Entscheidungsstichwort (Thema)
Abfindungszahlungen an Flugbegleiterinnen (Stewardessen)
Leitsatz (NV)
Zum Begriff der Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 b EStG.
Normenkette
EStG 1979 § 24 Nr. 1b
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Ehefrau des Klägers und Revisionsbeklagten (Kläger), die mit diesem zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, gab im Jahre 1980 ihre Tätigkeit als Flugbegleiterin bei einer Fluggesellschaft auf. Für die vorzeitige, freiwillige Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhielt sie im Streitjahr nach einer tarifvertraglichen Bestimmung eine Abfindung. Die Bestimmung des Tarifvertrages lautet auszugsweise:
,,(1) Mit Vollendung des 32. Lebensjahres wird dem Flugbegleiter folgendes Optionsrecht angeboten:
Beendet der Flugbegleiter sein fliegerisches Arbeitsverhältnis und scheidet er aus dem Konzern aus, erhält er eine einmalige Abfindungszahlung in Höhe von zweieinhalb (2,5) Grundgehältern für jedes bis zum Ausscheiden aus dem fliegerischen Arbeitsverhältnis als Flugbegleiter vollendete Dienstjahr.
(2) Berechnungsgrundlage für die Abfindungszahlung ist das letzte Grundgehalt des fliegerischen Arbeitsverhältnisses.
(3) Die Rechte nach Abs. 1 können im Laufe des Kalenderjahres geltend gemacht werden, in dem das maßgebliche Lebensalter vollendet wird .. .
(4) Sofern nach Geltendmachung des Optionsrechts dauernde Fluguntauglichkeit festgestellt wird, gilt die dauernde Fluguntauglichkeit als Beendigungsgrund für das fliegerische Beschäftigungsverhältnis. In diesem Fall entfällt der Anspruch auf die Abfindungszahlung aufgrund der Option."
Der Kläger beantragte im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für 1980, die Abfindungszahlung einem ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) lehnte dies ab.
Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus, es folge der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH),wonach die Vorschrift des § 24 Nr. 1 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) - im Gegensatz Nr. 1 a der Vorschrift - voraussetze, daß die Tätigkeit gerade mit Wollen oder mit Zustimmung des Betroffenen aufgegeben werde. Auch der Hinweis des FA, die Abfindung sei in Erfüllung arbeitsvertraglicher Vereinbarungen gezahlt worden, führe zu keinem anderen Ergebnis. Das Gesetz nehme eine Differenzierung zwischen tarifvertraglich festgelegten Abfindungen und solchen, die erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses festgelegt würden, nicht vor. Für eine solche Differenzierung sei ein sachlicher Grund auch nicht ersichtlich . . .
Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 34 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 b EStG. Es macht geltend, nach der Rechtsprechung des BFH müsse eine Entschädigung i.S. des § 24 Nr. 1 EStG unmittelbar durch den Verlust von Einnahmen bedingt sein und dieser müsse ohne oder gegen den Willen des Steuerpflichtigen eingetreten sein. Das sei hier nicht der Fall, da der Ehefrau der Klägers die Bestimmung des Tarifvertrages bereits bei Abschluß des Arbeitsvertrages bekannt gewesen sei. Die Bestimmung sei auch Bestandteil des Arbeitsvertrages geworden. Da sie bei Vollendung ihres 32. Lebensjahres die Zahlung der Abfindung gewählt habe, sei hierfür keine neue Rechtsgrundlage entstanden, wie der Begriff der Entschädigung dies voraussetze . . .
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, daß es sich bei der Abfindungszahlung an die Ehefrau des Klägers um eine Entschädigung für die Aufgabe einer Tätigkeit i.S. von § 24 Nr. 1 b (§ 34 Abs. 2 Nr. 2) EStG handelt, die dem gemäß § 34 Abs. 1 EStG ermäßigten Steuersatz zu unterwerfen ist.
Wie der Senat in dem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom heutigen Tage VI R 28/84 entschieden hat, stellen Abfindungszahlungen aufgrund der Ausübung des hier vertraglich eingeräumten Optionsrechts Entschädigungen i.S. des § 24 Nr. 1 b EStG dar, da die Abfindung für die Aufgabe der Tätigkeit bei der Fluggesellschaft gezahlt wird. Der Fall unterscheidet sich damit ebenso von Sachverhaltsgestaltungen, in denen Zahlungen anläßlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vertraglich vorgesehen sind, wie von Fällen, in denen eine Zahlung für in der Vergangenheit geleistete Dienste erfolgt. § 24 Nr. 1 b EStG setzt - im Gegensatz zu Nr. 1 a der Vorschrift - auch nicht voraus, daß die Aufgabe der Tätigkeit auf tatsächlichem, rechtlichem oder wirtschaftlichem Druck des Arbeitgebers beruht. Unschädlich ist ferner, daß die Möglichkeit einer entsprechenden Option bereits im Arbeitsvertrag enthalten ist; denn weder kann die Abfindungszahlung aus dem Arbeitsvertrag selbst beansprucht werden, noch ist die Aufgabe der Tätigkeit Gegenstand des Arbeitsvertrages. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird insoweit Bezug genommen auf das Urteil VI R 28/84, das in BFHE 147, 370 veröffentlicht ist.
Nicht zu beanstanden ist schließlich, daß das FG eine Zusammenballung von Einkünften, wie sie § 34 Abs. 1 EStG voraussetzt, angenommen hat, da die Abfindungszahlung der Ehefrau des Klägers insgesamt im Streitjahr zugeflossen ist.
Fundstellen
Haufe-Index 414694 |
BFH/NV 1987, 30 |