Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Muß im Rahmen eines Organverhältnisses mit Ergebnisabführungsvertrag die Obergesellschaft Gesellschaftsteuer für die übernahme von Verlusten der Untergesellschaft entrichten, so stellt die Gesellschaftsteuer eine Betriebsausgabe dar, die den Gewinn mindert.
Normenkette
KStG § 6 S. 1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) - AG - wurde für das Jahr 1954 nach einem Einkommen von 742 200 DM zu einer Körperschaftsteuer von 315 244 DM herangezogen. Hierbei hat das Finanzamt entgegen der Steuererklärung die Rückstellung für Gesellschaftsteuer in Höhe von 30 000 DM nicht anerkannt, die sich aus der übernahme des Verlustes einer Untergesellschaft entsprechend dem bestehenden Organverhältnis ergab, da es sich bei der Verlustübernahme um eine Leistung handle, die auf einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung beruhe. Die Bfin. wandte hiergegen ein, die Verlustübernahme erfolge in Erfüllung einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Untergesellschaft. Sie könne nicht anders beurteilt werden als die Zahlung einer anderen vertraglichen Schuld. Die Berufung war ohne Erfolg. Das Finanzgericht stützte sich hierbei auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II 106/39 vom 25. Oktober 1940 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1940 S. 989, Slg. Bd. 49 S. 219). Die Leistung der Obergesellschaft erfolge nach dieser Entscheidung auf Grund einer im Gesellschaftsverhältnis begründeten Verpflichtung und unterliege der Steuer nach § 2 Nr. 2, nicht Nr. 3 zu b des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KapVStG). Die Gesellschaftsteuer könne deshalb nicht als Betriebsausgabe anerkannt werden.
Die Rechtsbeschwerde erkennt an, daß nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (Entscheidungen des Reichsfinanzhofs II 106/39 vom 25. Oktober 1940 und II 92/43 vom 27. April 1944, RStBl 1944 S. 540) die Gesellschaftsteuer zu entrichten sei. Dies binde aber die Körperschaftsteuerveranlagung nicht. Hier sei nach allgemeinen Grundsätzen zu entscheiden, ob es sich um einen Vorgang auf gesellschaftlicher oder betrieblicher Grundlage handle. Besonders deutlich komme dieser Grundsatz in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 317/56 U vom 20. August 1957 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1957 III S. 360, Slg. Bd. 65 S. 337) zum Ausdruck. Der Bundesfinanzhof habe hier ausgeführt, die Gesellschaftsteuer sei keine Steuer vom Einkommen oder Vermögen, die nach dem Körperschaftsteuergesetz (KStG) nicht abzugsfähig sei. Für sie gelte deshalb, soweit sie nicht von Einlagen im Sinne des Körperschaftsteuerrechtes erhoben werde, der Grundsatz, daß Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt seien (Betriebsausgaben), die Gewinnermittlung beeinflußten. Der Bundesfinanzhof habe in seiner Rechtsprechung (Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 73/54 U vom 8. März 1955, BStBl 1955 III S. 187, Slg. Bd. 60 S. 489) klar zwischen vororganschaftlichen Verlusten und Verlusten im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrages unterschieden. Die übernahme vororganschaftlicher Verluste habe er rechtlich anders beurteilt, nämlich als Einlagen, als die übernahme von Verlusten in der Laufzeit des Ergebnisabführungsvertrages. Hieraus ergebe sich zwangsläufig, daß die Verpflichtung zur übernahme von Verlusten im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrages betrieblicher Natur sei.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Sie unterscheidet zutreffend zwischen der übernahme von Verlusten aus der Zeit vor Abschluß eines Ergebnisabführungsvertrages und der Laufzeit des Ergebnisabführungsvertrages (Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 75/57 U vom 15. April 1958, BStBl 1958 III S. 299). Nach der Entscheidung I 317/56 U vom 20. August 1957 muß für die steuerliche Behandlung der Gesellschaftsteuer geprüft werden, ob sie mit einem gesellschaftlichen oder betrieblichen Vorgang zusammenhängt. Die Prüfung hat nicht nach den Grundsätzen der Kapitalverkehrsteuer (siehe auch Entscheidung des Bundesfinanzhofs II 114/56 U vom 25. Juli 1956, BStBl III S. 254, Slg. Bd. 63 S. 149), sondern des Körperschaftsteuerrechtes zu erfolgen. Es muß somit auch bei der übernahme von Verlusten einer Untergesellschaft durch eine Obergesellschaft im Rahmen eines Organverhältnisses die Rechtsnatur des Vorganges im Sinne der Körperschaftsteuer betrachtet werden. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 163/56 U vom 5. November 1957 (BStBl 1958 III S. 24, Slg. Bd. 66 S. 77) sind Ergebnisabführungsverträge im Rahmen eines Organverhältnisses schwebende Geschäfte, die zu Rückstellungen in der Bilanz der Obergesellschaft berechtigen, soweit ein Verlust einer Untergesellschaft übernommen werden muß. Diese Grundsätze kommen, wie in der Entscheidung I 75/57 U vom 15. April 1958 im einzelnen dargestellt ist, bereits in der Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 216/43 vom 21. März 1944 (RStBl 1944 S. 396, Slg. Bd. 54 S 94) klar zum Ausdruck. Der Ergebnisabführungsvertrag ist hinsichtlich der Ergebnisse der Untergesellschaft in den einzelnen Jahren bei ihr und der Obergesellschaft bilanzmäßig wie jeder andere Geschäftsvorfall zu behandeln. Er kann zum Ausweis von Forderungen und Verpflichtungen in der Bilanz führen. Hieraus ergibt sich, daß die übernahme des Verlustes der Untergesellschaft im Rahmen eines Ergebnisabführungsvertrages, der körperschaftsteuerlich anerkannt wird, als betrieblicher, nicht als gesellschaftlicher Vorgang anzusehen ist, im Gegensatz zur Verlustübernahme aus der Zeit vor Abschluß des Vertrages. Nach Darstellung der Bfin. handelt es sich um die Verlustübernahme im Rahmen eines steuerlich anerkannten Ergebnisabführungsvertrages, insbesondere also nicht um die übernahme des Verlustes aus der Zeit vor Abschluß des Vertrages.
Die Vorentscheidung wird aufgehoben und die Sache zur Entscheidung im Einspruchsverfahren nach den oben dargestellten Grundsätzen an das Finanzamt zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 409179 |
BStBl III 1958, 432 |
BFHE 1959, 417 |
BFHE 67, 417 |
BB 1958, 1086 |
DB 1958, 1172 |