Entscheidungsstichwort (Thema)
Bindung an Verwaltungsvorschriften bei Zwischenvermietung
Leitsatz (NV)
Es ist in der Rechtsprechung des BFH geklärt, dass eine Bindung des FA nach § 176 AO 1977 an Verwaltungsvorschriften in Zwischenvermietungsfällen nicht besteht.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12, § 12 Abs. 1, § 15 Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 176; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) errichtete 1982 im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft eine Eigentumswohnung. Er vermietete die am 1. Dezember 1983 bezugsfertige Wohnung durch Mietvertrag vom 16. März 1983 zum 1. Februar 1984 an die B-KG. B-KG vermietet die Wohnung im eigenen Namen auf eigene Rechnung an Endmieter zur privaten Nutzung.
Der Kläger verzichtete auf die Steuerbefreiung für den Vermietungsumsatz und machte aus Rechnungen über Leistungen zur Herstellung der Wohnung den Vorsteuerabzug in den Jahren 1982 bis 1984 geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) setzte die Umsatzsteuer zunächst erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest.
Das FA änderte diese Steuerfestsetzungen (nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung ―AO 1977―) und ließ den Vorsteuerabzug wegen der Wohnung nicht mehr zu. Während des Verfahrens über die Einsprüche gegen die Änderungsbescheide wurde dem FA durch eine Betriebsprüfung bei der B-KG bekannt, dass diese Gesellschaft neben der Vermietung der Wohnungen von Bauherren weitere Leistungen anbot, u.a. zusagte, im Falle des Todes oder der Erwerbsunfähigkeit des Bauherrn während der Bauzeit und innerhalb von fünf Jahren nach Bezugsfertigkeit die Beteiligung an dem Bauherrenmodell rückabzuwickeln. Die B-KG garantierte dem Bauherrn in einer Anlage zum Baubetreuungsvertrag den Mieteingang und sagte die Vermittlung der Vermietung zu.
Aufgrund dieser Erkenntnisse wies das FA die Einsprüche gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide für 1982 bis 1984 zurück. Auch die Einsprüche gegen die Umsatzsteueränderungsbescheide für 1985, 1986 und 1989, in denen das FA eine steuerpflichtige Zwischenvermietung ebenfalls nicht anerkannt hatte, blieben erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) wies die dagegen gerichtete Klage teils als unzulässig (Umsatzsteuer für 1986 und 1989), teils als unbegründet ab. Es führte zur Begründung u.a. aus, dem Kläger stehe der Vorsteuerabzug aus den Bauleistungen zur Herstellung der Wohnung nicht zu, weil er die Leistungsbezüge für steuerfreie Vermietung verwende (§ 15 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes ―UStG― 1980). Der Verzicht auf die Steuerbefreiung der Vermietung (§ 9 Abs. 1 UStG) sei unwirksam, weil die Zwischenvermietung wegen Missbrauchs rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten (§ 42 AO 1977) nicht anzuerkennen sei. Der Kläger habe keine wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe nachgewiesen, die die Einschaltung eines Zwischenvermieters rechtfertigen können. Der Kläger habe insbesondere keine eigenen Vermietungsbemühungen nachgewiesen, die die Zwischenvermietung zur Vermeidung eines Mietausfallrisikos wirtschaftlich verständlich machten.
Auf das Schreiben des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 27. Juni 1983 (BStBl I 1983, 347) könne sich der Kläger nicht berufen, weil die darin enthaltene Beurteilung der Zwischenvermietung ausdrücklich nicht gelte, wenn ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliege. Das BMF-Schreiben vom 8. August 1988 IV A 3 -S 7198- 23/88 (BStBl I 1988, 322) enthalte keine Billigkeitsregelungen, soweit die Finanzbehörden darin angewiesen würden, die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Anerkennung von Zwischenmietverhältnissen erst auf nach dem 31. August 1987 begründete Mietverhältnis anzuwenden.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Klärungsbedürftig ist nach seiner Ansicht der Umfang des Vertrauensschutzes auf Verwaltungsvorschriften, die sich erst durch spätere Rechtsprechung als nicht rechtens erwiesen.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde des FA hat keinen Erfolg.
1. Anwendbar ist die FGO i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757), weil die angefochtene Entscheidung des FG vor dem 1. Januar 2001 verkündet worden ist (Art. 4 2.FGOÄndG).
2. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) verlangt § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO, dass der Beschwerdeführer in der Beschwerdebegründung eine bestimmte ―abstrakte― klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren auch klärbare Rechtsfrage herausstellt. Er muss darlegen, weshalb es in dem angestrebten Revisionsverfahren auf die Klärung der hervorgehobenen Rechtsfrage ankommt (Klärungsbedürftigkeit) und dass dem Revisionsgericht eine Klärung möglich ist (Klärbarkeit).
Der Kläger bezeichnet als Zulassungsgrund (S. 6 der Beschwerdeschrift): "Von grundsätzlicher Bedeutung für die Verwaltungspraxis ist es, in welchem Umfang die Besteuerungspraxis aufgrund von Verwaltungsvorschriften, die sich durch spätere Rechtsprechung als nicht rechtens erweisen, dennoch Bestand behalten kann und muss."
Die von dem Kläger hervorgehobene Rechtsfrage ist aber bereits geklärt und deshalb nicht mehr klärungsbedürftig. In dem vom Kläger angestrebten Revisionsverfahren können nur Verwaltungsvorschriften zur Zwischenvermietung bedeutsam sein. Soweit sie von der einschlägigen Rechtsprechung des BFH abweichen, ist die von dem Kläger auch gestellte Frage zu beantworten, ob in Verwaltungsvorschriften zur Zwischenvermietung enthaltene Grundsätze nach § 176 AO 1977 zugunsten des Klägers in Änderungsbescheiden anwendbar sind.
Dazu ist jedoch in der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 12. März 1998 V R 17/96, BFH/NV 1998, 1067) geklärt, dass eine Bindung des FA nach § 176 AO 1977 an Verwaltungsvorschriften in Zwischenvermietungsfällen regelmäßig nicht besteht. Die Vorschrift des § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AO 1977 ist nicht anwendbar, weil sich die Rechtsprechung des BFH in Zwischenvermietungsfällen nicht geändert hat. Auch § 176 Abs. 2 AO 1977 steht einer Änderung von Steuerfestsetzungen nicht entgegen, weil der BFH die in der Vorschrift bezeichneten allgemeinen Verwaltungsvorschriften nicht als nicht mit dem geltenden Recht in Einklang stehend bezeichnet hat (vgl. dazu BFH-Urteil vom 24. Juli 1997 V R 60/94, BFH/NV 1998, 233, m.w.N.).
Der Kläger hat sich mit dieser Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt. Er hat in der Beschwerde keine neuen Gesichtspunkte dargelegt. Soweit er die Entscheidung des FG im Ergebnis beanstandet, weil die Voraussetzungen für die Klageabweisung nicht vorhanden seien, legt er damit keinen Zulassungsgrund dar.
Fundstellen
Haufe-Index 642302 |
BFH/NV 2001, 1623 |