Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG für Ausbauten und Erweiterungen an einer der Nutzungswertbesteuerung unterliegenden Wohnung
Leitsatz (NV)
Versteuert der Steuerpflichtige über 1986 hinaus den Nutzungswert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung gemäß § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG, sind auch die nach 1986 fertiggestellten Ausbauten und Erweiterungen in die Nutzungswertbesteuerung der Wohnung einzubeziehen, wenn sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung stehen. Solange der Steuerpflichtige nicht nach § 52 Abs. 21 Satz 3 EStG auf die Nutzungswertbesteuerung der Wohnung verzichtet, steht ihm für Ausbauten und Erweiterungen an der eigengenutzten Wohnung ein Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG nicht zu.
Normenkette
EStG 1987 § 10e Abs. 2, § 52 Abs. 21 Sätze 2-3
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist seit 1977 Eigentümer eines Zweifamilienhauses. Das Erdgeschoß bewohnt der Kläger; an der Wohnung im Obergeschoß hat er seiner Mutter ein Wohnrecht eingeräumt. 1987 errichtete der Kläger einen Anbau, den er nach Fertigstellung ab November 1987 zu eigenen Wohnzwecken nutzte. Durch den Anbau wurde die Erdgeschoßwohnung um 42 qm auf 165 qm erweitert.
In der Einkommensteuererklärung 1987 ermittelte der Kläger den Nutzungswert der ursprünglichen Erdgeschoßwohnung von 123 qm durch Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten; es ergab sich ein Verlust aus Vermietung und Verpachtung. Für den - nicht in die Nutzungswertbesteuerung einbezogenen - Anbau machte er einen Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1987 (EStG) sowie Vorkosten nach § 10 e Abs. 6 EStG geltend. Außerdem beantragte er Steuerermäßigung nach § 34 f Abs. 2 EStG für seine beiden Kinder.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) setzte bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung einen Mietwert für den Anbau an und berücksichtigte die Zinsen für die Finanzierung des Anbaus sowie Absetzungen für Abnutzung (AfA) von 2,5 v.H. der Herstellungskosten (anteilig für zwei Monate) als Werbungskosten. Die beantragten Steuervergünstigungen nach § 10 e und § 34 f EStG gewährte das FA nicht. Der Einspruch des Klägers gegen den Einkommensteuerbescheid 1987 war erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Es führte aus, dem Kläger stehe ein Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG, der Vorkostenabzug nach § 10 e Abs. 6 EStG sowie die Steuerermäßigung nach § 34f Abs. 2 EStG für zwei Kinder zu. Dem Abzug nach § 10 e Abs. 2 EStG stehe nicht entgegen, daß der Kläger den Nutzungswert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung gemäß § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG weiterhin nach § 21 Abs. 2 EStG ermittle. Der Neuregelung durch das Wohnungseigentumsförderungsgesetz könne zwar der allgemeine Grundsatz entnommen werden, daß der Steuerpflichtige dieselben Aufwendungen nicht als Werbungskosten und gleichzeitig wie Sonderausgaben nach § 10e EStG geltend machen könne. Dadurch werde jedoch nicht ausgeschlossen, daß bei Ausbauten und Erweiterungen anstelle der Einbeziehung in die große Übergangslösung die Steuerbegünstigung des § 10 e Abs. 2 EStG in Anspruch genommen werde.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 10 e Abs. 2 EStG. Es trägt vor: Behalte der Steuerpflichtige gemäß § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG die Nutzungswertbesteuerung der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung bei, so gehöre die Wohnung in vollem Umfang zu dem der Einkünfteerzielung dienenden Vermögen aus Vermietung und Verpachtung. Da zwischen der bisherigen Wohnung und dem Anbau ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang bestehe, könnten die Gebäudeteile nur einheitlich entweder der Nutzungswertbesteuerung unterliegen oder einheitlich zum ,,außersteuerlichen Privatgut" gehören. Wenn der Steuerpflichtige § 10 e Abs. 2 EStG in Anspruch nehmen wolle, müsse er gemäß § 52 Abs. 21 Satz 3 EStG auf die Nutzungswertbesteuerung verzichten.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).
1. Zu Unrecht hat das FG für den Anbau einen Abzugsbetrag nach § 10e Abs. 2 EStG gewährt.
a) Nach § 10 e Abs. 2 EStG kann der Steuerpflichtige von den Herstellungskosten für - zu eigenen Wohnzwecken genutzte - Ausbauten und Erweiterungen an einer im Inland belegenen, zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung einen bestimmten Prozentsatz wie Sonderausgaben abziehen. Der Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG ist erstmals anzuwenden auf Ausbauten und Erweiterungen, die nach dem 31. Dezember 1986 fertiggestellt worden sind (§ 52 Abs. 14 EStG).
Unabhängig von diesen Voraussetzungen sind aber der Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 EStG und auch der Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 2 EStG nur für Objekte zu gewähren, die nicht der Nutzungswertbesteuerung unterliegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die Gründe seines Urteils vom 25. März 1992 X R 30/90 (BStBl II 1992, 801) Bezug.
Grundsätzlich wird der Nutzungswert der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung ab 1987 nicht mehr besteuert. Haben bei einer Wohnung im eigenen Haus im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben vorgelegen, ist nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG aber § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG bis zum Veranlagungszeitraum 1998 weiter anzuwenden, sofern der Steuerpflichtige nicht auf die Nutzungswertbesteuerung verzichtet (§ 52 Abs. 21 Satz 3 EStG).
In die Ermittlung des Nutzungswerts nach § 21 Abs. 2 EStG sind alle Räume einzubeziehen, die in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der vom Eigentümer genutzten Wohnung stehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Oktober 1982 VIII R 74/81, BFHE 138, 23, BStBl II 1983, 364 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung). Das gilt auch für die Räume einer der Nutzungswertbesteuerung unterliegenden Wohnung, die erst nach dem 31. Dezember 1986 fertiggestellt werden. Denn sie bilden zusammen mit der ursprünglichen Wohnung eine wirtschaftliche Einheit, die steuerrechtlich nur einheitlich beurteilt werden kann.
b) Im Streitfall steht der Anbau in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der ursprünglichen Wohnung. Der Nutzungswert ist daher für die gesamte Wohnung einschließlich des Anbaues zu ermitteln. Solange der Kläger nicht auf die Nutzungswertbesteuerung gemäß § 52 Abs. 21 Satz 3 EStG für die gesamte Wohnung verzichtet, steht ihm die Steuerbegünstigung nach § 10 e Abs. 2 EStG nicht zu.
2. Da der Anbau in die Nutzungswertbesteuerung einzubeziehen ist, hat das FA die vor Bezug entstandenen Finanzierungsaufwendunen zu Recht nicht als Vorkosten nach § 10 e Abs. 6 EStG - wie vom Kläger beantragt -, sondern als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung berücksichtigt.
3. Mangels Berechtigung zur Inanspruchnahme der Steuerbegünstigung nach § 10 e Abs. 1 bis 5 EStG erhält der Kläger kein Baukindergeld nach § 34f Abs. 2 EStG.
Fundstellen
Haufe-Index 64055 |
BFH/NV 1993, 22 |