Leitsatz (amtlich)
1. Der bei der Veräußerung eines Anteils an einer Kapitalgesellschaft erzielte Gewinn ist auch dann nach § 17 EStG zu versteuern, wenn die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft nur wenige Tage vor ihrer Veräußerung mehr als 25 v. H. des Gesellschaftskapitals betragen hat.
2. Löst der Gesellschafter einer GmbH eine bei der Gründung der Gesellschaft übernommene Verpflichtung, die Hälfte seines Anteils zu übertragen, vor der Veräußerung seines Anteils durch die Zusage ab, dem Berechtigten die Hälfte des Veräußerungserlöses zu zahlen, so wird der Veräußerungserlös um den zu zahlenden Betrag gemindert.
2. Der Senat tritt der Auffassung des VI. Senats des BFH in dem Urteil vom 2. April 1976 VI R 67/74 (BFHE 119, 141, BStBl II 1976, 490) bei, daß Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG auch auf Vereinbarungen beruhen können.
Normenkette
EStG §§ 17, 24 Nr. 1 Buchst. a, b, § 34 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Anteil des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) an einer GmbH deshalb keine wesentliche Beteiligung i. S. des § 17 Abs. 1 EStG ist, weil sich der Kläger seinem Bruder gegenüber verpflichtet hat, diesem die Hälfte des GmbH-Anteils abzutreten, und ob eine Entschädigung für die vertraglich übernommene Konkurrenzenthaltung nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG einkommensteuerbegünstigt ist.
Der Kläger und sein Bruder waren Inhaber einer in Form einer Personengesellschaft betriebenen ...fabrik in der DDR. Im Jahr ... siedelte der Kläger nach A über und gründete dort zusammen mit dem Kaufmann X als Alleininhaber der Firma Y eine ...fabrik GmbH mit einem Stammkapital von 60 000 DM, von dem der Kläger 40 000 DM übernahm. Sein Bruder blieb in der DDR. Die Stammeinlage leistete der Kläger bis auf einen geringen Barbetrag durch die Einbringung von Maschinen und Geräten sowie sonstigen Materialien, die aus dem Betrieb in der DDR verlagert worden waren. In einem Zusatzvertrag zum Gesellschaftsvertrag gleichen Datums vereinbarten der Kläger als Geschäftsführer der GmbH und zugleich für seinen Bruder und die Personengesellschaft handelnd und X als Alleininhaber der Firma Y daß der Kläger verpflichtet sei, die Hälfte seines Geschäftsanteils seinem Bruder abzutreten. Im Jahre nach der Gründung wurde das Stammkapital der GmbH um 40 000 DM erhöht, von denen der Kläger 10 000 DM übernahm. Im Jahre ... wurde das Stammkapital nochmals um 200 000 DM erhöht, woran sich die Gesellschafter je zur Hälfte beteiligten. Am 4. September des Streitjahres erklärten der Kläger und sein Bruder notariell beurkundet, daß die Verpflichtung zur Übertragung des halben Geschäftsanteils auch die nach der Errichtung der GmbH vom Kläger übernommenen Anteile betreffe. Zugleich erklärte der Bruder seinen Verzicht auf alle Rechte aus dem Zusatzvertrag, während sich der Kläger verpflichtete, seinem Bruder die Hälfte des durch die Abtretung seiner Gesellschaftsrechte an ein interessiertes Unternehmen erlangten Erlöses zu überlassen. Sodann übertrug der Kläger seine Gesellschaftsanteile von nominell 150 000 DM (40 000 DM + 10 000 DM + 100 000 DM) für ... DM. Die Hälfte dieses Betrages überwies der Anteilsübernehmer vereinbarungsgemäß auf ein Konto des Bruders. Durch Vertrag vom 27. August des Streitjahrs verpflichtete sich der Kläger der GmbH gegenüber zur Konkurrenzenthaltung und erhielt hierfür 200 000 DM.
Der Kläger vertrat die Ansicht, daß sein Anteil an der GmbH infolge der Belastung durch die Rechte des Bruders gemindert werde, so daß seine Beteiligung an der GmbH nicht mehr als 25 v. H. betragen habe. Das schließe eine Besteuerung des Erlöses aus der Abtretung seines Anteils nach § 17 EStG aus. Die Entschädigung für die Konkurrenzenthaltung sei nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG begünstigt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das FA) zog jedoch den Kläger bei der Veranlagung für das Streitjahr wegen des vollen Gewinns aus der Abtretung des GmbH-Anteils gem. § 17 EStG und wegen der Entschädigung mit dem normalen Tarif zur Einkommensteuer heran.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Gemäß § 52 Abs. 17 Satz 3 EStG 1965 sei § 17 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 EStG 1965 auch auf das Streitjahr anzuwenden, weil der Kläger für dieses Jahr zur Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig veranlagt worden sei. Hiernach sei der Erlös aus der Abtretung der GmbH-Anteile einkommensteuerpflichtig, weil der Kläger an der GmbH wesentlich, d. h. mit mehr als 25 v. H., beteiligt gewesen sei. Eine Minderung dieses Anteils auf 25 v. H. durch die Verpflichtung des Klägers auf Übertragung der Hälfte seines Anteils auf den Bruder sei allenfalls durch die Vereinbarung vom 4. September des Streitjahres eingetreten, weil nach dem ursprünglichen Zusatzvertrag der Bruder zur Hälfte nur an dem Gesellschaftsanteil von 40 000 DM beteiligt sein sollte. Da eine Rückwirkung der Vereinbarung vom 4. September des Streitjahrs mit steuerlicher Wirkung nicht anerkannt werden könne, weil keine Bestätigung eines bereits bestehenden Zustands vorliege, sondern eine echte Erweiterung der Verpflichtung des Klägers, sei dessen Anteil an der GmbH auch bei Berücksichtigung der Verpflichtung gegenüber dem Bruder in den letzten fünf Jahren größer als 25 v. H. gewesen. Zudem mindere die dem Bruder gegenüber übernommene Verpflichtung den GmbH-Anteil des Klägers nicht. Es habe lediglich eine Verpflichtung bestanden, die nicht realisiert worden sei, indem der Anteil dem Bruder tatsächlich übertragen wurde. Der Kläger sei auch nicht Treuhänder seines Bruders gewesen. Er habe diesem weder Rechnung gelegt noch ihn an den Gewinnausschüttungen beteiligt. Auch eine Anwartschaft i. S. des § 17 Abs. 1 Satz 2 EStG 1965 habe dem Bruder nicht zugestanden. Abgesehen davon, daß eine solche Anwartschaft des Bruders den Anteil des Klägers an der GmbH nicht habe mindern können (Hinweis auf Herrmann-Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 14. Aufl., Bd. IV, § 17 EStG Anm. 6 Nr. 2; Hartmann-Böttcher-Graß, Großkommentar zur Einkommensteuer, § 17 Anm. 3), habe der Vertrag vom 4. September des Streitjahrs Wirkung nur zwischen den beiden Brüdern ausgeübt und keine Rechte gegenüber der GmbH begründet. Dadurch habe der Bruder allenfalls ein Recht auf kapitalmäßige Unterbeteiligung, nicht aber auf gesellschaftliche Beteiligung erlangt. Außerdem aber setze eine Anwartschaft die Möglichkeit des Berechtigten voraus, den Übergang des Anteils ausschließlich nach seinem eigenen Willen zu bewirken. Der Bruder des Klägers habe jedoch eine solche Stellung nicht erlangt, weil die eigentliche Abtretung nur unter Mitwirkung des Klägers hätte stattfinden können.
Die Zahlung der GmbH von 200 000 DM an den Kläger sei keine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG, weil kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Wettbewerbsverbot und der Zahlung bestehe. Der Kläger habe keine sich bereits konkret abzeichnenden Einnahmen verloren, an deren Stelle die Entschädigung habe treten können. Auch habe der Kläger das Wettbewerbsverbot freiwillig übernommen, was nach herrschender Rechtsprechung eine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 EStG ausschließe.
Hiergegen richtet sich die Revision mit folgender Begründung:
Der Bruder habe entsprechend dem Zusatzvertrag die Übertragung des Anteils jederzeit erzwingen können. Die Übertragung sei lediglich aus politischen Gründen auf Anraten des beurkundenden Notars unterblieben. Der Anteil an der Kapitalerhöhung kurz nach Gründung der GmbH sei ebenso wie die Einlage bei der Gesellschaftsgründung mit Ausnahme eines Betrages von 1 852,70 DM durch Übertragung von Wirtschaftsgütern aus dem gemeinsamen Betrieb in der DDR geleistet worden. Der Verzicht des Bruders auf seinen Anspruch auf Übertragung der Hälfte der GmbH-Anteile im Vertrag vom 4. September des Streitjahrs habe als nicht erklärt gelten sollen, falls die Übertragung der Gesellschaftsrechte nicht zustande kommen sollte. Daraus ergebe sich, daß der Verzicht erst mit der Übertragung dieser Rechte wirksam geworden sei. Selbst wenn aber eine andere Auffassung vertreten werde, so stelle die dem Bruder erteilte Zusage auf Übertragung der Hälfte des Veräußerungserlöses ein Entgelt für den Erwerb seiner Anwartschaft auf die Hälfte des GmbH-Anteils dar. Die Anschaffungskosten des GmbH-Anteils müßten demnach um die Hälfte des Veräußerungserlöses erhöht werden.
Da dem Bruder ein erzwingbares Recht auf Übertragung der Hälfte des GmbH-Anteils zugestanden habe, handele es sich bei diesem Recht um eine Anwartschaft i. S. des § 17 EStG.
Die Wettbewerbsklausel sei ihm, dem Kläger, infolge der Streitigkeiten mit dem Mitgesellschafter X aufgezwungen worden. Er habe die Klausel nicht freiwillig übernommen.
Der Kläger beantragt, die Entscheidung des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
1. Soweit der Kläger die Einkommensteuerfreiheit des durch die Veräußerung seines GmbH-Anteils erzielten Gewinns geltend macht, hat seine Revision keinen Erfolg.
Gemäß § 17 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft wesentlich beteiligt war und die innerhalb eines Veranlagungszeitraums veräußerten Anteile 1 v. H. des Kapitals der Gesellschaft übersteigen. Eine wesentliche Beteiligung ist gegeben, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mehr als einem Viertel unmittelbar oder mittelbar beteiligt war. Diese Voraussetzungen der Besteuerung des Veräußerungsgewinns liegen vor. Insbesondere war der Kläger während der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung zu mehr als 25 v. H. am Gesellschaftskapital beteiligt. Diese wesentliche Beteiligung war zum mindesten in dem Zeitpunkt vorhanden, als der Bruder auf die Übertragung der Hälfte des Anteils des Klägers verzichtete. Denn von diesem Zeitpunkt an verfügte der Kläger uneingeschränkt über einen Anteil am Gesellschaftskapital von 50 v. H., so daß es nicht darauf ankommt, ob dem Bruder bis zu seinem Verzicht ein Anteil am Gesellschaftskapital oder eine Anwartschaft zustand. Daß die wesentliche Beteiligung nur kurze Zeit bestand, ist ohne Bedeutung (vgl. Entscheidung des BFH vom 10. Dezember 1969 I R 43/67, BFHE 98, 30, BStBl II 1970, 310). Der Einwand des Klägers, der Verzicht sei auflösend bedingt gewesen und erst in demjenigen Zeitpunkt wirksam geworden, in dem die Bedingung wegfiel, nämlich im Zeitpunkt der Übertragung des Anteils, beruht auf einem Rechtsirrtum. Die auflösende Bedingung schob die Wirksamkeit des Verzichts nicht bis zum Wegfall der Bedingung hinaus. Vielmehr war der auflösend bedingte Verzicht von seiner Vereinbarung ab rechtswirksam (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 24. Aufl., Einführung vor § 158 Anm. 3). Dem Grunde nach hat also das FA den Kläger gemäß § 17 EStG zu Recht mit dem Gewinn aus der Veräußerung des Gesellschaftsanteils zur Einkommensteuer herangezogen.
2. Dagegen vertritt der Kläger zutreffend die Auffassung, daß die dem Kläger als Gegenleistung für dessen Verzicht auf den Anspruch auf Übertragung der Hälfte des dem Kläger zustehenden GmbH-Anteils zugesagte Beteiligung am Kaufpreis die Höhe des Gewinns beeinflußt. Aufgrund der dem Bruder gegebenen Zusage auf Übertragung der Hälfte des Gesellschaftsanteils war der Kläger zumindest dem Bruder gegenüber gehindert, den Gesellschaftsanteil zu übertragen, soweit dieser mit der dem Bruder gegenüber bestehenden Verpflichtung belastet war. Nur eine Einigung mit dem Bruder konnte dieses Hindernis beseitigen. Diese Einigung kam zwar zustande. Der Kläger mußte sich aber verpflichten, den Bruder nunmehr am Veräußerungserlös zu beteiligen. Durch diese Verpflichtung erlangte der Kläger allerdings nicht den mit dem Recht des Bruders auf Übertragung belasteten Teil seines Gesellschaftsanteils, weil er ihm bereits zustand. Die Übernahme der Verpflichtung und die aufgrund der Verpflichtung geleistete Zahlung diente also nicht dem Erwerb des Anteils. Andererseits aber war es dem Kläger nicht möglich, seinen Anteil zu veräußern, ohne die Verpflichtung zu übernehmen, den Bruder als Ausgleich für dessen Verzicht zur Hälfte an dem Erlös zu beteiligen. Denn nach der unwiderlegten Behauptung des Klägers hatte der Erwerber des Anteils den Verzicht des Bruders zur Voraussetzung des Anteilserwerbs gemacht. Die vom Kläger dem Bruder gegenüber übernommene Verpflichtung auf Übertragung des halben Kaufpreises war also durch die Veräußerung des Anteils des Klägers an der GmbH bedingt und stand mit ihr folglich in einem unmittelbaren engen Zusammenhang. Dementsprechend kommen die durch die Verpflichtung veranlaßten Zahlungen grundsätzlich als Veräußerungskosten in Betracht, die den Veräußerungsgewinn mindern (vgl. hierzu Herrmann-Heuer, a. a. O., 17. Aufl., Anm. 24 zu § 17 EStG). Dazu ist jedoch notwendig, daß das Recht, auf das der Bruder verzichtet hat, in dem Gesellschaftsverhältnis des Klägers begründet war. Wäre der Anspruch des Bruders auf Übertragung des halben Gesellschaftsanteils des Klägers aus familiären oder persönlichen Gründen entstanden, etwa, weil der Bruder dem Kläger zu persönlichen Zwecken ein Darlehen gewährt hatte, so käme die Übernahme der Verpflichtung, dem Bruder die Hälfte des Veräußerungserlöses zu übertragen, als Veräußerungsaufwendung nicht in Betracht. Denn dann höben sich der Verzicht des Bruders auf sein aus persönlichen Gründen des Klägers begründetes Recht und die Verpflichtung des Klägers, den Bruder an der Hälfte des Veräußerungserlöses zu beteiligen, gegenseitig auf, ohne daß die Höhe des Erlöses des Klägers aus der Anteilsveräußerung beeinflußt würde. Das Recht des Bruders des Klägers beruhte jedoch auf der Begründung des Gesellschaftsanteils des Klägers, die nur möglich war, weil der Bruder die Hälfte der zur Übernahme des Gesellschaftsanteils notwendigen Einlage beisteuerte, wie dies auch bei der ersten Kapitalerhöhung aus Mitteln der Gesellschafter geschah, und der Bruder wirtschaftlich so gestellt werden sollte, als stehe ihm die Hälfte des dem Kläger gehörenden Anteils zu. Die Belastung des Anteils des Klägers durch die Verpflichtung auf Übertragung der Hälfte gegenüber dem Bruder hing also mit der Entstehung des Gesellschaftsanteils und der ersten Kapitalerhöhung eng zusammen. Sie bedingten sich gegenseitig. Dieser Umstand wirkt sich bei der Übertragung des infolge des Verzichts des Bruders unbelasteten Anteils des Klägers dadurch aus, daß die für den Verzicht übernommene Verpflichtung des Klägers und die damit verbundene Leistung die Höhe des Veräußerungsgewinns beeinflußt. Wenn diese Aufwendungen auch nach Ansicht des Senats nicht den Kosten der Anschaffung des Anteils des Klägers zuzurechnen sind, so handelt es sich bei ihnen doch um Kosten der Veräußerung des Anteils, weil der Kläger ohne die Übernahme der Verpflichtung und die daraus folgende Leistung den Anteil nicht hätten übertragen können. Der vom FA ermittelte Gewinn aus der Anteilsübertragung ist demnach um die Hälfte des Veräußerungserlöses zu mindern.
3. Soweit der Kläger die Vergünstigung des § 34 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG für das Entgelt begehrt, das er für den Konkurrenzverzicht erhalten hat, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung im anhängigen Verfahren nicht möglich.
a) Der Senat folgt nicht der Auffassung des FG, die Vergünstigung sei zu versagen, weil das fragliche Entgelt vereinbart wurde.
Der BFH hat stets zum Ausdruck gebracht, daß eine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 EStG dann nicht vorliege, wenn der zur Entschädigung führende Sachverhalt einen normalen und üblichen Geschäftsvorfall darstellt und nicht unmittelbar auf einem vom Willen des Steuerpflichtigen abhängigen Ereignis beruht (so BFH-Entscheidung vom 2. Dezember 1965 IV 55/64 S, BFHE 84, 250, BStBl III 1966, 91). Einen Unterschied zwischen den Entschädigungen nach § 24 Nr. 1 Buchst. a und denen nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG hat der BFH nicht gemacht. So hat er die Entschädigung für die Wettbewerbsabrede nach § 90 a HGB im Urteil vom 29. Oktober 1969 IV 175/65 (BFHE 98, 25, BStBl II 1970, 315) nicht als nach § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG tarifbegünstigt anerkannt, weil die Entschädigung auf einer vom Steuerpflichtigen getroffenen Abrede beruhte, also nicht auf einem von seinem Willen unbeeinflußten Ereignis. Demgegenüber hat jedoch der VI. Senat des BFH in seiner Entscheidung vom 2. April 1976 VI R 67/74 (BFHE 119, 141, BStBl II 1976, 490) ausgeführt, daß nur die Entschädigung des § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG nicht vom Willen des Steuerpflichtigen abhängig sein könne, wogegen die Vorschrift des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG nach ihrem Sinn und Zweck erfordere, daß die Tätigkeit gerade mit Wollen oder mit Zustimmung des Betroffenen aufgegeben werde. Der erkennende Senat stimmt mit dieser Auslegung des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG überein. Sie trifft auch auf den vorliegenden Fall zu, in dem der Steuerpflichtige zwar keine Entschädigung für die Aufgabe seiner Tätigkeit erhielt, wohl aber für die Verpflichtung zur Konkurrenzenthaltung. Gerade in den in § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG ausdrücklich geregelten Fällen der Entschädigung für die Nichtausübung einer TÄtigkeit wird erkennbar, daß der VI. Senat des BFH § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG zutreffend auslegt. Denn die Nichtausübung einer Tätigkeit beruht in der Mehrzahl der Fälle auf einer Vereinbarung.
Der IV. Senat des BFH hat auf Anfrage mitgeteilt, daß er dieser Auffassung zustimmt.
b) Mit der Rechtsprechung des BFH stimmt die vom FG vertretene Ansicht überein, daß das Entgelt für einen Konkurrenzverzicht nur dann als eine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 Buchst. b EStG mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG versteuert werden kann, wenn es dazu bestimmt ist, den Verlust zu erwartender Einnahmen auszugleichen. Der Senat teilt jedoch nicht die Auffassung des FG, daß eine Entschädigung nur dann vorliegt, wenn sich der Verlust im Zeitpunkt der Vereinbarung oder der Zahlung des Entgelts bereits konkret abzeichnet. Es genügt vielmehr, daß er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist. Hierzu hat das FG - aus seiner Sicht zutreffend - keine Erhebungen angestellt. Die Sache wird deshalb an das FG zurückverwiesen, damit es diese Erhebungen nachholt. Das FG wird insbesondere zu prüfen haben, ob es hinreichend wahrscheinlich war, daß der Kläger seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Erzielung von Einnahmen in einer der im Einkommensteuergesetz bezeichneten Einkunftsarten ausgenutzt hätte, wenn er durch das Wettbewerbsverbot nicht daran gehindert worden wäre.
Fundstellen
Haufe-Index 72186 |
BStBl II 1977, 198 |
BFHE 1977, 471 |