Entscheidungsstichwort (Thema)
Duldungsbescheid wegen schenkweiser Überlassung von Geld zum Erwerb eines Hausgrundstücks/Rügeverlust eines nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten
Leitsatz (NV)
1. Mit dem erstmaligen Bestreiten der Wirksamkeit und des Vollzugs des die Anfechtung nach § 4 AnfG begründenden Schenkungsversprechens kann der Steuerpflichtige im Beschwerdeverfahren nicht mehr gehört werden (unzulässiges neues tatsächliches Vorbringen i.S.d. § 118 Abs. 2 FGO).
2. Mit Einwendungen dagegen, dass der Kläger die Feststellungslast dafür trage, dass die Voraussetzungen des § 4 AnfG nicht vorliegen, sondern richtigerweise das FA zu beweisen habe, dass das Schenkungsversprechen erfüllt worden sei, macht der Kläger keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend, sondern behauptet Rechtsanwendungsfehler des FG. Ein solcher Fehler könnte die Revisionszulassung allenfalls dann rechtfertigen, wenn die Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängen muss, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht.
3. Ist die Nichterhebung eines Beweises in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt, führt das auch für einen nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten, dem sich nach dem Verlauf der Verhandlung aufdrängen musste, dass es auf diesen Beweis streitentscheidend ankam, zum Rügeverlust.
Normenkette
AnfG § 4; AO § 191; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 118 Abs. 2, § 155; ZPO § 295
Verfahrensgang
FG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 08.02.2008; Aktenzeichen 13 K 8057/04 B) |
Tatbestand
I. Vertreten durch ihre Mutter erwarb die minderjährige Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ein Hausgrundstück, in dem sie zwischenzeitlich mit ihrer Mutter wohnt. In dem notariellen Kaufvertrag verpflichtete sich die Mutter, der Klägerin einen Betrag in Höhe des Kaufpreises zu überlassen. Die Klägerin trat diesen Anspruch auf Erfüllung des Schenkungsversprechens an den Verkäufer sicherungshalber ab, verpflichtete sich, das Grundstück zu Lebzeiten der Mutter ohne deren Zustimmung nicht zu veräußern und nicht zu belasten und räumte ihr ein unbeschränktes Nutzungs- und Nießbrauchsrecht auf Lebenszeit ein.
Wegen Abgabenrückständen der Mutter erließ der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gegen die Klägerin einen Duldungsbescheid gemäß § 191 der Abgabenordnung i.V.m. § 4 des Anfechtungsgesetzes (AnfG). Darin wurde die Klägerin aufgefordert, wegen der schenkweisen Überlassung des Kaufpreises zum Erwerb des Hausgrundstücks die Zwangsvollstreckung in das erworbene Grundstück bis zu dem von der Mutter geschuldeten Abgabenbetrag zu dulden.
Einspruch und Klage, zu deren Begründung die Klägerin erstmals vortrug, das Geld für den Kauf des Grundstücks habe nicht aus den Eigenmitteln ihrer Mutter, sondern aus Zuwendungen von (namentlich benannten) Verwandten an sie, die Klägerin, gestammt, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) sah die Voraussetzungen des § 4 AnfG als erfüllt an. Das Vorbringen zur Herkunft des als Kaufpreis entrichteten Betrags hielt es für unsubstantiiert, da die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung weder genau den jeweiligen Schenker, noch die Zeit und den Betrag der Barschenkungen habe darlegen können. Darüber hinaus seien die in der mündlichen Verhandlung abgegebenen Erklärungen unglaubhaft. Es handele sich um situationsangepasste und nicht durch belastbare Dokumente belegte Schutzbehauptungen, da von Eigenmitteln der Klägerin im Einspruchsverfahren keine Rede gewesen sei. Angesichts der völligen Substanzlosigkeit des Vortrages gebe es keine Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen oder Beweisaufnahmen des Gerichts.
Ihre Nichtzulassungsbeschwerde begründet die Klägerin mit erheblichen Verfahrensmängeln des angegriffenen Urteils i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet. Die behaupteten Verfahrensfehler rechtfertigen die Zulassung der Revision nicht.
1. Wenn die Klägerin in der Beschwerde erstmals vorträgt, ihre Mutter habe ihr Schenkungsversprechen im Grundstückskaufvertrag --nicht zuletzt aufgrund der erheblichen Steuernachforderungen und der darauf zurückzuführenden Kontopfändung-- nicht erfüllt, und Prolongationsbescheinigungen und Kontoauszüge zu einem auf ihren Namen geführten Festgeldkonto vorlegt, aus denen sich die Überweisung des Kaufpreises auf das Notarkonto ergibt, so handelt es sich um neues, im Verfahren wegen einer Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 118 Abs. 2 FGO unzulässiges tatsächliches Vorbringen (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 16. September 2002 IX B 20/02, BFH/NV 2003, 186,m.w.N.). Entsprechende Feststellungen hat das FG nicht getroffen, sondern im Gegenteil festgestellt, dass die Klägerin keine Unterlagen der Bank bezüglich des Festgeldkontos vorgelegt hat und nach eigenen Angaben auch nicht mehr vorlegen konnte. Die Beschwerde lässt weder erkennen, was die Klägerin an einem rechtzeitigen Beweisantritt gehindert haben soll noch welche Aufklärungsmöglichkeiten sich dem FG hätten aufdrängen müssen, obwohl die von der Klägerin jetzt vorgelegten Auszüge seinerzeit nicht mehr in ihrem Besitz waren und erst jetzt von der Bank erstellt worden sind. Abgesehen davon ergibt sich aus den Bankunterlagen auch keineswegs, aus wessen Vermögen das auf dem Festgeldkonto angelegte Geld, insbesondere der am Tag der Kaufpreisfälligkeit gutgeschriebene Erlös aus Wertpapierverkäufen, stammt.
2. Mit der Rüge, das FG sei irrig davon ausgegangen, dass die Klägerin beweisen müsse, dass die Voraussetzungen des § 4 AnfG nicht vorliegen, sondern richtigerweise das FA zu beweisen habe, dass die Mutter das Schenkungsversprechen erfüllt habe, macht die Klägerin keinen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 FGO geltend, sondern behauptet Rechtsanwendungsfehler des FG. Ein solcher Fehler könnte die Revisionszulassung allenfalls dann rechtfertigen, wenn die Rechtsanwendung bei verständiger Würdigung nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängen muss, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. BFH-Beschluss vom 8. Februar 2006 III B 128/04, BFH/NV 2006, 1116). Anhaltspunkte dafür, dass das Urteil des FG auf solchen sachfremden Erwägungen beruht oder greifbar gesetzwidrig ist, sind jedoch nicht erkennbar. Vielmehr ist die Würdigung des FG, dass die Mutter der Klägerin den Kaufpreis für das Grundstück geschenkt hat, durchaus nachvollziehbar.
3. Ein Verfahrensfehler liegt auch nicht darin, dass das FG die Personen, von denen das Geld auf dem Festgeldkonto der Klägerin angeblich stammen soll, nicht als Zeugen vernommen hat.
Zur schlüssigen Darlegung des Verfahrensmangels eines vom FG übergangenen Beweisantrags gehört nach ständiger Rechtsprechung (u.a.) auch der Vortrag, dass die Nichterhebung des Beweises in der mündlichen Verhandlung gerügt wurde oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 20. April 1989 IV R 299/83, BFHE 157, 106, BStBl II 1989, 727, und BFH-Beschluss vom 17. November 1997 VIII B 16/97, BFH/NV 1998, 608). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter --ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge-- verzichten kann (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung), hat die unterlassene rechtzeitige Rüge den endgültigen Rügeverlust, so z.B. auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde, zur Folge (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 VII B 183/99, BFH/NV 2000, 597). An entsprechenden Darlegungen der Beschwerde, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG das Übergehen eines zuvor schriftsätzlich gestellten Beweisantrags gerügt hat oder weshalb diese Rüge nicht möglich war, fehlt es im Streitfall. Auch ist weder den Schriftsätzen der Klägerin noch dem Verhandlungsprotokoll ein entsprechender Beweisantrag zu entnehmen. Auch wenn die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht anwaltlich vertreten war, ist ihr der Rügeverzicht zuzurechnen. Denn ihrer --nach Aktenlage im Rechtsverkehr nicht unkundigen-- Mutter, die für sie aufgetreten ist, musste sich nach dem Verlauf der Verhandlung aufdrängen, dass es auf den Nachweis der Herkunft der für den Hauskauf aufgewendeten Gelder streitentscheidend ankam.
Abgesehen davon ist dem Vorbringen der Klägerin kein Sachverhalt zu entnehmen, der Anlass zu einer Zeugenvernehmung gegeben hätte. Nach dem Verhandlungsprotokoll hat sie zu den Geldgeschenken ihrer Großeltern zu ihrer Taufe vorgetragen. Das FG hat dazu festgestellt, dass die Zahlungsvorgänge unsubstantiiert geblieben und keine nachvollziehbaren Angaben zu den angeblich mit diesem Geld eröffneten Konten gemacht worden seien. Es bleibt offen, welchen entscheidungserheblichen Sachverhalt die Zeugen hätten bestätigen sollen.
Fundstellen
Haufe-Index 2093104 |
BFH/NV 2009, 120 |