Leitsatz (amtlich)

Der Gewinnanspruch aus einer typischen stillen Beteiligung einer Schweizer Kapitalgesellschaft an einem inländischen Unternehmen unterliegt, soweit er nach den getroffenen Vereinbarungen nicht stehengelassen werden kann, nicht der Vermögensbesteuerung in der Bundesrepublik Deutschland.

 

Normenkette

BewG 1965 § 121 Abs. 2 Nr. 7; DBA SWE vom 15. Juli 1931 (RGBl II 1934, 38) Art. 3 Abs. 1; DBA SWE vom 15. Juli 1931 (RGBl II 1934, 38) Art. 3 Abs. 2; DBA SWE vom 15. Juli 1931 (RGBl II 1934, 38) Art. 3 Abs. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Kapitalgesellschaft nach Schweizer Recht. Sie hat ihren Sitz und ihre Geschäftsleitung in der Schweiz. Sie war an dem hier maßgebenden Stichtag vom 1. Januar 1965 an einer inländischen GmbH mit einer Einlage als stille Gesellschafterin beteiligt. Nach dem Vertrag war die Klägerin berechtigt, 2/3 ihres jeweiligen Gewinnanteils bei der GmbH stehenzulassen. Dieser Betrag wurde ihr auf einem gesonderten Einlagekonto gutgeschrieben.

Die Klägerin erhielt für das am 31. Dezember 1964 endende Wirtschaftsjahr einen Gewinnanteil von 360 000 Schweizer Franken. 2/3 dieses Betrages wurden dem gesonderten Einlagekonto gutgebracht und nahmen an der Verzinsung ab 1. Januar 1965 teil. Der restliche Gewinnanteil von 120 000 Schweizer Franken wurde im Jahre 1965 in Höhe von 10 000 Schweizer Franken zur Rückzahlung einer Darlehnsschuld der Klägerin verwandt und in Höhe von 110 000 Schweizer Franken in die Schweiz übersandt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) erfaßte bei der endgültigen Vermögensteuerveranlagung der Klägerin als beschränkt Steuerpflichtige durch den Bescheid vom 18. Dezember 1970 im Inlandsvermögen nicht nur die ursprüngliche Einlage und die auf dem gesonderten Einlagekonto gutgebrachten 240 000 Schweizer Franken mit einem gemeinen Wert von 123 v. H., sondern auch den Gewinnanteil von 120 000 Schweizer Franken zu einem Umrechnungskurs von 92,75 DM für 100 Schweizer Franken. Der Einspruch, mit dem sich die Klägerin gegen den Ansatz des Gewinnanteils von 120 000 Schweizer Franken und gegen den angewandten Umrechnungskurs wandte und außerdem den Abzug der einbehaltenen Kapitalertragsteuer geltend machte, hatte nur hinsichtlich des Umrechnungskurses Erfolg. Das FA wandte den Umrechnungskurs von 92,175 DM für 100 Schweizer Franken an. Die Klage wurde abgewiesen.

Die Klägerin beantragt mit der Revision, die das FG wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache zugelassen hat, die Vorentscheidung aufzuheben (und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Gewinnanteil von 120 000 Schweizer Franken nicht beim Inlandsvermögen anzusetzen). Es wird Verletzung des § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG und des Art. 3 Abs. 4 DBAS vom 15. Juli 1931 (RGBl II 1934, 38) gerügt. Die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet: Nach dem Wortlaut des § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG müsse es sich um Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe eines stillen Gesellschafters handeln. Der Gewinnanspruch nach § 337 HGB sei, soweit nicht etwas anderes vereinbart sei, keine solche Forderung. Hier sei hinsichtlich des Gewinnanspruchs von 120 000 Schweizer Franken vereinbart, daß dieser Betrag nicht als Einlage stehengelassen werden könne. Der RFH habe in dem Urteil III 245/38 entschieden, daß die Gewinnanteile eines stillen Gesellschafters nur insoweit Bestandteile der stillen Beteiligung würden, als der stille Gesellschafter seine Gewinnanteile weiterhin stehenlasse und diese das Risiko der stillen Beteiligung teilten. Diese Auffassung werde auch im Schrifttum vertreten. Es könne auch dem Urteil des BFH vom 11. Oktober 1968 III 246/64 (BFHE 94, 261, BStBl II 1969, 123) entnommen werden, daß der Gewinnanspruch eines stillen Gesellschafters durchaus am Bewertungsstichtag bereits verselbständigt sei, und zwar als Kapitalforderung, gerichtet auf Zahlung eines Geldbetrages. Selbst wenn aber der Anspruch unter § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG fallen sollte, sei die Besteuerung durch das Abkommen zwischen dem Deutschen Reiche und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der direkten Steuern und der Erbschaftsteuern ausgeschlossen. Die stille Beteiligung an einem Handelsgewerbe mit Betriebstätte in der BRD sei zwar nach dem BFH-Urteil vom 15. Januar 1971 III R 125/69 (BFHE 101, 536, BStBl II 1971, 379) eine Beteiligung an einem Gesellschaftsunternehmen im Sinne des Art. 3 Abs. 4 DBAS und unterliege insoweit dem Besteuerungsrecht der BRD. Nach diesem Urteil sei der Begriff "Beteiligung an einem Gesellschaftsunternehmen" unter Heranziehung des innerstaatlichen Handelsrechts zu klären. Nach § 337 Abs. 3 HGB erhöhe der Gewinnanteil aber nicht die Einlage des stillen Gesellschafters. Die Behandlung als Einlage sei hinsichtlich des hier streitigen Gewinnanspruchs durch die vertragliche Vereinbarung sogar ausdrücklich ausgeschlossen. Der von der Beteiligung getrennte Anspruch unterliege nicht dem Besteuerungsrecht der BRD.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Es hält die Vorentscheidung für zutreffend. Die Auffassung der Klägerin, das Besteuerungsrecht für den Gewinnanspruch stehe nach Art. 3 Abs. 4 DBAS nicht der BRD zu, lehnt das FA mit der Begründung ab, der Umfang des Besteuerungsrechts ergebe sich aus Art. 3 Abs. 3 dieses Abkommens. Danach habe die BRD das Recht, das Vermögen zu besteuern, das der auf diesem Gebiet befindlichen Betriebstätte diene. Der entstandene, aber noch nicht fällige Gewinn habe am Stichtag noch der inländischen Betriebstätte gedient, er habe zu diesem Zeitpunkt noch zum Vermögen der inländischen Inhaberin des Handelsgeschäfts gehört.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Zum Inlandsvermögen eines beschränkt Steuerpflichtigen gehören nach § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG "Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter, wenn der Schuldner Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland hat". Der Wortlaut dieser Vorschrift ist für die Beurteilung der Frage, ob auch der Gewinnanspruch eines stillen Gesellschafters unter sie fällt, entgegen der Auffassung des FG nicht eindeutig. Insbesondere läßt sich aus der Verwendung des Plurals "Forderungen" im Gegensatz zu dem Singular "aus der Beteiligung" nicht zwingend der Schluß ziehen, daß unter § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG alle Forderungen fallen, die dem stillen Gesellschafter aufgrund seiner Beteiligung an dem Handelsgewerbe eines anderen zustehen. Die Verwendung des Plurals bei der Aufzählung der zum Inlandsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter findet sich auch in allen anderen Nummern dieser Vorschrift, soweit sie nicht eine wirtschaftliche Einheit aufführen. Das FG hat es dann ja auch im Ergebnis offengelassen, ob aus den im Schrifttum angeführten Gründen der Rechtsauffassung der Klägerin gefolgt werden kann. Auch der Senat ist der Meinung, daß die Frage, ob Gewinnansprüche eines stillen Gesellschafters zu den Forderungen im Sinne des § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG gehören, im Streitfall nicht abschließend entschieden zu werden braucht. Er teilt allerdings nicht die Auffassung des FG, daß dies schon daraus zu folgern sei, daß am Stichtag der Gewinnanspruch noch zum Vermögen des inländischen Unternehmens gehört und sich erst später ggf. als selbständige Kapitalforderung konkretisiere, wenn der stille Gesellschafter den Gewinn nicht als weitere Einlage stehenlasse. Abgesehen davon, daß im Streitfall nach den getroffenen Vereinbarungen ein Stehenlassen der umstrittenen 120 000 Schweizer Franken, die 1/3 des Gewinns des vorangegangenen Wirtschaftsjahres ausmachen, ausgeschlossen ist, hält es der Senat nicht für zulässig, bei diesen Erwägungen außer Betracht zu lassen, daß der Gewinnanspruch nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. BFH-Urteil III 246/64) am Ende des Geschäftsjahres entsteht, und zwar als selbständige Kapitalforderung. Der Senat hält vielmehr eine abschließende Entscheidung darüber, ob der Gewinnanspruch unter § 121 Abs. 2 Nr. 7 BewG fällt, im Streitfall deswegen nicht für erforderlich, weil die Klägerin eine Schweizer Kapitalgesellschaft ist, für die das DBAS vom 15. Juli 1931 (RGBl II 1934, 38) gilt.

Die stille Beteiligung gehört zum Betriebsvermögen der Klägerin. Die Klägerin ist ein "Betrieb von Handel, Industrie und Gewerbe jeder Art" im Sinne des Art. 3 Abs. 1 DBAS. Diese Betriebe werden grundsätzlich nur in dem Staat besteuert, in dessen Gebiet das Unternehmen seine Betriebstätte im Sinne des Art. 3 Abs. 2 DBAS hat, und zwar auch dann, wenn das Unternehmen seine Tätigkeit auf das Gebiet des anderen Staates erstreckt, ohne dort eine Betriebstätte zu haben. Hat es dagegen auch auf dem Gebiet des anderen Staates eine Betriebstätte, so gilt die Vorschrift des Art. 3 Abs. 3 DBAS, nach der das Besteuerungsrecht auf beide Staaten aufgeteilt wird. Diese Vorschrift ist aber entgegen der Auffassung des FA hier nicht anwendbar, weil die inländische GmbH, an der die stille Beteiligung besteht, keine Betriebstätte der Klägerin im Sinne des Art. 3 Abs. 2 DBAS ist, wie sich aus dem Schlußprotokoll zu Art. 3 Abs. 3 eindeutig ergibt. Eine weitere Ausnahme sieht Art. 3 Abs. 4 DBAS für "Beteiligungen an einem gesellschaftlichen Unternehmen" vor. Sie sollen "wie Betriebe im Sinne des Abs. 1" behandelt werden. Aber auch diese Vorschrift führt im Streitfall nicht dazu, den Teil des aus der stillen Beteiligung entspringenden Gewinnanspruchs, der nicht stehengelassen werden kann, in der BRD zur Vermögensteuer heranzuziehen. Der Senat hat zwar in dem Urteil III 125/69 entschieden, daß unter den Begriff einer Beteiligung an einem gesellschaftlichen Unternehmen auch die stille Gesellschaft fällt, und zwar sowohl die atypische als auch die typische stille Gesellschaft. Die stille Gesellschaft kann jedoch nach Auffassung des Senats nur insoweit unter den Begriff der Beteiligung an einem gesellschaftlichen Unternehmen fallen, als sie eine "Beteiligung" verkörpert, d. h. mit ihrer ursprünglichen und auch mit späteren Einlagen, nicht dagegen mit denen aus ihnen entspringenden Gewinnansprüchen, die nicht stehengelassen und dadurch nicht zur "Beteiligung" werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß in Art. 3 Abs. 1 DBAS auch "die Einkünfte" aus den Betrieben genannt sind. Die Einkünfte sind nach Auffassung des Senats nur erwähnt worden, weil sich auch die Ertragsbesteuerung nach dieser Vorschrift richtet. Sie hat jedoch nicht die Bedeutung, daß damit auch das Besteuerungsrecht der aus den Einkünften entspringenden vermögensrechtlichen Ansprüche geregelt werden sollte.

Da die Vorentscheidung von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Es war auch die Einspruchsentscheidung aufzuheben. Der angefochtene Vermögensteuerbescheid vom 18. Dezember 1970 war dahin zu ändern, daß die Vermögensteuer 1965 auf ... DM festgesetzt wird.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 135 Abs. 1, 136 Abs. 1 FGO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 70579

BStBl II 1973, 797

BFHE 1974, 207

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