Entscheidungsstichwort (Thema)
Einbringung eines Grundbesitz haltenden Einzelunternehmens bei der Gründung einer GmbH
Leitsatz (NV)
1. Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist solange nicht verwirklicht, als der Gesellschaft das Grundstück noch nicht im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne zugeordnet ist.
2. Eine entsprechende Zuordnung liegt nicht auf Grund dessen vor, daß der die Gründung einer GmbH betreffende Gesellschaftsvertrag zur Einbringung eines Grundbesitz haltenden Einzelunternehmens verpflichtet, wenn die betreffenden Grundstücke hierbei nicht i. S. des § 313 BGB ausreichend individualisiert sind.
3. Zur Unanwendbarkeit des § 41 AO 1977 und des § 1 Abs. 2 GrEStG unter solchen Umständen.
Normenkette
AO 1977 § 41; BGB § 313; GrEStG Hamburg (= GrEStG 1983) § 1 Abs. 1 Nr. 1; GrEStG Hamburg (= GrEStG 1983) § 1 Abs. 2; GrEStG Hamburg (= GrEStG 1983) § 1 Abs. 3 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klin., eine Stiftung, wurde aufgrund letztwilliger Verfügung Inhaberin eines im Handelsregister eingetragenen Einzelunternehmens, das sich mit der Verwaltung von Grundbesitz befaßte. Durch Gesellschaftsvertrag vom 16. Dezember 1977 gründete sie zusammen mit einem Treuhänder eine GmbH. Nach dem Gesellschaftsvertrag bestand die Einlage der Klin. in der Einbringung des ihr vermachten Einzelunternehmens mit allen Aktiven und Passiven entsprechend seiner Bilanz auf den 30. Juni 1977. Die von ihrem Treuhänder übernommene Stammeinlage von . . . DM war bar zu erbringen.
Die GmbH wurde am . . . 1978 in das Handelsregister eingetragen. Die Übertragung der Grundstücke erfolgte durch notariell beurkundeten Vertrag vom . . . 1979.
Das beklagte FA nahm an, daß eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 des früheren GrEStG in der in Hamburg geltenden Fassung eingetreten sei und setzte u. a. wegen des Grundstücks . . . GrEStG nach 140 v. H. des Einheitswertes fest.
Die Klin. hat Sprungklage erhoben, der das FA zugestimmt hat. Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Anteilsvereinigung gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 2 UmwStG 1977 von der GrESt befreit sei. Werde gleichwohl eine steuerpflichtige Anteilsvereinigung angenommen, so könne eine GrESt wegen des § 1 Abs. 5 GrEStG nicht erhoben werden.
Das FG hat die Klage abgewiesen.Die Klin. hat Revision eingelegt und begehrt weiterhin die Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Sie bestreitet nunmehr auch, daß der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG überhaupt verwirklicht worden ist.
Entscheidungsgründe
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und des angefochtenen Steuerbescheides. Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ist bereits deshalb nicht verwirklicht worden, weil zu dem Zeitpunkt, zu dem der Tatbestand an sich hätte verwirklicht werden können, der GmbH noch keine Grundstücke im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne zugeordnet waren. Eine derartige Zuordnung aber ist nach dem Eingangssatz des § 1 Abs. 3 GrEStG Voraussetzung für die Verwirklichung des Tatbestandes der Anteilsvereinigung.
Grunderwerbsteuerrechtlich zugeordnet worden sind die einzelnen Grundstücke der GmbH nicht vor dem . . . 1979, als der notariell beurkundete Grundstücksübertragungsvertrag abgeschlossen worden ist. Erst zu diesem Zeitpunkt ist hinsichtlich der Grundstückseinbringung der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG verwirklicht worden.
Der notariell beurkundete Gesellschaftsvertrag vom 16. Dezember 1977, der die Klin. zur Einbringung des Einzelunternehmens mit allen Aktiven und Passiven verpflichtete, konnte den Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG deshalb noch nicht verwirklichen, weil weder im Gesellschaftsvertrag noch in der beigefügten Bilanz die einzubringenden Grundstücke im Sinne des § 313 BGB ausreichend individualisiert worden waren. Die später eingetragene GmbH (bzw. die Vorgesellschaft) erlangte durch den Gesellschaftsvertrag deshalb noch keinen Anspruch auf Übereignung der Grundstücke.
Die nach § 313 BGB erforderliche Individualisierung der zu übereignenden Grundstücke (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 47. Aufl., § 313 Anm. 8) kann nicht darin gesehen werden, daß in der dem Gesellschaftsvertrag beigefügten Bilanz ein Posten ,,Grundstücke mit Wohnbauten" enthalten ist. Denn diese pauschale Bezeichnung läßt nicht erkennen, welche Grundstücke im einzelnen auf die GmbH übereignet werden sollten.
Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, daß die einzubringenden Grundstücke der GmbH bereits vermittels des § 41 AO 1977 ausreichend zugeordnet waren. Nach dieser Vorschrift ist die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäftes für die Besteuerung unerheblich, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäftes gleichwohl eintreten und bestehen lassen. Diese Vorschrift kommt im vorliegenden Fall deshalb nicht zur Anwendung, weil kein dem Enstehen eines Anspruches auf Übereignung vergleichbares wirtschaftliches Ergebnis eintreten konnte. Dies hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 17. Dezember 1975 II R 35/69 (BFHE 118, 367, 369, BStBl II 1976, 465) für einen Fall ausgesprochen, in dem ein privatschriftlicher Gesellschaftsvertrag abgeschlossen worden war. Nichts anderes gilt, wenn zwar ein notariell beurkundeter Gesellschaftsvertrag vorliegt, dieser aber wegen der nicht ausreichenden Individualisierung der einzubringenden Grundstücke die Mindestanforderungen des § 313 BGB hinsichtlich der notariellen Beurkundung nicht erfüllt.
Der Gesellschaftsvertrag hat auch nicht dazu geführt, daß hinsichtlich der einzubringenden Grundstücke die Steuerpflicht aus § 1 Abs. 2 GrEStG eingetreten ist. Auch diese Vorschrift setzt einen Rechtsvorgang voraus. Sie verlangt eine Rechtsstellung, die es dem Berechtigten rechtlich und wirtschaftlich ermöglicht, das Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten (vgl. das Urteil vom 19. März 1980 II R 26/75, BFHE 130, 420, BStBl II 1980, 522). Eine solche Rechtsstellung hatte die GmbH hinsichtlich der einzubringenden Grundstücke durch den Abschluß des teilweise unwirksamen Gesellschaftsvertrages noch nicht erlangt.
Ohne Bedeutung ist es in diesem Zusammenhang, daß die GmbH trotz der noch nicht erfolgten Einbringung der Grundstücke in das Handelsregister eingetragen worden und damit entstanden ist (vgl. hierzu § 7 Abs. 2, § 10, § 11 GmbH). Sollte § 7 Abs. 2 GmbHG über die erforderliche Mindesteinzahlung vor Anmeldung nicht ausreichend beachtet sein, so ändert dies nichts daran, daß die GmbH mit der Eintragung in das Handelsregister entstanden ist, zu diesem Zeitpunkt die einzubringenden Grundstücke der GmbH im Sinne des GrESt-Rechtes aber noch nicht zugeordnet waren.
Der Senat braucht unter diesen Umständen nicht mehr auf die Einwendungen der Klin. einzugehen, die sich allgemein gegen die Anwendung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG bei Gründung einer GmbH mittels eines Treuhänders richten.
Fundstellen
Haufe-Index 416006 |
BFH/NV 1989, 732 |