Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid im Abzugsverfahren
Leitsatz (NV)
- Für die Verlegung von Platten durch eine in Österreich ansässige Baugesellschaft im Inland muss der Auftraggeber im Jahr 1994 das Abzugsverfahren beachten. Bei Nichtbeachtung kann gegen den Leistungsempfänger ein Haftungsbescheid ergehen.
- Eine Zulassung der Revision wegen Divergenz von Urteilen des BFH kommt nicht in Betracht, wenn gerügt wird, die Vorentscheidung sei danach fehlerhaft.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2; UStDV § 55
Verfahrensgang
FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 27.06.2002; Aktenzeichen 6 K 3155/98) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist ein Bauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH. Sie nahm von einer in Österreich ansässigen Baugesellschaft (S-GmbH) die Lieferung und Verlegung von Betonwerksteinplatten bei einem Bauvorhaben in Deutschland entgegen. Von einer ersten Abschlagsrechnung vom November 1993 behielt die Klägerin die darin gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ein und führte sie an den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) ab.
Den von der S-GmbH gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag (von X DM) in einer zweiten Abschlagsrechnung vom Januar 1994 über die erwähnten Leistungen behielt die Klägerin nicht ein und führte ihn auch nicht an das FA ab. Sie zahlte den gesamten Rechnungsbetrag an die S-GmbH aus. Die S-GmbH entrichtete für ihre in Deutschland erbrachte steuerpflichtige Werklieferung keine Umsatzsteuer. Deshalb nahm das FA die Klägerin durch Haftungsbescheid nach § 55 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) 1993 vom 25. März 1998 (geändert am 24. März 1999) in Höhe von X DM in Anspruch und wies den dagegen eingelegten Einspruch zurück.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) rechtfertigte die Inanspruchnahme der Klägerin und führte zur Begründung u.a. sinngemäß aus, die Haftungsvoraussetzungen seien dem Grunde und der Höhe nach gegeben. Die Klägerin habe gewusst, dass die S-GmbH im Ausland ansässig gewesen sei. Eine von dieser vorgelegte Bescheinigung habe etwaige Zweifel der Klägerin an der Ansässigkeit der S-GmbH in Österreich nicht ausräumen können, weil sie keine Aussagen über den Sitz dieser Gesellschaft enthalten habe.
Mit der Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu den Voraussetzungen für eine rechtmäßige Ermessensausübung. Zur Begründung führt die Klägerin u.a. aus, da die Vorentscheidung keine Ausführungen zu dem von der Finanzbehörde bei dem Erlass eines Haftungsbescheids auszuübenden Entschließungsermessen enthalte, weiche sie von Entscheidungen des BFH ab, in denen die unterlassenen Erwägungen der Finanzbehörde zum Entschließungsermessen als Fall der Ermessensunterschreitung beurteilt worden seien.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Klägerin hat keine die Zulassung der Revision rechtfertigende Gründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO) dargelegt.
1. Die Zulassung der Revision kommt nur in Betracht, wenn ein Zulassungsgrund (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 FGO) gegeben ist und in der Beschwerdeschrift dessen Voraussetzungen dargelegt (§ 116 Abs. 2 Satz 3 FGO) werden.
Die Klägerin hat als Zulassungsgrund Abweichung (Divergenz) des FG-Urteils von Entscheidungen des BFH ―u.a. von den Urteilen vom 5. März 1993 VI R 79/91 (BFHE 170, 428, BStBl II 1993, 692), vom 7. April 1992 VII R 104/90 (BFH/NV 1993, 213), vom 22. September 1992 VII R 73-74/91 (BFH/NV 1993, 215)― geltend gemacht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).
Die Klägerin hat aber ―was erforderlich gewesen wäre― keinen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil und keinen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz aus den genannten Vergleichsentscheidungen des BFH bezeichnet. Nur wenn auf diese Weise unvereinbare abstrakte Rechtssätze gegenübergestellt werden, ist die Beschwerde wegen Divergenz zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2002 V B 164/01, BFH/NV 2003, 521).
Die Klägerin hat lediglich dargelegt, die Entscheidung des FG sei unrichtig, denn es hätte nach den erwähnten Entscheidungen zu einer anderen Beurteilung kommen müssen. Damit wendet sich die Klägerin gegen die rechtliche Beurteilung des FG, stellt aber keine unvereinbaren abstrakten Rechtssätze gegenüber. Eine solche Begründung geht an den Voraussetzungen einer Nichtzulassungsbeschwerde vorbei und führt zu deren Unzulässigkeit (BFH-Beschluss vom 19. September 1994 VIII B 110/93, BFH/NV 1995, 243).
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).
Fundstellen