Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zugangsvermutung des §122 Abs. 2 AO 1977 i.d.R. kein Klärungsbedarf
Leitsatz (NV)
Die Handhabung der in §122 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977 geregelten Zugangsvermutung und ihrer Begrenzung, einschließlich der damit zusammenhängenden Beweisfragen, ist als grundsätzlich geklärt anzusehen.
Normenkette
AO 1977 § 122 Abs. 2 Nr. 1; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, teils weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in ausreichender Weise dargelegt wurden (§115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --), teils weil sie nicht gegeben sind.
1. Von vornherein unbeachtlich ist das Beschwerdevorbringen, soweit es sich in Einwänden gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils erschöpft (Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, §115 Rz. 58 und 62, m.w.N.).
2. Im übrigen liegt weder die behauptete Divergenz vor noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung. Das angefochtene Urteil beruht nicht etwa -- ausdrücklich oder stillschweigend -- auf dem von den zitierten Entscheidungen abweichenden Rechtssatz, im Rahmen des §122 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gelte der Beweis des ersten Anscheins, sondern stützt die Überzeugung, daß die in Frage stehenden Änderungsbescheide vom 20. Oktober 1986 wirksam und bestandskräftig geworden sind, auf eine Reihe von Indizien -- wie dies der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) entspricht (s. die Urteile vom 14. März 1989 VII R 75/85, BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534, und vom 3. März 1993 II R 11/90, BFH/NV 1994, 141) und auch im Schrifttum als prinzipiell geklärt gelten kann (vgl. die Nachw. bei Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, §122 AO 1977 Rz. 23c, und Güroff in Beermann, Steuerliches Verfahrensrecht, §122 AO 1977 Rz. 36f.). Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) irrt, wenn er meint, im Falle des Bestreitens habe der Verwaltungsakt nach §122 Abs. 2 AO 1977 ohne weiteres als nicht bekanntgegeben zu gelten. Der Zugang bleibt vielmehr Gegenstand der Sachaufklärungspflicht, und nur, wenn deren Erfüllung keine Überzeugungsbildung i.S. des §96 Abs. 1 Satz 1 FGO erlaubt ("im Zweifel"), muß auf die Beweislastregel des §122 Abs. 2 2. Halbsatz AO 1977 zurückgegriffen werden. Das war hier nach (der in diesem Verfahren nicht nachprüfbaren) Ansicht des Finanzgerichts nicht erforderlich. Dieser Schlußfolgerung liegt weder eine Beweislastumkehr zum Nachteil des Klägers noch sonst eine von der BFH-Rechtsprechung divergierende oder grundsätzlich bedeutsame, allgemeine Rechtserkenntnis zugrunde.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 154314 |
BFH/NV 1999, 450 |