Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Gerichtskosten bei unrichtiger Sachbehandlung und unverschuldeter Rechtsunkenntnis
Leitsatz (NV)
1. Voraussetzung für die Nichterhebung von Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG ist eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht, die “offensichtlich” sein muss (Beschluss des BFH vom 1. September 1970 VII B 112/68, BFHE 100, 76, BStBl II 1970, 852).
2. Ein Rechtsanwalt kann sich nicht auf unverschuldete Rechtsunkenntnis im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG berufen.
Normenkette
GKG § 21 Abs. 1 Sätze 1, 3
Tatbestand
I. Der erkennende Senat hat durch Beschluss vom 14. Februar 2006 II R 47/05 die Revision des Klägers, Kostenschuldners und Erinnerungsführers (Kläger) gegen ein klageabweisendes Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 14. Juni 2004 5 K 4399/03 als unzulässig verworfen, weil der Kläger, ein in eigener Sache handelnder Rechtsanwalt, die Revision nicht rechtzeitig begründet hatte.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) setzte daraufhin durch Kostenrechnung vom 31. Mai 2006 für dieses Verfahren gegen den Kläger als Kostenschuldner Gerichtskosten in Höhe von 525 € an.
Hiergegen legte der Kläger durch Schriftsatz vom 12. Juni 2006 Erinnerung ein und beantragt, die Kostenschuld in entsprechender Anwendung des § 21 des Gerichtskostengesetzes (GKG) nicht zu erheben.
Die Vertreterin der Staatskasse beantragt, die Erinnerung als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung ist unbegründet.
1. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 21 GKG Kosten nicht erhoben werden, liegen nicht vor.
a) Nach § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG werden Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, nicht erhoben. Voraussetzung ist eine unrichtige Sachbehandlung durch das Gericht, die "offensichtlich" sein muss (BFH-Beschluss vom 1. September 1970 VII B 112/68, BFHE 100, 76, BStBl II 1970, 852). Eine unrichtige Sachbehandlung durch den erkennenden Senat in diesem Sinne liegt nicht vor. Er war insbesondere nicht verpflichtet, den Kläger auf die Möglichkeit einer kostengünstigen Rücknahme der Revision hinzuweisen. Denn von einem Rechtsanwalt muss erwartet werden, dass er die Voraussetzungen, unter denen sich die Gerichtskosten durch Rücknahme des Rechtsmittels ermäßigen, kennt oder sich die entsprechenden Rechtskenntnisse hierüber verschafft.
b) Von der Erhebung der Kosten kann auch nicht nach § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG wegen unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse abgesehen werden. Denn Rechtsunkenntnis eines Rechtsanwalts kann nicht als unverschuldet angesehen werden. Ein Rechtsanwalt kann sich deshalb nicht auf diese Bestimmung berufen (Oestreich/Winter/Hellstab, Kommentar zum Gerichtskostengesetz, Stand Dezember 2005, § 21 Tz. 31).
2. Gründe, welche die Kostenrechnung ansonsten als unrichtig erscheinen ließen, werden vom Kläger nicht geltend gemacht und sind auch sonst nicht ersichtlich.
3. Das Erinnerungsverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 66 Abs. 8 GKG).
Fundstellen
Haufe-Index 1575667 |
BFH/NV 2006, 2113 |