Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortsetzungsfeststellungsklage ‐ Zulässigkeitsvoraussetzungen der Beschwerde; Beifügung eines Vorbehalts der Nachprüfung durch Fortsetzungsfeststellungsklage
Normenkette
FGO §§ 41, 100 Abs. 4; AO § 164
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
1. Soweit der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nunmehr selbst erklärt, durch die Steuerfestsetzung nicht mehr beschwert zu sein, fehlt es am Rechtsschutzbedürfnis für eine revisionsrechtliche Überprüfung des Urteils des Finanzgerichts (FG), soweit darin über den Hauptantrag des erstinstanzlichen Verfahrens befunden worden ist.
2. Auch soweit sich die Beschwerde des Klägers gegen die rechtliche Beurteilung seiner Fortsetzungsfeststellungsanträge richtet, hat sie keinen Erfolg.
Zu Unrecht hat das FG den ausdrücklich so bezeichneten und offensichtlich auch als solchen gewollten Fortsetzungsfeststellungsantrag des Klägers in dessen Schriftsatz vom 13. Dezember 2005 als Antrag auf Feststellung nach § 41 FGO ausgelegt.
Der Antrag war nur teilweise statthaft. Er war gerichtet auf die Feststellungen, dass
a) das FA zur Mitteilung der Unterlagen der Besteuerung verpflichtet war, und
b) das FA verpflichtet war, die Schätzung unter den Vorbehalt der Nachprüfung zu stellen.
Nur der Antrag zu b) berührt jedoch den Inhalt und damit möglicherweise die Rechtmäßigkeit des vorbehaltlos ergangenen Schätzungsbescheides. Ein Vorbehalt der Nachprüfung ist unselbständige Nebenbestimmung zum Steuerbescheid und Inhaltsbestandteil. Da die Fortsetzungsfeststellungsklage verwaltungsaktbezogen ist (s. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 100 Rz 56, m.w.N.), kann deshalb das Begehren auf Beifügung eines Nachprüfungsvorbehalts bei Erledigung des betreffenden Bescheides grundsätzlich zum Gegenstand einer Fortsetzungsfeststellungsklage werden ‐ gleich, ob man den ursprünglichen Antrag auf Beifügung als Anfechtungsantrag begreift oder als Verpflichtungsantrag (für Letzteren gilt § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO analog, s. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 28. April 1998 VII R 83/96, BFH/NV 1998, 1400, 1402; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 55, m.w.N.). Anders verhält es sich beim Antrag zu a), der sich nur auf das Verfahren beim Erlass des Verwaltungsakts bezieht, nicht jedoch den Inhalt des Verwaltungsakts, d.h. seine Regelungswirkung, betrifft.
Es bedarf jedoch keiner weiteren Prüfung, ob einer der geltend gemachten Zulassungsgründe hinreichend dargelegt ist. Denn jedenfalls ist die Beschwerde mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil es im Streitfall an der Darlegung des für eine Fortsetzungsfeststellungsklage erforderlichen berechtigten Interesses des Klägers an der Feststellung fehlt. Berechtigtes Interesse in diesem Sinne kann jedes konkrete, vernünftigerweise anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art sein (s. Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 60, m.w.N.). Gründe für ein vernünftigerweise anzuerkennendes schutzwürdiges Interesse im Streitfall hat der Kläger jedoch nicht substantiiert dargetan (zu diesem Erfordernis s. etwa BFH-Urteil vom 29. April 1980 VII R 5/77, BFHE 130, 568, BStBl II 1980, 593; BFH-Beschlüsse vom 11. April 2000 VII B 221/99, BFH/NV 2000, 1229; vom 2. April 2003 V B 172/02, BFH/NV 2003, 1080; vom 22. Dezember 2003 VII B 35/03, BFH/NV 2004, 652; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 60).
Zwar kann eine Schadensersatzklage vor den Zivilgerichten ein schutzwürdiges Interesse begründen, wenn die beim FG begehrte Entscheidung hierfür von Bedeutung ist. Die Rechtsprechung verlangt insoweit aber, dass eine solche Klage bereits anhängig oder doch mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist (s. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1080; in BFH/NV 2004, 652; Tipke in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 FGO Rz 57, m.w.N.; Gräber/von Groll, a.a.O., § 100 Rz 61, m.w.N.). Der Kläger hat zwar die Absicht behauptet, eine Schadensersatzklage erheben zu wollen, diese Behauptung aber durch keinerlei weitere Ausführungen untermauert. Es fehlt zudem an jeder Darlegung der Art und der Höhe eines Schadens. Ohne Kenntnis dieser Umstände ist das zur Entscheidung über die Fortsetzungsfeststellungsklage berufene Gericht nicht in der Lage, die Erfolgsaussichten eines Schadensersatzprozesses abzuschätzen (vgl. hierzu BFH-Beschluss in BFH/NV 2004, 652, m.w.N) und daraus eine etwaige Berechtigung des Interesses abzuleiten.
Auch die vom Kläger beschworene Wiederholungsgefahr ist nicht hinreichend substantiiert dargetan. Eine Verfahrenskonstellation, wie sie dem Streitfall zugrunde lag, nämlich eine vorbehaltlose Schätzung der Besteuerungsgrundlagen, wäre nur zu besorgen, wenn der Kläger seinen Erklärungspflichten auch weiterhin nicht bzw. nicht fristgerecht genügen sollte. Den Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Kläger oder sein Prozessbevollmächtigter ein solches pflichtwidriges Verhalten für die Zukunft ankündigen. Sollte dies allerdings ihrem Vortrag konkludent zu entnehmen sein, sähe der Senat kein vernünftigerweise anzuerkennendes und damit berechtigtes Interesse des Klägers an einer gerichtlichen Feststellung, die ihm eine Hilfe bieten würde, sich auf eine weiterhin pflichtwidrige Vorgehensweise einzurichten.
Fundstellen