist seitens des FA - von einer konkludenten ablehnenden Entscheidung der Finanzbehörden ausgehen. Entsprechend dieser Ankündigung stellten die Beschwerdeführer beim Finanzgericht (FG) am 19. Dezember 1989 bezüglich der Vorauszahlungsbescheide für die Jahre 1988 und 1989 vom 11. Dezember 1989 Anträge auf Aussetzung der Vollziehung.
Aufgrund der am 8. Dezember 1989 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 1988 setzte das FA mit Bescheid vom 5. Januar 1990 die Einkommensteuer für das Jahr 1988 fest. Die Beschwerdeführer hatten noch eine Einkommensteuerabschlußzahlung von . . . DM zu leisten. Infolge der durchgeführten Veranlagung für das Jahr 1988 wurde der angegriffene Vorauszahlungsbescheid für das Jahr 1988 bezüglich der in ihm festgesetzten nachträglichen Vorauszahlung gegenstandlos. Dies stellte das FA durch Schreiben vom 4. Januar 1990 ausdrücklich fest. Ebenso wurden zusammen mit der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1988 durch verbundenen Vorauszahlungsbescheid vom 5. Januar 1990 die Einkommensteuervorauszahlungen für das Jahr 1989 entsprechend den Ergebnissen der Einkommensteuerfestsetzung 1988 neu berechnet. Dies führte zu einer Ermäßigung des Vorauszahlungssolls um . . . DM. Der Restbetrag wurde von den Beschwerdeführern zum Fälligkeitstag des 15. Januar 1990 beglichen.
Das FG hat über die bei ihm am 20. Dezember 1989 eingegangenen Anträge auf Aussetzung der Vollziehung vom 19. Dezember 1989 betreffend Einkommensteuervorauszahlungsbescheide 1988 und 1989 vom 11. Dezember 1989 entschieden. Infolge der Erledigung in der Hauptsache hat es sich auf eine Entscheidung nach § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) im Kostenpunkt beschränkt und die Kosten des Aussetzungsverfahrens den jetzigen Beschwerdeführern auferlegt. Es geht davon aus, daß die Aussetzungsanträge nach Art. 3 § 7 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) unzulässig waren. Das FA habe nicht zuvor, wie es Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 1 VGFGEntlG fordere, einen bei ihm gestellten Aussetzungsantrag (vom 13. Dezember 1989) abgelehnt. Ein Ausnahmetatbestand des Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 2 VGFGEntlG habe nicht vorgelegen. Es seien nach Aktenlage im Zeitpunkt des Zugangs der Aussetzungsanträge bei Gericht keine konkreten Umstände ersichtlich gewesen, denen zufolge das FA zu erkennen gegeben hätte, daß es die begehrte Aussetzung der Vollziehung nicht gewähren würde; ferner seien keine besonderen Umstände erkennbar, wegen derer es den Beschwerdeführern nicht zumutbar gewesen sei, zunächst einen Antrag beim FA zu stellen. Vor Eintritt der Fälligkeit (am 15. Januar 1990) habe keine Vollstreckung gedroht. Auch könne nicht angenommen werden, daß das FA am 20. Dezember 1989 über die Aussetzungsanträge ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hätte. Für die Frage, welche Frist angemessen sei, könnten nicht nur die Verhältnisse eines der beiden Verfahrensbeteiligten berücksichtigt werden. Auch im Hinblick auf den von den Beschwerdeführer geplanten Urlaub müsse dem FA eine längere Frist als fünf Arbeitstage zur Prüfung des Aussetzungsantrages zugebilligt werden.
Das FG hat im Tenor seine Entscheidung für unanfechtbar erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Der angegriffene Beschluß des FG vom 31. August 1990 ist wegen Erledigung der Hauptsache eine Entscheidung im Kostenpunkt nach § 138 Abs. 1 FGO. Gegen solche Entscheidungen ist gemäß Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) die Beschwerde nicht gegeben. Damit ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten grundsätzlich erschöpft. Wie das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zu Art. 1 Nr. 4 BFHEntlG ausgeführt hat, garantiert das Grundgesetz (GG) keine Mehrstufigkeit des gerichtlichen Verfahrens. Weder aus Art. 19 Abs. 4, noch aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 103 Abs. 1 GG könne ein verfassungsmäßiger Anspruch auf eine weitere Instanz hergeleitet werden (Beschluß vom 7. Dezember 1978 2 BvR 855/78, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Gesetz zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, Rechtsspruch 55).
Ob eine Beschwerde gleichwohl wegen ,,greifbarer Gesetzwidrigkeit" statthaft werden könnte, was der Bundesfinanzhof (BFH) jedenfalls für den Fall einer Verletzung des rechtlichen Gehörs abgelehnt hat (Beschluß vom 26. Mai 1977 V B 7/77, BFHE 122, 256, BStBl II 1977, 628), kann im Streitfall unentschieden bleiben; denn ein solcher Fall ist nicht gegeben. Die Beschwerdeführer meinen im Ausgangspunkt ihrer umfangreichen Überlegungen irrigerweise, durch eine entsprechende Formulierung des nach § 69 FGO gestellten Antrags darüber verfügen zu können, ob ein Fall der Aussetzung der Vollziehung oder der Aufhebung der Vollziehung vorliege. Das Gesetz definiert den Fall der Aufhebung der Vollziehung jedoch eindeutig dahingehend, daß hier - d. h. im Zeitpunkt der Entscheidung des angerufenen Gerichts - der Verwaltungsakt schon vollzogen ist (§ 69 Abs. 3 Satz 4 FGO). Im Streitfall waren die angegriffenen Bescheide über die Festsetzung von Einkommensteuervorauszahlungen für die Jahre 1988 und 1989 vom 11. Dezember 1989 bei Antragstellung der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1989 nicht einmal fällig und vor Eintritt der Fälligkeit am 15. Januar 1990 als Folge der Veranlagung zur Einkommensteuer 1988 schon wieder weggefallen. Die Zahlungspflicht der Beschwerdeführer, die sich auf einen Restbetrag nachträglicher Vorauszahlung 1989 beschränkte, ergab sich aufgrund der Bescheide vom 5. Januar 1990. Die Beschwerdeführer waren damit bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit, ab dem die Vollziehbarkeit hergestellt worden wäre, durch die abändernden Bescheide des FA vom 5. Januar 1990 klaglos gestellt worden. Bis zu diesem Zeitpunkt wäre nur ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung zulässig gewesen, dessen Statthaftigkeit vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 3 § 7 VGFGEntlG abhing. Die Ausführungen der Beschwerdeführer zu dieser Vorschrift sind wiederum durch die irrige These geprägt, die von ihnen dargestellten schwerwiegenden Rechtsverletzungen hätten ihre Grundlage darin, daß der Art. 3 § 7 VGFGEntlG vom FG unzutreffend auch auf den Fall der Aufhebung der Vollziehung angewendet worden sei.
Fundstellen
Haufe-Index 417969 |
BFH/NV 1992, 540 |