Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbringung der Einlage für einen Genossenschaftsanteil
Leitsatz (NV)
Es besteht kein Anspruch auf Eigenheimzulage für die Anschaffung eines Genossenschaftsanteils, wenn ein anderes Mitglied der Genossenschaft sein Geschäftsguthaben an das neu in die Genossenschaft aufgenommene Mitglied abtritt, auf diese Weise dessen Einlageverpflichtung in vollem Umfang erbringt und sich im Gegenzug dessen Anspruch auf Eigenheimzulage abtreten lässt.
Normenkette
EigZulG § 17
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) wurde am 1. August 2003 in die Wohnungsbaugenossenschaft A-e.G. aufgenommen und in die Mitgliederliste eingetragen. Zugleich bestätigte die Genossenschaft, dass das von der Klägerin gezeichnete Geschäftsguthaben in Höhe von 5 400 € voll erbracht sei, und zwar durch Übertragung von Geschäftsguthaben aus dem Bestand der Firma B-GmbH. Die B-GmbH gehört seit der Gründung der Genossenschaft zu deren Mitgliedern. Sie hatte mit der Klägerin unter dem 30. Juli 2003 eine Abtretungsvereinbarung geschlossen. Danach wurde der Gegenwert für das übertragene Geschäftsguthaben "wie folgt gestundet": Die Klägerin hatte achtmal einen jährlichen Betrag von 674 €, insgesamt 5 392 € zu zahlen. Die erste Rate war innerhalb von zwei Monaten nach Bestätigung des Vorstandes der Genossenschaft über den Beitritt fällig. Die sieben Folgeraten waren jeweils ab dem 15. März 2004 zum 15. März eines Jahres fällig. "Zur Zahlung dieser Raten" trat die Klägerin ihre Ansprüche auf Eigenheimzulage einschließlich Kinderzulage für die Beteiligung an der Genossenschaft an die B-GmbH ab. Für die Stundung des übertragenen Geschäftsguthabens wurde außerdem ein einmaliges pauschales Entgelt von 1 392 € vereinbart, das --ebenso wie der Restbetrag in Höhe von 8 € aus der Stundung des Geschäftsguthabens-- zum 30. März 2010 fällig sein sollte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) setzte für die Anschaffung des Genossenschaftsanteils von 5 400 € zunächst antragsgemäß Eigenheimzulage und zweimal Kinderzulage (jährlich insgesamt 674 €) für die Jahre 2003 bis 2010 fest, hob die Festsetzung jedoch im August 2004 gemäß § 11 Abs. 5, § 17 Satz 8 des Eigenheimzulagengesetzes in der für das Jahr 2003 geltenden Fassung (EigZulG) mit Wirkung ab dem Jahr 2004 auf, da der Klägerin mangels eigener Anschaffungskosten keine Eigenheimzulage zustehe. Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieben erfolglos (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2005, 1838).
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung des § 17 EigZulG sowie die Verletzung rechtlichen Gehörs. Der Anspruch auf Eigenheimzulage entstehe mit dem Jahr der Anschaffung der Genossenschaftsanteile (§ 17 Satz 7 EigZulG). Eine einschränkende Auslegung, wie sie das FG vorgenommen habe, lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Es komme ausschließlich darauf an, dass der Berechtigte zivilrechtlich wirksam Inhaber der Genossenschaftsanteile geworden sei. Wer im Verhältnis zur Genossenschaft die Einlage i.S. von § 17 Satz 3 EigZulG geleistet hat, werde vom Gesetz nicht festgelegt. Das vom FG aufgestellte Erfordernis einer "eigenen Leistung" lasse sich dem Gesetz gerade nicht entnehmen. Es liege auch keine Umgehung des § 22 Abs. 4 Satz 2 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) vor. Denn es entstehe wirtschaftlich nicht derselbe Effekt wie bei einer Kreditierung durch die Genossenschaft. Das FG habe seine Auffassung, dass letztlich kein Unterschied zwischen einem Kredit der Genossenschaft und dem Kredit der B-GmbH bestehe, auf eine angebliche enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Genossenschaft und der B-GmbH gestützt. Einziger tatsächlicher Anhaltspunkt hierfür sei das Telefongespräch des Berichterstatters des FG am Sitzungstag, über das weder die Klägerin noch ihr Bevollmächtigter in Kenntnis gesetzt worden seien; sie hätten keine Gelegenheit gehabt, dazu Stellung zu nehmen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung, den Aufhebungsbescheid des FA vom 12. August 2004 sowie den Einspruchsbescheid vom 9. September 2004 aufzuheben, hilfsweise das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet. Sie ist nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen. Das FG hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin keine Eigenheimzulage zusteht.
1. Nach § 17 EigZulG kann der Anspruchsberechtigte unter bestimmten, hier nicht strittigen Voraussetzungen Eigenheimzulage (einen Fördergrundbetrag von jährlich 3 v.H. sowie Kinderzulage von 256 €) für die Anschaffung von Geschäftsanteilen einer eingetragenen Genossenschaft (Genossenschaftsanteile) in Anspruch nehmen. Bemessungsgrundlage für die festzusetzende Eigenheimzulage ist die geleistete Einlage (§ 17 Satz 3 EigZulG).
a) Unter einer "geleisteten" Einlage ist nach dem Wortlaut, dem Zweck und der Systematik der Vorschrift eine Geld(ein)zahlung zu verstehen, so dass die Einlage i.S. des § 17 EigZulG nicht durch Abtretung des Anspruchs auf Eigenheimzulage erbracht werden kann. (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 29. November 2005 IX R 68/04, BFH/NV 2006, 1065, m.w.N.).
b) Die Einlage für einen Genossenschaftsanteil ist auch dann nicht i.S. von § 17 Satz 3 EigZulG "geleistet", wenn ein anderes Mitglied der Genossenschaft (im Streitfall die B-GmbH), das seine Einlage in bar eingezahlt hat, einen Teil seines Geschäftsguthabens an das neu in die Genossenschaft aufgenommene Mitglied abtritt, auf diese Weise dessen Einlageverpflichtung in vollem Umfang erbringt und sich im Gegenzug dessen Anspruch auf Eigenheimzulage abtreten lässt.
aa) Es kann offen bleiben, ob die Erbringung der Einlage aufgrund einer solchen Gestaltung schon bürgerlich-rechtlich gemäß § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuches nichtig ist, weil sie gegen die Vorschrift des § 22 Abs. 4 Satz 2 GenG verstößt, nach der die Genossenschaft den Mitgliedern keinen Kredit zum Zweck der Leistung von Einzahlungen auf den Geschäftsanteil gewähren darf. Der Zweck der genannten Vorschrift besteht darin, die Genossenschaft daran zu hindern, mit einer Kreditgewährung zur Erfüllung der Einzahlungspflicht das Eigenkapital, das der Sicherung der Geschäfte der Genossenschaft dienen soll, vorschussweise aus ihren eigenen Mitteln aufzubringen (BTDrucks 7/97, S. 21; Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 2. Dezember 1982 III ZR 90/81, Neue Juristische Wochenschrift 1983, 1420). Ein Kredit in diesem Sinne liegt auch vor, wenn die Einlageverpflichtung "gestundet" wird. Die Bezeichnung des Vereinbarten ist insoweit nicht maßgeblich, sondern sein wirtschaftlicher Gehalt. Dem Schutzzweck des § 22 Abs. 4 Satz 2 GenG würde es entsprechen, auch Gestaltungen der vorliegenden Art als Kreditgewährung in diesem Sinne anzusehen; denn das Eigenkapital der Genossenschaft wird durch die Einlage eines neuen Mitglieds tatsächlich nicht verstärkt, wenn diese Einlage wirtschaftlich von einem anderen Mitglied durch Abtretung getragen wird mit der Folge, dass sich dessen Geschäftsguthaben entsprechend verringert.
bb) Jedenfalls ist die Einlage für den von der Klägerin gezeichneten Geschäftsanteil deshalb nicht i.S. von § 17 Satz 3 EigZulG "geleistet", weil andernfalls der Zweck dieser Vorschrift verfehlt würde. Durch die Einbeziehung des Erwerbs von Anteilen an eigentumsorientierten Wohnungsbaugenossenschaften in die Förderung nach dem Eigenheimzulagengesetz sollte unter anderem die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaften durch Mobilisierung zusätzlichen privaten Kapitals verbessert werden, um so die Voraussetzungen für ein verstärktes Engagement im Wohnungsneubau zu schaffen (BTDrucks 13/2784, S. 40; BFH-Urteil in BFH/NV 2006, 1065). Durch die teilweise Abtretung des Geschäftsguthabens der B-GmbH an die Klägerin und die gegenläufige Abtretung des Anspruchs auf Eigenheimzulage der Klägerin an die B-GmbH ist aber weder zusätzliches privates Kapital mobilisiert, noch die Eigenkapitalausstattung der Genossenschaft gestärkt worden. Vielmehr hat lediglich eine Umschichtung im Eigenkapital der Genossenschaft stattgefunden: Das bereits eingezahlte Geschäftsguthaben der B-GmbH hat sich in Höhe des von der Klägerin gezeichneten Geschäftsanteils verringert. Selbst die spätere planmäßige Auszahlung der Eigenheimzulage hätte nicht das Vermögen der Genossenschaft vermehrt, sondern das Vermögen der B-GmbH.
Insoweit ist der Streitfall nicht mit dem Fall zu vergleichen, dass der Erwerber eines Genossenschaftsanteils für die Anschaffung einen Fremdkredit, etwa bei seiner Bank, aufnimmt und zur Rückführung dieses Kredits seinen Anspruch auf Eigenheimzulage an die Bank abtritt. In einem solchen Fall würde die Einlageverpflichtung durch Zahlung der Darlehensvaluta an die Genossenschaft tatsächlich erfüllt und das Vermögen der Genossenschaft erhöht, die Einlage wäre mithin i.S. des § 17 Satz 3 EigZulG "geleistet". Für den von der Klägerin gezeichneten Geschäftsanteil gilt dies hingegen nicht.
2. Da die Revision der Klägerin mithin schon aufgrund des gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) festgestellten und zwischen den Beteiligten unstreitigen Sachverhalts als unbegründet zurückzuweisen ist, kommt es auf die Frage, ob zwischen der Genossenschaft und der B-GmbH eine enge wirtschaftliche Verflechtung bestand, nicht an. Die insoweit erhobene Verfahrensrüge der Klägerin, sie habe sich zum Inhalt des vom Berichterstatter des FG am Sitzungstag geführten Telefongesprächs nicht äußern können, ist mithin nicht entscheidungserheblich.
Fundstellen
Haufe-Index 1692607 |
BFH/NV 2007, 655 |
HFR 2007, 642 |