Entscheidungsstichwort (Thema)
Übertragung eines Grundstücks auf Gesamthand
Leitsatz (NV)
Überträgt der Gesellschafter einer KG auf diese ein Grundstück und scheidet er danach entsprechend und in Verwirklichung eines vorgefaßten Plans innerhalb von neun Monaten aus der Gesellschaft aus, so ist für die Grundstücksübertragung die Steuervergünstigung des § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 nicht zu gewähren.
Normenkette
GrEStG 1983 § 5 Abs. 2
Tatbestand
Die Klägerin ist eine GmbH & Co KG. Im Gesellschaftsvertrag wurde u.a. als Unternehmensgegenstand die Einbringung, Modernisierung und Aufstockung bestimmter mit einem Mietshaus bebauter Grundstücke bezeichnet. Es wurde vereinbart, daß die Komplementärin keine Kapitaleinlage erbringen sollte. Gründungskommanditistin war Frau A mit einer Einlage von 100000 DM. Die Komplementärin wurde ermächtigt, nach eigener Wahl Gesellschafter bis zu einer Höhe von 12500000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio aufzunehmen. In einem Nachtrag zu dem Gesellschaftsvertrag wurde u.a. eine Einlage der Komplementär GmbH von 5000 DM vereinbart und es wurde das vorgesehene Kommanditkapital auf 9 Mio. DM begrenzt.
Durch Vertrag vom 6. Dezember 1984 brachte die Gründungskommanditistin die bezeichneten Grundstücke in die Klägerin ein. Von dem angenommenen Wert der Grundstücke in Höhe von 8,2 Mio. DM sollten 100000 DM auf die Kommanditeinlage der Veräußerin entfallen, in Höhe von 8,1 Mio. DM gewährte die Veräußerin der Klägerin ein Gesellschafterdarlehen. Dieses Darlehen war durch die Veräußerin bei einer Bank refinanziert und sollte zum 31. Dezember 1985 durch die Klägerin für Rechnung der Veräußerin abgelöst werden. Die Veräußerin verpflichtete sich, der Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH eine Registervollmacht bezüglich ihres Kommanditanteils zu erteilen, die es dieser ermöglichte, den Kommanditanteil ganz oder zum Teil an dritte Personen im Wege der Sonderrechtsnachfolge zu veräußern, ohne daß die Veräußerin hieran mitwirken mußte. Bezüglich dieser Vollmacht galt ein Treuhandauftrag an den beurkundenden Notar dahin, daß davon nur und insoweit Gebrauch gemacht werden durfte, als u.a. sichergestellt war, daß Zug um Zug gegen Übertragung des Kommanditanteils der Veräußerin an der Klägerin (oder Teilen davon) 100000 DM der Veräußerin zufließen und daß zugleich gewährleistet sei, daß das Gesellschafterdarlehen in Höhe von 8,1 Mio. DM zurückgezahlt werde. Die Klägerin verpflichtete sich, die Modernisierung entsprechend der schon der Veräußerin erteilten Bewilligung unverzüglich durchzuführen.
Die Veräußerin erteilte der Komplementär-GmbH eine u.a. die Sonderrechtsnachfolge betreffende Handelsregistervollmacht. In einem Prospekt wurden als Gründungskommanditisten ,,im Wege der Sonderrechtsnachfolge" Frau B mit 80000 DM und Herr C mit 20000 DM angegeben. Das Ausscheiden der Veräußerin als Kommanditistin wurde aufgrund einer Anmeldung vom . . . 1985 im Handelsregister am . . . 1985 eingetragen. Nach Darstellung der Klägerin wurde die Sonderrechtsnachfolge am 31. August 1985 bzw. im Dezember 1985 vereinbart, die Angabe der Gründungskommanditisten im Prospekt vom 31. August 1985 habe nur eine Absicht der Komplementär-GmbH wiedergegeben. Die weiteren Kommanditisten sind bis ca. 3,5 Mio. DM bis Februar 1986, im Jahre 1986 mit weiteren 400000 DM und bis 1987 in Höhe von 9 Mio. DM eingetreten.
Durch Bescheid vom 4. Juli 1985 (also vor dem Ausscheiden der Veräußerin als Kommanditistin und vor dem Gesellschafts-Änderungsvertrag vom 19. August 1985) setzte das beklagte Finanzamt (FA) Grunderwerbsteuer gegen die Klägerin fest. Es ging von einer Bemessungsgrundlage von 8,2 Mio DM aus und berücksichtigte einen Steuerfreibetrag nach § 5 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG1983) in Höhe von 1312 DM.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Mit der Klage macht die Klägerin geltend, daß sich aus § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 nach dem Stichtagsprinzip völlige Steuerbefreiung ergebe.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen. Die Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 stehe der Klägerin nicht zu; wenn das FA die Steuer zu einem Teil von 0,8 v.H. nicht erhoben habe, müsse der Klägerin dieser Vorteil mangels Verböserungsmöglichkeit im Klageverfahren verbleiben.
Am Stichtag, dem 6. Dezember 1984, sei die Veräußerin zwar zu 100 v.H. am Vermögen der erwerbenden Klägerin beteiligt gewesen, woraus sich an sich eine Grunderwerbsteuerbefreiung in voller Höhe ergebe, dem stehe jedoch entgegen, daß die Veräußerin im Anschluß an die Einbringung der Grundstücke aus der Klägerin ausgeschieden sei. § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 greife nicht ein, wenn und soweit der Veräußerer entsprechend einem vorgefaßten Plan in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung seine Gesellschafterstellung auf einen anderen übertrage oder reduziere. Im Streitfall sei die Veräußerung des Grundstücks an die Klägerin und das Ausscheiden der Veräußerin Teil eines entsprechenden Gesamtplans gewesen. Es sei nicht notwendiger Bestandteil des Gesamtplans gewesen, an wen die Abtretung des Kommanditanteils erfolgen sollte. Auch der erforderliche sachliche und zeitliche Zusammenhang der Anteilsveräußerung mit dem Grundstückserwerb sei zu bejahen. Für den Streitfall gehe der Senat von einer Beteiligung der Veräußerin an der Klägerin bis spätestens zum 31. August 1985 aus und halte diesen Zeitraum von fast neun Monaten für noch schädlich bei Anwendung des § 5 Abs. 2 GrEStG 1983. Zwar sei eine zu starke Ausdehnung des zeitlichen Zusammenhangs geeignet, eine nicht zu vertretende Rechtsunsicherheit zu schaffen. Im Streitfall messe das FG jedoch - zusätzlich zu den bisherigen Gründen - der ausdrücklichen, einen Gesamtplan enthaltenden Vereinbarung zwischen der Veräußerin und der erwerbenden Klägerin entscheidende Bedeutung bei. Wenn der Gesamthandsgesellschaft das beabsichtigte Ausscheiden der Veräußerin bekannt sei, insbesondere der Zeitpunkt des Ausscheidens der einbringenden Veräußerin aus der erwerbenden Gesamthand dieser Gesamthand überlassen werde, dann sei die Gesamthand als Steuerschuldnerin weniger schutzwürdig als in anderen Fällen.
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Mit dieser macht sie die Verletzung von Vorschriften des GrEStG, insbesondere des § 5 GrEStG 1983, sowie die Verletzung des Stichtagsprinzips und mangelnde Sachaufklärung geltend.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Die Rüge eines Verfahrensmangels hat keinen Erfolg, da die Revisionsbegründung insoweit nicht den Anforderungen des § 120 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht. Die Klägerin rügt zwar mangelnde Sachaufklärung und damit sinngemäß einen Verstoß gegen § 76 FGO, sie bezeichnet jedoch keine Tatsachen, aus denen sich dieser Verfahrensmangel schlüssig ergeben könnte. Ihre Behauptung, die vom FG getroffenen Sachverhaltsfeststellungen seien (teilweise) unzutreffend, kann diesen Verfahrensmangel jedenfalls nicht begründen.
2. Zutreffend hat das FG dahin erkannt, daß der Grundstückserwerb der Klägerin nicht nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 von der Grunderwerbsteuer befreit ist. Nach dieser Vorschrift wird die Steuer beim Übergang eines Grundstücks von einem Alleineigentümer auf eine Gesamthand in Höhe des Anteils nicht erhoben, zu dem der Veräußerer am Vermögen der Gesamthand beteiligt ist. Zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Erwerbsvorgangs (Übertragung des Grundstücks auf die Klägerin) war die Veräußerin formal am Vermögen der Gesamthand beteiligt. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats liegen die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Gewährung der Steuervergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 jedoch dann nicht vor,
a) wenn der Einbringende durch (gesellschafts-)vertragliche Abrede im Ergebnis wirtschaftlich so gestellt ist, als sei er während der Dauer seiner Beteiligung an der Gesamthand und bei deren Beendigung nicht wie ein Eigentümer (anteilig) an den Wertveränderungen des Grundstücks beteiligt gewesen, oder
b) wenn und soweit der Einbringende entsprechend einem vorgefaßten Plan in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung auf die Gesamthand seine Gesellschafterstellung auf einen anderen überträgt (vgl. Senatsurteil vom 16. Januar 1991 II R 38/87, BFHE 163, 246, BStBl II 1991, 374, m.w.N.).
Die Anwendung dieser Grundsätze auf den im Streitfall vom FG festgestellten Sachverhalt, an den der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), führt dazu, daß die von der Klägerin begehrte Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 jedenfalls aus dem oben unter b) dargestellten Grund nicht in Betracht kommt. Das FG ist davon ausgegangen, daß die Veräußerin entsprechend einem vorgefaßten Plan nach der Grundstückseinbringung ihre Beteiligung an der Gesellschaft wieder aufgegeben hat. Nach dem vom FG festgestellten Sachverhalt ist dies nicht zu beanstanden. Zwischen Grundstückseinbringung und Ausscheiden aus der Gesellschaft bestand auch ein sachlicher Zusammenhang. Dies folgt daraus, daß die Veräußerin ihre vermögensmäßige Beteiligung in Verwirklichung des von Anfang an bestehenden Plans tatsächlich aufgegeben hat. Im Ergebnis zutreffend hat das FG auch den zeitlichen Zusammenhang zwischen der Erbringung des Grundstücks und der Aufgabe der Beteiligung an der Klägerin bejaht. Nach den den Senat bindenden Feststellungen des FG handelte es sich im Streitfall dabei um einen Zeitraum von fast neun Monaten. Bei einem derartigen Zeitraum kann ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Einbringung des Grundstücks und der Aufgabe der Beteiligung des Einbringenden am Vermögen der Klägerin noch ohne weiteres bejaht werden, ohne daß es dazu der besonderen - im Streitfall vorliegenden - Umstände bedarf, die für das FG entscheidungserheblich waren (vgl. Senatsurteil in BFHE 163, 246, BStBl II 1991, 374). Es kann deshalb offen bleiben, ob die begehrte Vergünstigung nach den oben zu a) dargestellten Grundsätzen zu versagen gewesen wäre bzw. ob überhaupt eine vermögensmäßige Beteiligung der Einbringenden i.S. von § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 vorlag.
Den grundsätzlichen Einwendungen der Revision gegen seine Rechtsprechung zur Auslegung des § 5 Abs. 2 GrEStG 1983 vermag der Senat nicht zu folgen. Zur Begründung verweist er auch insoweit auf sein Urteil in BFHE 163, 246, BStBl II 1991, 374, sowie auf sein Urteil vom 24. November 1982 II R 38/78 (BFHE 138, 97, BStBl II 1983, 429).
Fundstellen
Haufe-Index 418475 |
BFH/NV 1993, 50 |