Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Revisionszulassung wegen Beschlusses des FG zur Richterablehnung
Leitsatz (NV)
- Im Zulassungsverfahren ist der Rechtsuchende grundsätzlich mit Einwänden ausgeschlossen, über die das FG mit durch Beschwerde selbständig anfechtbaren Beschluss entschieden hat (hier zum Vorwurf der Befangenheit eines Richters).
- Die Rüge, das FG habe zu Unrecht die Verletzung von Mitwirkungspflichten angenommen und infolgedessen eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für gerechtfertigt gehalten, betrifft keinen Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.
- Die Verletzung von Präklusionsvorschriften kommt als Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nur in Betracht, wenn ihre Anwendung tatsächlich dazu geführt hat, dass der Kläger mit seinem Vorbringen vom FG (teilweise) nicht gehört worden ist.
- Zur Darlegungspflicht nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO im Rahmen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 FGO.
Normenkette
AO 1977 § 162; FGO § 73 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO §§ 295, 512
Gründe
Die in entsprechender Anwendung des § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Nichtzulassungsbeschwerden sind teils unzulässig, weil sie nicht in der nach dem Gesetz (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO) erforderlichen Weise begründet wurden, teils unbegründet, weil die ausdrücklich geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben sind.
1. In diesem Verfahren von vornherein nicht gehört werden kann der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) mit Einwänden, die allein gegen die Richtigkeit der angefochtenen Urteile gerichtet sind (s. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 18. November 1998 X B 78/98, BFH/NV 1999, 651; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 115 Rz. 58 und 62, m.w.N.). Das gilt vor allem auch für die Fragen, inwieweit das Finanzgericht (FG) durch die klageabweisenden Urteile die vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) vorgenommenen Schätzungen dem Grunde wie der Höhe nach zu Recht bestätigt und ob es im Verhalten des Klägers in diesem Zusammenhang zutreffend eine grobe Verletzung von Mitwirkungspflichten gesehen hat.
2. Ein Verfahrensmangel i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist nicht bezeichnet worden bzw. nicht gegeben. Gehört werden kann der Kläger mit einer solchen Rüge in diesem Verfahren nur, soweit er nicht ―mit der Beschränkung auf einen Sachantrag― wirksam hierauf verzichtet hat (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozeßordnung; BFH-Beschlüsse vom 22. März 1999 X B 142/98, BFH/NV 1999, 1236, und vom 19. November 1999 XI B 90/98, BFH/NV 2000, 587; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 37 f., m.w.N.) und soweit seine Einwände nicht in Wirklichkeit materielles Recht, d.h. u.a. die Beweiswürdigung (Senat in BFH/NV 1999, 1236; Gräber, a.a.O., Rz. 27 f., m.w.N.), betreffen. Aus diesem Grunde ausgeschlossen ist der Kläger insoweit mit seinen auch in diesem Zusammenhang vorgetragenen Angriffen auf die Ausführungen in den angefochtenen Urteilen zur Verletzung der Mitwirkungspflichten. Unstatthaft ist das Beschwerdevorbringen außerdem, soweit es Vorwürfe gegen die Unparteilichkeit eines Richters wieder aufgreift, die einem anderen Verfahren zugewiesen und in diesem abschließend behandelt worden sind (BFH-Beschluss vom 10. November 1999 IV B 140/98, BFH/NV 2000, 584). Schließlich wäre es für die ordnungsgemäße Erhebung einer Sachaufklärungsrüge unerlässlich gewesen, die Entscheidungserheblichkeit der nach Meinung des Klägers nicht bzw. unzureichend aufgeklärten (konkret zu benennenden) Tatsachen im Einzelnen genau darzutun (näher dazu Senatsbeschluss vom 25. Oktober 1999 X B 53/99, BFH/NV 2000, 468; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 65 und § 120 Rz. 38 ff.).
Die in den Beschwerdebegründungen gerügte fehlerhafte Handhabung prozessualer Präklusionsvorschriften ―wie § 65 Abs. 2 Satz 2 oder § 79b Abs. 1 und Abs. 3 FGO― kann eine Revisionszulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nur begründen, wenn das angefochtene Urteil hierauf beruhen kann. Das ist hier jedoch ausgeschlossen. Es wurden zwar Ausschlussfristen gesetzt, ihre Versäumung hat das FG aber nicht zum Erlass von Prozessurteilen veranlasst. Es hat lediglich die zu Grund und Höhe der Schätzungen ausgesprochenen Klageabweisungen auch auf die in der Nichtbeachtung der gesetzlichen Erklärungspflichten liegende unzureichende Mitwirkung des Klägers bei der Sachaufklärung gestützt.
3. Die allgemeine Behauptung, die angefochtenen Urteile stünden "in Divergenz zur Literaturmeinung und Rechtsprechung zu § 162 AO", bedeutet keine Bezeichnung der Divergenz i.S. des § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO. Es wird nicht erkennbar, zu welchen tragenden Gründen welcher Entscheidung des BFH oder des Bundesverfassungsgerichts genau das angefochtene FG-Urteil in Widerspruch stehen soll (zum Erfordernis der Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze in diesem Zusammenhang z.B. BFH-Beschluss vom 26. August 1998 X B 78/97, BFH/NV 1999, 479; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 63, m.w.N.).
4. Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat der Kläger ebenfalls nicht in der gebotenen Weise dargelegt: Statt ein bestimmtes Rechtsproblem herauszuarbeiten, dessen Lösung von über das Interesse der Beteiligten am Ausgang dieses Verfahrens hinausreichendem, allgemeinem Interesse, zudem klärungsbedürftig und in diesem Verfahren klärungsfähig ist (s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 10. November 1999 X B 20/99, BFH/NV 2000, 722, und vom 4. Februar 2000 VIII B 65/98, BFH/NV 2000, 600; Gräber, a.a.O., § 115 Rz. 7 ff. und 61 f.), hat er sich darauf beschränkt, eine vom gewünschten Prozessausgang geprägte Suggestivfrage ―zur Schätzungsbefugnis des FA nach Beschlagnahme der Buchführungsunterlagen des Klägers― aufzuwerfen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).
Fundstellen
Haufe-Index 509280 |
BFH/NV 2001, 58 |