Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein wirtschaftliches Eigentum des Vorbehaltsnießbrauchers
Leitsatz (NV)
- Haben die Eltern und Vorbehaltsnießbraucher bei der Übertragung des nießbrauchsbelasteten Grundstücks auf den Sohn diesem im Innenverhältnis die unbeschränkte Verfügung über das Grundstück insoweit eingeräumt, als die Verfügung der Gründung oder Fortentwicklung einer selbständigen beruflichen Existenz dient, reichen die ansonsten vereinbarten Verfügungsbeschränkungen nicht aus, wirtschaftliches Eigentum der Eltern anzunehmen.
- Gegen wirtschaftliches Eigentum der Eltern spricht auch, dass dasjenige an Befugnissen eines Eigentümers, was dem Sohn im Innenverhältnis zu den Eltern am Erwerb der vollen Eigentumsrechte fehlt, nicht bei den Eltern verblieben und insoweit lediglich ein Zustand gegenseitiger Blockade geschaffen worden ist.
Normenkette
AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 1
Verfahrensgang
FG Düsseldorf (EFG 1999, 536) |
Tatbestand
I. Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 2. August 1995 übertrugen die Eltern des Klägers und Revisionsklägers (Kläger), die Beigeladenen, diesem u.a. die im Grundbuch eingetragene Eigentumswohnung in X. Die Eltern behielten sich ein lebenslängliches Nießbrauchsrecht vor und übernahmen dabei die Verpflichtung, die Kosten außerordentlicher Ausbesserungen und Erneuerungen zu tragen. Zur Finanzierung der dabei anfallenden Kosten durften sie das Wohnungseigentum belasten. Der Kläger sollte über das Wohnungseigentum uneingeschränkt verfügen können, soweit er es zur Gründung bzw. Fortentwicklung einer selbständigen beruflichen Existenz benötigt. Sollte er dabei das Wohnungseigentum zur Kreditsicherung einsetzen und es in diesem Zusammenhang zu einer Zwangsversteigerung kommen, sollte der Nießbrauch unabhängig von seinem Rang mit dem Zuschlag erlöschen. Stattdessen sollten die Eltern eine Rente erhalten, wenn das Deckungskapital aus dem Versteigerungserlös aufgebracht werden kann. Im Übrigen unterwarf sich der Kläger den Verfügungsbeschränkungen, wie sie gemäß den §§ 2113 bis 2115 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) für den nicht befreiten Vorerben gelten. Darüber hinaus wurde mit dem damals noch unverheirateten Kläger unter Bezugnahme auf § 527 Abs. 1 BGB ein Rückforderungsrecht der Eltern bei Eintritt einer Reihe von "auflösenden Bedingungen" vereinbart, und zwar für die Fälle des Todes oder einer Scheidung des Klägers, der Klage einer künftigen Ehefrau auf vorzeitigen Zugewinnausgleich und der Vereinbarung einer Gütergemeinschaft. Bezüglich dieses Rückforderungsrechts hieß es sodann, die Eltern bzw. der überlebende Elternteil behielten sich vor, das Wohnungseigentum zurückzufordern, wenn der Kläger die Wohnung ohne Zustimmung der Eltern veräußert oder belastet, wenn abgesehen von der oben erwähnten Ausnahme Zwangsvollstreckungsmaßnahmen bezogen auf das Wohnungseigentum eingeleitet werden, wenn die genannten "auflösenden Bedingungen" eintreten oder wenn beim Tod des Klägers zu Lebzeiten der Eltern das Wohnungseigentum anderen Personen als seinen leiblichen Abkömmlingen zufiele.
Zur Sicherung des Rückforderungsrechts sollte im Rang nach dem Nießbrauch eine "Rückauflassungsvormerkung" eingetragen werden. Außerdem erteilte der Kläger den Eltern eine unwiderrufliche "Rückauflassungsvollmacht". Die Verfügungsbeschränkungen und Rückforderungsrechte sollten nicht gelten, wenn die Eigentumswohnung einer selbständigen beruflichen Existenz dient.
Anschließend schlossen die Eltern in derselben notariellen Urkunde einen Erbvertrag, wonach sie ihre Rückforderungsrechte den etwaigen Abkömmlingen des Klägers, ersatzweise dessem Bruder und nochmals ersatzweise dessen Abkömmlingen vermachten. Die Ersatzvermächtnisnehmer wurden für den Fall, dass ihnen die Eigentumswohnung zufällt, den gleichen "Auflagen" wie der Kläger unterworfen. Sollte ein Abkömmling des Klägers in den Genuss dieses Vermächtnisses kommen und danach ohne eigene Abkömmlinge versterben, sollte das Rückforderungsrecht im Wege des Nachvermächtnisses auf den Bruder bzw. dessen Abkömmlinge übergehen. Die daraus sich ergebenden Auflassungsansprüche sollten ebenfalls durch Vormerkung gesichert werden.
Mit Zurechnungsbescheid auf den 1. Januar 1996 vom 5. Juni 1996 rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) die Eigentumswohnung dem Kläger zu. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger die Ansicht vertrat, die Eigentumswohnung sei nach wie vor den Eltern zuzurechnen, weil diese wirtschaftliche Eigentümer seien, blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) entschied nach Beiladung der Eltern mit dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1999, 536 veröffentlichten Urteil, die Voraussetzungen wirtschaftlichen Eigentums der Eltern gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) lägen nicht vor. Das Wohnungseigentum sei vielmehr gemäß Abs. 1 der Vorschrift dem Kläger zuzurechnen. Die 1930 und 1936 geborenen Eltern könnten den Kläger nicht während der gesamten restlichen Nutzungsdauer der Wohnung, die frühestens 2035 ende, von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen. Die mittlere Lebenserwartung des jüngeren Elternteils reiche dagegen nur bis ins Jahr 2018. Soweit der Übertragungsvertrag Rückforderungsrechte über den Tod der Eltern hinaus ―etwa zugunsten der von diesen bestimmten Vermächtnisnehmern― vorsehe, kämen diese Rechte auflösenden Bedingungen gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) für den Erwerb der Wohnung gleich. Sie könnten daher so lange nicht berücksichtigt werden, solange sie noch nicht entstanden seien.
Mit der Revision rügt der Kläger fehlerhafte Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977. Das FG habe zum einen die Regelung, wonach der Kläger den Verfügungsbeschränkungen eines nicht befreiten Vorerben unterliege, und zum anderen den Erbvertrag der Eltern außer Acht gelassen. Durch diese Regelungen sei der Kläger nicht nur von den Nutzungsrechten, sondern auch von den Verfügungsrechten ausgeschlossen. Wegen der durch Vermächtnis, Ersatzvermächtnis und Nachvermächtnis lückenlos geregelten Vererbbarkeit der vereinbarten Rückforderungsrechte gelte dies nicht nur während des Bestehens des Nießbrauchsrechts, sondern auf Dauer. Die Entstehung der Rückforderungsrechte hänge nicht allein vom Verhalten des Klägers ab, wie die Beispiele einer von der Ehefrau veranlassten Ehescheidung oder des Todes des Klägers zeigten. Die Entstehung der Rückforderungsrechte könne auch nicht einer auflösenden Bedingung gleichgestellt werden. Die Rückforderungsrechte hingen vielmehr mit dem zurückbehaltenen Nießbrauchsrecht zusammen. Die Tatsache, dass der Kläger die Eigentumswohnung nach dem Ableben der Eltern noch 17 Jahre nutzen könne, sei zum Stichtag 1. Januar 1996 noch nicht zu berücksichtigen.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung sowie die Zurechnungsfortschreibung auf den 1. Januar 1996 vom 5. Juni 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. November 1996 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Nach seiner Ansicht hinderten die Beschränkungen, denen ein Vorerbe unterliege, die Zurechnung eines Grundstücks auf den Vorerben nicht.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―). Die Eigentumswohnung ist dem Kläger zuzurechnen. Die Eltern sind keine wirtschaftlichen Eigentümer i.S. des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977.
1. Als Ausnahme von dem Grundsatz, dass Wirtschaftsgüter dem Eigentümer zuzurechnen sind, bestimmt § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977, dass dies dann nicht gilt, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall (so Urteil des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 12. September 1991 III R 233/90, BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182, 184).
a) Regelmäßig reichen weder Nießbrauchsrechte (vgl. BFH-Urteil vom 24. Juli 1991 II R 81/88, BFHE 165, 290, BStBl II 1991, 909), noch die Verfügungsbeschränkungen, denen der Vorerbe gemäß den §§ 2113 bis 2115 BGB unterliegt, oder Scheidungsklauseln (vgl. BFH-Urteil vom 4. Februar 1998 XI R 35/97, BFHE 185, 121, BStBl II 1998, 542) aus, rechtliches und wirtschaftliches Eigentum zu trennen und dem rechtlichen Eigentümer die Zurechnung des Wirtschaftsguts zu versagen. Daran ändert sich auch nichts, wenn es sich bei dem Nießbrauch an einem Grundstück um einen Vorbehaltsnießbrauch handelt und der Nießbraucher berechtigt ist, das Grundstück mit Grundpfandrechten für Verbindlichkeiten zu belasten, die mit Aufwendungen auf das Grundstück zusammenhängen. Für unbeachtlich ist es auch gehalten worden, dass der Grundstückseigentümer seinerseits das Grundstück nicht belasten durfte, solange ihm nur die Befugnis zur Veräußerung des Grundstücks uneingeschränkt verblieb (BFH in BFHE 165, 290, BStBl II 1991, 909).
b) Andererseits soll nach dem Urteil des BFH vom 28. Juli 1983 IV R 219/80 (nicht veröffentlicht ―n.v.―) der Vorbehaltsnießbraucher wirtschaftlicher Eigentümer sein, wenn der rechtliche Eigentümer zur Veräußerung des Wirtschaftsguts die Zustimmung des Nießbrauchers benötigt und Letzterer die unentgeltliche Rückübertragung des Wirtschaftsguts verlangen kann, falls der rechtliche Eigentümer vorverstirbt. Allerdings ist der IV. Senat mit Urteil vom 26. November 1998 IV R 39/98 (BFHE 187, 390, BStBl II 1999, 263, 265) davon wieder abgerückt. Nach dem diese Entscheidung tragenden Rechtssatz führen schuldrechtliche Veräußerungsverbote für sich genommen nicht dazu, dass das betroffene Wirtschaftsgut nicht dem rechtlichen Eigentümer zuzurechnen ist. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn dem Eigentümer zugleich wegen der Bestellung eines Nießbrauchs die Nutzung verwehrt ist. Unerheblich soll sein, dass der Nießbraucher den Eigentümer nur für seine Lebenszeit von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann (so BFH-Urteil in BFHE 187, 390, BStBl II 1999, 263; a.A. Brockmeyer in Klein, Abgabenordnung, 7. Aufl. 2000, § 39 Anm. 12).
2. Im Streitfall schließen die Eltern den Kläger nicht für die Dauer ihres Nießbrauchsrechts wirtschaftlich von der Einwirkung auf die Eigentumswohnung aus. Dies folgt jedoch entgegen der Ansicht des FG nicht schon daraus, dass ihre Lebenserwartung hinter der restlichen gewöhnlichen Nutzungsdauer der im Sondereigentum stehenden Räumlichkeiten zurückbleibt. Schlösse bereits dieser Umstand wirtschaftliches Eigentum der Eltern aus, wäre die in der Rechtsprechung und Literatur erörterte Frage, unter welchen Voraussetzungen der (Vorbehalts-)Nießbraucher wirtschaftlicher Eigentümer eines nießbrauchsbelasteten Grundstücks ist (so auch in der Entscheidung des BFH in BFHE 165, 290, BStBl II 1991, 909), regelmäßig von vornherein gegenstandslos. Vielmehr reichen die Einwirkungsmöglichkeiten der Eltern auf die Eigentumswohnung für die Annahme wirtschaftlichen Eigentums nicht aus. Dabei kann auf sich beruhen, ob § 4 des Übertragungsvertrages vom 2. August 1995 trotz der Vielzahl innerer Unabgestimmtheiten und unklarer Bezugnahmen überhaupt einer Subsumtion unter § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977 zugänglich ist; die Annahme wirtschaftlichen Eigentums der Eltern scheitert schon daran, dass auf den Kläger ein gewichtiger Teilbereich der dem Eigentümer normalerweise zustehenden Rechte übergegangen ist, und die Rechtsbereiche, die dem Kläger über das Nutzungsrecht hinaus vorenthalten worden sind, nicht bei den Eltern verblieben sind, sondern lediglich eine Lage geschaffen worden ist, nach der diese Rechte weder von den Eltern noch vom Kläger ausgeübt werden können.
a) Zu den wesentlichen Rechten eines Grundstückseigentümers gehören die Befugnisse, das Grundstück zu nutzen und über es zu verfügen. Die Nutzung der Eigentumswohnung in Ausübung seiner dinglichen Rechtsstellung ist dem Kläger für die Dauer des vorbehaltenen Nießbrauchs entzogen. Dies führt jedoch nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung nicht zur Abspaltung eines wirtschaftlichen Eigentums zugunsten der Vorbehaltsnießbraucher (so BFH-Urteil in BFHE 165, 290, BStBl II 1991, 909, m.w.N.). Der zweite wesentliche Teilbereich der Eigentumsrechte, nämlich die Befugnis, über den Gegenstand des Eigentums zu verfügen, ist dagegen zu einem bedeutenden Teil auf den Kläger übergegangen.
aa) Gemäß § 4 Nr. 1 des Übertragungsvertrages kann der Kläger auch im Innenverhältnis zu seinen Eltern unbeschränkt über die Eigentumswohnung verfügen, soweit er sie zur Gründung bzw. Fortentwicklung einer selbständigen beruflichen Existenz benötigt. Unter dem Verfügen über die Wohnung ist dabei nicht nur eine Belastung mit Grundpfandrechten zu verstehen, sondern auch das Recht zu einer Übertragung des Eigentums. Dass sich die Vertragspartner dieser umfassenden Bedeutung des Begriffs der Verfügung bewusst waren, zeigt der Umstand, dass sie den Einsatz der Wohnung zur Kreditsicherung nur als eine ―wenn auch gewichtige― Möglichkeit der Verfügung ausdrücklich genannt haben.
bb) Diese auch im Innenverhältnis zu den Eltern gegebene ―allerdings zweckbezogene, im Übrigen aber unbeschränkte― Verfügungsbefugnis des Klägers wird durch § 4 Nr. 5 des Übertragungsvertrages und das dort geregelte Erfordernis einer Zustimmung der Eltern zu allen Verfügungen des Klägers über die Wohnung nicht außer Kraft gesetzt. Denn der gesamte Katalog von Sachverhalten, die nach § 4 Nr. 5 des Vertrages zu einem Rückforderungsrecht für die Eltern führen sollen, ist nach dem Einleitungssatz der Nr. 5 mit den dieser Nummer vorausgehenden "Auflagen" des § 4 Nr. 2 des Vertrages verknüpft worden. Welche Vorstellungen auch immer dieser Verknüpfung zugrunde lagen, berühren diese "Auflagen" jedenfalls die unbeschränkte Verfügungsbefugnis zum Zweck der "beruflichen Existenz" nicht, wie sich aus der Formulierung "im Übrigen" in § 4 Nr. 1 Satz 3 des Vertrages ergibt. Dieser Befund wird durch § 4 Nr. 4 des Vertrages noch einmal ausdrücklich bestätigt.
cc) Diese dem Kläger auch im Innenverhältnis zu den Eltern eingeräumte unbeschränkte Verfügungsbefugnis über die Wohnung zur Gründung und Fortentwicklung einer selbständigen beruflichen Existenz erlaubt ihm auch einen Verkauf der Wohnung, um die Mittel in seinem Betrieb bzw. seiner Praxis einzusetzen. Dabei ist er nicht auf die Gründungsphase seiner Betätigung beschränkt; die zweite Alternative, nämlich die Fortentwicklung der beruflichen Existenz, deckt die gesamte Dauer der Betätigung ab. Berücksichtigt man dazu ferner, dass der Finanzbedarf eines Betriebes oder einer Praxis u.a. davon abhängt, in welchem Ausmaß Mittel für den allgemeinen Lebensbedarf oder besondere Einzelmaßnahmen des Inhabers entnommen werden (vgl. dazu Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193), zeigt sich das erhebliche Gewicht, welches dem Bereich der zustimmungsfreien Verfügungen des Klägers zukommt. Dem Kläger ist es nämlich grundsätzlich möglich, den betrieblichen bzw. beruflichen Finanzbedarf zu steuern und damit den Bereich seiner unbeschränkten Verfügungsbefugnis über die Wohnung selbst zu beeinflussen und auszudehnen.
b) Demgegenüber haben die Eltern, solange sich der Kläger vertragstreu verhält, keinerlei Möglichkeit, auf die Substanz der Eigentumswohnung zuzugreifen. Den nach § 4 des Übertragungsvertrages im Innenverhältnis zu den Eltern bestehenden Verfügungsbeschränkungen des Klägers stehen ―dessen Vertragstreue vorausgesetzt― keine bei den Eltern als ehemaligen Eigentümern verbliebenen Einwirkungsmöglichkeiten auf die Wohnung gegenüber. Dasjenige an Befugnissen eines Eigentümers, was dem Kläger im Innenverhältnis zu den Eltern am Erwerb der vollen Eigentumsrechte fehlt, ist nicht etwa bei den Eltern verblieben und kann daher von diesen auch nicht im wirtschaftlichen Ergebnis für sie selbst fruchtbar gemacht werden. Insoweit besteht vielmehr lediglich ein Zustand gegenseitiger Blockade. Der Kläger kann die Eltern daran hindern, über ihre Stellung als Nießbraucher hinaus auf die Sache einzuwirken, indem er sich vertragstreu verhält. Die Eltern können den Kläger daran hindern, über die Wohnung zu anderen als den oben wiedergegebenen betrieblichen oder beruflichen Zwecken zu verfügen, indem sie die Zustimmung zu derartigen Verfügungen verweigern.
c) Diese wechselseitige Blockade spricht in Verbindung mit der Tatsache, dass die Zurechnung eines Wirtschaftsguts auf den rechtlichen Eigentümer gemäß § 39 Abs. 1 AO 1977 die Regel und die Abspaltung wirtschaftlichen Eigentums i.S. des Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Vorschrift die Ausnahme darstellt, schon für sich allein für die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Zurechnungsfortschreibung. Vollends zwingend wird die Zurechnung auf den Kläger dadurch, dass ihm für einen ―wie dargelegt― erheblichen Teilbereich auch im Innenverhältnis zu den Eltern das Recht zur freien Verfügung über die Wohnung zusteht. Das übrige Regelwerk des Übertragungsvertrages enthält zugunsten der Eltern keine Befugnisse, die das begrenzte Recht des Klägers zur freien Verfügung über die Wohnung unter dem Gesichtspunkt des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO 1977 überkompensieren könnten.
Fundstellen
Haufe-Index 679293 |
BFH/NV 2002, 469 |
HFR 2002, 682 |
AO-StB 2002, 111 |