Leitsatz (amtlich)
Der Gesellschafter einer Personengesellschaft, der einen negativen Feststellungsbescheid erhalten hat, kann eine Verpflichtungsklage erheben, deren Antrag sich darauf beschränken kann, bestimmte Teile des zu erlassenden Feststellungsbescheids anzugeben.
Normenkette
FGO §§ 40, 101; AO §§ 215-216
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) trat durch Vertrag vom 2. März 1966 als weiterer Kommanditist in eine KG ein, deren persönlich haftender Gesellschafter der Beigeladene und deren weitere Kommanditistin Frau Z waren. Seine Einlage betrug 400 000 DM, die Einlage der Kommanditistin Z betrug 5 000 DM. Zur Geschäftsführung und Vertretung war der Beigeladene allein berechtigt und verpflichtet. Die Rechte der §§ 164, 166 Abs. 1 HGB standen den Kommanditisten nicht zu.
Die Gesellschaft wurde auf unbestimmte Zeit geschlossen und konnte von jedem Gesellschafter mit einer Frist von sechs Monaten auf den 31. März eines jeden Jahres, erstmals zum 31. März 1967, durch eingeschriebenen Brief gekündigt werden.
Der Kläger kündigte den Gesellschaftsvertrag zum 31. März 1967 unter Einhaltung der vertraglich bestimmten Frist. In der Auseinandersetzungsbilanz zum 31. März 1967 waren die Kommanditeinlagen mit zusammen 405 000 DM ausgewiesen. Das negative Kapitalkonto des Beigeladenen betrug 756 733 DM, das Verlustsonderkonto des Klägers 195 800 DM. Der Beigeladene zahlte die Einlage des Klägers von 400 000 DM am 31. März 1967 zurück.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) stellte im Anschluß an eine Betriebsprüfung durch Bescheid vom 14. August 1970 fest, daß der Kläger in den Jahren 1966 und 1967 nicht Mitunternehmer der KG gewesen sei. Auch die Kommanditistin Z wurde nicht als Mitunternehmerin behandelt, der Bescheid vom 14. August 1970 besagt darüber jedoch nichts.
Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg.
In seiner Klage stellte der Kläger den Antrag, den Bescheid des FA vom 14. August 1970 und die Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 1972 aufzuheben und das FA zu verpflichten, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1966 und vom 1. Januar bis 31. März 1967 einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen für die KG unter Beteiligung des Klägers und des Beigeladenen als Mitunternehmer durchzuführen.
Das FG hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung, die in EFG 1974, 208, veröffentlicht ist, hat das FG zunächst ausgeführt, der Beiladung der Kommanditistin Z habe es nicht bedurft. Durch die Entscheidung über die Klageanträge werde die rechtliche Stellung der Kommanditistin Z als mögliche Mitunternehmerin der KG nicht berührt. Da der angefochtene Bescheid über die Stellung der Kommanditistin Z als Mitunternehmerin nichts aussage, könne die Aufhebung dieses Bescheids oder die Abweisung des auf Aufhebung gerichteten Klageantrags die Stellung der Kommanditistin Z nicht verändern. Der vom Kläger gestellte Verpflichtungsantrag sei darauf gerichtet, eine Mitunternehmerschaft von Kläger und Beigeladenen festzustellen. Über diesen Klageantrag könne der Senat nicht hinausgehen, selbst dann nicht, wenn er nebenbei Tatsachenfeststellungen darüber träfe, daß die Kommanditistin Z in den Streitjahren Mitunternehmerin gewesen sei. Infolge der durch den Klageantrag bedingten Beschränkung des Streitgegenstandes werde die Kommanditistin Z auch durch die Entscheidung über den Verpflichtungsantrag nicht betroffen. Unabhängig von der Entscheidung des Senats über diesen Antrag könne anderweitig festgestellt werden, daß die Kommanditistin Z in den Streitjahren Mitunternehmerin gewesen sei oder nicht gewesen sei.
In der Sache selbst hat das FG die Auffassung vertreten, bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise sei der Kläger nicht Mitunternehmer gewesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, mit der unrichtige Anwendung des § 15 Nr. 2 EStG und Verfahrensmängel gerügt werden.
Der Kläger wiederholt seinen Antrag aus der Klage und beantragt hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beigeladene, der durch dieselben Prozeßbevollmächtigten vertreten wird wie der Kläger, hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Kommanditistin Z ist zum Verfahren notwendig beizuladen (§ 60 Abs. 3 FGO).
1. Der Bescheid des FA vom 14. August 1970 ist ein sogenannter negativer Feststellungsbescheid. Dieser Bescheid enthält - nach einer Auffassung im Schrifttum - die Ablehnung, den Gewinn einheitlich festzustellen und mehreren Personen zuzurechnen, oder - nach der Rechtsprechung des BFH - darüber hinaus die verbindliche Feststellung, daß keine Mitunternehmerschaft besteht (BFH-Beschluß vom 24. März 1975 IV S 22/74, BFHE 115, 417, BStBl II 1975, 711, mit weiteren Nachweisen). Bei jeder der beiden Auffassungen kann der Kläger, der als Mitunternehmer behandelt werden will, die Aufhebung des negativen Feststellungsbescheids begehren.
Der Kläger kann gegen den negativen Feststellungsbescheid eine Verpflichtungsklage erheben, mit dem Antrag, das FA zu verpflichten, eine einheitliche und gesonderte Feststellung des Gewinns der KG durchzuführen (§ 40 Abs. 1 FGO). Der Antrag der Verpflichtungsklage kann sich darauf beschränken, bestimmte Teile des Feststellungsbescheids anzugeben, im Streitfall, daß der Kläger und der Beigeladene Mitunternehmer sind, ohne weitere Angaben über die Beteiligung weiterer Gesellschafter (Mitunternehmer), über die Höhe des Gewinns (oder Verlustes) und über die Verteilung des Gewinns (oder Verlustes).
Ein Gesellschafter, vor allem ein Kommanditist, ist nicht immer in der Lage, den vollständigen Inhalt des begehrten Feststellungsbescheids anzugeben. Denn dieser Bescheid setzt sich aus mehreren Feststellungen zusammen, die nicht nur die Verhältnisse des klagenden Gesellschafters, sondern auch die Verhältnisse der Gesellschaft selbst und der übrigen Gesellschafter betreffen (§ 215 Abs. 2 Nr. 2, § 216 AO). Wollte man den klagenden Gesellschafter darauf verweisen, daß er sich die notwendigen Auskünfte mit den Mitteln des Zivilrechts und des Zivilprozeßrechts beschaffe, führte dies in vielen Fällen zu einer erheblichen Verminderung seines Rechtsschutzes. Dies stünde im Widerspruch zu Art. 19 Abs. 4 GG, der eine möglichst wirksame gerichtliche Kontrolle der Akte der öffentlichen Gewalt gewährleisten will (Beschluß des BVerfG vom 29. Oktober 1975 2 BvR 630/73, BStBl II 1976, 271).
Der Zulässigkeit eines Klageantrags, der sich auf bestimmte Teile des begehrten Feststellungsbescheids beschränkt, entspricht die Möglichkeit, daß das Gericht statt der Verpflichtung der Finanzbehörde, den Feststellungsbescheid mit vollständigem Inhalt zu erlassen, die Verpflichtung ausspricht, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden (§ 101 FGO).
2. Wird in dem vorliegenden Verfahren entschieden, daß an der KG jedenfalls der Beigeladene und der Kläger als Gesellschafter und Mitunternehmer beteiligt sind, bleibt allerdings von dieser Entscheidung die Frage unberührt, ob auch die Kommanditistin Z als Mitunternehmerin beteiligt ist. Insoweit hat das FG recht. Trotzdem ist die Kommanditistin Z notwendig beizuladen. Denn die Entscheidung, ob der Kläger Mitunternehmer ist oder nicht, kann allen Mitunternehmern der KG gegenüber nur einheitlich ergehen (§ 60 Abs. 3 FGO; vgl. auch BFH-Urteil vom 28. November 1974 I R 62/74, BFHE 114, 167, BStBl II 1975, 209).
3. Beizuladen ist auch die KG selbst (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO; BFH-Urteil I R 62/74). Das FG wird daher prüfen, ob der Beigeladene auch in seiner Eigenschaft als Vertreter der KG auftritt.
4. Das Fehlen der notwendigen Beiladung ist ohne Verfahrensrüge zu beachten (BFH-Urteil I R 62/74). Der Senat kann daher die Frage, ob der Kläger Mitunternehmer der KG war (vgl. BFH-Urteil vom 30. Juli 1975 I R 174/73, BFHE 116, 497, BStBl II 1975, 818), nicht prüfen. Die Sache geht vielmehr zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück.
Fundstellen
Haufe-Index 72241 |
BStBl II 1977, 309 |