Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegung der Gehörsverletzung zur Begründung einer Anhörungsrüge
Leitsatz (NV)
1. Zur Begründung einer Anhörungsrüge gehört der substantiierte Vortrag, dass das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.
2. Mit dem bloßen Hinweis auf das Zitat einer nicht veröffentlichten BFH-Entscheidung in der Begründung des mit einer Anhörungsrüge angegriffenen Beschlusses wird eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht schlüssig dargelegt.
Normenkette
FGO § 133a
Tatbestand
I. Mit Beschluss vom 21. August 2006 hat der Senat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die beabsichtigte Einlegung von außerordentlichen Beschwerden gegen insgesamt fünf Beschlüsse des Finanzgerichts (FG) mit der Begründung abgelehnt, dass die Rechtsverfolgung aufgrund der Unanfechtbarkeit der FG-Entscheidungen und der Unstatthaftigkeit der noch einzulegenden außerordentlichen Beschwerden keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Gegen diese Entscheidung hat der Antragsteller eine Anhörungsrüge nach § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) bzw. eine Gegenvorstellung erhoben. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass der beschließende Senat vorgetragene Fakten --wie z.B. die urkundlich belegte Anweisung an die Finanzämter, den Gerichten verfälschte Akten vorzulegen-- offensichtlich nicht berücksichtigt habe, denn sonst hätte er zu dem Ergebnis der Statthaftigkeit der außerordentlichen Beschwerde gelangen müssen. Zudem sei in der Begründung der beanstandeten Entscheidung ein nicht veröffentlichter Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) aufgeführt, der nicht nachvollzogen werden könne. Schließlich habe der IV. Senat des BFH die außerordentliche Beschwerde in seinem Beschluss vom 8. September 2005 IV B 42/05 (BFHE 210, 225, BStBl II 2005, 838) für zulässig erachtet. Deshalb hätte vor Ablehnung des PKH-Antrags ein Verfahren nach § 11 FGO eingeleitet werden müssen.
Entscheidungsgründe
II. 1. Die Anhörungsrüge ist als unzulässig zu verwerfen (§ 133a Abs. 4 Satz 1 FGO).
Nach § 133a Abs. 2 Satz 6 FGO muss die Rüge das Vorliegen der in § 133a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FGO genannten Voraussetzungen darlegen. Hierzu gehört der substantiierte Vortrag, dass das Gericht den Anspruch des Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Diesem Erfordernis wird das Vorbringen des Antragstellers nicht gerecht.
Entgegen der Ansicht des Antragstellers lässt sich aus dem Umstand, dass der beschließende Senat nicht zu dem vom Antragsteller gewünschten Ergebnis gekommen ist, nicht schließen, dass das Vorbringen des Antragstellers nicht zur Kenntnis genommen und rechtlich gewürdigt worden ist. Auch mit dem Hinweis auf das Zitat einer nicht veröffentlichten BFH-Entscheidung in der Begründung des mit der Anhörungsrüge angegriffenen Beschlusses wird eine Gehörsverletzung nicht schlüssig belegt.
Im Streitfall ist auch nicht ersichtlich, in welcher Weise das Gericht den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt haben soll. Grundsätzlich ist nämlich davon auszugehen, dass die Gerichte das von ihnen entgegengenommene Beteiligtenvorbringen zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen. Sie sind jedoch nicht verpflichtet, sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen (vgl. z.B. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 5. Dezember 1995 1 BvR 1463/89, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1996, 153, m.w.N.; BFH-Beschluss vom 15. Juni 1994 II B 172/93, BFH/NV 1995, 131).
2. Soweit der Antragsteller nicht die Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, sondern mit der Gegenvorstellung eine vermeintliche Missachtung des Willkürverbots geltend macht, ist die Gegenvorstellung unbegründet. In Rechtsprechung und Literatur ist anerkannt, dass eine Gegenvorstellung in analoger Anwendung von § 321a der Zivilprozessordnung in bestimmten Ausnahmefällen zu einer Änderung formell rechtskräftiger gerichtlicher Entscheidungen führen kann, wenn z.B. die angegriffene Entscheidung unter keinem denkbaren Gesichtspunkt vertretbar erscheint und jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt (BFH-Beschlüsse vom 24. September 2003 II S 3/03, BFH/NV 2004, 210; vom 15. Januar 2004 XI S 18/03, BFH/NV 2004, 792, und vom 29. Dezember 2004 V B 215/04, BFH/NV 2005, 1312, m.w.N.).
Dies ist vorliegend offensichtlich nicht der Fall, denn die außerordentliche Beschwerde gegen einen unanfechtbaren FG-Beschluss ist nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des BFH, die im angefochtenen Beschluss im Einzelnen belegt ist, nicht statthaft (vgl. auch BVerfG-Beschluss vom 30. April 2003 1 PBvU 1/02, BVerfGE 107, 395). Infolgedessen war die beantragte PKH aufgrund der Erfolglosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu versagen.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers bedurfte es keiner Vorlage an den Großen Senat des BFH nach § 11 FGO, denn die abweichende Auffassung des IV. Senats des BFH war für dessen Entscheidung nicht tragend (vgl. Rüsken in Beermann/Gosch, Finanzgerichtsordnung, § 133a Rz 93).
Fundstellen