Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenvermietung
Leitsatz (NV)
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß es für die Angemessenheit der Zwischenvermietung einer Wohnung nicht ausreicht, den Wohnraum an einen gewerblichen Zwischenvermieter zu vermieten, sofern nicht bewiesen worden ist, daß der Wohnraum nicht zumutbar - sei es auch unter Mithilfe eines Hausverwalters - an den jeweiligen Wohnraumendmieter vermietbar war.
Normenkette
UStG 1980 § 4 Nr. 12, § 9 Abs. 1, § 15 Abs. 2; AO 1977 § 42
Tatbestand
1. Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) errichtete im Rahmen einer Bauherrengemeinschaft ein 1984 bezugsfertig gewordenes Einfamilienhaus. Er vermietete das Einfamilienhaus durch Mietvertrag vom 28. Dezember 1983 (mit Mietbeginn am 1. April 1984) für fünf Jahre an die M-KG zur gewerblichen Weitervermietung. Der Mietzins betrug monatlich 1827,48 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Die M-KG vermietete das Einfamilienhaus des Antragstellers für monatlich nur 1239 DM Kaltmiete (und 50 DM für Garage und 139 DM Nebenkosten). Zuvor - am 24. Februar 1982 - hatte der Antragsteller mit der Firma K-KG gegen Zahlung von 9601,77 DM einen Mietgarantievertrag und mit der Firma I-KG gegen Zahlung von 3199,11 DM einen ,,Vermietungsvertrag" geschlossen, aufgrund dessen diese verpflichtet war, dem Antragsteller einen Mietvertrag zu vermitteln. Durch Vertrag vom 27. Januar 1982 hatte sich die M-KG gegenüber der K-KG verpflichtet, das Einfamilienhaus des Antragstellers zu der garantierten Miete als Zwischenmieter zu mieten, nachdem die K-KG der M-KG die Erstattung von negativen Differenzbeträgen zugesagt hatte.
Der Antragsteller verzichtete auf die Steuerbefreiung für die Mietumsätze an die M-KG (§ 4 Nr.12 Buchs.a, § 9 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes 1980 - UStG 1980 -) sowie auf die Nichterhebung von Umsatzsteuer (§ 19 Abs. 1, 2 UStG 1980). Er zog die ihm für Leistungen im Zusammenhang mit der Errichtung des Einfamilienhauses berechnete Umsatzsteuer für 1983 und 1984 als Vorsteuerbeträge ab. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte Vorsteuerbeträge in Höhe von 36710 DM für 1983 und in Höhe von 6185 DM für 1984 durch insoweit vorläufige Steuerbescheide.
Durch den angefochtenen zusammengefaßten Bescheid vom 28. August 1990 änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzungen für 1983 und 1984 auf jeweils 0 DM nach § 165 Abs. 2 der Abgabenordnung 1977 (AO 1977), nachdem eine Außenprüfung durchgeführt und dadurch festgestellt worden war, daß der Antragsteller für den Abschluß des Mietgarantie- und des Vermietungsvertrages insgesamt mehr als 12808 DM gezahlt hatte. Das FA beurteilte das Zwischenmietverhältnis nunmehr als Mißbrauch von Gestaltungen des Rechts (§ 42 Satz 1 AO 1977) und erkannte es umsatzsteuerrechtlich nicht an. Über die gegen den Bescheid mit den geänderten Steuerfestsetzungen gerichtete Klage ist noch nicht entschieden worden. Einem vom FA abgelehnten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gab das Finanzgericht (FG) durch den angefochtenen Beschluß statt. Zur Begründung führte das FG u.a. aus, es sei rechtlich ernstlich zweifelhaft, ob das FA das Zwischenmietverhältnis als Gestaltungsmißbrauch habe beurteilen dürfen. Zweifelhaft sei insbesondere, ob die Beweislast für den Mißbrauch i.S. von § 42 AO 1977 auf den Steuerpflichtigen verschoben werden dürfe. Jedenfalls reiche für die wirtschaftliche Begründung der Zwischenvermietung aus, daß sich der Antragsteller durch Zwischenvermietung von Verwaltungsarbeit, insbesondere von den Schwierigkeiten bei Mieterhöhungen, habe entlasten wollen. Die Vermietung an den gewerblichen Zwischenvermieter zu einer über die Kostenmiete liegenden Miete sei ein wirtschaftlich vernünftiges Verhalten des Antragstellers. Dies gelte auch für den Abschluß des Mietgarantievertrages, durch den der Antragsteller doppelte Sicherheit erhalten habe.
Mit der Beschwerde rügt das FA Abweichung der Entscheidung des FG von bestimmten bezeichneten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) in vergleichbaren Fällen (z.B. von den Beschlüssen vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756 und 29. Oktober 1987 V B 61/87, BFHE 151, 251, BStBl II 1988, 45). Es beantragt, den Beschluß des FG aufzuheben und den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Umsatzsteueränderungsbescheids für 1983 und 1984 vom 28. August 1990 abzulehnen.
Der Antragsteller ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung des Bescheids vom 28. August 1990.
a) Entgegen der Auffassung des FG bestehen keine ernstlichen Zweifel i.S. von § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) daran, daß der Antragsteller die anläßlich der Errichtung seines Einfamilienhauses angefallenen Umsatzsteuerbeträge nicht nach § 15 Abs. 1 Nr.1 UStG 1980 als Vorsteuerbeträge abziehen kann. Seinem Begehren steht entgegen, daß die für den Vorsteuerabzug maßgebliche erstmalige Verwendung des Einfamilienhauses durch eine den Vorsteuerabzug ausschließende steuerfreie Vermietung erfolgt ist (§ 15 Abs. 2 Nr.1 i.V.m. § 4 Nr.12 Buchst. a UStG 1980). Die im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung erforderliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung der Rechts- und Tatfragen ergibt keine ernstlichen Zweifel, daß die Einschaltung der M-KG als Zwischenvermieter rechtsmißbräuchlich (§ 42 Satz 1 AO 1977) war, so daß für die erstmalige Verwendung des Einfamilienhauses (§ 15 Abs. 2 Nr.1 UStG 1980) die Nutzung durch den jeweiligen Endmieter zu beurteilen ist.
b) Nach der Rechtsprechung des Senats ist der Tatbestand des Rechtsmißbrauchs i.S. von § 42 Satz 1 AO 1977 erfüllt, wenn für die Einschaltung eines Zwischenvermieters, d.h. einer Person, die das Mietverhältnis nur eingeht, um die gemietete Wohnung (das gemietete Einfamilienhaus) an Dritte zur Nutzung weiterzuvermieten, wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen (ständige Rechtsprechung seit BFH-Urteil vom 15. Dezember 1983 V R 169/75, BFHE 140, 354, BStBl II 1984, 388). Das UStG geht bei Besteuerung von Wohnraum davon aus, daß der wirtschaftliche Sachverhalt der Wohnraumvermietung dadurch gestaltet wird, daß die Wohnung (das Einfamilienhaus) demjenigen vermietet wird, der sie (es) bewohnen will (vgl. BFH-Beschluß vom 4. August 1987 V B 16/87, BFHE 150, 478, BStBl II 1987, 756).
Dies geschieht durch die Vermietung der Wohnung (des Einfamilienhauses) zu Wohnzwecken. Dabei vermietet der Wohnrauminhaber den Wohnraum selbst oder mit Hilfe eines Vertreters (Hausverwalters) an den Wohnraum(end)mieter. Die Vermietungsleistung ist steuerfrei (§ 4 Nr.12 Buchst. a UStG 1980), schließt aber den Vorsteuerabzug aus (§ 15 Abs. 2 Nr.1 UStG 1980). Rechtliche Gestaltungen, die diese Rechtsfolgen vermeiden, sind an der Wertung des Gesetzgebers zu messen, wenn sie der steurelichen Beurteilung zugrunde gelegt werden sollen. Maßgebend für die Anerkennung einer abweichenden Gestaltung können nur Gründe des (den Vorsteuerabzug begehrenden) leistenden Unternehmers (Eigentümer-Vermieter) im Zeitpunkt der Eingehung des Zwischenmietverhältnisses sein, die Wohnraumendvermietung abweichend von der gesetzlichen Wertung durchzuführen. Der bisherigen Rechtsprechung des Senats, von der abzugehen kein Anlaß besteht, ist zu entnehmen, daß es nicht ausreicht, den Wohnraum an einen gewerblichen Zwischenvermieter zu vermieten, sofern nicht bewiesen worden ist, daß der Wohnraum nicht zumutbar - sei es auch unter Mithilfe eines Hausverwalters - an den (jeweiligen) Wohnraum(end)mieter vermietbar war.
c) Im Streitfall sind Bemühungen der Antragsteller nicht einmal behauptet, geschweige denn bewiesen worden. Die behauptete Arbeitsersparnis rechtfertigt eine Zwischenvermietung insbesondere bei der Vermietung nur eines Objekts nicht, wie der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden hat (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.Juni 1989 V R 34/87, BFHE 158, 152, BStBl II 1989, 1007 m.w.N.).
Wie das FA zutreffend ausgeführt hat, ist die Höhe der Zwischenmiete als wirtschaftlicher Grund für die Zwischenvermietung grundsätzlich unerheblich. Bei einer Zwischenvermietung gegen eine Miete, die über die Marktmiete hinausgeht, bei der der Zwischenvermieter Verluste in Kauf nimmt, weil er einen Ausgleichsanspruch gegen einen Mietgaranten hat, dem der Eigentümer (im Streitfall: der Antragsteller) nicht nur unerhebliche Zahlungen geleistet hat, drängt sich die Schlußfolgerung auf, daß die vorhandene Gestaltung der Umgehung (§ 42 Satz 1 AO 1977) der bei der Wohnraumvermietung gesetzlich vorgesehenen Steuerbefreiung der Mietumsätze mit Vorsteuerausschluß dienen soll. Für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs ist von der angemessenen rechtlichen Gestaltung der Wohnraumvermietung (§ 42 Satz 2 AO 1977) auszugehen, bei der ein Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 Nr.1 i.V.m. § 4 Nr.12 Buchst. a UStG 1980 ausgeschlossen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 418375 |
BFH/NV 1993, 391 |