Leitsatz (amtlich)

Die Wertfortschreibung des Einheitswerts eines forstwirtschaftlichen Betriebs auf den 1. Januar 1957 wegen Aufrückens der Holzbestände in höhere Altersklassen war zulässig und verstößt auch nicht gegen das Grundgesetz.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 45; BewDV a.F. §§ 1 Abs. 2 und 3a

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 14.12.1978; Aktenzeichen 1 BvR 46/75)

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Inhaber eines Forstbetriebes in einer Größe von 153,27 ha. Der Einheitswert dieses Betriebes war zuletzt durch Zurechnungs- und Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1951 auf 91 900 DM festgestellt worden. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) führte auf den 1. Januar 1957 durch den Bescheid vom 23. Januar 1961 eine Wertfortschreibung durch und stellte den Einheitswert auf diesen Stichtag auf 197 200 DM fest. Unter Zugrundelegung dieses Einheitswerts führte das FA durch Bescheid vom 25. Mai 1971 aufgrund des Gesetzes zur Anpassung der Einheitswerte an die Reinertragsentwicklung in der Forstwirtschaft, im Obstbau und im Hopfenbau vom 22. Juli 1970 (BGBl I 1970, 1118, BStBl I 1970, 911) eine weitere Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1971 durch und stellte den Einheitswert auf diesen Stichtag auf 84 200 DM fest. Die Einsprüche, mit denen der Kläger die Aufhebung des zum 1. Januar 1957 festgestellten Einheitswerts und die Herabsetzung des zum 1. Januar 1971 festgestellten Einheitswerts auf 43 900 DM begehrte, hatten keinen Erfolg. Das FG gab dagegen der Klage statt.

Das FG führte im wesentlichen aus: Die Frage, ob das natürliche Holzwachstum als Fortschreibungsgrund zu gelten habe, könne dahingestellt bleiben. Auch die Frage, ob der durch § 1 Abs. 2 und § 3a der Durchführungsverordnung zum BewG geschaffene Rechtszustand auch noch auf den Stichtag vom 1. Januar 1957 als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen werden könne, könne offenbleiben. Das Gericht betrachte als für den Streitfall entscheidend die Tatsache, daß das Finanzministerium durch einen Erlaß vom 22. Dezember 1965 S 3142 A - 1/65 mit der Begründung, daß die Einheitswerte auf den 1. Januar 1964 für die forstwirtschaftliche Nutzung erheblich niedriger als die Einheitswerte auf den 1. Januar 1935 sein würden, einen allgemeinen Stopp der Fortschreibung forstwirtschaftlicher Einheitswerte wegen Holzzuwachses angeordnet und - wie der Erlaß vom 10. November 1970 S 3700 - 1/70 erweise - auch weiterhin an dieser Anordnung festgehalten habe. Der Senat werte diesen Erlaß als eine allgemeine Verwaltungsanordnung im Sinne des § 131 Abs. 2 AO. An diese Anordnung sei die Verwaltung nach dem dem Rechtsstaatsprinzip anhaftenden Rechtsschutzgedanken selbst gebunden. Sie sei gehalten, den Erlaß kraft seiner unbestritten effektiven Beachtung in der Verwaltungspraxis auch im Streitfall anzuwenden. Das verlange zur Wahrung des Gleichheitssatzes die dadurch bewirkte Selbstbindung der Verwaltung. Da bei einer Anwendung im Streitfall nur eine Entscheidung möglich sei, sei die angefochtene Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1957 aufzuheben gewesen. Der Wegfall des Wertfortschreibungsbescheids auf den 1. Januar 1957 habe zur Folge, daß auch dem Antrag, den Anpassungsbescheid auf den 1. Januar 1971 zu ändern, stattzugeben gewesen sei.

Das FA beantragt mit der Revision (sinngemäß), das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Es wird Verletzung des bestehenden Rechts gerügt, die Revision wird im wesentlichen wie folgt begründet: Die auf den 1. Januar 1957 durchgeführte Wertfortschreibung wegen Aufrückens von Holzbeständen in höhere Altersklassen sei nach der Rechtsprechung des BFH gerechtfertigt. Diese Rechtsprechung sei durch das BVerfG bestätigt worden. Der dem BVerfG vorliegende Fall habe zwar den Stichtag vom 1. Januar 1948 betroffen. Die vom BVerfG aufgestellten Grundsätze könnten aber auch auf Fortschreibungen zu späteren Stichtagen angewandt werden. Das BVerfG habe hervorgehoben, daß der BFH seine richterlichen Befugnisse nicht überschritten habe, als er den natürlichen Holzzuwachs als Fortschreibungsgrund anerkannt habe. Das sei eine Frage des einfachen Rechts. Das FG habe zwar die Frage, ob das natürliche Holzwachstum als Fortschreibungsgrund zu gelten habe, ausgeklammert. Nach Auffassung des FA sei aber bei der Beurteilung der Rechtslage auch dieser Gesichtspunkt zu würdigen. Da das BVerfG insoweit der Rechtsprechung des BFH nicht widersprochen habe, könne davon ausgegangen werden, daß diese Entscheidung für die gesamte Dauer des Hauptfeststellungszeitraums Gültigkeit habe. In diesem Zusammenhang sei es notwendig, auf das Verfahren zur Bewertung des forstwirtschaftlichen Vermögens einzugehen. Es sei in der Forstwirtschaft schon seit mehr als 100 Jahren üblich, die Waldbestände zu zwanzigjährigen Altersklassen zusammenzufassen. Die einzelnen Altersklassen einer nachhaltigen Betriebsklasse seien in unterschiedlichem Maße an dem durchschnittlichen Ertrag eines Nachhaltsbetriebs beteiligt. Das finde seinen Niederschlag im Bewertungsverfahren darin, daß ausgehend vom Durchschnittsreinertrag der normalen Betriebsklasse der Wert der einzelnen Altersklassen mit verschiedenen Hundertsätzen dieses Durchschnittsreinertrags bewertet würden. Sei das Altersgefüge nicht ausgeglichen, so könnten sich daraus erhebliche Wertänderungen ergeben. Der BFH habe in seinem grundlegenden Urteil vom 13. Dezember 1957 III 42/54 S (BFHE 66, 148, BStBl III 1958, 60) klargestellt, daß Änderungen am Waldbestand wie Bestandsänderungen im Sinne von § 3a BewDV zu behandeln seien. Bei gestörtem Altersgefüge könnten sich erhebliche Bestandsveränderungen ergeben. Je länger ein Hauptfeststellungszeitraum währe, desto schwerwiegender könnte sich die Bestandsveränderung auswirken. Die Annahme des FG, daß das Älterwerden des Waldbestandes bei allen Forstbetrieben zu einer Werterhöhung führe, treffe jedoch nicht zu. Im vorliegenden Fall sei zwar auf den 1. Januar 1951 eine Wertfortschreibung durchgeführt worden. Der dabei zugrunde gelegte forstliche Tatbestand habe jedoch seinerzeit nicht durch einen Forstsachverständigen der Finanzverwaltung geprüft werden können. Der Kläger habe sowohl in den Jahren zuvor als auch danach in ganz erheblichem Umfang Nutzungen aus seinem Wald gezogen. Trotzdem habe die Ermittlung des Waldzustandes für die Fortschreibung zum 1. Januar 1957 zu einem erheblich höheren Ertragswert geführt, obwohl hierbei der Waldzustand zugrunde gelegt worden sei, der nach dem sehr schweren Schneebruchschaden des Winters 1958/59 ermittelt worden sei. Daraus ergebe sich, daß der auf den 1. Januar 1951 zugrunde gelegte Waldzustand nicht zutreffend gewesen sein könne. Im BewG 1965 seien die von der forstwirtschaftlichen Abteilung des Bundesbewertungsbeirats vorgeschlagenen Reinerträge um 50 v. H. gekürzt worden. Diese Maßnahme, die darauf zurückzuführen sei, daß im Juli 1965 bereits eine rückläufige Entwicklung der forstwirtschaftlichen Reinerträge eingetreten sei, habe die Finanzministerien veranlaßt, Wertfortschreibungen nach altem Recht auf bedeutsame Fälle zu beschränken. In diesem Zusammenhang habe das Finanzministerium in seinem Erlaß vom 20. Oktober 1969 S 3141 B - 1/69 entschieden, daß der vom FG erwähnte Erlaß vom 22. Oktober 1965 auf den vorliegenden Fall nicht anzuwenden sei. Im übrigen ergebe sich aus dem Wortlaut dieses Erlasses, daß "ab sofort", d. h. ab dem Zeitpunkt des Erlasses, Fortschreibungen der Einheitswerte forstwirtschaftlicher Betriebe wegen Holzzuwachses bis auf weiteres zurückzustellen und nur noch durchzuführen seien, wenn es der Steuerpflichtige beantrage. Im vorliegenden Fall sei die Wertfortschreibung vor Ergehen dieses Erlasses durchgeführt worden und werde deshalb durch diesen Erlaß nicht berührt. Außerdem sei dem Wortlaut des Erlasses zu entnehmen, daß das Finanzministerium die Durchführung derartiger Fortschreibungen nicht generell habe unterbinden wollen. Das ergebe sich daraus, daß das Finanzministerium um Bericht gebeten habe, wenn ein FA eine Fortschreibung für unbedingt erforderlich halte, um die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu wahren. Das FA halte auch eine Verquickung der Fortschreibungen nach altem Recht mit der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1964 nicht für zulässig.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Er ist der Meinung, daß Wertfortschreibungen nach altem Recht auf den 1. Januar 1957 auch nach der Rechtsprechung des BFH und des BVerfG nicht mehr hätten durchgeführt werden dürfen. Es könne nur ein Bewertungsverfahren Rechtens sein, das vom natürlichen Wachstum der Bäume ausgehe. Die mit diesem natürlichen Wachstum der Bäume verbundene Änderung in der Zurechnung zu einer Altersklasse sei naturbedingt und habe keinen unmittelbaren Zusammenhang mit der Frage der auch für das forstwirtschaftliche Vermögen geltenden Ertragsbewertung. Denn als Ertragswert gelte das Vielfache des bei gemeinüblicher Bewirtschaftung nachhaltig erzielbaren Ertrages. Daraus ergebe sich, daß das Bewertungsverfahren ungesetzlich wäre, wenn es das natürliche Wachstum der Bäume nicht in Rechnung stellen und auch nicht als natürliche Folge voraussetzen würde. Nach § 45 BewG in der vor dem Bewertungsgesetz 1965 geltenden Fassung (im folgenden: BewG) sei zwar ein modifiziertes Ertragswertverfahren vorgeschrieben. Es weiche von dem klassischen Ertragswertverfahren darin ab, daß es nicht die Umstände des zu bewertenden Betriebes, sondern eines entsprechenden Normalbetriebes mit regelmäßigen Altersklassenverhältnissen berücksichtige. Diese Regelung sei gerade deshalb getroffen worden, weil dem Grundsatz der Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen gewesen sei. Die amtliche Begründung zum Reichsbewertungsgesetz 1934 bringe deutlich zum Ausdruck, daß auch im Bewertungszeitpunkt nicht beziehbare Erträge Gegenstand der Bewertung sein sollten. Daraus folge zwangsläufig, daß dem Zuwachs, der ja ein Vorgang der Zukunft sei, Rechnung getragen worden sei, ja, daß der Zuwachs die Grundlage der Ertragswertberechnung schlechthin sei. Wegen der Unregelmäßigkeit der Zusammensetzung aller in der Praxis vorkommenden Betriebe sei es eine zwangsläufige Folge des Zuwachses, daß sich das Altersklassenverhältnis dauernd verschiebe, und zwar gerade bei einer normalen Bewirtschaftung. Das sei ein kontinuierlicher, voraussehbarer Vorgang bei allen Forstbetrieben. Er könne deshalb nicht durch Fortschreibungen berücksichtigt werden. Im übrigen sei eine Fortschreibung, die wie hier in ganz wenigen Einzelfällen durchgeführt worden sei, nicht mehr Rechtens. Dem habe auch das Finanzministerium durch den Erlaß vom 18. Oktober 1960 S 3141 A - 186 Rechnung getragen, indem es die FÄ angewiesen habe, von allgemeinen Ermittlungen wegen der Höhe des Holzzuwachses abzusehen. Gleiches ergebe sich aus dem vom FG erwähnten Erlaß vom 22. Dezember 1965. Das FG habe diese Erlasse mit Recht als Milderungsmaßnahme im Sinne des § 131 AO angesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Das FG hat der Klage allein mit der Begründung stattgegeben, daß der Erlaß des Finanzministeriums vom 22. Dezember 1965 S 3142 A - 1/65 als eine allgemeine Verwaltungsanordnung im Sinne des § 131 Abs. 2 AO nach dem dem Rechtsstaatsprinzip anhaftenden Rechtsschutzgedanken die Verwaltung selbst binde und diese deshalb gehalten sei, diesen Erlaß auch auf den Streitfall anzuwenden. Der Senat schließt sich dieser Auffassung nicht an. Nach ständiger Rechtsprechung der Ertragsteuersenate des BFH sind die Landesfinanzbehörden nicht befugt, Billigkeitsmaßnahmen nach § 131 AO für die Gewerbesteuer zu treffen (BFH-Urteile vom 24. Oktober 1972 VIII R 32/67, BFHE 108, 39, BStBl II 1973, 233; vom 6. Mai 1971 IV R 59/69, BFHE 102, 493, BStBl II 1971, 664, und die dort genannten Entscheidungen). Das gilt nach dem BFH-Urteil vom 5. März 1964 IV 133/63 S (BFHE 79, 218, BStBl III 1964, 311) auch bei Billigkeitsregelungen für eine Gruppe von Fällen durch eine Ministerialentschließung, die auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben bindend sein können. Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung auch für die Grundsteuer an. Es bestehen schon aus diesem Grunde erhebliche Bedenken gegen die Auffassung des FG. Das FA weist zudem mit Recht darauf hin, daß der angefochtene Wertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1957 bereits am 19. Januar 1961 ergangen ist; also zu einer Zeit, als der Erlaß vom 22. Dezember 1965 noch gar nicht vorlag. In diesem Erlaß heißt es jedoch ausdrücklich, daß Fortschreibungen der Einheitswerte forstwirtschaftlicher Betriebe "ab sofort" bis auf weiteres zurückzustellen und nur noch durchzuführen seien, wenn der Steuerpflichtige es beantrage. Schon aus diesem Wortlaut geht eindeutig hervor, daß der Erlaß nicht auf Fortschreibungen angewandt werden kann, die vor seinem Ergehen bereits durchgeführt wurden, und zwar auch dann nicht, wenn diese Fortschreibungen wegen eines vom Steuerpflichtigen eingelegten Rechtsmittels im Zeitpunkt des Ergehens des Erlasses noch nicht unanfechtbar geworden waren. Hinzu kommt, daß nach dem letzten Satz des Erlasses die FÄ um Bericht an das Finanzministerium gebeten wurden, wenn sie eine Fortschreibung für unbedingt erforderlich hielten. Daraus geht hervor, daß auch das Finanzministerium davon ausging, daß in besonders gelagerten Fällen "zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung" auch weiterhin Fortschreibungen vorgenommen werden sollten. Das Finanzministerium wollte sich offenbar die Entscheidung darüber selbst vorbehalten. Im Streitfall hat nun aber das Finanzministerium auf Eingaben des Klägers durch einen Erlaß vom 12. Juni 1962 dem Kläger mitgeteilt, daß es die Wertfortschreibung zum 1. Januar 1957 für gerechtfertigt halte, aber nicht in das anhängige Rechtsmittelverfahren eingreifen könne. Die gleiche Auffassung hat das Finanzministerium auf eine weitere Eingabe des Klägers in einem an den Kläger gerichteten Erlaß vom 20. Oktober 1969 mit ausführlicher Begründung erneut vertreten. Es hat in einem Begleiterlaß der OFD aufgegeben, das FA anzuweisen, über die Einsprüche zu entscheiden, wenn sie nicht zurückgenommen würden. Selbst wenn man also davon ausgehen würde, daß der Erlaß vom 22. Dezember 1965 grundsätzlich auch auf den Streitfall anzuwenden wäre, wäre durch den Einzelerlaß des Finanzministeriums vom 20. Oktober 1969 klargestellt, daß das Finanzministerium einer Durchführung der Wertfortschreibung zum 1. Januar 1957 und des damit verbundenen Rechtsmittelverfahrens ausdrücklich zugestimmt hat, weil es ihn in Übereinstimmung mit dem FA und der OFD für unbedingt erforderlich hielt. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war die Vorentscheidung aufzuheben.

Die Sache ist spruchreif. Das FG hat die beiden Fragen, ob der natürliche Holzzuwachs ein Wertfortschreibungsgrund sein kann und ob eine solche Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1957 noch als verfassungsrechtlich zulässig angesehen werden kann, ausdrücklich offengelassen. Es hat aber in seiner Begründung zu erkennen gegeben, daß es gegen die Bejahung dieser beiden Fragen erhebliche Bedenken hat. Auch der Kläger hat in seiner Revisionserwiderung Einwendungen in diesen beiden Punkten erhoben. Der Senat hält diese Bedenken und Einwendungen nicht für gerechtfertigt.

2. Die Frage, ob das Aufrücken der Holzbestände in höhere Altersklassen infolge des natürlichen Wachstums der Bäume ein Fortschreibungsgrund ist, hat der Senat in dem Urteil III 42/54 S bejaht. Er hat in diesem Urteil zu der auch im Streitfall wieder erhobenen Einwendung Stellung genommen, daß der wachstumsbedingte Wertzugang Voraussetzung der Ertragsbewertung sei, und daß die durch Gesetz vorgeschriebene und in der Praxis durchgeführte Altersklasseneinteilung den Ausschluß der Wertfortschreibung wegen Aufrückens der Baumbestände in eine neue Altersklasse bedeute. Der Senat hat unter Darlegung des in § 45 Abs. 3 BewG angeordneten Bewertungsverfahrens für forstwirtschaftliche Betriebe ausgeführt, daß beim Wertansatz der Altersklassen eines bestimmten Betriebes nach den Wertanteilen der einzelnen Altersklassen der künftige Zuwachs der betreffenden Altersklasse nicht berücksichtigt sei, sondern die einzelnen Altersklassen des betreffenden Betriebes in der Lage, in der sie sich am Bewertungsstichtag befunden haben, bewertet werden. Daraus folge, daß das Aufrücken der Bestände in Höhere und wertvollere Altersklassen nicht bereits bei der Hauptfeststellung der Einheitswerte erfaßt sei. An dieser Auffassung hat der Senat in dem Urteil vom 20. Juli 1962 III 237/60 S (BFHE 75, 721, BStBl III 1962, 530) mit ausführlicher Begründung erneut festgehalten. In der Begründung dieses Urteils ist der Senat auf alle Einwendungen eingegangen, die auch jetzt wieder vom Kläger erhoben werden. Das gilt insbesondere für den Einwand, daß bereits bei der Feststellung der Hundertsätze an den Hektarsätzen für die einzelnen Altersklassen eine voraussehbare künftige Entwicklung des Ertrags bei der Bewertung berücksichtigt worden sei. Der Senat hat, gestützt auf Ausführungen von Rothkegel (Grundriß der forstwirtschaftlichen Schätzungslehre, 1949 S. 87 ff.), dargelegt, es müßten, um den Wert eines forstwirtschaftlichen Nachhaltsbetriebs mit regelmäßigem Altersklassenverhältnis (Normalwaldes) berechnen zu können, die Holznutzungen festgestellt werden, die in diesem Normalwald jährlich geschlagen und genutzt werden können. Es müsse also mit anderen Worten der sogenannte Abnutzungssatz ermittelt werden. Der Abnutzungssatz betrage in einem Normalwald - das sei entscheidend - ebensoviel Holz wie in diesem Wald im ganzen zuwachse. Es sei zwar richtig, daß der Bewertungsbeirat den jährlich möglichen Holzeinschlag mit Hilfe des jährlich feststellbaren Holzzuwachses ermittelt habe. Drauf sei vermutlich auch die irrige Auffassung zurückzuführen, daß bei den vom Bewertungsbeirat getroffenen Feststellungen der Holzzuwachs bereits berücksichtigt sei. Es sei jedoch nur der Abnutzungssatz berücksichtigt, und dieser sei nur bei einem Normalwald dem jährlichen Zuwachs gleichzusetzen. An dieser Auffassung, gegen die das BVerfG in dem Beschluß vom 12. Februar 1969 1 BvR 687/62 (BStBl II 1969, 364) aus verfassungsrechtlicher Sicht keine Bedenken erhoben hat, hält der Senat auch weiterhin fest. Er hebt ergänzend noch einmal hervor, daß die auch jetzt wieder vom Kläger und FG vertretene Auffassung, der natürliche Holzzuwachs sei bereits im Einheitswert des Hauptfeststellungszeitpunkts berücksichtigt, auf einer Verkennung der in § 45 BewG geregelten Bewertung der forstwirtschaftlichen Betriebe beruht. Es wird dabei übersehen, daß zwar nach § 45 Abs. 2 Satz 1 BewG auf die forstwirtschaftlichen Betriebe u. a. auch § 31 BewG entsprechend anzuwenden ist, nach dessen Abs. 1 für die landwirtschaftlichen Betriebe die Grundsätze über die Bewertung nach dem Ertragswert gelten. Diese entsprechende Anwendung des § 31 BewG ist aber nur zulässig, "soweit sich nicht aus den Abs. 3-5 etwas anderes ergibt". "Etwas anderes" ergibt sich aber schon aus § 45 Abs. 3 Satz 1 BewG, wonach der Ertragswert forstwirtschaftlicher Betriebe aus dem Ertragswert entsprechender Nachhaltsbetriebe mit regelmäßigem Altersklassenverhältnis "abgeleitet" wird. Es wird also nur für den Normalwald ein reiner Ertragswert ermittelt, während für den einzelnen Betrieb der Ertragswert nur aus diesem Ertragswert des Nomalwalds abgeleitet wird. Das geschieht nach § 45 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 BewG dadurch, daß die einzelnen Altersklassen mit den vom Reichsminister der Finanzen mit verbindlicher Kraft festgestellten Hundertsätzen des Hektarsatzes für den Normalwald anzusetzen sind. Diese Hundertsätze sind aber nicht nach einem Ertragswertverfahren ermittelt worden, sondern sie sind "in Anlehnung an die gemeinen Werte" berechnet worden (vgl. dazu Rothkegel, a. a. O., S. 89 ff., ferner von Hegel, StuW 1962, 202, und von Platen, StuW 1962, 291). Durch ihre Anwendung auf die einzelne Altersklasse ist das tatsächliche Altersklassenverhältnis des Betriebes am Bewertungsstichtag, das von dem am Hauptfeststellungszeitpunkt bestehenden Altersklassenverhältnis in der Regel abweicht, zugrunde gelegt.

3. Die Frage, ob eine Wertfortschreibung der Einheitswerte der forstwirtschaftlichen Betriebe auf den 1. Januar 1957 als verfassungsrechtlich zulässig angesehen werden kann, wird vom Kläger und vom FG aus drei Gründen in Zweifel gezogen. Sie meinen, daß 1. § 1 Abs. 2 BewDV und § 3 a BewDV an diesem Stichtag nicht mehr mit dem GG vereinbar gewesen sei, daß 2. eine Wertfortschreibung der Einheitswerte von forstwirtschaftlichen Betrieben wegen Aufrückens der Holzbestände in höhere Altersklassen durch natürlichen Holzzuwachs einer vorweggenommenen Hauptfeststellung gleichkomme und aus diesem Grunde unzulässig sei, und daß 3. die Wertfortschreibung nur einzelner Einheitswerte gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoße.

a) Der Senat hat in dem Urteil III 237/60 S zur Frage der Rechtsgültigkeit der §§ 1 Abs. 2 und 3 a BewDV Stellung genommen. Er hat diese Bestimmungen jedenfalls für den in dem damaligen Urteilsfall maßgebenden Stichtag vom 1. Januar 1948 bejaht. Dieses Urteil ist vom BVerfG in dem Beschluß 1 BvR 687/62 bestätigt worden. Das BVerfG hat entschieden, daß die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 2 und 3 a BewDV formell gültig seien und jedenfalls am Bewertungsstichtag vom 1. Januar 1948 nicht in Widerspruch zum Grundgesetz ständen. Der Senat hat in einem weiteren Urteil vom 29. April 1966 III 97/65 (BFHE 86, 4, BStBl III 1966, 360) erneut die Rechtsgültigkeit der §§ 1 Abs. 2 und 3 a Abs. 1 BewDV bestätigt und entschieden, daß diese Bestimmungen auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstießen. In Abschn. VI dieses Urteils hat er ausgeführt, daß er keine Bedenken trage, die Beibehaltung der Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 bei der Land- und Forstwirtschaft für die Stichtage bis zum 1. Januar 1964 als nicht willkürlich anzusehen. Das BVerfG hat in einem Beschluß vom 7. Mai 1968 1 BvR 420/64 (BStBl II 1968, 549) ausgeführt, es sei nicht willkürlich, wenn der Gesetzgeber mit der Anwendung der bei der Hauptfeststellung auf den 1. Januar 1964 festgestellten Einheitswerte zuwarte, solange es noch nicht feststehe, welcher Vermögensbestand aufgrund der neuen Bewertung überhaupt vorhanden sei. Der Senat hat in dem Urteil vom 22. Januar 1971 III R 108/69 (BFHE 101, 277, 289, BStBl II 1971, 295) entschieden, daß die vom BVerfG dem Gesetzgeber eingeräumte angemessene Frist zur Beseitigung der unterschiedlichen steuerlichen Belastungen durch die alten Einheitswerte in den Jahren 1967 und 1968 jedenfalls noch nicht verstrichen war. Unter Hinweis auf diese Entscheidung hat es der Senat in dem Urteil vom 19. Januar 1973 III R 134/71 (BFHE 108, 247, BStBl II 1973, 276) abgelehnt, die auf den 1. Januar 1964 festgestellten niedrigeren Einheitswerte der forstwirtschaftlichen Betriebe bei der Vermögensbesteuerung für die Jahre 1967 und 1968 zugrunde zu legen. Der Senat sieht nach alledem keinen Grund, der es rechtfertigen könnte, die §§ 1 Abs. 2 und 3 a Abs. 1 BewDV auf den hier strittigen Stichtag vom 1. Januar 1957 als mit dem Grundgesetz nicht vereinbar anzusehen.

b) Zu der Frage, ob Wertfortschreibungen der Einheitswerte von forstwirtschaftlichen Betrieben aufgrund des natürlichen Holzzuwachses deswegen unzulässig sein könnten, weil sie einer vorweggenommenen Hauptfeststellung gleichkommen würden, hat der Senat ausführlich in dem Urteil III 42/54 S Stellung genommen. Er hat hervorgehoben, daß die Bestandsveränderungen nicht lediglich das Ergebnis des Wachstumsablaufs seien, sondern auch auf wirtschaftlichen Entscheidungen der einzelnen Forsteigentümer beruhten. Der Kläger geht in seiner Revisionsbegründung davon aus, daß der natürliche Holzzuwachs bei allen Betrieben sich bei normaler Bewirtschaftung in gleicher Weise auswirke, so daß eigentlich in allen Fällen Wertfortschreibungen durchgeführt werden müßten. Er übersieht dabei, daß sich auch bei einer normalen Bewirtschaftung bei den einzelnen Betrieben der Baumbestand unterschiedlich entwickeln kann, so daß auch der natürliche Holzzuwachs nicht bei allen Betrieben die gleiche Auswirkung hat. Von einer verdeckten Hauptfeststellung könnte aber nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. die in dem Urteil III 42/54 S angeführten Entscheidungen) nur dann gesprochen werden, wenn sämtliche oder nahezu sämtliche wirtschaftlichen Einheiten der Forstbetriebe im Bezirk einer OFD fortgeschrieben werden müßten. Diese Voraussetzung ist bei den Wertfortschreibungen wegen Aufrükkens des Baumbestandes in höhere Altersklassen nicht gegeben. Es handelt sich, wie der Senat bereits in dem Urteil III 42/54 S hervorgehoben hat, auch wenn diese Fortschreibungen in großer Zahl anfallen würden, doch nur "um eine Vielheit von Einzelfällen", nicht aber um eine "allgemeine Wertfortschreibung".

c) Die Vornahme nur einzelner Wertfortschreibungen in einem FA-Bezirk verstößt entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Gerade zur Vermeidung einer vorweggenommenen Hauptfeststellung (vgl. die Ausführungen zu 2.) kann das FA Wertfortschreibungen nur in den Fällen durchführen, in denen dies aus besonderen Gründen erforderlich erscheint. Solche besonderen Gründe lagen bei dem Betrieb des Klägers unstreitig vor. Ist aber danach eine Wertfortschreibung geboten, so folgt, wie das BVerfG in dem Beschluß 1 BvR 687/62 ausdrücklich dargelegt hat, aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), daß das FA verpflichtet ist, die Wertfortschreibung durchzuführen. Das BVerfG hat weiter ausgeführt, aus der Tatsache, daß in manchen von diesen Fällen Fortschreibungen bisher unterblieben seien, könne kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gefolgert werden. Das muß um so mehr gelten, wenn Wertfortschreibungen unterblieben sind, weil keine besonderen Gründe vorlagen, die eine Nachprüfung veranlaßt hätten.

4. Da sich aus den dargelegten Gründen die Vornahme der Wertfortschreibungen auf den 1. Januar 1957 und 1. Januar 1971 als Rechtens erweist, war die Klage abzuweisen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 71196

BStBl II 1975, 136

BFHE 1975, 565

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