Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung der Kommanditisten bei Streit über die Verrechnung eines Sanierungsgewinns mit negativen Kapitalkonten

 

Leitsatz (NV)

Ist streitig, ob die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns i.S. von § 3 Nr. 66 EStG seiner Verrechnung mit den negativen Kapitalkonten der Kommanditisten entgegensteht, sind die Kommanditisten nach § 60 Abs. 3 FGO zum Verfahren beizuladen.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 66; FGO § 60 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG

 

Tatbestand

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Die persönlich haftende GmbH ist am Gewinn und Verlust nicht beteiligt; diesen teilen sich die beiden Kommanditisten mit je 50 v.H.

Im Streitjahr 1984 erzielte die Klägerin infolge eines - mit dem Ziel der Sanierung des Unternehmens geschlossenen - außergerichtlichen Vergleichs einen außerordentlichen Gewinn. Seine Höhe ist unstreitig. Die Beteiligten sind sich auch darüber einig, daß der Gewinn als Sanierungsgewinn i.S. von § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei ist. Streitig ist nur, ob die Steuerfreiheit des Gewinns seiner Verrechnung mit den negativen Kapitalkonten der Kommanditisten entgegensteht.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) vertrat in dem angefochtenen Feststellungsbescheid 1984 die Ansicht, daß ein durch Schuldenerlaß bedingter steuerfreier Buchgewinn dem Kapitalkonto des persönlich haftenden Gesellschafters, nicht aber den negativen Kapitalkonten der Kommanditisten gutzubringen sei. Der Einspruch blieb erfolglos.

Dagegen erhob die Klägerin Klage mit dem Antrag, den festgestellten Gewinn mit bestimmten Beträgen auf die GmbH und die Kommaditisten zu verteilen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der - vom FG zugelassenen - Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

Sie führt bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ausschließlich die Verteilung des nach Grund und Höhe unstreitigen Gewinns der Klägerin unter die Gesellschafter. Zutreffend hat das FG deshalb die Frage, ob und in welcher Höhe im Streitjahr ein steuerfreier Sanierungsgewinn entstanden ist, nicht geprüft (zur Zulässigkeit der Beschränkung des Streitgegenstandes bei Feststellungsbescheiden auf die Gewinnverteilung vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Februar 1988 VIII R 352/82, BFHE 152, 414, BStBl II 1988, 544 und Beschluß vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327 unter C II. 3. der Gründe).

2. Die Klägerin ist zwar auch bei einem Streit über die Gewinnverteilung nach § 48 Abs. 1 Nr. 3 FGO befugt, Klage gegen den Feststellungsbescheid zu erheben; denn sie ist Verfahrensbeteiligte auch dann, wenn sie vom Umfang des Verfahrens unmittelbar nicht betroffen ist (BFH-Beschluß vom 31. Januar 1992 VIII B 33/90, BFHE 167, 5, BStBl II 1992, 559). Betroffen sind aber die Gesellschafter. Sie sind deshalb nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO auch selbst klagebefugt. Das FG hätte sie deshalb zum Verfahren beiladen müssen (§ 60 Abs. 3 FGO).

3. Ist eine notwendige Beiladung unterblieben, muß das Revisionsgericht die Vorentscheidung aufheben und die Sache an das FG zurückverweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 60, Anm. 73 m.w.N.).

 

Fundstellen

Haufe-Index 419647

BFH/NV 1994, 630

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