Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine außergewöhnliche Belastung, wenn Geschäftsschulden (eigene oder die der Ehefrau) bezahlt werden
Leitsatz (amtlich)
Tilgung von Geschäftsschulen des Ehegatten ist keine außergewohnlliche Belastung.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Die Ehefrau, des Bf., der angestellter Vertreter ist, hat in der Zeit von 1956 bis 1958 ein Einzelhandelsgeschäft betrieben. Dieses Geschäft hatte der Bf. 1955 eröffnet und zunächst selbst geführt.
Beim Lohnsteuer-Jahresausgleich für das Jahr 1958 beantragte der Bf., Aufwendungen von 5.293 DM als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 EStG zu berücksichtigen. Es handelt sich um Zahlungen des Bf., die das Geschäft der Ehefrau betreffen (USt, Miete, Waren u.a.) und die der Bf. für zwangsläufig hält, weil sie zur Abdeckung von Verbindlichkeiten geleistet wurden, die auch ihn selbst betrafen, und zur Abwendung des Konkurses dienten.
Das FA führte den Lohnsteuer-Jahresausgleich durch, ohne dabei die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Der Einspruch und die Berufung blieben ohne Erfolg.
Wie das FA, so hielt auch das FG eine außergewöhnliche Belastung nicht für gegeben. Es ließ dahingestellt, ob eine außergewöhnliche Belastung nicht schon deswegen ausscheide, weil der Bf. trotz der Fortführung des Geschäfts durch die Ehefrau vielleicht doch am Geschäft beteiligt geblieben sei, seine Aufwendungen also gar nicht in den privaten, sondern in den betrieblichen Bereich fielen und schon aus diesem Grunde nicht zu einer Steuerermäßigung nach § 33 EStG führen könnten. Denn selbst wenn der Bf. nicht am Geschält beteiligt geblieben sei, seine Aufwendungen also in den privaten Bereich fielen, fehle es jedenfalls an der Zwangsläufigkeit der Belastung. Diese Voraussetzung werde auch nicht dadurch erfüllt, daß der Bf. zum Teil eigene Verpflichtungen abgedeckt habe; denn diese Verpflichtungen habe er freiwillig begründet, auch wenn er geglaubt habe, seine Ehefrau könne ihm die Aufwendungen später erstatten. Die Zwangsläufigkeit werde auch nicht dadurch begründet, daß es sich um Verbindlichkeiten seiner Ehefrau gehandelt habe; denn der Bf. sei nicht verpflichtet gewesen, für die Verbindlichkeiten seiner Ehefrau, mit der er in Gütertrennung gelebt habe, einzustehen. Unerheblich sei auch, daß es sonst zu einem Konkurs gekommen wäre.
Mit seiner Rb. rügt der Bf. Verfahrensmängel und Verletzung des geltenden Rechts. Das FG sei nicht auf alle angebotenen Beweise eingegangen und habe diese zum Teil auch nicht richtig gewürdigt. Vor allem aber habe es die Bedeutung des § 33 EStG und des Art. 6 GG verkannt, wenn es ihn nicht für verpflichtet gehalten habe, für die Schulden seiner Ehefrau einzustehen. Es sei auch nicht genügend beachtet worden, daß ein Teil der Schulden ihn selbst getroffen habe. Einen Konkurs seiner Ehefrau hätte er nicht hinnehmen können. Das Geschäft sei seine Alterssicherung gewesen. Bei einem Konkurs seiner Ehefrau hätte er kein neues Geschäft eröffnen können.
Auf Antrag des Bf. ist mündliche Verhandlung angeordnet worden. Im Termin zur mündlichen Verhandlung ist der Bf. nicht erschienen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Das FG hat bereits angedeutet, daß es naheliege, den Bf. trotz der Übernahme des Geschäfts durch seine Ehefrau zum mindesten als am Geschäft beteiligt anzusehen und demgemäß die Aufwendungen des Bf. als „betrieblich veranlaßt” zu betrachten. Diese Frage ist nicht in diesem Verfahren des Lohnsteuer-Jahresausgleichs, sondern gegebenenfalls im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung oder im Einkommensteuerveranlagungsverfahren zu prüfen. Im Verfahren des Lohnsteuer-Jahresausgleichs können die Aufwendungen des Bf., wenn überhaupt, nur als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG berücksichtigt werden; denn schon das FG hat zutreffend dargelegt, daß Aufwendungen, die betrieblich veranlaßt sind, nicht zu einer Einkommensteuerermäßigung nach § 33 EStG führen können (vgl. Urteil des BFH IV 192/50 U vom 9. März 1951, BStBl 1951 III S. 90).
Eine Einkommensteuerermäßigung nach § 33 EStG konnte das FG ohne Rechts verstoß ablehnen; seine Ausführungen lassen weder einen Verfahrensmangel noch eine Rechtsverletzung erkennen. Auch wenn man mit dem Bf. davon ausgeht, daß die von ihm abgedeckten Verbindlichkeiten zum Teil ihn selbst betroffen haben und daß ohne sein Einspringen der Konkurs gedroht hätte, ist doch eine Zwangsläufigkeit, wie sie § 33 EStG voraussetzt, nicht gegeben.
Die Zwangsläufigkeit kann nicht allein damit begründet werden, daß die Aufwendungen der Erfüllung von Verbindlichkeiten gedient hätten. Wenn ein Stpfl. Verbindlichkeiten erfüllt, so geschieht das nur zwangsläufig im Sinne von § 33 EStG, wenn bereits das Eingehen der Verbindlichkeiten selbst zwangsläufig war, nicht aber, wenn der Stpfl. die Verbindlichkeiten freiwillig eingegangen ist (Urteile des Senats VI 80/55 U vom 19. Juli 1957, BStBl 1957 III S. 385, und VI 225/59 vom 13. Juni 1960, StRK, EStG, § 33, Rechtsspruch 116). Bei anderer Beurteilung würde das Erfordernis der Zwangsläufigkeit gegenstandslos, weil es dann jeder Stpfl. in der Hand hätte, die steuerliche Berücksichtigung seiner Aufwendungen dadurch herbeizuführen, daß er zuvor eine entsprechende Rechtsverbindlichkeit schaffte. Hier konnte das FG die Verbindlichkeiten, die den Bf. trafen, als freiwillig eingegangen ansehen. Wenn das Geschäft von der Ehefrau betrieben wurde, war der Bf. nicht gezwungen, sich selbst zu engagieren. Daß er selbst, nicht seine Ehefrau Mitglied des liefernden Genossenschaftsverbands war und daß er nach wie vor an dem Geschäft ein begreifliches Interesse hatte, läßt zwar sein Engagement verständlich erscheinen, ändert jedoch nichts daran, daß es freiwillig war.
Nicht anders liegt es, soweit die Aufwendungen der Abwendung des Konkurses der Ehefrau dienten. Dem Bf. ist zuzugeben, daß ein Konkurs seiner Ehefrau auch für ihn als Arbeitnehmer unangenehm gewesen wäre und der Konkurs, wenn er später wieder ein Geschäft eröffnen wollte, nachteilige Folgen für ihn hätte haben können. Dies macht zwar sein Einspringen verständlich, schließt aber auch die Freiwilligkeit nicht aus.
Mit Recht weist das FG in diesem Zusammenhang auf die zwischen dem Bf. und seiner Ehefrau bestehende Gütertrennung hin, die den von den Beteiligten gewünschten und von der Rechtsordnung auch gebilligten Zweck hatte, den Vermögensbereich beider Ehegatten deutlich auch den Gläubigern gegenüber voneinander zu scheiden. Hieran wird auch durch Art. 6 GG nichts geändert.
Fundstellen
Haufe-Index 1090383 |
HFR 1963, Nr. 201 |