Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum, der am Ende eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs noch läuft, darf in voller Höhe zu Lasten des Gewinns dieses Wirtschaftsjahrs berücksichtigt werden. EStG § 5, § 6 Abs. 1 Ziff. 3.
Normenkette
EStG §§ 5, 6/1/3
Tatbestand
Der Bundesminister der Finanzen hat den Bundesfinanzhof um Erstattung eines Gutachtens darüber gebeten, in welchem Umfange die für einen Erhebungszeitraum zu entrichtende Gewerbesteuer zu Lasten des Gewinns eines vor dem Ende des Erhebungszeitraums endenden Wirtschaftsjahr berücksichtigt werden darf.
Der I. Senat des Bundesfinanzhofs hat wie folgt Stellung genommen:
Siehe Rechtssatz.
Entscheidungsgründe
Der Bundesminister der Finanzen nimmt in der Anforderung des Gutachtens zu der bezeichneten Zweifelsfrage nicht eindeutig Stellung und beschränkt sich darauf, die für die Entscheidung seiner Auffassung nach wesentlichen Gesichtspunkte herauszustellen. Der Reichsfinanzhof habe, so führt der Bundesminister der Finanzen aus, für die Gewerbesteuer 1936 im Gutachten Gr. S. D 6/40 vom 11. Dezember 1940, RStBl 1940 S. 1044, die Auffassung vertreten, daß bei einem vom Erhebungszeitraum abweichenden Wirtschaftsjahr die Gewerbesteuer für den am Ende des Wirtschaftsjahrs laufenden Erhebungszeitraum dem Gewinn des Wirtschaftsjahrs nur insoweit belastet werden dürfe, als der Erhebungszeitraum in dieses Wirtschaftsjahr falle. Die gleiche Auffassung vertrete Abschn. 22 Abs. 1 EStR 1958 für alle für einen bestimmten Zeitraum erhobenen abzugsfähigen Steuern. Es spreche indessen viel für den Standpunkt, daß die Gewerbesteuer des laufenden Erhebungszeitraums in vollem Umfange als Aufwand des im Erhebungszeitraum endenden Wirtschaftsjahr behandelt werden dürfe. Während das dem Gutachten des Reichsfinanzhofs Gr. S. D 6/40 zugrunde liegende GewStG 1936 auf der Vergangenheitsbesteuerung, das heißt auf der Bemessung der Gewerbesteuer für einen mit dem Rechnungsjahr übereinstimmenden Erhebungszeitraum nach dem Ertrag eines bei Beginn des Erhebungszeitraums abgelaufenen Wirtschaftsjahrs, beruhe, gehe das jetzt geltende GewStG von der Gegenwartsbesteuerung aus, daß heißt von der grundsätzlichen übereinstimmung des mit dem Kalenderjahr übereinstimmenden Erhebungszeitraums mit dem Bemessungszeitraum. Daraus ergebe sich zwangsläufig, daß das mit dem Kalenderjahr übereinstimmende Wirtschaftsjahr in vollem Umfange mit der Gewerbesteuer zu belasten sei, die durch den Ertrag dieses Wirtschaftsjahrs ausgelöst werde. Das müsse dann auch für das vom Kalenderjahr abweichende Wirtschaftsjahr gelten, weil nach § 10 Abs. 2 GewStG der Gewerbeertrag eines vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs als in dem Erhebungszeitraum bezogen gelte, in dem das Wirtschaftsjahr ende. Schließe man sich dieser Auffassung an, so sei es wünschenswert und vertretbar, den auf dem Gewerbekapital ruhenden Teil der Gewerbesteuer nach gleichen Grundsätzen zu behandeln, weil die Gewerbesteuer eine einheitliche Steuer sei, deren Höhe im wesentlichen vom Ertrag bestimmt werde.
Der Senat bat die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände, den Deutschen Industrie- und Handelstag und das Institut der Wirtschaftsprüfer um Stellungnahme. Die drei Verbände kamen übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß der Kaufmann nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung verpflichtet sei, die wirtschaftlich durch den Ertrag des abgelaufenen, vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs verursachte Gewerbesteuer für den noch laufenden Erhebungszeitraum in voller Höhe zu berücksichtigen. Die insbesondere durch die Beendigung der Steuerpflicht gegebene Möglichkeit, daß diese Gewerbesteuer nicht in voller Höhe zu entrichten sei (§ 11 Abs. 5, § 13 Abs. 4 GewStG), dürfe in der Regel nicht berücksichtigt werden, weil am Bilanzstichtag im allgemeinen keine Veranlassung zu der Annahme bestehe, daß das Unternehmen nicht bis zum Ende des Erhebungszeitraums fortbestehen werde.
Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Nach dem jetzt geltenden GewStG in der Fassung vom 18. November 1958, BGBl 1958 I S. 754, BStBl 1958 I S. 730, stimmt der Erhebungszeitraum, für den die Gewerbesteuer zu zahlen ist, stets mit dem auch für die Einkommensteuer- und Körperschaftsteuerveranlagung maßgebenden Kalenderjahr überein (§ 14 Abs. 2 GewStG). Die Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum beruht unter anderem auf dem Ertrag, den der Steuerpflichtige in dem mit dem Veranlagungszeitraum übereinstimmenden Erhebungszeitraum erzielt (§ 7, § 10 Abs. 1 GewStG). Stimmen Erhebungszeitraum und Wirtschaftsjahr überein, so kann es nicht zweifelhaft sein, daß der Ertrag des Wirtschaftsjahrs mit der auf ihm beruhenden Gewerbesteuer für den gleichzeitig mit dem Wirtschaftsjahr abgelaufenen Erhebungszeitraum belastet ist und daß die durch Vorauszahlungen nicht gedeckte Gewerbesteuerschuld durch eine entsprechende Rückstellung zu Lasten des Ertrages des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs berücksichtigt werden muß.
Stimmt das Wirtschaftsjahr nicht mit dem Kalenderjahr und dem Erhebungszeitraum überein, so fingiert das GewStG, daß der Gewerbeertrag des Wirtschaftsjahrs in dem Erhebungszeitraum bezogen worden ist, in dem das Wirtschaftsjahr endet (§ 10 Abs. 2 GewStG). Für diesen Fall wird in Abschn. 22 Abs. 1 EStR 1958 unter Hinweis auf das Gutachten des Reichsfinanzhofs Gr. S. D 6/40 bestimmt, daß die Gewerbesteuer den Gewinn des Wirtschaftsjahrs nur insoweit mindern dürfe, als der Erhebungszeitraum in das Wirtschaftsjahr falle. Das bezeichnete Gutachten des Reichsfinanzhofs erging zum GewStG vom 1. Dezember 1936 (GewStG 1936), RGBl 1936 I S. 979, RStBl 1936 S. 1149. Nach diesem Gesetz stimmte der nicht auf das Kalenderjahr, sondern auf das Rechnungsjahr abgestellte Erhebungszeitraum (§ 14 Abs. 2 GewStG 1936) deshalb nicht mit dem Bemessungszeitraum überein, weil für die für den Erhebungszeitraum zu entrichtende Gewerbesteuer der Gewerbeertrag des Kalenderjahrs maßgebend war, das dem Erhebungszeitraum unmittelbar voranging (Vergangenheitsbesteuerung). Wich das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, so galt der Gewerbeertrag als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr oder die Wirtschaftsjahre endeten (§ 10 Abs. 1 GewStG 1936). Bei dieser Vergangenheitsbesteuerung bezog sich der Streit über die bilanzmäßige Behandlung der Gewerbesteuer unabhängig davon, ob das Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr übereinstimmte, auf die Frage, ob die Gewerbesteuer, die bei Beginn des Erhebungszeitraums entstand, in voller Höhe zu Lasten des Wirtschaftsjahrs, in dem der Erhebungszeitraum begann, gebucht werden durfte, obwohl dieser Erhebungszeitraum erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs endete. Dabei spielte der Gesichtspunkt, auf welchem Ertrag die hinsichtlich ihrer Behandlung streitige Gewerbesteuer beruhte, keine Rolle, weil die im Wirtschaftsjahr entstandene und abzugrenzende Gewerbesteuer mit dem Ertrag dieses Wirtschaftsjahrs in keiner sachlichen Verbindung stand. Darüber, daß der Ertrag eines Wirtschaftsjahrs nicht mit der sich aus diesem Ertrag berechnenden Gewerbesteuer für den erst nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs beginnenden Erhebungszeitraum belastete werden durfte, bestand offenbar deshalb kein Streit, weil sich Bemessungszeitraum und Erhebungszeitraum zeitlich auch nicht teilweise deckten und der Erhebungszeitraum möglicherweise erst 14 Monate nach Ablauf des für ihn maßgebenden Wirtschaftsjahrs begann:
Beispiel: Das Wirtschaftsjahr lief vom 1. Februar 1937 bis 31. Januar 1938. Der Ertrag dieses Wirtschaftsjahr bildete die Grundlage der Gewerbesteuer für den vom 1. April 1939 bis 31. März 1940 laufenden Erhebungszeitraum 1939. Der damalige Streit betraf die Frage, ob der Steuerpflichtige in der Bilanz vom 31. Januar 1938 auch die auf den Zeitraum vom 1. Februar bis 31. März 1938 entfallende Gewerbesteuer des Erhebungszeitraums 1937, die auf dem Ertrage des längst abgelaufenen Wirtschaftsjahrs 1935/ 1936 beruhte, durch eine Rückstellung berücksichtigen durfte.
Noch im Urteil VI 529/38 vom 24. August 1938, RStBl 1938 S. 975, ließ der Reichsfinanzhof die Berücksichtigung der vollen, im Wirtschaftsjahr entstandenen Gewerbesteuer für den im Wirtschaftsjahr beginnenden Erhebungszeitraum mit der Begründung zu, daß es nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung nicht darauf ankomme, wann eine Schuld fällig werde, sondern auf welchen Vorgang sie zurückzuführen sei und in welches Wirtschaftsjahr dieser Vorgang falle. Der die volle Jahressteuer auslösende Vorgang sei die Tatsache des Bestands des Betriebes am Beginn des in das Wirtschaftsjahr fallenden Erhebungszeitraums (1. April). Sollte der Betrieb nach Ablauf des Wirtschaftsjahrs, aber vor Ablauf des sich mit dem Wirtschaftsjahr teilweise deckenden Erhebungszeitraums eingestellt werden und deshalb die entstandene Jahresgewerbesteuer nicht mehr voll erhoben werden (§ 22 Abs. 2 GewStG 1936), so wäre diese Rückstellung aufzulösen. Der Reichsfinanzhof bemerkte ausdrücklich, daß es für die hier zu entscheidende Frage ohne Bedeutung sei, auf welchem Ertrage die Gewerbesteuer beruhe.
Auch in dem diese Rechtsprechung aufhebenden Urteil des Reichsfinanzhofs I 373/38 vom 7. November 1939, RStBl 1939 S. 1217, Slg. Bd. 48 S. 8, spielte die Frage, auf welchen Ertrag die abzugrenzende Gewerbesteuer zurückzuführen sei, keine Rolle. Im Gegensatz zum Urteil des Reichsfinanzhof VI 529/38 wurde unter anderem aus § 22 Abs. 2 GewStG 1936, wonach bei Erlöschen der Steuerpflicht im Laufe des Erhebungszeitraums die Gewerbesteuer nur bis zum Ende des Kalendermonats erhoben wird, in dem die Steuerpflicht wegfällt, die Folgerung gezogen, daß die Gewerbesteuer unabhängig von ihrer Berechnungsgrundlage eine in besonders enger Verbindung mit einem Zeitraum, nämlich dem Erhebungszeitraum, stehende Steuer sei und daß sie deshalb den Erfolg des Wirtschaftsjahrs nur insoweit belasten dürfe, als der Erhebungszeitraum in das Wirtschaftsjahr falle. Das dieses Urteil bestätigende Gutachten des Reichsfinanzhofs Gr. S. D 6/40 ging von dem aus den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung hergeleiteten Gedanken aus, daß nur der Teil der im Laufe des Wirtschaftsjahrs entstandenen Gewerbesteuer den Gewinn des Wirtschaftsjahr mindern dürfe, der dieses Wirtschaftsjahr auch tatsächlich und wirtschaftlich belaste. Aus der starken Bedeutung des Zeitmoments für die Entrichtung der Gewerbesteuer wurde dann die Folgerung gezogen, daß die Gewerbesteuer, die auf den nach dem Ende des Wirtschaftsjahrs liegenden Teil des laufenden Erhebungszeitraums entfällt, wirtschaftlich nicht das laufende, sondern das folgende Wirtschaftsjahr belaste.
Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, daß sich diese Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nicht mit der jetzt zu entscheidenden Frage zu befassen brauchte, welche Bedeutung im Rahmen der Gegenwartsbesteuerung der Tatsache beizumessen ist, daß die Gewerbesteuer für den am Ende des Wirtschaftsjahrs in der Regel ebenfalls abgelaufenen und nur bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr noch laufenden Erhebungszeitraum auf dem Ergebnis dieses Wirtschaftsjahrs beruht. Denn während das insbesondere bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr zeitlich erhebliche Auseinanderfallen des maßgebenden Wirtschaftsjahrs und des Erhebungszeitraums offenbar nach Auffassung aller Beteiligten dem sich aus der Vergangenheitsbesteuerung ergebenden Zeitmoment eine so erhebliche Bedeutung zukommen ließ, daß die Belastung des Ertrages dieses Wirtschaftsjahrs mit der sich aus diesem Ertrag ergebenden Gewerbesteuer für einen erst später beginnenden Erhebungszeitraum nicht zur Erörterung stand, gewinnt bei der Gegenwartsbesteuerung die Frage, auf welchem Ertrag die Gewerbesteuer beruht, die für den während des Wirtschaftsjahrs laufenden Erhebungszeitraum zu entrichten ist, gegenüber dem Zeitmoment eine größere Bedeutung. Es kann deshalb aus der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs nicht ohne weiteres der Schluß gezogen werden, daß der Reichsfinanzhof auch bei der Gegenwartsbesteuerung dem Zeitmoment eine so erhebliche Bedeutung beigemessen hätte.
Legt man in übereinstimmung mit dem Reichsfinanzhof auf das Zeitmoment, daß heißt auf die Tatsache, daß die Gewerbesteuer für einen bestimmten Zeitraum, den Erhebungszeitraum, erhoben wird, ein größeres Gewicht als auf die zeitliche Abweichung des Erhebungszeitraums und des Bemessungszeitraums, so kommt man auch bei der Gegenwartsbesteuerung zu dem Ergebnis, daß der Ertrag des abweichenden Wirtschaftsjahrs nur mit der Gewerbesteuer belastet werden darf, die für den Zeitraum des abweichenden Wirtschaftsjahrs zu zahlen ist. Das Zeitmoment wird um so größere Bedeutung haben, je mehr der Zeitraum des Wirtschaftsjahrs als Bemessungszeitraum und der Erhebungszeitraum auseinanderfallen. Deshalb ist offenbar bei der Vergangenheitsbesteuerung in dem oben bezeichneten Beispiel nicht erwogen worden, in der Bilanz vom 31. Januar 1938 die Gewerbesteuer zurückzustellen, die nach dem Ertrag des Wirtschaftsjahrs 1937/1938 für den erst 14 Monate später beginnenden Erhebungszeitraum 1939/1940 bei Fortbestehen des Betriebs zu zahlen sein wird. Nachdem indessen auch die Gewerbesteuer zur Gegenwartsbesteuerung überging und damit sich für den Regelfall das mit dem Kalenderjahr übereinstimmende Wirtschaftsjahr als Bemessungszeitraum mit dem Erhebungszeitraum in vollem Umfange und das abweichende Wirtschaftsjahr mit den Erhebungszeitraum wenigstens teilweise decken, hält es der Senat für vertretbar, daß der Kaufmann der Bemessungsgrundlage bei der Erfolgsabgrenzung eine größere Bedeutung beimißt als bei der Vergangenheitsbesteuerung. Wenn man auch in der Regel von dem Grundsatz ausgehen muß, daß das Ergebnis eines bestimmten Zeitraums nur mit den abzugsfähigen Steuern belastet werden darf, die für diesen Zeitraum erhoben werden, so kann doch in dem Fall, in dem sich in der Regel Bemessungs- und Erhebungszeitraum decken und der Ertrag für die Berechnung der Steuer eine entscheidende Rolle spielt, dem Kaufmann gestattet werden, den Gedanken der Ertragsbelastung in den Vordergrund zu stellen. Hängt allerdings die endgültige Entrichtung der nach dem Ertrag des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs berechneten Steuer für einen nicht abgelaufenen Erhebungszeitraum von Voraussetzungen ab, die am Bilanzstichtag noch nicht eingetreten sind, so muß dieser Tatsache bei der Erfolgsabgrenzung angemessen Rechnung getragen werden. Wenn der Senat damit dem Kaufmann ein Wahlrecht gibt, in der Regel die volle nach dem Ertrag des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs berechnete Gewerbesteuer zurückzustellen, soweit sie nicht bereits gezahlt ist, so sind dafür auch die folgenden überlegungen maßgebend:
Wie der Senat im Urteil I 232/59 S vom 15. November 1960, BStBl 1961 III S. 23, in anderem Zusammenhang betonte, müssen in der Regel die sich aus der Einstellung oder Aufgabe des Gewerbebetriebs ergebenden Folgerungen bei rechtlichen Betrachtungen, so auch bei Aufstellung der Bilanz, jedenfalls so lange außer Betracht bleiben, als weder am Bilanzstichtag noch am Tage der Aufstellung der Bilanz irgendwelche Tatsachen vorliegen, die auf die Möglichkeit einer Betriebseinstellung hinweisen. Denn der Regelfall ist die Fortführung und nicht die Einstellung eines Gewerbebetriebs. Der Senat mißt deshalb dem Umstand, daß auch nach dem jetzt geltenden GewStG bei Beendigung der Steuerpflicht im Laufe des Erhebungszeitraums nicht die sich nach dem vollen Jahresertrag des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs ergebende Gewerbesteuer, sondern nur ein zeitanteiliger Bruchteil zu entrichten ist (§ 11 Abs. 5, § 13 Abs. 4 GewStG), deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil der Kaufmann in aller Regel schon aus Gründen der gebotenen Vorsicht die entfernte Möglichkeit nicht zu berücksichtigen braucht, daß die auf dem Ertrag des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs ruhende Gewerbesteuer nicht in voller Höhe zu entrichten ist. Die Beendigung der Steuerpflicht wirkt sich nur dann auf die Höhe der Rückstellung aus, wenn am Bilanzstichtag bereits Tatsachen vorliegen, die diese Beendigung vor Ablauf des Erhebungszeitraums wahrscheinlich machen.
Mit Recht weist der Bundesminister der Finanzen darauf hin, daß die Regelung in Abschn. 22 Abs. 1 EStR 1958 bei stark schwankenden Erträgen zu einer Verzerrung der Bilanzbilder führt. Erzielt zum Beispiel der Kaufmann in einem vom 1. Februar 1959 bis 31. Januar 1960 laufenden Wirtschaftsjahr einen Ertrag von 100 000 DM und erleidet er in dem folgenden Wirtschaftsjahr 1960/1961 einen Verlust, so führt die Regelung in den EStR 1958 dazu, daß 11/12 der auf dem Ertrag der 100 000 DM beruhenden Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum 1960 den Verlust des Wirtschaftsjahrs 1960/1961 erhöhen, obwohl diese Steuer sachlich mit dem Ergebnis dieses Wirtschaftsjahrs nicht in Zusammenhang steht. Auf die Tatsache, daß der Erhebungszeitraum 1960 zu 11/12 mit dem Wirtschaftsjahr 1960/1961 zusammenfällt, braucht dann um so weniger entscheidendes Gewicht gelegt werden, als auch das jetzt geltende GewStG den Ertrag des Wirtschaftsjahrs 1959/1960 als im Kalenderjahr und Erhebungszeitraum 1960 bezogen ansieht.
Dieses Ergebnis steht mit der Entscheidung des Senats I 297/56 U vom 4. Februar 1958, BStBl 1958 III S. 130, Slg. Bd. 66 S. 340, in Einklang. Daß nach diesem Urteil der Gewinn des vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahrs nur mit dem Gewerbesteuerbetrag belastet werden durfte, der auf dem Teil des Jahresgewinns beruhte, der in den Monaten erzielt wurde, mit denen das Wirtschaftsjahr in den Erhebungszeitraum fiel, ergab sich daraus, daß sich nach der damaligen Rechtslage die Gewerbesteuer für den am Bilanzstichtag laufenden Erhebungszeitraum nicht nach dem Jahresgewinn dieses Wirtschaftsjahrs, sondern nur nach dem Teil des Jahresgewinns richtete, der in dem sich mit dem Erhebungszeitraum deckenden Teil des Wirtschaftsjahrs erzielt wurde (§ 7 GewStG in der Fassung vom 30. April 1952 - GewStG 1950 -, BGBl 1952 I S. 270, BStBl 1952 I S. 270, in Verbindung mit § 2 Abs. 6 EStG 1951). Deshalb ging in diesem Fall der Streit nur darum, ob der Kaufmann in der Bilanz vom 30. Juni 1954 für den auf dem Ertrag des ersten Halbjahrs 1954 beruhenden Teil der Gewerbesteuer für den Erhebungszeitraum 1954 eine Rückstellung bilden durfte. Die Bejahung dieser Frage beruhte auf der Erwägung, daß sich dieser Teil der Gewerbesteuer 1954 nach dem Ertrag des ersten Halbjahrs 1954 berechnete und daß deshalb der Erfolg des Wirtschaftsjahrs 1953/1954 zur richtigen Periodenabgrenzung mit diesem Teil der Gewerbesteuer 1954 unabhängig von der Entstehung dieses Steueranspruchs belastet werden mußte. Die gleichen Erwägungen führen dann zur vollen Berücksichtigung der Gewerbesteuer für den am Bilanzstichtag laufenden Erhebungszeitraum, wenn sich diese Gewerbesteuer nur nach dem Ertrag dieses Wirtschaftsjahrs und nicht mehr auch nach dem Ertrag des folgenden Wirtschaftsjahrs richtet.
Mit dieser Beurteilung der Rechtslage will der Senat auch dem Ermessen des Kaufmanns insbesondere dann bei dem Ansatz von aktiven und passiven Rechnungsabgrenzungsposten, von Verbindlichkeiten und Rückstellungen einen größeren Spielraum einräumen und eine noch vertretbare kontinuierliche Bilanzierung jedenfalls dann nicht beanstanden, wenn es sich nicht um die Schaffung ins Gewicht fallender stiller Rücklagen handelt und eine Verzerrung der Bilanzbilder nicht eintritt. In solchen Fällen kann auch dem Gesichtspunkt der Vereinfachung der Vorzug gegenüber der genau zutreffenden Periodenabgrenzung gegeben werden (Urteil des Bundesfinanzhofs I 189/60 U vom 15. November 1960, BStBl 1961 III S. 48).
In übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen hat der Senat keine Bedenken, daß die bezeichneten Grundsätze nicht nur für den auf dem Ertrag ruhenden Teil der Gewerbesteuer, sondern auch für den vom Kapital abhängigen Teil der Gewerbesteuer angewendet werden. Eine Aufteilung der Gewerbesteuer ist nicht berechtigt, weil die Gewerbesteuer eine einheitliche Steuer ist. Ihr Charakter wird entscheidend durch die Belastung des Ertrags bestimmt, gegenüber der der Kapitalfaktor in der Regel in den Hintergrund tritt. Es ist deshalb vertretbar, bei der bilanzmäßigen Abgrenzung der Gewerbesteuer ihren Charakter als Ertragsbelastung für die gesamte Beurteilung maßgebend sein zu lassen.
Fundstellen
Haufe-Index 409952 |
BStBl III 1961, 185 |
BFHE 1961, 505 |
BFHE 72, 505 |
DB 1961, 661 |