Leitsatz (amtlich)
1. Die vor der Erteilung einer Genehmigung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. angehörte Berufskammer ist befugt, die entgegen ihrer Stellungnahme erteilte Genehmigung durch Klage anzufechten.
2. Bei der rechtlichen Nachprüfung einer von der obersten Landesbehörde nach § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. erteilten Genehmigung ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sie erteilt worden ist.
2. Wer ein rechtswissenschaftliches Hochschulstudium durch die erste juristische Staatsprüfung abgeschlossen und einen dieser Vorbildung entsprechenden Beruf in der Wirtschaft ausgeübt hat, ist im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. eine "Kraft anderer Fachrichtung" als der des Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers oder Steuerbevollmächtigten.
2. Die einer anderen Fachrichtung als der des Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers oder Steuerbevollmächtigten angehörende Kraft kann nur dann als im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. "besonders befähigt" angesehen werden, wenn sie Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, die die Besonderheiten ihres Berufes umfassen, auch die Steuerberatung berühren und über dem Durchschnitt dessen liegen, was das einschlägige Berufsbild verlangt. Die Qualifikation einer "besonders befähigten" Kraft kann auch durch eine langjährige leitende Tätigkeit in der Wirtschaft erworben werden.
Normenkette
StBerG a.F. § 17 Abs. 2 Sätze 1-2
Tatbestand
Die Beigeladene 1 und Revisionsklägerin (Beigeladene 1) - eine GmbH - ist als Steuerberatungsgesellschaft anerkannt. Sie beantragte im August 1973 beim Beklagten - einer obersten Landesbehörde -, gemäß § 17 Abs. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG a. F.) zu genehmigen, daß der Beigeladene 2 bei ihr zum weiteren Geschäftsführer bestellt werde. Die Steuerberaterkammer (Klägerin und Revisionsbeklagte - Klägerin -) bat bei ihrer Anhörung den Beklagten, den Antrag abzulehnen. Gleichwohl gab der Beklagte dem Antrag durch Bescheid vom 6. Juni 1975 statt.
Mit der Klage begehrte die Klägerin, die Genehmigung aufzuheben, mit der Begründung, der Beigeladene 2 sei zwar als Jurist eine Kraft anderer Fachrichtung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F., jedoch keine "besonders befähigte" im Sinne dieser Vorschrift, da er die zweite Staatsprüfung nicht abgelegt habe.
Das FG gab der Klage statt und führte aus:
Der Beigeladene 2 habe auf Anordnung des Gerichts seinen Ausbildungsweg und seinen beruflichen Werdegang geschildert. Hiernach habe sich folgendes ergeben:
Er sei 1935 geboren, habe im Jahr 1956 die Reifeprüfung abgelegt und von da an bis 1960 Betriebswirtschaftslehre und Rechtswissenschaften studiert. In den Jahren 1955 und 1957 habe er bei zwei Firmen betriebswirtschaftliche Praktika absolviert. Ende 1959 habe er die erste juristische Staatsprüfung abgelegt und im Jahre 1960 zum Dr. jur. mit der Note "rite" promoviert. Danach sei er bis 1969 im väterlichen Großhandelsunternehmen als Prokurist und Geschäftsführer tätig gewesen. Für die Zeit von Januar 1970 bis Juli 1971 habe er als Tätigkeit ein "freiberufliches Management auf Zeit" angegeben. Von August 1971 bis November 1972 sei er Direktionsassistent in der Geschäftsstelle einer Wirtschaftsorganisation gewesen. Im Dezember 1972 habe er einen befristeten Beratungsauftrag in einem mittelständischen Unternehmen gehabt. Seit Januar 1973 sei er Mitarbeiter der Beigeladenen 1. Im Zeugnis der Wirtschaftsorganisation werde u. a. ausgeführt, daß zu seinen Aufgaben die Bearbeitung aller anfallenden Re?gelegenheiten gehört habe, insbesondere von Problemen des Wettbewerbs- und Warenzeichenrechts. Ferner habe er die Sitzungen der Geschäftsleitung vorbereitet, die Protokolle dieser Sitzungen geführt und die Terminskontrolle in bezug auf die getroffenen Beschlüsse ausgeführt. Schließlich habe er auch die Dienstaufsicht über die verschiedenen Hausdienste, wie Schreibbüro, Telex- und Telefondienst, Versandstelle, Informationsstelle, Reisebüro und Kantine innegehabt.
Der Beigeladene 2 sei zwar als bisher in der Wirtschaft tätiger Jurist eine Kraft anderer Fachrichtung im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung und den vorgetragenen Einzelheiten seiner Ausbildung und seines beruflichen Werdegangs stehe aber zur Überzeugung des FG fest, daß er keine "besonders befähigte" Kraft im Sinne dieser Vorschrift sei und seine angeblichen Spezialkenntnisse in keinem erkennbaren bedeutsamen Zusammenhang mit der Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft stünden. Seine Promotion zum Dr. jur. müsse außer Betracht bleiben. Zum einen habe das verwaltungsrechtliche Dissertationsthema keinen Bezug zur zulässigen Beratungstätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft, zum anderen führe die Tatsache, daß ein Jurist promoviert habe, nicht allein dazu, daß er zwangsläufig als besonders befähigt angesehen werden müßte. Auch die behaupteten Kenntnisse auf dem Gebiet des Wettbewerbs- und Warenzeichenrechts hätten die Erteilung der Genehmigung durch den Beklagten nicht rechtfertigen können. Die für den Erwerb solcher Kenntnisse in Betracht kommende Tätigkeit bei einer Wirtschaftsorganisation habe nur 16 Monate gedauert. Zudem sei er während dieser Zeit mit einer Reihe von anderen Aufgaben betraut gewesen. Bereits deshalb erscheine es nach der allgemeinen Lebenserfahrung ausgeschlossen, daß er auf dem Gebiet des Wettbewerbs- und Warenzeichenrechts als eine "besonders befähigte" Kapazität angesehen werden. könne. Er habe auch diesbezüglich nichts Konkretes vorgetragen. Erforderlich wäre jedoch gewesen, daß die angebliche besondere Befähigung sich in irgendeiner Weise feststellbar dokumentiert hätte. Das sei aber nicht der Fall gewesen.
Gegen diese Entscheidung hat die Beigeladene 1 Revision eingelegt. Sie macht geltend:
Die Klägerin sei nicht befugt gewesen, den Bescheid des Beklagten vom 6. Juni 1975 anzufechten. Das Gesetz habe den Beklagten nur verpflichtet, die Klägerin vor seiner Entscheidung anzuhören. Da der Beklagte diese Pflicht erfüllt habe, könne die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt und daher auch nicht klagebefugt gewesen sein. Aus den Akten des Beklagten gehe hervor, daß der Bescheid der Klägerin sogleich zugestellt worden sei. Diese habe die Klage aber erst nach mehr als vier Monaten und somit verspätet erhoben.
Der BFH habe im Urteil vom 3. August 1976 VII R 103/75 (BFHE 120, 97, BStBl II 1976, 800) einen Diplomvolkswirt als eine "Kraft anderer Fachrichtung" im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. anerkannt und dabei Ausführungen zu der Frage gemacht, wann eine solche Kraft "besonders befähigt" sei. Diese Ausführungen seien dahin zu verstehen, daß die Kraft anderer Fachrichtung Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen besitzen müsse, die mit ihrer Fachrichtung in Zusammenhang stünden, auch ein Fachgebiet des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers betreffen könnten und über das hinausgingen, was der Vorbildung des Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder vereidigten Buchprüfers entspreche. Nach diesen Grundsätzen genüge es, wenn ein Jurist Kenntnisse und Fähigkeiten besitze, die über die durchschnittlichen Kenntnisse eines Steuerberaters hinausgingen. Es sei also im Gegensatz zur Auffassung des FG nicht erforderlich, daß der Jurist auf seinem eigenen juristischen Fachgebiet eine "Kapazität" sei.
Nach § 50 Abs. 2 StBerG n. F. könnten Rechtsanwälte ohne weiteres neben Steuerberatern Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft sein. Damit habe der Gesetzgeber die von der Klägerin wie auch vom Beklagten vertretene Auffassung bestätigt, daß ein Jurist mit der Ablegung der zweiten Staatsprüfung bereits eine "besonders befähigte" Kraft im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. geworden sei. Wenn demnach die der zweiten Staatsprüfung vorausgehende zweijährige Referendarausbildung ausreiche, um den Juristen als "besonders befähigte" Kraft anzuerkennen, müßten auch die durch eine langjährige leitende Tätigkeit in der Wirtschaft erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen zum selben Ergebnis führen.
Das FG-Urteil müsse also schon deshalb aufgehoben werden, weil es auf einer zu strengen Auslegung des Begriffes "besonders befähigte Kräfte" in § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. beruhe. Ein weiterer entscheidender Mangel des Urteils liege darin, daß das FG von der 16 Jahre umfassenden Spezialtätigkeit des Beigeladenen 2 nur dessen 16 Monate land ausgeübte Beratungstätigkeit bei der Wirtschaftsorganisation gewürdigt habe. Ohne diesen Fehler hätte das FG zu dem Ergebnis kommen müssen, daß die vom Beigeladenen 2 während seiner 16jährigen Tätigkeit erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen in der Unternehmensführung mit dem Fachgebiet eines Juristen, Steuerberaters usw. in Verbindung stünden und nicht geringer bewertet werden könnten als die im BFH-Urteil VII R 103/75 behandelten Spezialkenntnisse eines Diplomvolkswirts auf dem Gebiete der Kreditprüfung im Sparkassenwesen oder die mit der zweiten juristischen Staatsprüfung nachgewiesenen Kenntnisse eines Rechtsanwalts.
Die Beigeladene 1 beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. Sie macht u. a. geltend: Der Ausgangspunkt im BFH-Urteil VII R 103/75, daß ein Diplomvolkswirt eine Kraft anderer Fachrichtung sei und daß dabei § 17 Abs. 2 StBerG a. F. und § 50 Abs. 3 StBerG n. F. gleichzusetzen seien, müsse überprüft werden, da beide Fassungen des Gesetzes voneinander abwichen. Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides des Beklagten sei anhand des § 50 StBerG n. F. zu prüfen, da für die Entscheidung in der Revisionsinstanz das nunmehr geltende Recht maßgeblich sei.
Der Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Beigeladene 1 irrt mit der Auffassung, die Klägerin sei zur Anfechtung des Bescheids des Beklagten vom 6. Juni 1975 nicht befugt gewesen. Die Klägerin hatte zwar aus § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. nur das Recht, von dem Beklagten vor der Genehmigung der Bestellung des Beigeladenen 2 angehört zu werden. Diese Vorschrift beruht jedoch darauf, daß der Beigeladene 2 mit der rechtswirksamen Genehmigung seiner Bestellung zum Geschäftsführer der Beigeladenen 1 gemäß § 32 StBerG a. F. Mitglied der Klägerin würde. Die Klägerin ist also durch die Genehmigung der Bestellung des Beigeladenen 2 unmittelbar betroffen und war somit befugt, den Bescheid des Beklagten gemäß § 40 FGO durch Klage anzufechten (vgl. BFH-Urteil vom 27. Oktober 1970 VII R 42/68, BFHE 100, 288, 290, BStBl II 1970, 873; s. auch BFH-Urteil vom 27. Juli 1976 VII R 44/75, BFHE 120, 433, BStBl II 1977, 186).
Die Erhebung der Klage hing nicht von der Durchführung eines Verwaltungsvorverfahrens ab, da gegen den Bescheid des Beklagten ein außergerichtlicher Rechtsbehelf nicht gegeben war (vgl. § 44 Abs. 1 FGO, § 230 Abs. 3 Nr. 1 AO). Eine Frist zur Erhebung der Klage war nicht angelaufen, weil der schriftliche Bescheid des Beklagten die Klägerin nicht im Sinne des § 55 Abs. 1 FGO über die Klage belehrte. Die Klage ist innerhalb der Jahresfrist des § 55 Abs. 2 Satz 1 FGO erhoben worden und war somit zulässig.
Für die Entscheidung der Frage, ob der mit der Klage angefochtene Bescheid des Beklagten vom 6. Juni 1975 rechtswidrig war und daher durch das angefochtene Urteil aufgehoben werden durfte, kommt es auf die Fassung des Steuerberatungsgesetzes an, die am 6. Juni 1975 gegolten hat, nämlich die vom 16. August 1961, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Ergänzung des Ersten Gesetzes zur Reform des Strafverfahrensrechts vom 20. Dezember 1974 (BGBl I 1974, 3686). Die Klägerin irrt mit der Auffassung, der erkennende Senat müsse die Rechtmäßigkeit des Bescheids des Beklagten vom 6. Juni 1975 nach § 50 StBerG in der Neufassung der Bekanntmachung vom 4. November 1975 (BGBl I 1975, 2735) prüfen, weil für ihn das zur Zeit seiner Entscheidung geltende Recht maßgeblich sei. Die mit dem angefochtenen Bescheid nach § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. erteilte Genehmigung war ein Verwaltungsakt, der dazu bestimmt war, ein Verwaltungsverfahren zu erledigen. Bei ihrer rechtlichen Nachprüfung war daher auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sie erteilt worden ist (vgl. BFH-Urteil vom 18. November 1975 VII R 85/74, BFHE 117, 430, BStBl II 1976, 257, mit weiteren Nachweisen).
Der Bescheid des Beklagten war mit § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. nicht vereinbar und ist daher vom FG durch das angefochtene Urteil mit Recht aufgehoben worden.
Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. kann die oberste Landesbehörde nach Anhörung der Berufskammer genehmigen, daß Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer und Steuerbevollmächtigte sowie besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen, die nicht Steuerberater sind, neben Steuerberatern Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer oder persönlich haftende Gesellschafter von bestehenden Steuerberatungsgesellschaften werden. Die aufgrund dieser Vorschrift erteilte Genehmigung ist keine Ermessensentscheidung und daher gerichtlich voll nachprüfbar (BFH-Urteil VII R 103/75). Die Vorschrift geht davon aus, daß in leitenden Positionen einer Steuerberatungsgesellschaft grundsätzlich nur Steuerberater tätig werden können, ausnahmsweise andere Personen aber dann, wenn sie Wirtschaftsprüfer, vereidigte Buchprüfer, Steuerbevollmächtigte oder besonders befähigte Kräfte anderer Fachrichtungen sind. Es entspricht dem Wortlaut und dem Sinn der Vorschrift, daß mit den Kräften anderer Fachrichtungen solche gemeint sind, deren Kenntnisse im Rahmen der Tätigkeit einer Steuerberatungsgesellschaft besonders gut verwendbar sind. Zu den Kräften anderer Fachrichtungen gehören daher in erster Linie Angehörige solcher Berufe, die bei entsprechender Weiterbildung und Prüfung in den Beruf des Steuerberaters einmünden können, also insbesondere Volkswirte, Betriebswirte, Juristen und Diplomkaufleute (vgl. das zitierte BFH-Urteil VII R 103/75).
Der Beigeladene 2 ist in diesem Sinne eine Kraft anderer Fachrichtung. Er hat durch die erste juristische Staatsprüfung ein rechtswissenschaftliches Hochschulstudium abgeschlossen und damit die erste der durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 StBerG a. F. festgelegten Vorbildungsvoraussetzungen für die Prüfung als Steuerberater erfüllt. Er könnte nach einer dreijährigen hauptberuflichen praktischen Tätigkeit auf dem Gebiete des Steuerwesens zur Prüfung als Steuerberater zugelassen werden. Sein bisher in der Wirtschaft ausgeübter, der Vorbildung entsprechender Beruf muß daher zu denen gerechnet werden, die bei entsprechender Weiterbildung und Prüfung in den Beruf des Steuerberaters einmünden können.
Eine Kraft anderer Fachrichtung ist im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. "besonders befähigt", wenn sie eine "besondere Fachkunde" aufweist. Das ergibt sich aus der Verwendung dieses Ausdrucks in § 17 Abs. 2 Satz 2 StBerG a. F. und dem engen sachlichen Zusammenhang dieser Vorschrift mit § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. Demnach kann die einer anderen Fachrichtung als der des Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers oder Steuerbevollmächtigten angehörende Kraft nur dann als im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. "besonders befähigt" angesehen werden, wenn sie Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, die die Besonderheiten ihres Berufes umfassen, auch die Steuerberatung berühren und über dem Durchschnitt dessen liegen, was das einschlägige Berufsbild verlangt (vgl. BFH-Urteil VII R 103/75; dort ist versehentlich nicht von den Kenntnissen eines Steuerbevollmächtigten, sondern eines Steuerberaters die Rede). Das Gesetz schreibt nicht vor, wie diese besondere Fachkunde erworben sein muß. Deshalb kann die Qualifikation einer "besonders befähigten" Kraft im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. auch durch eine langjährige leitende Tätigkeit in der Wirtschaft erworben werden.
Die Auffassung des FG, der Beigeladene 2 könne auf dem Gebiet des Wettbewerbs- und Warenzeichenrechts nicht als besonders befähigte "Kapazität" angesehen werden, läßt es zwar als möglich erscheinen, daß das FG an den Begriff "besonders befähigte Kraft" im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. zu hohe Anforderungen gestellt hat. Selbst wenn aber das der Fall gewesen wäre, bestünde kein Anlaß, seine Entscheidung unter dem Gesichtspunkt aufzuheben, es hätte bei Anlegung eines weniger strengen Maßstabs andere Ermittlungen angestellt und deren Ergebnisse anders beurteilt. Denn das FG hat ohnehin seine Ermittlungen auf den gesamten Ausbildungsweg und beruflichen Werdegang des Beigeladenen 2 erstreckt, und dieser hat nicht gerügt, daß das Ergebnis dieser Ermittlungen vom FG falsch oder unvollständig dargestellt worden sei. Es ist daher davon auszugehen, daß der Beigeladene 2 auch bei einer Aufhebung des FG-Urteils und Zurückverweisung der Sache an das FG diesem nicht mehr vortragen könnte, als das, was das FG bereits festgestellt hat.
Der erkennende Senat teilt die Auffassung des FG, daß aus der Promotion des Beigeladenen 2 zum Dr. jur. mit der Note "rite" nicht auf überdurchschnittliche juristische Kenntnisse und Fähigkeiten geschlossen werden kann. Der Beigeladene 2 war zwar nach der Promotion von 1960 an in der Wirtschaft tätig. Aber der vom FG auf Grund seiner Angaben festgestellte Sachverhalt enthält keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, daß er während dieser Zeit eine Tätigkeit ausgeübt hat, die sich ihrer Art nach über den Durchschnitt erhob, wie es etwa die leitende Tätigkeit in einem großen Wirtschaftsunternehmen getan hätte. Solche Anhaltspunkte ergeben sich nicht etwa daraus, daß der Beigeladene von 1960 bis 1969 Prokurist und Geschäftsführer in einem Großhandelsunternehmen war. Denn der Beigeladene 2 hat keine Einzelheiten über seine in dieser Stellung ausgeübten Funktionen angegeben, aus denen sich entnehmen ließe, er habe im elterlichen Unternehmen eine aus dem Rahmen des Normalen herausragende Tätigkeit ausgeübt. Über das von Januar 1970 bis Juli 1971 ausgeübte "freiberufliche Management auf Zeit", den befristeten Beratungsvertrag vom Dezember 1972 und die seit Januar 1973 bekleidete Stellung als Mitarbeiter der Beigeladenen 1 liegen ebenfalls keine Einzelheiten vor, die es ermöglichen könnten, die dabei ausgeübten Tätigkeiten als überdurchschnittlich zu bewerten. Die einzige näher belegte Tätigkeit bei der Wirtschaftsorganisation umfaßte zwar die Bearbeitung aller anfallenden Rechtsangelegenheiten, insbesondere solcher auf dem Gebiete des Wettbewerbs- und des Warenzeichenrechts. Sie kann jedoch ebenfalls nicht als Grundlage für den Erwerb überdurchschnittlicher Kenntnisse und Fähigkeiten eines Juristen oder Betriebswirts in Betracht kommen, weil sie nur 16 Monate lang gedauert hat und der Beigeladene 2 während dieser Zeit auch mit einer Vielzahl anderer Aufgaben betraut war, die ihrer Art nach nicht geeignet waren, ihm als Juristen und Betriebswirt besondere Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln.
Das FG hat somit zumindest im Ergebnis zu Recht die Frage verneint, ob der Beklagte den Beigeladenen 2 als "besonders befähigte" Kraft im Sinne des § 17 Abs. 2 Satz 1 StBerG a. F. anerkennen durfte. Die Revision gegen seine Entscheidung kann daher keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 72684 |
BStBl II 1978, 243 |
BFHE 1978, 290 |