Leitsatz (amtlich)
Werberundschreiben, die im Ausland verfaßt, gedruckt sowie versandfertig gemacht und an inländische Unternehmer versendet werden, können Vermittlungsleistungen im Inland begründen.
Normenkette
UStG § 1 Nr. 1; UStDB § 7 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Steuerpflichtige) ist Mitinhaber der Firma X & Co. in Cognac und Generalrepräsentant eines Whisky-Herstellers in Edinburgh. Im Vertrag vom 15. März 1954 räumte er der OHG B & Co. in Frankfurt/Main (B) das alleinige Recht zum Import und Vertrieb der Erzeugnisse der französischen und der britischen Firma für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein. Gleichzeitig verpflichtete sich die Firma X & Co., „den Verkauf ihrer Erzeugnisse … in Deutschland vorzunehmen”, dadurch, daß der Steuerpflichtige sechs Monate in jedem Jahr das Gebiet der Bundesrepublik bereist. Für diese Werbetätigkeit des Steuerpflichtigen wurde eine Vergütung vereinbart, deren Höhe sich nach den von ihm vermittelten Aufträgen richtete. Weiter ist bestimmt, daß der Steuerpflichtige und B jeweils die Hälfte des Risikos durch Ausfall von Kundenzahlungen zu tragen haben.
Im September 1955 stellte der Steuerpflichtige seine Werbetätigkeit durch Besuche inländischer Abnehmer mit Zustimmung der B ein. Anschließend begab er sich nach Österreich. Dort verfaßte er Werberundschreiben, die er auf seine Kosten in Großauflagen drucken ließ, und versandte sie unter der Firmenbezeichnung der B an inländische Unternehmer. Die Werbebriefe wurden in Deutschland zur Post gegeben. Auch für die durch solche Rundschreiben zustande gekommenen Geschäfte erhielt der Steuerpflichtige die vereinbarte Vergütung.
Nach einer Fahndungsprüfung zog der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt) den Steuerpflichtigen mit den aus der Buchführung der B ermittelten Provisionen aus der Tätigkeit als Handelsvertreter zur Umsatzsteuer für 1955 und 1956 heran.
Mit der Berufung machte der Steuerpflichtige geltend, er sei seit September 1955 nicht mehr als Handelsvertreter im Inland tätig. In der Folgezeit habe er seine Tätigkeit nur im Ausland ausgeübt. Dort habe er die Werberundschreiben entworfen, drucken lassen, Adressenmaterial herausgesucht sowie die Briefumschläge mit Anschriften versehen und frankiert, ohne anschließend die Empfänger der Werbebriefe im Inland aufzusuchen. Seine sonstigen Leistungen seien also nicht steuerbar. Die von B als anteiligen Forderungsausfall von seinen Provisionen einbehaltenen … DM dürften seinen Entgelten nicht hinzugerechnet werden.
Entscheidungsgründe
Das Rechtsmittel führte durch eine rechnerische Richtigstellung der Besteuerungsgrundlagen für 1956 zu einer Entscheidung zum Nachteil des Steuerpflichtigen.
Der Steuerpflichtige hat die als Revision zu behandelnde Rb. (§§ 184 Abs. 2, 115 ff. FGO) nicht begründet. Sie ist trotz des Fehlens einer Begründung zulässig (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – IV 178/65 vom 10. Februar 1966, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 84 S. 477 – BFH 84, 477 –, BStBl III 1966, 174), kann aber keinen Erfolg haben.
Der BFH ist nach § 118 Abs. 2 FGO an die im angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen, die dem Akteninhalt entsprechen und einen Verstoß gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze nicht erkennen lassen, gebunden, weil Revisionsgründe dagegen nicht vorgebracht worden sind.
Eine Verletzung von Bundesrecht (§ 1 Nr. 1 UStG 1951, § 7 Abs. 2 UStDB) liegt nicht vor.
Das Finanzgericht ist ohne Rechtsirrtum zu dem Ergebnis gekommen, daß der Steuerpflichtige durch seine Reisetätigkeit und anschließend durch Versendung von Rundschreiben an inländische Industriebetriebe sonstige Leistungen im Inland gegen Entgelt erbracht hat.
Nach § 1 Abs. 2 UStDB kommt es für den Fall, daß ein Umsatz im Inland ausgeführt wird, für die Besteuerung nicht darauf an, ob der Unternehmer deutscher Staatsangehöriger ist, seinen Wohnsitz oder Sitz im Inland hat, im Inland eine Betriebstätte unterhält, die Rechnung erteilt oder die Zahlung empfängt. Alle diese Umstände sind bedeutungslos. Rechtlich erheblich ist lediglich, daß die sonstigen Leistungen im Inland erbracht worden sind. Dies ist zu bejahen.
Soweit es sich um die Tätigkeit bis zum September 1955 handelt, bestreitet der Steuerpflichtige nicht, Vermittlungsleistungen im Inland erbracht zu haben. Aber auch die Werbung für die B durch Rundschreiben, die im Ausland verfaßt, gedruckt und zur Versendung fertig gemacht worden sind, ist eine sonstige Leistung im Inland.
Für die Frage, wo eine Leistung erbracht ist, kommt es auf den Inhalt der Leistungspflicht an. Diese ging im gegebenen Fall dahin, die Erzeugnisse der französischen und der britischen Firma im Bundesgebiet einzuführen und zu vertreiben, also inländische Unternehmer zum Kauf bestimmter Spirituosen bei der B zu veranlassen. Dafür ist auch das Entgelt gezahlt worden. Die Vertragsparteien wollten einen Käuferkreis im Inland werben, um mit diesem Geschäfte tätigen zu können. Dies war der Gegenstand der sonstigen Leistung. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für die Bestimmung des Orts der Leistung darauf an, wo sich diese auswirken kann oder tatsächlich auswirkt (Urteil V 7/63 vom 10. März 1966, BFH 85, 257, BStBl III 1966, 302, und die dort zitierten weiteren Entscheidungen). Die Tätigkeit des Steuerpflichtigen hat sich unstreitig ausschließlich im Inland ausgewirkt. Der Entwurf und der Druck der Werbeschriften im Ausland, die für eine Versendung in das Inland bestimmt sind und dort auch die beabsichtigten Erfolge erzielen, hindern nicht, eine Leistung im Inland anzunehmen. Das UStG erfaßt nämlich nicht Herstellungsvorgänge, d. h. die Anfertigung der Rundschreiben, sondern den Leistungsaustausch, das ist die entgeltliche Vermittlung von Geschäften durch den Steuerpflichtigen zwischen der B und den geworbenen Industriebetrieben (vgl. Urteil des BFH V 283/60 vom 29. August 1963, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1964 S. 103).
Die Vermittlungsleistungen auf Grund der Werberundschreiben des Steuerpflichtigen sind danach steuerbar und steuerpflichtig. Bemessungsgrundlage des Umsatzes ist nach § 5 Abs. 1 UStG in Verbindung mit § 10 UStDB das vereinnahmte Entgelt.
Ohne Rechtsverstoß und mit zutreffender Begründung hat die Vorinstanz die von der B als anteiligen Ausfall von Kundenforderungen einbehaltenen (aufgerechneten) … DM den dem Steuerpflichtigen tatsächlich zugeflossenen Entgelten hinzugerechnet. Für seine Vermittlungsleistungen hatte der Steuerpflichtige im Jahre 1956 insgesamt … DM zu beanspruchen. Als vertraglich übernommene Schuld tilgte er davon … DM.
Fundstellen