Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen Ablehnung von PKH
Leitsatz (NV)
1. Während Anträge auf Gewährung von PKH nicht dem Vertretungszwang unterliegen, gilt dies nicht auch für Beschwerden gegen die Ablehnung entsprechender Gesuche durch das FG (Anschluß an die ständige Rechtsprechung -- vgl. zuletzt die BFH-Beschlüsse vom 14. März 1994 VI B 140/93, BFH/NV 1994, 570; vom 26. Juli 1994 I B 62/94, BFH/NV 1995, 427).
2. Für eine Sachentscheidung ist ausreichend, wenn der (noch) postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte die im jeweiligen Verfahren maßgeblichen Prozeßhandlungen vorgenommen hat (Anschluß an die BFH-Urteile vom 24. Oktober 1978 VII R 17/77, BFHE 126, 506, BStBl II 1979, 265; vom 3. Februar 1988 I R 400/83, BFH/NV 1989, 399).
3. Zur Ähnlichkeit einer Tätigkeit mit einem Katalogberuf i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG.
Normenkette
FGO §§ 128, 142; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; ZPO § 127; EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
In der Hauptsache ist in formeller Hinsicht streitig, ob der gegen die Kläger und Beschwerdeführer (Beschwerdeführer) als Eheleute gerichtete Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr sowie die dazu ergangene Einspruchsentscheidung wegen unzureichender Bezeichnung des Adressaten unwirksam sind sowie in materieller Hinsicht, ob die Einkünfte des Antragstellers und Beschwerdeführers zu 2. (Antragsteller) als solche aus Gewerbebetrieb (§ 15 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --) oder aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 EStG) einzustufen sind. Der Antragsteller hat Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung seines Prozeß bevollmächtigten beantragt. Dies hat das Finanzgericht (FG) mit der Begründung abgelehnt, daß die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung keine ausreichende Aussicht auf Erfolg biete.
Gegen diesen Beschluß haben beide Beschwerdeführer durch ihren Prozeßbevollmächtigten Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Vorentscheidung zu ändern und ihnen PKH zu gewähren. Zudem hat die Beschwerdeführerin zu 1. persönlich Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die Vorentscheidung dahin zu ändern, daß es sich ausschließlich um einen Rechtsstreit zwischen dem Antragsteller und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt -- FA --) handele. Gleichzeitig hat der Antragsteller persönlich Beschwerde eingelegt mit dem Begehren, die angefochtene Entscheidung zu seinen Gunsten zu ändern.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie von der Beschwerdeführerin zu 1. eingelegt wurde. Da die Beschwerdeführerin zu 1. im vorangegangenen Beschlußverfahren des FG, wie aus der Vorentscheidung ersichtlich ist, nicht Beteiligte i. S. des § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) war, ist sie nicht beschwerdeberechtigt. Sie ist von der Vorentscheidung auch sonst nicht betroffen, da diese sich nur gegen den Antragsteller richtet. Gleichermaßen unzulässig ist daher, unabhängig von ihrer mangelnden Postulationsfähigkeit und der Verfristung, die von der Beschwerdeführerin zu 1. zusätzlich persönlich eingelegte Beschwerde.
Zulässig ist die Beschwerde dagegen, soweit sie vom Antragsteller eingelegt wurde. Dies gilt zwar nicht für die von ihm persönlich eingelegte Beschwerde. Sie ist unabhängig von ihrer Verfristung nicht wirksam, da ihm gemäß Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) die Postulationsfähigkeit fehlt. Während Anträge auf Gewährung von PKH nicht dem Vertretungszwang unterliegen, gilt dies nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) nicht auch für Beschwerden gegen die Ablehnung entsprechender Gesuche durch das FG (vgl. zuletzt die BFH-Beschlüsse vom 14. März 1994 VI B 140/93, BFH/NV 1994, 570; vom 26. Juli 1994 I B 62/94, BFH/NV 1995, 427). Gegen diese Rechtsprechung bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 28. Februar 1978 2 BvR 125/78, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1978, 339). Im übrigen kann ein Antragsteller für das Beschwerdeverfahren wiederum (auch in eigener Person) Bewilligung von PKH mit dem Ziel der Beauftragung eines Prozeßvertreters beantragen (BFH-Beschluß vom 18. Juli 1985 V S 3/85, BFHE 143, 528, BStBl II 1985, 499). Dies ist im Streitfall allerdings nicht geschehen. Auch dem Schreiben des Prozeßbevollmächtigten des Antragstellers vom ... ist ein derartiger (zulässiger) Antrag nicht zu entnehmen. Denn als Prozeßhandlung wäre er ausdrücklich zu stellen gewesen, zudem bedürfte er der Darstellung des jeweiligen Streitverhältnisses, die auch in der Beschwerdeschrift nicht erfolgt ist. Im übrigen spricht gegen die Absicht des Prozeßbevollmächtigten, einen derartigen Antrag stellen zu wollen, auch dessen erklärte mangelnde Bereitschaft, den Beschwerdeführern für das vorliegende Verfahren beigeordnet zu werden.
Die vorliegende Beschwerde ist indessen wirksam, weil sie bereits zuvor und fristgerecht (§ 129 Abs. 1 FGO) vom Prozeß bevollmächtigten des Antragstellers als gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG dazu befugtem Vertreter eingelegt worden ist. Daneben ist die Unwirksamkeit der vom Antragsteller persönlich erhobenen Beschwerde ohne Bedeutung (BFH-Beschluß vom 10. Juni 1988 IX B 102/87, BFH/NV 1989, 15). Auch einer Begründung bedarf die Beschwerde nicht (BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 1988 VII B 166/87, BFH/NV 1988, 579; vom 16. August 1994 IX B 61/94, BFH/NV 1995, 238). Die Beschwerde ist auch nicht unzulässig geworden, weil der Prozeßbevollmächtigte der Beschwerdeführer sein Mandat nach Einlegung der Beschwerde seinerseits niedergelegt hat. Es reicht für eine Sachentscheidung aus, wenn der noch postulationsfähige Prozeßbevollmächtigte die in diesem Verfahren maßgeblichen Prozeßhandlungen vorgenommen hat (BFH-Urteile vom 24. Oktober 1978 VII R 17/77, BFHE 126, 506, BStBl II 1979, 265; vom 3. Februar 1988 I R 400/83, BFH/NV 1989, 399). Im übrigen werden beide Beschwerdeführer unverändert von ihrem Prozeßbevollmächtigten vertreten. Denn gemäß Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG i. V. m. § 155 FGO und § 87 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erlangt die Kündigung des Vollmachtsvertrages erst durch die Anzeige der Bestellung eines anderen Prozeßbevollmächtigten, der nach Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG postulatiosunfähig ist, Wirksamkeit (vgl. BFH-Urteil vom 13. Januar 1977 V R 87/76, BFHE 121, 20, BStBl II 1977, 238; BFH-Beschluß vom 16. Dezember 1994 III B 24/94, BFH/NV 1995, 889). Sie liegt im Streitfall nicht vor. Daher ist auch die vorliegende Entscheidung dem bisherigen Prozeßbevollmächtigten zuzustellen (BFH-Urteil vom 3. Februar 1988 I R 399/83, BFHE 153, 58, BStBl II 1988, 416, 418 a. E.).
2. Die Beschwerde ist aber nicht begründet.
Zu Recht hat das FG die Gewährung von PKH abgelehnt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Das FG hat dargelegt, daß die dem Antragsteller selbst bekanntgegebene Einspruchsentscheidung bei verständiger Betrachtung keinen Zweifel daran zulasse, daß sie sich gegen ihn richte. Aus der verwendeten Abkürzung "Ef." ergäben sich keine Unklarheiten, zumal der Entscheidung ein Abkürzungsverzeichnis beigefügt worden sei. Dasselbe gelte im übrigen für die der Beschwerdeführerin zu 1. am selben Tag bekanntgebene Einspruchsentscheidung.
Zur materiell-rechtlichen Streitfrage führte das FG aus, es sei bereits unwahrscheinlich, daß es sich bei der Tätigkeit des Antragstellers um eine selbständige Tätigkeit gehandelt habe, denn es liege näher, eine Arbeitnehmertätigkeit anzunehmen. Aber auch wenn eine selbständige Tätigkeit zu bejahen sei, könne nicht davon ausgegangen werden, daß sie der eines selbständigen beratenden Betriebswirts i. S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG ähnlich sei. Selbst wenn von der Vergleichbarkeit der vom Antragsteller im Selbststudium erlangten mit den in einem Hoch- oder Fachhochschulstudium vermittelten Kenntnissen ausgegangen werde, bleibe unwahrscheinlich, daß die praktische Tätigkeit des Antragstellers der eines beratenden Betriebswirts vergleichbar gewesen sei. Da der Antragsteller auch typische unternehmerische Tätigkeiten habe erbringen müssen, sei von einer gemischten Tätigkeit auszugehen, die nicht von der Beratungstätigkeit geprägt worden sei. Diese sei auch nicht abgrenzbar gewesen. Eine ingenieurähnliche Tätigkeit habe der Antragsteller ebenfalls nicht entfaltet. Sie komme bei der in Frage stehenden Entwicklung von Systemsoftware nur in Betracht, wenn die praktischen Arbeiten des Steuerpflichtigen theoretische Kenntnisse in einer Breite und Tiefe erkennen ließen, die denen eines an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Diplom-Informatikers entsprächen. Entsprechende Nachweise habe der Antragsteller aber weder im Verwaltungs- noch im Klageverfahren erbracht. Die im Beschwerdeverfahren gebotene Überprüfung der Entscheidung des FG in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht vermag zu keiner anderen Beurteilung der Erfolgsaussichten der Klage zu führen.
Fundstellen
Haufe-Index 421607 |
BFH/NV 1996, 816 |