Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer Klage (NZB) gegen Pfändungsverfügung; Zeitpunkt der Wertberechnung
Leitsatz (NV)
1. Beim Streit um die Rechtmäßigkeit einer Forderungspfändung ist der Streitwert grundsätzlich mit dem Betrag anzusetzen, zu dessen Betreibung die Pfändung ausgebracht wurde, wenn nicht der Wert der gepfändeten Forderungen geringer ist.
2. Der Zeitpunkt der Einlegung ist maßgebend für die Wertberechnung der Kosten einer Nichtzulassungsbeschwerde.
3. Mit der Erinnerung gegen eine Kostenrechnung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, also gegen den Ansatz einzelner Kosten und deren Höhe, ggf. auch gegen den zu Grunde gelegten Streitwert richten.
4. Der Einwand der Aufrechnung gegen eine Gerichtskostenforderung ist im Erinnerungsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 JBeitrO nur dann zulässig, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist.
Normenkette
GKG §§ 40, 52 Abs. 1, § 66 Abs. 1 S. 1; JBeitrO § 8 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
I. Der dem Kostenansatz zugrunde liegende Rechtsstreit betraf eine Klage des Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kostenschuldner) gegen eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Finanzamts (FA), mit der wegen offener Steuerschulden des Kostenschuldners in Höhe von 10 109,91 € dessen laufende Versorgungsbezüge gepfändet worden waren. Nachdem der Drittschuldner aufgrund der Pfändungs- und Einziehungsverfügung insgesamt 8 739,06 € an das (FA) abgeführt und das FA sich hinsichtlich des verbleibenden Betrages durch Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen des Kostenschuldners befriedigt hatte, hob das FA die Pfändungs- und Einziehungsverfügung auf und erklärte den Rechtsstreit für erledigt. Als der Kostenschuldner gleichwohl an seinen gestellten Anträgen festhielt, entschied das Finanzgericht (FG), dass sein Rechtsschutzinteresse entfallen sei, und wies die Klage als unzulässig ab.
Die wegen der Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil erhobene Beschwerde des Kostenschuldners hat der Senat mit seinem dem Kostenansatz zugrunde liegenden Beschluss vom … als unzulässig verworfen. Daraufhin hat die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) die für das Beschwerdeverfahren vor dem BFH zu entrichtenden Gerichtskosten mit 438 € angesetzt, wobei sie einen Streitwert von 10 110 € zugrunde legte.
Dagegen wendet sich der Kostenschuldner mit seiner Erinnerung, die er im Wesentlichen mit Einwendungen gegen verschiedene Entscheidungen des BFH und des FG begründet. Darüber hinaus sei der zugrunde gelegte Streitwert überhöht, da zum Zeitpunkt der Entscheidung mehrere Streitverfahren anhängig gewesen seien, die in der Sache die hier betroffenen Steueransprüche zum Gegenstand hätten. Daher sei ein Streitwertansatz von 1 000 € in jedem dieser Verfahren angemessen. Vorsorglich erklärt der Kostenschuldner seinerseits die Aufrechnung mit Steuererstattungsansprüchen und weist auf einen gegenüber der Präsidialgeschäftsstelle des FG geltend gemachten Schadensersatzanspruch hin.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung hat zum Teil Erfolg. Sie führt zur Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung, weil der dem Kostenansatz zugrunde gelegte Streitwert zu hoch angesetzt worden ist. Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Streitwert jedoch nicht mit dem Mindeststreitwert, sondern mit 8 739,06 € anzusetzen.
1. Kosten für das finanzgerichtliche Verfahren werden gemäß § 1 Nr. 3 und § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben. Soweit es für die Berechnung der Gebühr auf den Streitwert in dem dem Kostenansatz zugrunde liegenden Verfahren ankommt, ist der Streitwert nach § 52 Abs. 1 GKG nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Beim Streit um die Rechtmäßigkeit einer Forderungspfändung ist der Streitwert grundsätzlich mit dem Betrag anzusetzen, zu dessen Beitreibung die Pfändung ausgebracht wurde, wenn nicht der Wert der gepfändeten Forderungen niedriger ist (Senatsbeschluss vom 26. Januar 1998 VII B 180/96, BFH/NV 1998, 879, m.w.N.).
Maßgeblich für die Wertberechnung ist jedoch der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung, die den Rechtszug einleitet (§ 40 GKG). Sind wie hier die Kosten für das Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision streitig, ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde maßgebend. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich das aus dem Antrag des Klägers ersichtliche Interesse an der Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung auf einen Betrag von 8 739,06 € reduziert. Nur in Höhe dieses Betrages hatte sich die Pfändungs- und Einziehungsverfügung bis dahin tatsächlich ausgewirkt. Weitere Auswirkungen in der Zukunft waren nicht mehr zu erwarten, weil sich das FA anderweitig befriedigt hatte. Die anderweitige Befriedigung hatte das FA auch nicht aufgrund der Pfändung (vgl. hierzu Senatsbeschluss in BFH/NV 1998, 879), sondern unabhängig davon erlangt. Denn die Aufrechnung des FA wurde dadurch möglich, dass spätere Änderungen der Veranlagung für das Jahr 2001 Steuererstattungsansprüche des Kostenschuldners ergaben.
Dass der Kostenschuldner --wie sich aus dem Urteil des FG ergibt-- mit der Fortführung des Klageverfahrens bzw. mit dem Beschwerdeverfahren gleichwohl hoffte, im Ergebnis eine Rückzahlung von insgesamt 10 542,49 € zu erstreiten, führt nicht zu einem höheren Streitwert, weil dieses Interesse in seinem Antrag keinen Niederschlag gefunden hat. Anders als der Kostenschuldner meint, führt der Umstand, dass offenbar mehrere gerichtliche Verfahren anhängig waren, die Steueransprüche für die Jahre … betrafen, nicht zu einer Verringerung des Streitwerts. Denn der Streitwert ist für jedes Verfahren gesondert nach den dort gestellten Anträgen und dem sich aus ihnen ergebenden Interesse des Antragstellers zu berechnen.
Nach Nr. 6500 des Kostenverzeichnisses i.V.m. § 34 GKG waren für das Verfahren über die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision mithin zwei Gebühren in Höhe von je 181 €, insgesamt also 362 € zu erheben.
2. Mit seinen Einwendungen gegen den dem Kostenansatz zugrunde liegenden Beschluss und gegen andere Entscheidungen der Gerichte kann der Kostenschuldner im Erinnerungsverfahren vor dem BFH nicht gehört werden, denn mit der Erinnerung können nur Einwendungen erhoben werden, die sich gegen die Kostenrechnung selbst, also gegen den Ansatz einzelner Kosten und deren Höhe, ggf. auch gegen den zugrunde liegenden Streitwert richten (vgl. BFH-Beschluss vom 21. Mai 1992 V E 1/90, BFH/NV 1993, 187; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., Vor § 135 Rz. 17a).
3. Soweit der Kostenschuldner vorsorglich die Aufrechnung mit (angeblichen) Erstattungs- und Schadensersatzansprüchen erklärt hat, kann er damit ebenfalls nicht durchdringen. Der Einwand der Aufrechnung gegen eine Gerichtskostenforderung ist im Erinnerungsverfahren gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 der Justizbeitreibungsordnung nur dann zulässig, wenn die zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung anerkannt oder gerichtlich festgestellt ist. Dafür ist nach dem Vortrag des Kostenschuldners nichts ersichtlich.
Fundstellen
Haufe-Index 1463885 |
BFH/NV 2006, 345 |