Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Feststellungen, rechtlichen Beurteilungen und Beweiswürdigungen eines Strafgerichts - Haftung wegen Steuerhinterziehung - Empfänger einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 KStG bzw. einer verdeckten Gewinnausschüttung
Leitsatz (amtlich)
1. Werden in Verfahren vor dem FG keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben, so kann sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafgerichts zu eigen machen, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt, daß diese zutreffend sind.
2. Eine Haftung wegen Steuerhinterziehung scheidet aus, wenn auch ohne die vorsätzliche Tat keine Steuer entstanden wäre.
3. Empfänger einer anderen Ausschüttung kann nur der zivilrechtliche oder wirtschaftliche Gesellschafter oder ggf. eine diesem nahestehende Person sein. Verschafft sich ein Geschäftsführer o.ä., der diese Voraussetzungen nicht erfüllt, Vorteile zu Lasten des Gewinns der Kapitalgesellschaft, so liegt daher keine Ausschüttung i.S. des § 27 KStG vor.
Orientierungssatz
1. Eine rechtmäßige Verurteilung wegen Steuerhinterziehung oder Teilnahme hieran eröffnet als solche noch nicht automatisch die Möglichkeit, den Hinterzieher oder Teilnehmer zur Haftung nach § 71 AO 1977 heranzuziehen. Die Haftung gemäß § 71 AO 1977 ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten, sondern soll allein den durch die Hinterziehungshandlung verursachten Vermögensschaden des Fiskus ausgleichen. Ein solcher tritt insbesondere dann ein, wenn die Steuer aufgrund der vorsätzlichen Tathandlung zu niedrig festgesetzt wird.
2. Die Haftung des Steuerhinterziehers beschränkt sich auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist. Nur soweit der Vorsatz reicht, haftet er. Hat der erklärte Verlust fingierte Betriebsausgaben bei weitem überschritten, so daß auch bei steuerehrlichem Verhalten keine höhere Körperschaftsteuer als 0 DM hätte festgesetzt werden können, scheidet eine Haftung aus. Es ist unzulässig, in diesem Zusammenhang darauf abzustellen, daß im Rahmen einer erst nach der Erstveranlagung stattgefundenen Betriebsprüfung weitere Feststellungen getroffen worden sind, die zu positiven Einkünften geführt haben, wenn die gewinnerhöhenden Tatsachen nicht in strafbarer Weise verschwiegen worden sind.
3. Der Kern der BFH-Entscheidung vom 24.1.1989 VIII R 74/84 besagt nur, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung möglich ist, wenn die von der Kapitalgesellschaft versprochene Leistung in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses steht und der Empfänger dann auch tatsächlich Gesellschafter wird.
Normenkette
AO 1977 §§ 71, 191, 370 Abs. 1; KStG 1977 § 27 Abs. 3, § 8 Abs. 3 S. 2; FGO § 76 Abs. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war vom 1. November 1972 bis 25. Juli 1974 zu 100 % Gesellschafter der T-GmbH. Zum 25. Juli 1974 übernahm die SRL, Rom, 90 % und ab 3. Februar 1976 die restlichen 10 % der Gesellschaftsanteile an der T-GmbH. Bis 3. Dezember 1973 war der Kläger und danach dessen Freund F Geschäftsführer der T-GmbH. Die T-GmbH stellte Filme im Auftrag der C KG her, deren Geschäfte der Kläger führte.
Die T-GmbH gab für die Streitjahre 1975 am 29. April 1977, 1976 am 24. April 1978 und 1977 am 19. April 1979 jeweils die Steuererklärungen ab, in denen sie für 1975 und 1976 Verluste (1975: ./. 476 781 DM; 1976: ./. 166 693 DM) und für 1977 einen Gewinn in Höhe von 203 089 DM erklärte. Die Körperschaftsteuer wurde --1977 unter Berücksichtigung eines erklärten Verlustvortrages in Höhe von 316 162 DM-- jeweils erklärungsgemäß auf 0 DM festgesetzt.
Anläßlich einer Betriebsprüfung, der sich eine Steuerfahndungsprüfung anschloß, wurde festgestellt, daß der Kläger F veranlaßt hatte, ihm 1975 und 1976 jeweils 80 000 DM und 1977 533 816 DM zur privaten Verwendung auszuzahlen. Nach den Feststellungen im Strafurteil, denen ein Geständnis des Klägers zugrunde lag, wurden mit Wissen des Klägers diese Gelder über fingierte Betriebsausgaben verbucht und der entsprechend geminderte Gewinn in den Körperschaftsteuererklärungen angegeben. Der Kläger wurde aufgrund dieser Feststellungen in 1984 wegen Vergehens der Anstiftung zur Steuerhinterziehung in Tatmehrheit mit einem Vergehen der Steuerhinterziehung verurteilt.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ am 27. November 1986 gegenüber dem Kläger einen Haftungsbescheid gemäß §§ 71, 191 der Abgabenordnung (AO 1977), in dem er unter Übernahme der im Strafurteil angesetzten Gewinnausschüttungen den Kläger für Körperschaftsteuer 1975, 1976 und 1977 zur Haftung heranzog. Klage und Einspruch hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Akten des Strafverfahrens mit Verfügung vom 22. März 1993 zum Verfahren beigezogen.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 76 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO), Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und des § 6 Abs. 1 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1968 bzw. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 und beantragt, das Urteil des FG und den Haftungsbescheid vom 27. November 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 1987 aufzuheben, hilfsweise, die Sache zur erneuten Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils und für 1975 und 1976 zur Aufhebung des Haftungsbescheides und der Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO) und für 1977 zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).
A. Die Verfahrensrügen sind nicht in der von § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO gebotenen Form erhoben worden und daher unzulässig.
1. Zur ordnungsgemäßen Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gehört nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, daß der Prozeßbeteiligte vorträgt, was er bei Gewährung rechtlichen Gehörs Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte (vgl. z.B. Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25. März 1993 I B 141-143/92, BFH/NV 1993, 676; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 119 Rdnr.13 m.w.N.). Die Darlegung des Klägers in seiner Revisionsbegründungsschrift, daß bei Gewährung rechtlichen Gehörs für ihn Anlaß bestanden hätte, sich noch detaillierter als geschehen mit dem Strafurteil und seinem Geständnis im Strafverfahren auseinanderzusetzen, entspricht diesen Anforderungen nicht. Sie läßt gänzlich offen, was er als Ergebnis dieser Auseinandersetzung noch vorzutragen gehabt hätte.
2. Bezüglich der übrigen Verfahrensrügen sieht der Senat von einer Begründung gemäß Art. 1 Nr. 8 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) ab.
B. Gemäß § 71 i.V.m. § 191 AO 1977 kann derjenige, der eine Steuerhinterziehung oder eine Steuerhehlerei begeht, oder an einer solchen Tat teilnimmt, als Haftender für die verkürzten Steuern in Anspruch genommen werden. Da nach den Feststellungen des FG die Steuerhinterzieherhandlung in der Abgabe unrichtiger Steuererklärungen lag und diese für sämtliche Streitjahre erst nach dem 1. Januar 1977 abgegeben wurden, beurteilt sich die Haftungsinanspruchnahme ausschließlich nach dem Recht der AO 1977 (§ 11 des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung --EGAO 1977--).
1. Eine Steuerhinterziehung begeht u.a., wer den Finanzbehörden über steuerlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht und dadurch Steuern verkürzt (§ 370 Abs. 1 AO 1977). Teilnehmer einer Straftat ist der Gehilfe oder der Anstifter (§§ 26, 27 des Strafgesetzbuches --StGB--; v.Wallis in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung, § 71 AO 1977 Rdnr.3). Die Frage, ob der in Haftung Genommene eine Steuerhinterziehung beging oder an ihr teilnahm, ist eine im Haftungsverfahren zu prüfende strafrechtliche Vorfrage. Im allgemeinen ist es nicht zu beanstanden, wenn sich das FG die tatsächlichen Feststellungen, Beweiswürdigungen und rechtlichen Beurteilungen des Strafverfahrens zu eigen macht, wenn und soweit es zu der Überzeugung gelangt ist, daß diese zutreffend sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine substantiierten Einwendungen gegen die Feststellungen im Strafurteil erhoben werden (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 12. Januar 1988 VII R 74/84, BFH/NV 1988, 692 m.w.N.).
In diesem Sinne konnte das FG die Feststellungen des Landgerichts (LG) zu den tatsächlichen Ereignissen und zur vorsätzlichen Anstiftung zur Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuererklärungen übernehmen. Der Kläger hat im Klageverfahren insoweit keinerlei Einwendungen gegen das Strafurteil erhoben. Er hat lediglich darauf hingewiesen, daß Geständnisse im Strafverfahren sich nur auf Tatsachen, nicht aber auf die rechtlichen Qualifikationen erstrecken und daß er nur wegen Hinterziehung von Einkommensteuer, nicht aber von Körperschaftsteuer verurteilt worden sei. Letzteres hat das FG zutreffend verneint. Das LG hat, wie dem Tenor des Strafurteils und seiner Begründung (vgl. insbesondere S.6) zu entnehmen ist, den Kläger wegen Steuerhinterziehung in Sachen Einkommensteuer und wegen Anstiftung zur Steuerhinterziehung in Sachen Körperschaftsteuer verurteilt.
Das FG hat zu Recht nicht die rechtlichen Ausführungen des LG zum Vorliegen verdeckter Gewinnausschüttungen übernommen, da das LG offensichtlich davon ausging, daß der Kläger seit der Gründung der T-GmbH (Mit-)Gesellschafter war. Nach den eigenen Feststellungen des FG hatten sich die Beteiligungsverhältnisse seit der Gründung aber in entscheidungserheblicher Weise verändert. Die Frage, ob das LG daher zu Recht in der Auszahlung der streitigen Beträge Gewinnausschüttungen der Jahre 1975 bis 1977 gesehen hat, kann hier dahingestellt bleiben.
2. Von den strafrechtlichen Vorfragen zu trennen ist die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme. Auch eine rechtmäßige Verurteilung wegen Steuerhinterziehung oder Teilnahme hieran eröffnet als solche noch nicht automatisch die Möglichkeit, den Hinterzieher oder Teilnehmer zur Haftung nach § 71 AO 1977 heranzuziehen. Die Haftung gemäß § 71 AO 1977 ist keine zusätzliche Strafsanktion für steuerunehrliches Verhalten, sondern soll allein den durch die Hinterziehungshandlung verursachten Vermögensschaden des Fiskus ausgleichen (vgl. BFH-Urteile vom 26. August 1992 VII R 50/91, BFHE 169, 13, BStBl II 1993, 8 m.w.N.; vom 22. Juli 1993 VI R 116/90, BFHE 171, 547, BStBl II 1993, 775; Halaczinsky in Koch, Abgabenordnung - AO 1977, 4. Aufl., § 71 Rdnr.6 m.w.N.; anders noch BFH-Urteil vom 5. Juni 1985 VII R 57/82, BFHE 144, 290, BStBl II 1985, 688). Ein solcher tritt insbesondere dann ein, wenn die Steuer aufgrund der vorsätzlichen Tathandlung zu niedrig festgesetzt wird (vgl. BFH-Urteil vom 2. April 1981 V R 39/79, BFHE 133, 121, BStBl II 1981, 627). Haftungsvorschriften erschließen keine zusätzlichen Einnahmequellen (vgl. auch Gast de Haan, Zeitschrift für Wirtschaft, Steuer, Strafrecht --wistra-- 1988, 298). § 71 AO 1977 unterscheidet sich insoweit nicht von den übrigen Haftungsnormen. Der Senat verkennt nicht, daß der Wortlaut des § 71 AO 1977 eine andere Auslegung zuließe. Immerhin könnte die Formulierung, daß der Steuerhinterzieher und der Teilnehmer an der Steuerhinterziehung für die "verkürzten Steuern" hafte, als Verweis auf § 370 Abs. 4 Satz 3 AO 1977 verstanden werden, wonach eine Steuerverkürzung auch dann vorliegt, wenn die Steuer, auf die sich die Tat bezieht, aus anderen Gründen ermäßigt oder der Steuervorteil aus anderen Gründen hätte beansprucht werden können. Diese Vorschrift ist aus dem Zweck der Strafnorm, steuerunehrliches Verhalten ggf. unabhängig von einem Vermögensschaden des Fiskus zu bestrafen, konsequent. Eine Haftung für eine Steuer, die beim Steuerschuldner auch bei steuerehrlichem Verhalten nie entstanden wäre, widerspricht aber dem Grundgedanken der Akzessorietät der Haftung. Akzessorietät bedeutet Abhängigkeit der Haftung von einem Primäranspruch (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 1986 VII R 193/82, BFHE 147, 200, BStBl II 1986, 872 unter 3.; BFH-Beschluß vom 24. Januar 1989 VII B 188/88, BFHE 155, 497, BStBl II 1989, 315; BFH-Urteile vom 5. November 1992 I R 41/92, BFHE 170, 204, BStBl II 1993, 407 m.w.N.; vom 18. Mai 1983 I R 193/79, BFHE 138, 335, BStBl II 1983, 544; Mösbauer, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1984, 94, 95; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Vor § 69 AO 1977 Tz.7). Besteht nach materiellem Steuerrecht kein Steueranspruch, ist kein Raum für eine Haftung. Übertragen auf den Fall der Steuerhinterzieherhaftung bedeutet dies, daß der Steuerhinterzieher oder der Teilnehmer an der Steuerhinterziehung zur Haftung nicht herangezogen werden kann, wenn ohne seine vorsätzliche Tat keine Steuer entstanden wäre. Auch die in § 191 Abs. 5 Satz 2 AO 1977 gesetzlich geregelte Durchbrechung der Akzessorietät bei Steuerhinterziehung oder Steuerhehlerei geht von einer gegenüber dem Steuerschuldner materiell bestehenden Steuerschuld aus.
3. Nach diesen Grundsätzen kann der Kläger als Anstifter zur Steuerhinterziehung nicht für Körperschaftsteuer 1975 und 1976 in Haftung genommen werden.
Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) bestand die Tathandlung des Klägers in der Anstiftung zur Abgabe unrichtiger Körperschaftsteuererklärungen für die T-GmbH. Bei steuerehrlichem Verhalten des F und des Klägers wäre die Körperschaftsteuer 1975 und 1976 nicht höher als 0 DM festgestellt worden, da die 1975 und 1976 erklärten fingierten Betriebsausgaben jeweils 80 000 DM betrugen, während die erklärten Verluste im übrigen diese Beträge aber bei weitem überschritten.
Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das FA bei steuerehrlichem Verhalten eine höhere Körperschaftsteuer als 0 DM hätte festsetzen können. Es ist unzulässig, in diesem Zusammenhang darauf abzustellen, daß im Rahmen der erst nach Erstveranlagung stattgefundenen Betriebsprüfung weitere Feststellungen getroffen wurden, die zu positiven Einkünften für 1975 und 1976 führten. Die Haftung des Steuerhinterziehers beschränkt sich auf den Vermögensschaden, der durch seine vorsätzliche Tat eingetreten ist. Nur soweit der Vorsatz reicht, haftet er (vgl. BFH-Urteil vom 26. Februar 1991 VII R 3/90, BFH/NV 1991, 504 m.w.N.; Tipke/Kruse, a.a.O., § 71 AO 1977 Tz.6 m.w.N.; Halaczinsky in Koch, a.a.O., § 71 Rdnr.6). Da die übrigen gewinnerhöhenden Tatsachen nicht in strafbarer Weise verschwiegen wurden, können sie bei Ermittlung des durch die Hinterziehung eingetretenen Schadens nicht zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden.
Da der Senat durch Gerichtsbescheid entscheidet, bleibt dem FA im Rahmen eines Antrags auf mündliche Verhandlung die Möglichkeit, weitere Hinterzieherhandlungen darzulegen, die zu einem effektiven Steuerausfall durch die Erstveranlagung 1975 und 1976 führten. Sollte der Kläger im Rahmen der Außenprüfung erneut unrichtige Angaben gemacht haben, die zu keiner Verkürzung führten, so hätte dies haftungsrechtlich keine Relevanz. Der bloße Versuch einer Steuerhinterziehung begründet keine Haftung (vgl. Halaczinsky in Koch, a.a.O., § 71 Rdnr.4; Tipke/Kruse, a.a.O., § 71 AO 1977 Tz.3).
4. Das zu 3. Gesagte gilt entsprechend für die tarifliche Körperschaftsteuer 1977. Daraus folgt, daß zu ermitteln ist, wie hoch bei der Erstveranlagung 1977 das zu versteuernde Einkommen bei steuerehrlichem Verhalten gewesen wäre. Dabei sind neben dem erklärten Gewinn und den fingierten Betriebsausgaben auch ein Verlustvortrag, der allerdings um die 1975 und 1976 hinterzogenen Beträge zu mindern ist, und eine Gewerbesteuerrückstellung zu berücksichtigen.
a) Bei Ermittlung des mit dem Tarifsteuersatz zu versteuernden Einkommens 1977 gemäß § 7 Abs. 1, § 23 KStG hätte sich bei steuerehrlichen Angaben eine "unrechtmäßige Entnahme" in jedem Fall erhöhend ausgewirkt. Durch den --unstreitigen-- Ansatz fingierter Betriebsausgaben minderte sich der dem FA gegenüber erklärte Gewinn 1977 und folglich das der Besteuerung zugrundezulegende zu versteuernde Einkommen und letztlich die festgesetzte Körperschaftsteuer. Der verkürzte Gewinnausweis wäre entweder durch den Ansatz eines entsprechenden Schadensersatzanspruchs gemäß § 823 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) i.V.m. § 266 StGB bei der Gewinnermittlung oder ggf. durch Hinzurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG zu korrigieren. Zweifel an der Aktivierung eines Ersatzanspruches ergeben sich im Streitfall nicht, da der Kläger das Vorliegen von verdeckten Gewinnausschüttungen gerade mit dem Hinweis auf das Vorliegen strafbarer Handlungen bestritten und damit das Begehen dieser Taten eingestanden hat.
Zu berücksichtigen bleibt bei der Ermittlung des Steuerausfalls, der durch die fingierten Betriebsausgaben eintrat, daß der den Gewerbesteuerfehlbetrag nach § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) übersteigende Gewerbeertrag zur Bildung einer gewinnmindernden Gewerbesteuerrückstellung führt.
b) Die Frage, ob die Auszahlungen an den Kläger verdeckte Gewinnausschüttungen sind, ist daher letztlich nur insoweit entscheidungserheblich, als der Kläger für eine Körperschaftsteuererhöhung gemäß § 27 KStG in Haftung genommen wurde.
Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 1 KStG ist eine Leistung einer Kapitalgesellschaft an ihren Anteilseigner in Erfüllung eines Gewinnverteilungsbeschlusses oder in Vollzug einer anderen Ausschüttung i.S. des § 27 Abs. 3 KStG. Eine andere Ausschüttung liegt vor, wenn die Leistung der Kapitalgesellschaft keine offene Gewinnausschüttung ist, jedoch durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist und bei der Kapitalgesellschaft abfließt (vgl. BFH-Urteile vom 9. Dezember 1987 I R 260/83, BFHE 151, 560, BStBl II 1988, 460; vom 31. Oktober 1990 I R 47/88, BFHE 162, 546, BStBl II 1991, 255 m.w.N.). Für die Frage, ob der Leistung der Kapitalgesellschaft ein gesellschaftlicher Anlaß zugrunde liegt, gilt nichts anderes als bei der verdeckten Gewinnausschüttung i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG (BFH-Urteil vom 8. September 1993 I R 27/93, BFH/NV 1994, 413 m.w.N.). Fließt Vermögen an einen Nichtgesellschafter und auch nicht an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ab, so kann keine (andere) Gewinnausschüttung vorliegen.
aa) Das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob der Kläger anstelle der zivilrechtlichen Gesellschafterin 1977 wirtschaftliche Gesellschafter der T-GmbH war. Zwar hat es ausgeführt, daß der Kläger bei wirtschaftlicher Betrachtung als Inhaber der Gesellschafterrechte zu beurteilen sei. Dieser Überzeugung liegt aber nicht die Vorstellung zugrunde, daß der Kläger der --unbekannte-- Inhaber der Anteile an der SRL ist, sondern daß die italienische Gesellschaft durch die Manipulationen des Klägers im Zusammenwirken mit F faktisch gehindert gewesen sei, die "ihr zustehenden Gesellschafterrechte auszuschöpfen". Auch die Ausführungen des FG, wonach sich eine offene Ausschüttung verbot, weil die italienische Gesellschaft sonst von den Vermögensverschiebungen Kenntnis erlangt hätte, verdeutlichen, daß das FG im Grundsatz davon ausgeht, daß die italienische Gesellschaft Gesellschafterin der T-GmbH war.
Inhaber eines Gesellschaftsanteils kann aber entweder nur der zivilrechtliche Gesellschafter (§ 39 Abs. 1 AO 1977) oder derjenige sein, der den Anteilsinhaber für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO 1977). Die bloße Tatsache, daß der Kläger und F die SRL durch eigenmächtiges Handeln "kalt stellten", nimmt der zivilrechtlichen Gesellschafterin nicht die Verfügungsbefugnisse und die gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsrechte. Die Auffassung des FG führt für den Fall einer fehlenden wirtschaftlichen Identität zwischen dem Kläger und der SRL zu dem absurden Ergebnis, daß die T-GmbH und damit letztlich deren Gesellschafter eine Körperschaftsteuer nach § 27 KStG zu zahlen hätten, obgleich sie nach den Feststellungen des FG vom Kläger und F hintergangen wurden und daß gleichwohl der Kläger in den Genuß des zu Lasten der T-GmbH erhobenen Körperschaftsteuerguthabens gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) käme.
bb) Eine verdeckte Gewinnausschüttung kommt ferner in Betracht, wenn der Kläger Inhaber der Anteile an der SRL gewesen sein sollte. Für diesen Fall läge eine (mittelbare) verdeckte Gewinnausschüttung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person vor (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1985 I R 247/81, BFHE 145, 165, BStBl II 1986, 195).
cc) Die Annahme einer (anderen) Ausschüttung i.S. des § 27 KStG läßt sich --entgegen der Auffassung des FG-- nicht auf die Entscheidung des BFH vom 24. Januar 1989 VIII R 74/84 (BFHE 156, 126, BStBl II 1989, 419) stützen. Der Kern dieser Entscheidung besagt nur, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung möglich ist, wenn die von der Kapitalgesellschaft versprochene Leistung in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Begründung des Gesellschaftsverhältnisses steht und der Empfänger dann auch tatsächlich Gesellschafter wird. Dergestalt liegt der Sachverhalt im Streitfall nicht. Auch den Entscheidungen des Senats zu verdeckten Gewinnausschüttungen an ehemalige Gesellschafter (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 22. Juni 1977 I R 171/74, BFHE 123, 321, BStBl II 1978, 33; vom 10. November 1993 I R 36/93, zur Veröffentlichung in BFH/NV bestimmt) kann nicht entnommen werden, daß Gewinn an jeden ehemaligen Gesellschafter i.S. des § 8 Abs. 3 Satz 2, § 27 KStG ausgeschüttet werden kann. Sie besagen nur, daß Vermögensabflüsse, für die während des Bestehens gesellschaftsrechtlicher Verbundenheit ein Rechtsgrund gelegt wurde, nicht deswegen das Merkmal einer (verdeckten, anderen) Gewinnausschüttung verlieren, wenn der Gesellschafter im Zeitpunkt des Vermögensabflusses nicht mehr Gesellschafter der Kapitalgesellschaft ist. Ein Rechtsgrund für die Zahlungen der T-GmbH an den Kläger im Jahr 1977 wurde nicht in den Jahren gelegt, in denen der Kläger noch unstreitig Gesellschafter der T-GmbH war.
c) Das FG wird im zweiten Rechtsgang nunmehr festzustellen haben, ob der Kläger 1977 Inhaber i.S. des § 39 AO 1977 der Anteile an der T-GmbH oder ggf. Inhaber der Anteile an der SRL war. Dem Steuerfahndungsbericht scheinen entsprechende Überlegungen zugrunde zu liegen. Dieser liegt dem Senat aber nicht vor. Das FG kann in seine Würdigung auch mit einfließen lassen, daß die T-GmbH sich offenkundig nie gegen den Steuersatz für personenbezogene Kapitalgesellschaften nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 KStG 1968 wandte, was nur zulässig wäre, wenn eine natürliche Person mit mindestens 76 % an der T-GmbH beteiligt gewesen wäre. Bei einer 100 %igen Beteiligung einer italienischen Kapitalgesellschaft wäre dies nicht der Fall gewesen.
Sollten die Feststellungen des FG ergeben, daß der Kläger wirtschaftlicher Inhaber der Anteile an der T-GmbH war, so kann auch keine sog. unrechtmäßige Entnahme im Sinne der Entscheidung des Senats vom 13. August 1957 I 161/56 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961, 230) vorliegen. Im übrigen würde selbst die Erfüllung des Straftatbestandes einer Untreue oder Unterschlagung der Annahme von Gewinnausschüttungen nicht entgegenstehen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Oktober 1992 I R 14/92, BFHE 169, 340, BStBl II 1993, 351; I R 17/92, BFHE 169, 343, BStBl II 1993, 352).
Fundstellen
Haufe-Index 64938 |
BFH/NV 1995, 18 |
BStBl II 1995, 198 |
BFHE 175, 489 |
BFHE 1995, 489 |
BB 1995, 138 (L) |
DB 1995, 460 (L) |
DStR 1995, 134-136 (KT) |
DStZ 1995, 183-185 (KT) |
HFR 1995, 189-191 (LT) |
StE 1995, 41 (K) |