Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Grundstücksnießbraucher mit fremden Geldern am Grundstück Umbauten vor und werden ihm die "Umbaukosten" geschenkt, so kann sich die Besteuerungsgrundlage für die Schenkungsteuer nicht am Einheitswert des Grundstückes orientieren.
Normenkette
BGB § 95 Abs. 1 S. 2, § 1037; ErbStG 1974 § 12; BewG 1965 § 2 Abs. 2, §§ 9, 19 Abs. 1 Nr. 1, § 68 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin erklärte in ihrer Schenkungsteuererklärung, sie habe in den Jahren 1974 bis 1976 von ihrem Ehemann, einem Fabrikanten, 341 784,10 DM geschenkt erhalten, um damit ein Wohngebäude umbauen zu lassen. Das Wohngebäude war früher aufgrund eines Erbbaurechts errichtet worden. Am 5. Dezember 1973 hatte die damals minderjährige Tochter dieses Erbbaurecht mit seinen Bestandteilen, das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück sowie zwei angrenzende Grundstücke gekauft und hatte gleichzeitig ihren Eltern als Gesamtberechtigten einen lebenslangen Nießbrauch "an diesem Gesamtbesitz" bestellt und ihnen ein Vorkaufsrecht eingeräumt. Der Inhalt des Nießbrauchsrechts sollte sich nach den gesetzlichen Regeln mit Ausnahme der §§ 1037, 1038, 1041 und 1051 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) richten. Das Grundstück liegt im Außenbereich, im Landschaftsschutzgebiet. Bei dem "Umbau" handelt es sich im wesentlichen um die Erweiterung des Wohngebäudes unter Abbruch eines Nebengebäudes, den Einbau einer Ölheizung und die Errichtung einer Kläranlage.
Das Finanzamt (FA) war der Ansicht, die Klägerin habe Geld geschenkt erhalten. Dementsprechend setzte es die Schenkungsteuer gegen die Klägerin durch Bescheid vom 16. August 1978 auf 3 668 DM fest. Der Einspruch blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) hat der auf Aufhebung der Steuerfestsetzung gerichteten Klage stattgegeben. Es hat sich für überzeugt erklärt, daß "der Gegenstand der Schenkung zweifelsfrei nicht in einem Geldbetrag besteht". Unstreitig hätten die Beträge zur Zahlung der anfallenden Umbaukosten gedient. Bei dieser Sachlage sei es durchaus glaubhaft, daß nach dem Willen der Parteien Gegenstand der Schenkung die (auf die Klägerin treffenden hälftigen) Umbaukosten gewesen seien. Im Hinblick auf den der Klägerin zustehenden Freibetrag einerseits und den auf den 1. Januar 1976 festgestellten Einheitswert für das bebaute Grundstück von 170 600 DM andererseits bleibe kein steuerpflichtiger Erwerb, weil in jedem Fall der Wert des Erwerbs nur einen Anteil am festgestellten Einheitswert ausmachen könne.
Mit der vom FG zugelassenen Revision begehrt das FA, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen. Es rügt Verletzung von § 7 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG 1974) sowie § 516 Abs. 1, §§ 93, 94 und 946 BGB.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückweisung der Sache an das FG zu anderweitiger Verhandlung und Entscheidung.
Das Urteil des FG ist schon deshalb aufzuheben, weil das FG rechtsfehlerhaft den Wert der freigebigen Zuwendung auf der Grundlage des Einheitswertes des der Tochter der Klägerin gehörenden Grundstücks vorgenommen hat.
Nach § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB gehören Gebäude oder andere Werke, die in Ausübung eines Rechtes an einem fremden Grundstück von dem Berechtigten mit dem Grundstück verbunden worden sind, nicht zu den Bestandteilen eines Grundstückes. Das nämliche gilt für die Verbindung mit einem auf dem Grundstück befindlichen Gebäude (vgl. Urteil des Reichsgerichts -- RG -- vom 2. Dezember 1922 VI 162/22, RGZ 106, 49). Zu den in § 95 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten Rechten an einem fremden Grundstück gehört auch der Grundstücksnießbrauch. Zufolge dieser ausdrücklichen positiven Regelung geht bei Verbindung von beweglichen Sachen mit dem Grundstück bzw. dem Gebäude auch dann das Eigentum an diesen nicht nach § 946 BGB über, wenn sie ohne diese Besonderheit wesentlicher Bestandteil des Grundstückes würden (§§ 93, 94 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB). Da die zum Zwecke des Umbaues eingefügten Sachen nicht in das Eigentum der Tochter übergegangen sind, können sie im Hinblick auf § 2 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) nicht in die wirtschaftliche Einheit des Grundbesitzes einbezogen werden. Die Einbauten rechnen somit nicht zum Grundvermögen (§ 68 Abs. 1 Nr. 1 BewG); für sie ist kein Einheitswert festzustellen (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 BewG). Die Bewertung richtet sich vielmehr nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften, weil sie offensichtlich nicht dem Betrieb eines Gewerbes als Hauptzweck dienen (§ 95 BewG). Die durch den Umbau geschaffenen Wirtschaftsgüter sind dementsprechend mit dem gemeinen Wert (§ 9 BewG) anzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 74477 |
BStBl II 1983, 62 |
BFHE 1983, 555 |