Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Wenn mehrere Grundstücke unter den Miteigentümern flächenmäßig aufgeteilt werden, ist die Frage, in welchem Umfang Grunderwerbsteuer nicht erhoben wird, für jedes Grundstück gesondert zu prüfen.
Normenkette
GrEStG § 7 Abs. 1
Tatbestand
Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 2. Februar 1954 erwarben zu Alleineigentum:
der Beschwerdegegner (Bg.) Emil X das Grundstück Bd. 13 Bl. 472 sowie Teile der Grundstücke Bd. 13 Bl. 473 und Bd. 41 Bl. 1266, insgesamt 25 ha 82 a 14 qm;
der Bg. Moritz X Teile der Grundstücke Bd. 13 Bl. 473 und Bd. 41 Bl. 1266 (15 ha 50 a 8 qm) sowie die Grundstücke Bd. 13 Bl. 470 (4 ha 90 a 34 qm) und Bd. 13 Bl. 471 (4 ha 90 a 14 qm), insgesamt 25 ha 30 a 58 qm.
Die Bg. sind Brüder. Die Grundstücke waren bereits Eigentum der verstorbenen Eltern der Bg., gehörten zu einem Bauernhof und wurden auch von den Bg. nach dem Tode der Eltern gemeinsam bewirtschaftet. Bei Abschluß des Vertrages vom 2. Februar 1954 waren als Eigentümer im Grundbuch eingetragen:
bezüglich der Grundstücke Bd. 13 Bl. 472, Bd. 13 Bl. 473 und Bd. 41 Bl. 1266 die Bg. zu gleichen Teilen;
bezüglich des Grundstücks Bd. 13 Bl. 471 die verstorbene Karola X, eine Schwester der Bg. Diese hatte das Grundstück testamentarisch den Bg. vermacht. Eine Umschreibung im Grundbuch war noch nicht durchgeführt;
bezüglich des Grundstücks Bd. 13 Bl. 470 die am 15. April 1876 geborene Antoniette X, eine weitere Schwester der Bg. Jeder der Bg. verpflichtete sich, ihr eine lebenslängliche Rente von jährlich 20 Doppelzentnern Weizen zu gewähren und bewilligte die Eintragung der Rente auf den ihm zugefallenen Grundstücken.
Streitig ist insbesondere, in welchem Umfang die Steuervergünstigung des § 7 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) anwendbar ist.
Das Finanzamt hat lediglich die Grundstücke Bd. 13 Bl. 472, Bd. 13 Bl. 473 und Bd. 41 Bl. 1266 als eine wirtschaftliche Einheit angesehen und die Steuervergünstigung des § 7 Abs. 1 GrEStG nur insoweit bejaht.
Demgegenüber hat das Finanzgericht die - nachstehend als Grundstück I bezeichneten - 4 Grundstücke Bd. 13 Bl. 471, Bd. 13 Bl. 472, Bd. 13 Bl. 473 und Bd. 41 Bl. 1266 als eine wirtschaftliche Einheit erachtet; es hat insoweit eine Besteuerung nicht als erforderlich angesehen. Soweit das Grundstück Bd. 13 Bl. 470 (nachstehend Grundstück II genannt) in Betracht kommt, hat das Finanzgericht den Kapitalwert der von beiden Bg. als Gegenleistung zu gewährenden Weizenrenten auf insgesamt 8.000 DM geschätzt und jeden Bg. in Höhe von 280 DM (1/2 von 560 DM) zur Steuer herangezogen.
Mit der Rechtsbeschwerde macht das Finanzamt folgendes geltend:
Soweit das Grundstück I in Betracht kommt, sei auch unter Berücksichtigung des § 7 Abs. 1 GrEStG eine Grunderwerbsteuer zu erheben. Es handle sich um eine Gesamtfläche von 46 ha 22 a 38 qm. Hätten die Bg. die Aufteilung unter Zugrundelegung der Grundstücksfläche gleichmäßig vorgenommen, so wären auf jeden Bg. flächenmäßig 23 ha 11 a 19 qm entfallen. Der Bg. Emil X habe aber 25 ha 82 a 14 qm und damit flächenmäßig 2 ha 70 a 95 qm mehr erhalten, als ihm bei gleichmäßiger Aufteilung unter Zugrundelegung der Flächengröße zustehen würde. Allerdings sei dafür, ob das, was der einzelne Erwerber erhalten habe, dem Bruchteil entspreche, zu dem er am gesamten zu verteilenden Grundstück beteiligt sei, nicht die Grundstücksfläche, sondern der Wert der jedem der Miteigentümer zufallenden Teilgrundstücke maßgebend. Aber auch unter Berücksichtigung der Wertverhältnisse habe der Miteigentümer Emil X, soweit das Grundstück I in Betracht komme, mehr als die Hälfte erhalten.
Soweit es sich um das Grundstück II handle, sei Veräußerer die Schwester Antoniette X; Erwerber sei der Bg. Moritz X. Es sei kein Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums durch die beiden Bg., sondern lediglich ein bürgerlich-rechtlicher Eigentumserwerb durch den Bg. Moritz X. gegeben. Es sei deshalb nicht möglich, jeden der Bg. auf Zahlung der halben Grunderwerbsteuer in Anspruch zu nehmen. Steuerpflichtig sei vielmehr der Bg. Moritz X. in Höhe der vollen auf das Grundstück II entfallenden Steuer.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
I. - Soweit das Grundstück I in Betracht kommt, ist ein Grundstückstausch gegeben. Die Tauschleistung des Bg. Emil X besteht in dem Verzicht auf das Miteigentum an dem Teil des Grundstücks I, den der Bruder Moritz X erhalten hat, sowie in der Bewilligung der Weizenrente zugunsten der Schwester Antoniette X. Die Tauschleistung des Bg. Moritz X besteht in dem Verzicht auf das Miteigentum an dem Teil des Grundstücks I, das der Bruder Emil X erhalten hat. Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 1 Abs. 4 GrEStG sind beim Grundstückstausch sowohl die Vereinbarung über die Leistung des einen als auch die Vereinbarung über die Leistung des anderen Vertragsteils der Steuer unterworfen. Wäre diese Vorschrift anwendbar, so müßte sowohl der Grundstückserwerb durch den Bg. Emil X als auch der Grundstückserwerb durch den Bg. Moritz X uneingeschränkt zur Steuer herangezogen werden. Demgegenüber enthält § 7 GrEStG eine Sonderregelung. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift ist der Austausch von Grundstücksbruchteilen zur flächenweisen Aufteilung eines Grundstücks abweichend von der allgemeinen Vorschrift des § 1 Abs. 4 als einheitlicher Erwerbsvorgang zu behandeln. Für diesen Rechtsvorgang wird die Steuer nicht erhoben, soweit die mehreren Miteigentümer, die zu Bruchteilen an einem gemeinschaftlichen Grundstück beteiligt sind, das Grundstück ihren Bruchteilen entsprechend aufteilen. Die Steuer ist also nur insoweit zu entrichten, als ein Miteigentümer bei der Teilung wertmäßig einen größeren Teil des Grundstücks erhält, als ihm auf Grund seiner Beteiligung als Miteigentümer dem Wert nach zusteht. Vgl. auch die Begründung zu § 7 GrEStG 1940 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1940 S. 387, 400). Die Frage, in welchem Umfang die Steuer nicht erhoben wird, ist, wenn mehrere Grundstücke unter den Miteigentümer flächenweise aufgeteilt werden, für jedes Grundstück gesondert zu prüfen.
Darüber, was als Grundstück im Sinne des § 7 GrEStG anzusehen ist, sind die allgemeinen Vorschriften im § 2 GrEStG maßgebend. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift sind unter Grundstücken im Sinne des GrEStG regelmäßig Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen. Bezieht sich ein Rechtsvorgang jedoch auf mehrere Grundstücke, die zu einer wirtschaftlichen Einheit gehören, so werden diese Grundstücke nach § 2 Abs. 3 Satz 1 GrEStG als ein Grundstück behandelt. Siehe auch das Urteil des Reichsfinanzhofs II 186/41 vom 26. August 1943 (RStBl 1944 S. 636) und das Urteil des Bundesfinanzhofs II 7/51 S vom 3. April 1951 (Slg. Bd. 55 S. 259, Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 III S. 99).
Das Finanzgericht hat festgestellt, daß die Grundstücke Bd. 13 Bl. 472 und 473 sowie Bd. 41 Bl. 1266 zusammen mit dem Grundstück Bd. 13 Bl. 471 eine wirtschaftliche Einheit darstellen (hier, um es zu wiederholen, als Grundstück I bezeichnet). Dieser Auffassung, gegen die auch das Finanzamt Bedenken nicht mehr äußert, wird zugestimmt. Allerdings waren die Bg. bürgerlich-rechtlich noch nicht die Eigentümer des Grundstücks Bd. 13 Bl. 471. Das ist aber, um eine wirtschaftliche Einheit bejahen zu können, auch nicht erforderlich. Es genügt, daß das Grundstück, was im Streitfall unstreitig zutrifft, den Bg. wirtschaftlich zuzurechnen ist (Urteil des Reichsfinanzhofs I A 225/25 vom 9. Februar 1926, Slg. Bd. 18 S. 263). Demgemäß ist entscheidend, ob der Bg. Emil X bei der Teilung des Grundstücks I wertmäßig einen größeren Teil erhalten hat, als ihm auf Grund seiner Beteiligung als Miteigentümer zusteht. Dagegen kann es bei Ermittlung des Umfangs der Steuervergünstigung nach § 7 Abs. 1 GrEStG nicht darauf ankommen, welche sonstigen Werte an den anderen Miteigentümer - d. h. hier den Bg. Moritz X -, sei es durch den Bg. Emil X, sei es durch Dritte, hingegeben sind. Unzutreffend ist demnach die Auffassung des Finanzgerichts, daß bei Beantwortung der Frage, inwieweit die Steuervergünstigung des § 7 Abs. 1 GrEStG reicht, auch das dem Bg. Moritz X übereignete Grundstück II berücksichtigt werden müsse. Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß jeder der Brüder im Ergebnis wertmäßig die Hälfte der insgesamt aufgeteilten Grundstücke erhalten hat. Soweit aber die Aufteilung des Grundstücks I in Betracht kommt, ist der Teil der wirtschaftlichen Einheit, den der Bg. Emil X erhalten hat, offensichtlich wertvoller als der Teil, der auf den Bg. Moritz X entfallen ist, zumal dem Bg. Moritz X, damit er dem Bg. Emil X wertmäßig gleichgestellt war, auch das Grundstück Bd. 13 Bl. 470 übertragen wurde. Es ist erforderlich, die Werte festzustellen, die die Teile des Grundstücks I hatten, die einerseits der Bg. Emil X, andererseits der Bg. Moritz X erhalten haben. Wegen des Mehrwerts, den der dem Bg. Emil X zugefallene Grundstücksteil hatte, ist die Steuer zu erheben. Siehe dazu das Urteil des Bundesfinanzhofs II 73/54 U vom 24. November 1954 (Slg. Bd. 60 S. 27, BStBl 1955 III S. 11). Als Werte sind die Teilwerte anzusetzen (ß 12 Satz 1 des Bewertungsgesetzes - BewG -).
Wegen der Berechnung der Gegenleistung wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofs II 73/54 U vom 24. November 1954 (siehe oben) Bezug genommen. Zur Gegenleistung gehört auch die Weizenrente, die der Bg. Emil X an die Schwester Antoniette X zu leisten hat.
Soweit der Teil des Grundstücks I in Betracht kommt, der dem Bg. Emil X zugefallen ist, war somit die Vorentscheidung aufzuheben und der nicht spruchreife Streitfall zur erneuten Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen.
II. - Soweit es sich um das Grundstück II (d. h. um das Grundstück Bd. 13 Bl. 470) handelt, ist das Finanzgericht zutreffend davon ausgegangen, daß die Steuervergünstigung des § 7 GrEStG nicht anwendbar ist; denn insoweit wird kein Grundstück zwischen Miteigentümern gleichmäßig geteilt, sondern es wird ein Grundstück von einer Alleineigentümerin, nämlich von der Schwester Antoniette X, auf den Bg. Moritz X als Alleineigentümer übertragen. Die Steuer ist von der Gegenleistung zu berechnen (ß 10 Abs. 1 GrEStG). Gegenleistung ist einerseits die Weizenrente, die der Bg. Moritz X an die Veräußerin zu leisten hat (ß 11 Abs. 1 Ziff. 1 GrEStG), andererseits die Weizenrente, die der Bg. Emil X an die Veräußerin leisten muß (ß 11 Abs. 3 Ziff. 3 GrEStG); denn die Weizenrente (20 Doppelzentner), die der Bg. Emil X leistet, kann steuerlich nicht anders behandelt werden, als sie behandelt worden wäre, wenn der Bg. Emil X sie als Gegenleistung für seinen Grundstückserwerb an den Bg. Moritz X und dieser seinerseits eine Weizenrente in doppelter Höhe (40 Doppelzentner) als Gegenleistung für seinen eigenen Grundstückserwerb an die Schwester Antoniette X geleistet hätte. Es darf steuerlich keinen Unterschied ausmachen, ob dieser Weg gewählt wird oder ob der Bg. Emil X die Rente unmittelbar an die Schwester Antoniette X entrichtet. Nach § 15 Ziff. 1 GrEStG sind Steuerschuldner lediglich die Veräußerin und der Erwerber. Erwerber des in Betracht kommenden Grundstücks ist aber ausschließlich der Bg. Moritz X. Eine Inanspruchnahme des Bg. Emil X kommt nicht in Betracht.
Die angefochtene Entscheidung war demnach auch insoweit aufzuheben. Der Streitfall ist jedoch spruchreif, da die Steuer der Höhe nach feststeht. Die Steuer war somit, soweit der Grundstückserwerb durch den Bg. Moritz X in Betracht kommt, von 280 DM auf 560 DM zu erhöhen.
III. - Die Steuerbescheide sind vorläufige; deshalb wurde die Steuer, soweit sie den Grundstückserwerb durch den Bg. Moritz X betrifft, ebenfalls vorläufig festgesetzt. Die Entscheidung über die Kosten des gesamten Verfahrens und die Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes wurden dem Finanzgericht übertragen.
Fundstellen
Haufe-Index 408634 |
BStBl III 1957, 69 |
BFHE 1957, 182 |
BFHE 64, 182 |