Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Erhebt ein Versicherungsverein a. G. Vorausbeiträge in einer Höhe, die den voraussichtlichen Bedarf im versicherungstechnischen Geschäft nicht deckt, so liegt in dem Verzicht auf Einziehung des angemessenen Beitrags eine verdeckte Gewinnausschüttung, wenn im versicherungstechnischen Geschäft ein Ausgabenüberschuß entsteht.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1, 2 Ziff. 2, § 8b Abs. 7 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob ein versicherungstechnischer Verlust als verdeckte Gewinnausschüttung anzusehen ist. Der Bf. versichert seine Mitglieder gegen die Gefahren der Seeschiffahrt. Er erhebt Vorausbeiträge, die in Prozenten der Versicherungssumme berechnet und je nach dem Schadensverlauf erhoben werden. Ausscheidende Mitglieder haben keinen Anspruch auf Vereinsvermögen. Bei Vereinsauflösung stehen überschüsse (vorbehaltlich anderer Beschlußfassung) den Mitgliedern zu. Bei Fehlbeträgen besteht Nachschußpflicht.
Für 1956 erklärte der Bf. einen Verlust von 61841 DM. Das Finanzamt stellte - bei 70 - prozentiger Beitragserhebung - einen Ausgabenüberschuß im versicherungstechnischen Geschäft von 72561 DM fest und behandelte diesen als verdeckte Gewinnausschüttung. Die Gewährung des Versicherungsschutzes ohne entsprechende Beitragsleistung sei ein Vorteil, den der Bf. Nichtmitgliedern nicht geben würde.
Der Bf. legte Rechtsmittel ein und trug vor, eine verdeckte Gewinnausschüttung liege nicht vor, da er nicht gezwungen werden könne, Beiträge zu fordern, die zu einem Gewinn führen.
Nach erfolglosem Einspruch erklärte das Finanzgericht das Rechtsmittel in diesem Punkte für unbegründet. Unter Berufung auf § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG führte die Vorinstanz aus, für die Abzugsfähigkeit versicherungstechnischer Verluste könne es nicht darauf ankommen, ob überhöhte Beiträge erstattet oder von vornherein Beiträge nur zum Teil erhoben werden. In einer zu niedrigen Bemessung der Beiträge liege eine verdeckte Gewinnausschüttung. Der Bf. begehre den Ausgleich des durch Beitragsrückerstattungen (zu niedrige Beiträge entstandenen Verlustes mit Einkünften aus dem nicht versicherungstechnischen Geschäft. Dieser Ausgleich sei nach § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG unzulässig.
Der Versicherungsverein hat Rb. eingelegt. Der Versicherungsverein trägt vor, der von der Vorinstanz behauptete Grundsatz, daß ein Versicherungsverein a. G. für Zwecke der steuerlichen Gewinnermittlung seine im Rahmen des "versicherungstechnischen" Geschäftsteils anfallenden Aufwendungen ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge decken müsse und nicht eigene Vermögenserträge dagegen verrechnen dürfe, führe im Ergebnis zu einer Mindestbesteuerung der Vermögenserträge der Versicherungsvereine a. G. Er bedeute eine Durchbrechung des allgemeinen Gewinnermittlungsprinzips des § 5 EStG. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 5 EStG könne nicht vorgeschrieben werden, daß bestimmte Aufwendungen ausschließlich gegen bestimmte Erträge zu verrechnen seien und ein sich daraus ergebender Teilsaldo, herausgeschnitten aus der gesamten Erfolgsrechnung, als "steuerlicher Gewinn" zugrunde zu legen sei. § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG, auf den das Finanzamt seine Entscheidung stütze, gehe davon aus, daß ein Versicherungsverein a. G. einen überschuß (Gewinn) erzielt habe und eine Auszahlung zu Lasten dieses überschusses an die Mitglieder vornehme. Nur wenn zu Lasten dieses überschusses Rückerstattungen vorgenommen werden, sei in weitere Ermittlungen darüber einzutreten, welcher Teil dieser Rückerstattungen unter Anwendung der Vorschrift des § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG vom Einkommen des Versicherungsvereins a. G. abzugsfähig sei. Wenn aber weder ein überschuß erzielt noch eine Auszahlung an die Mitglieder vorgenommen worden sei, bleibe für die Anwendung dieser Vorschrift kein Raum. Das Einkommen des Versicherungsvereins a. G. bestimme sich, solange die Tatbestandsmerkmale "überschuß" und Rückerstattung zu Lasten des überschusses" nicht vorliegen, ausschließlich nach den allgemeinen maßgebenden Vorschriften der §§ 5, 6 Abs. 1 KStG, d. h. nach dem sich aus der Bilanz ergebenden Gewinn. § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG könne mit dem Institut der verdeckten Gewinnausschüttung nicht in Zusammenhang gebracht werden, denn er befasse sich mit offenen Gewinnausschüttungen. Der Versicherungsverein a. G. arbeite nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung, sondern mit dem Ziel, seinen Mitgliedern im Rahmen der "Gefahrengemeinschaft" billigsten Versicherungsschutz zu gewähren. Um die Anwendung des Instituts der verdeckten Gewinnausschüttung zu rechtfertigen, sei die Behauptung unentbehrlich, daß der Versicherungsverein a. G. in Höhe eines sich ergebenden Verlustes Mitgliedsbeiträge nicht nur nachfordern dürfe, sondern einfordern müsse. Eine solche Bestimmung gebe es nicht.
Die Sondernatur des Versicherungsgeschäftes bringe es mit sich, daß bei der Unvorhersehbarkeit des Schadensverlaufs sich notwendig Abrechnungszeiträume einstellen müßten, in denen die für den Regelfall bemessenen Beiträge hinter den "versicherungstechnischen" Aufwendungen zurückbleiben. Es sei wenig sinnvoll, den ungünstigsten Schadensverlauf zugrunde zu legen und damit durch überhöhte, weil im Regelfall nicht benötigte Beiträge den Mitgliedsbetrieben dringend benötigte Liquidität zu entziehen. Ein dem Versicherungsverein a. G. in einem Abrechnungszeitraum entstehender Verlust werde von ihm vorgetragen, weil erwartet werden könne, daß auch ohne sofortige Umlage durch ein günstigeres Geschäftsergebnis in den Folgejahren der Verlust aus den Regeleinnahmen abgedeckt werde.
Die Forderung nach einem sofortigen Ausgleich eines eingetretenen Verlustes stehe im Widerspruch zur Natur des Versicherungsgeschäfts, das über einen Ausgleich auf längere Zeiträume abgestellt sei. Der mit Verlust abschließende Versicherungsverein a. G. müsse für eine Deckung des Verlustes Sorge tragen. Entweder mache er eine sofortige Umlage, oder er erwarte die Deckung aus Einnahmen der Folgejahre. Entscheidend sei die Auslegung des Begriffs der "gerechten", d. h. der "auf eine gewisse Dauer" notwendigen Beiträge. Solange aber das sachkundige Bundesaufsichtsamt die Geschäftsführung eines Versicherungsvereins a. G. nicht beanstande, mithin auch die Beitragseinziehung als angemessen anerkenne, sei schwer einzusehen, inwieweit nun die nicht sachkundige Steuerverwaltung berufen sein solle, ihrerseits durch eigene Feststellung einer "gerechten" Prämie Kritik an der Geschäftsführung des Versicherungsvereins a. G. zu üben und darüber hinaus mit Sanktionen durch höhere Steuerbelastung zu unterstreichen.
Der Bundesminister der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten und hat u. a. folgendes ausgeführt:
... Verdeckte Gewinnausschüttungen sind u. a. dann anzunehmen, wenn eine Körperschaft einem Mitglied Leistungen, die nicht das Mitgliedschaftsverhältnis betreffen, zu einem unzureichenden Entgelt zur Verfügung stellt. Bei der Prüfung, ob ein Entgelt in diesem Sinne unzureichend ist, wird allgemein darauf abgestellt, ob die Körperschaft diese Leistungen auch dritten, ihr fremd gegenüberstehenden Personen gegen das gleiche Entgelt zuwenden würde. Diese Prüfung macht dann Schwierigkeiten, wenn sich der Geschäftsbetrieb einer Körperschaft auf den Kreis ihrer Mitglieder beschränkt, wie dies beim Versicherungsverein a. G. regelmäßig der Fall ist (Ausnahme vgl. § 21 Abs. 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes VAG -). Bei der Lebensversicherung, der Krankenversicherung und der Unfallversicherung allerdings treten diese Schwierigkeiten wohl nicht auf, da hier die Prämien auf mathematischer Grundlage ermittelt werden, der Genehmigung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen unterliegen und damit gewährleistet ist, daß bedarfdeckende Prämien erhoben werden. Vgl. Prölss, Versicherungsaufsichtsgesetz, Anmerkungen zu §§ 11 und 12 VAG. Anders liegt es bei der Sachversicherung, bei der die Prämien nicht der Genehmigung des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen unterliegen. Fragen der verdeckten Gewinnausschüttung werden deshalb vornehmlich bei den Sachversicherungen auftreten.
Hier stellt sich zunächst die Frage, ob die Beiträge auch einen Gewinnanteil enthalten müssen, um als ausreichend angesehen werden zu können. Diese Frage wird m. E. zu verneinen sein. ...
Lediglich durch die Sondervorschriften der §§ 25 und 26 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Körperschaftsteuergesetzes - Erste KStDV - (jetzt § 6 Abs. 2 bis 4 KStG) glaubte er (der Gesetzgeber) eine gewisse Gleichmäßigkeit in der Besteuerung der Versicherungsvereine a. G., der öffentlich-rechtlichen Versicherungsanstalten und der Versicherungsaktiengesellschaften herstellen zu können. Hieraus folgt m. E., daß diesen Vorschriften, von denen im vorliegenden Fall insbesondere § 25 Abs. 1 Ziff. 2 der Ersten KStDV (jetzt § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG) interessiert, Bedeutung auch für die Beantwortung der Frage zukommt, wann bei einem Versicherungsverein a. G. eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen ist. Denn wenn § 25 Abs. 1 Ziff. 2 der Ersten KStDV es gestattete, den Gewinn durch Beitragsrückerstattungen in gewissem Umfang zu schmälern, so konnte andererseits unmöglich eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, wenn die Beiträge von vornherein so bemessen waren, daß das gleiche Ergebnis erreicht wurde wie nach einer steuerlich zulässigen Beitragsrückerstattung.
Die Bedeutung des § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG 1955 (früher § 25 Abs. 1 Ziff. 2 der Ersten KStDV) ist damit aber nicht erschöpft. Werden beispielsweise die Beiträge eines Versicherungsvereins a. G., der Vorbeiträge erhebt, wie dies in der zur Entscheidung anstehenden Sache der Fall ist, so bemessen, daß sie zur Deckung der Ausgaben des versicherungstechnischen Geschäftes nicht ausreichen, daß vielmehr die Einnahmeüberschüsse aus dem nicht technischen Geschäft zur Deckung herangezogen werden müssen, wird eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen sein. ...
M. E. liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann vor, wenn der Beitrag planmäßig - ständig oder in einzelnen Jahren - so niedrig gehalten wird, daß auch nach Einsatz des überschusses aus dem nicht technischen Geschäft ein Verlust aus dem versicherungstechnischen Geschäft verbleibt, der aus der Verlustrücklage im Sinne des § 37 VAG gedeckt wird. ...
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Die Vorinstanzen sind zutreffend davon ausgegangen, daß nach § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG Beitragsrückerstattungen, die auf Grund des Geschäftsergebnisses gewährt werden, bei der Ermittlung des Einkommens vom Versicherungsunternehmen nur insoweit abzugsfähig sind, als sie den überschuß nicht übersteigen, der sich ergeben würde, wenn die auf das Wirtschaftsjahr entfallenden Versicherungsleistungen, überträge und Rücklagen sowie die sämtlichen sonstigen persönlichen und sachlichen Betriebsausgaben allein aus der auf das Wirtschaftsjahr entfallenden Beitragseinnahme bestritten worden wären. Nach dieser Vorschrift soll die Rückgewähr aus dem überschuß des Versicherungsentgelts über den Versicherungsaufwand samt Unkosten den steuerpflichtigen Gewinn nicht erhöhen. Dagegen sollen die zurückgewährten Beträge insoweit versteuert werden, als sie nicht aus dem versicherungstechnischen Geschäft, sondern aus Kapitalerträgen, Kapitalansammlungen oder sonstigen Einnahmen herrühren (vgl. Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 71/39 vom 9. Januar 1940, RStBl 1940 S. 436, Slg. Bd. 48 S. 83). Dem entspricht die Anweisung in dem Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 25. Juli 1936 - S 2511 - 45 III/S 3202 - 15 III -, RStBl 1936 S. 825, wonach bei Anwendung der Vorschrift zunächst der überschuß des Wirtschaftsjahres an Hand der Bilanzen zu ermitteln ist; werden von dem überschuß Beitragsrückerstattungen vorgenommen, so wird der abzugsfähige Teil in der Weise ermittelt, daß den auf das Wirtschaftsjahr entfallenden Beitragseinnahmen sämtliche Ausgaben des technischen Geschäfts sowie sämtliche sonstigen persönlichen und sachlichen Betriebsausgaben gegenübergestellt werden. Nur bis zur Höhe des überschusses der Beitragseinnahmen sind die Beitragsrückerstattungen abzugsfähig.
Da die Versicherungsvereine a. G. nach § 1 Abs. 1 Ziff. 3 KStG unbeschränkt steuerpflichtig sind und der Gewinn zunächst nach den allgemeinen Bilanzierungsgrundsätzen ermittelt wird, darf grundsätzlich die Ausschüttung von überschüssen auf die Höhe des Gewinns keinen Einfluß haben. Beitragsrückerstattungen wären darum ohne § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG verdeckte Gewinnausschüttungen, die nach § 7 KStG das Einkommen nicht berühren würden. Wenn diese Vorschrift (§ 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG) gleichwohl in begrenztem Rahmen die Beitragsrückerstattungen für abzugsfähig hält, so geschieht dies außerhalb der Gewinnermittlung, so daß die Ansicht des Bf., die Begrenzung in § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG bedeute eine Durchbrechung von Gewinnermittlungsgrundsätzen, nicht richtig ist. Der überschuß ist das technische Ergebnis, das im Gegensatz zu dem Gewinn steht, der für die Besteuerung bei der Körperschaftsteuer maßgebend ist (vgl. Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 71/39, a. a. O.). Auch die Ansicht des Finanzgerichts, die Regelung enthalte - soweit der versicherungstechnische Verlust mit anderen Einkünften (als Beitragseinnahmen) nicht ausgleichsfähig sei - eine Benachteiligung der Versicherungsvereine a. G. gegenüber anderen Steuerpflichtigen, kann nicht geteilt werden, denn andere Steuerpflichtige in gleicher Lage können Beitragsrückerstattungen überhaupt nicht abziehen. Die Abzugsfähigkeit von Beitragsrückerstattungen ist ein Privileg, das allerdings durch den Gesetzgeber begrenzt ist. In dieser Begrenzung des Privilegs kann keine "Diskriminierung" des Versicherungsvereins a. G. gesehen werden. Gibt der Gesetzgeber Vergünstigungen, so ist er nicht gehindert, die Vergünstigung zu umgrenzen, hier also die Abzugsfähigkeit der Beitragsrückerstattung nicht zuzulassen, soweit sie aus anderen als den Versicherungsentgelten gezahlt wird.
Es ist richtig, daß § 6 Abs. 2 Ziff. 2 KStG davon ausgeht, daß der Versicherungsverein a. G. einen überschuß erzielt hat, d. h. daß der Versicherungsaufwand geringer war als die Summe der Versicherungsentgelte. Es ist aber erkennbar der Wille des Gesetzgebers, daß der Versicherungsverein a. G seinen Aufwand aus den Versicherungsentgelten decken soll. Sind Aufwand und Versicherungsentgelte gleich hoch, so ist für abzugsfähige Beitragsrückerstattungen kein Raum, weil sie - sofern solche erfolgt sind - allenfalls aus sonstigen Einnahmen herrühren können. Die Erstattung sonstiger Einnahmen ist also stets als Gewinnausschüttung anzusehen. Es ist aber folgerichtig, gleiche Grundsätze anzuwenden, wenn der Verein niedrigere Beiträge erhebt, als zur Deckung des Aufwands erforderlich ist, und den Unterschiedsbetrag aus sonstigen Einnahmen deckt. Der Unterschiedsbetrag, den der Verein den Mitgliedern beläßt, kann nicht anders behandelt werden als eine Ausschüttung, die aus sonstigen Einnahmen gemacht wird. Die steuerlich nicht abzugsfähige Zuwendung von überschüssen aus dem nicht technischen Geschäft läßt sich nicht dadurch in eine abzugsfähige Zuwendung verwandeln, daß die Beiträge von vornherein so bemessen werden, daß die überschüsse des nicht technischen Geschäftes notwendigerweise zur Deckung der Ausgaben des versicherungstechnischen Geschäftes dienen müssen. Die Ermäßigung des Beitrages muß dem Fall der Erhebung ausreichender Beiträge mit anschließender Ausschüttung des Einnahmeüberschusses aus dem nicht technischen Geschäft als Beitragsrückerstattung gleichgestellt werden. Infolgedessen ist es richtig, wenn die Vorinstanz in der zu niedrigen Bemessung der Beiträge eine verdeckte Gewinnausschüttung gesehen hat, weil in einem solchen Falle der Versicherungsverein a. G. seinen Mitgliedern Leistungen zu einem unzureichenden Entgelt zur Verfügung gestellt hat (vgl. Entscheidungen des Reichsfinanzhofs I A 278/36 vom 21. April 1937, RStBl 1937 S. 911, Slg. Bd. 41 S. 220; I 77/38 vom 31. Mai 1938, RStBl 1938 S. 821, Slg. Bd. 44 S. 149; I 411/40 vom 19. November 1940, RStBl 1941 S. 75, Slg. Bd. 49 S. 320).
Zureichend ist der Beitrag der Mitglieder, wenn er so hoch bemessen ist, daß er voraussichtlich den Aufwand des Vereins deckt. Mit dem Bundesminister der Finanzen ist davon auszugehen, daß die Beiträge - um als ausreichend angesehen zu werden - keinen Gewinnanteil zu enthalten brauchen; denn es entspricht dem Wesen des Versicherungsvereins a. G., daß er kein Gewinnstreben hat, seine Leistungen den Mitgliedern zu günstigsten Bedingungen zur Verfügung stellen will und darum seine Beiträge so berechnen darf, daß kein Gewinn entsteht. Er darf aber auch nicht so bemessen sein, daß die überschüsse aus dem nicht technischen Geschäft dazu verwendet werden, die Aufwendungen des versicherungstechnischen Geschäfts zu decken; die Einnahmen aus dem nicht technischen Geschäft müssen bei der Beitragsbemessung außer acht gelassen werden und dürfen nicht zur Senkung des Beitrags verwendet werden.
Dem Bundesminister der Finanzen wird in der Ansicht beigetreten, daß überschüsse aus dem technischen Geschäft nicht in einem späteren Jahr zu einer steuerlich abzugsfähigen Beitragsrückerstattung verwendet werden dürfen. Sind sie einmal einer Verlustrücklage zugeführt, so können sie nicht mehr als Beitragsrückerstattung zu steuerlich wirksamen Betriebsausgaben führen. Ebensowenig können sie dann aber eingesetzt werden, um unzureichend bemessene Beiträge aufzufüllen. Aus dem Grundsatz, daß die Ausgaben des versicherungstechnischen Geschäfts aus den Beitragseinnahmen zu decken sind, folgt, daß es ohne Bedeutung ist, wenn die Verlustrücklage durch Einnahmeüberschüsse aus dem versicherungstechnischen Geschäft aufgefüllt worden ist.
Der Ansicht des Bf., die oben dargestellte Rechtsansicht führe zu betriebswirtschaftlich unmöglichen Ergebnissen, denn der Versicherungsverein a. G. handele unkaufmännisch, wenn er irgendwelche Einnahmeposten außer Betracht lasse, kann der Senat nicht folgen. Die Frage, wie der Versicherungsverein a. G. seine Bilanz aufstellt und aus welchen Mitteln er seinen Aufwand bestreitet, ist von der anderen Frage zu trennen, ob er den Versicherungsschutz seiner Mitglieder aus nichtversicherungstechnischen Einnahmen bestreiten kann. Das Vermögen des Versicherungsvereins a. G. ist etwas anderes als das Vermögen seiner Mitglieder. Angenommen, der Versicherungsverein a. G. könnte seinen gesamten Bedarf aus seinen Kapitalerträgen decken, so bestände kein Zweifel daran, daß der Versicherungsverein a. G. durch den unentgeltlichen Versicherungsschutz den Mitgliedern sein Einkommen zugute kommen ließe und damit seinen Gewinn verdeckt ausschüttete. Diese Folge ergäbe sich, obwohl die Bilanz ausgeglichen wäre und obwohl die Aufsichtsbehörde keinen Anlaß zum Einschreiten hätte, denn Ertrag und Aufwand wären ausgeglichen; das könnte aber über die verdeckte Gewinnausschüttung nicht hinwegtäuschen. Der Bilanzausgleich und die hier streitige Frage des steuerlich zu beurteilenden Verhältnisses des Versicherungsvereins a. G. zu seinen Mitgliedern liegen auf verschiedener Ebene.
Kann für die Ermittlung des angemessenen Beitrags keine mathematisch genaue Regel aufgestellt werden, so ist doch davon auszugehen, daß zur Erhebung kommende Vorbeiträge so bemessen sein müssen, daß sie den voraussichtlichen Bedarf decken. Der voraussichtliche Bedarf läßt sich unter Zugrundelegung der zurückliegenden Jahre berechnen. Ist aus den Vorjahren ein Verlust vorgetragen, so muß dessen Deckung dem laufenden Bedarf zugerechnet werden. Ebenso erhöht sich der Bedarf, wenn angenommen werden muß, daß durch Einsatz kostspieligerer Schiffe und Verlagerung der Fangplätze in "unwirtlichere Gebiete" die Schadenshöhe steigt.
Im vorliegenden Falle hat der Bf. nur 70 % seiner Jahresprämie eingezogen. Der Verzicht auf Einziehung der restlichen 30 %, den der Bf. trotz seines Verlustes vorgenommen hat, rechtfertigt bereits die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung. Hinzu kommt auch nach dem unwidersprochenen Vortrag des Finanzamts, daß dem Bf. von II/1948 bis 1956 nur Verluste in teilweise erheblicher Höhe entstanden sind. Damit ist aber hinreichend dargetan, daß die Beiträge unzureichend erhoben worden sind und die Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung gerechtfertigt ist.
Fundstellen
Haufe-Index 410779 |
BStBl III 1963, 244 |
BFHE 1963, 671 |
BFHE 76, 671 |
DB 1963, 609 |