Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Ein Sportstadion ist in der Regel keine öffentliche Erholungsanlage.

 

Normenkette

GrEStG § 4/1/4/a

 

Tatbestand

Der Beschwerdeführer (Bf.) kaufte durch Vertrag vom 20. Februar 1950 ein Grundstück. Er errichtete darauf ein Sportstadion.

Das Finanzgericht hat die Grunderwerbsteuerforderung des Finanzamts gebilligt, indem es ebenso wie das Finanzamt die in Anspruch genommene Steuerbefreiung aus § 4 Abs. 1 Ziff. 4 Buchst. a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) versagte.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat nur in einem Nebenpunkte Erfolg.

Nach der erwähnten Gesetzesvorschrift ist von der Grunderwerbsteuer befreit der Erwerb eines Grundstücks zur Schaffung von öffentlichen Erholungsanlagen. öffentliche Erholungsanlagen sind öffentliche Anlagen, die die Förderung der öffentlichen Gesundheit bezwecken, indem sie es dem Publikum ermöglichen, sich im Freien zu ergehen oder in frischer Luft aufzuhalten. Zu den öffentlichen Erholungsanlagen gehören nach der Rechtsprechung auch Spiel-, Turn- und sonstige Sportplätze, sofern sie der Allgemeinheit zugänglich sind, nicht aber Sportanlagen zur Veranstaltung von Wettspielen, denen das Publikum zuschaut, ohne sich selbst sportlich zu betätigen.

Im Streitfall hat das Finanzgericht auf Grund der ihm zustehenden freien Beweiswürdigung ohne Rechtsirrtum und Verstoß gegen den Akteninhalt die überzeugung gewonnen, daß das Stadion mit seinen Zuschauertribünen und -rängen für rund 30 000 Personen und seinen Kassenanlagen in erster Linie, d. h. in der Hauptsache, nicht dazu dient, daß sich die Allgemeinheit erholungshalber sportlich betätigt, vielmehr in erster Linie dazu, daß der Allgemeinheit Gelegenheit gegeben wird, der sportlichen Betätigung anderer zuzuschauen. Diese überzeugung ist schon durch den mit "Stadion" bezeichneten Lageplan der ganzen Anlage, auf die es entscheidend ankommt, begründet. Wie oft das Stadion zu Wettspielen benutzt wird, ist dabei grundsätzlich unerheblich. Dies würde, wie schon der Reichsfinanzhof in dem Urteil II A 364/30 vom 15. Juli 1930 (Mrozek-Kartei, GrEStG 1927 § 8 Nr. 10 Satz 1 Rechtsspr. 36, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1930 Nr. 1214) zutreffend entschieden hat, höchstens dann Bedeutung haben, wenn etwa das Stadion nur ausnahmsweise einmal für die Allgemeinheit geschlossen würde. Auch dies hat das Finanzgericht geprüft und festgestellt, daß sich die Wettspiele regelmäßig fast das ganze Jahr hindurch wiederholen und gerade auch an den Tagen und zu den Stunden, die der erholungsuchenden öffentlichkeit besonders zur Erholung zur Verfügung stehen.

In den Fällen, in denen nur ein Teil eines Grundstücks einem steuerbegünstigten Zweck dient, ist nicht die Steuerbefreiung überhaupt ausgeschlossen; sie ist vielmehr für den Erwerb dieses Teils zu gewähren. Diese Möglichkeit hat das Finanzgericht verneint, weil die Anlagen für leichtathletische übungen nicht der Allgemeinheit zugänglich seien. Auf diese Prüfung kommt es aber nach der Auffassung des Senats nicht an. Das Stadion ist vorliegend dergestalt eine Einheit, daß nicht einzelne Teilflächen davon besonders beurteilt werden können.

Der Bf. macht in der Rb. erneut geltend, das Stadion diene gemeinnützigen Zwecken. Dem ist mit dem Finanzgericht entgegenzuhalten, daß es, wie sich aus § 4 GrEStG ergibt, nicht in der Absicht des Gesetzgebers lag, jeden Grundstückserwerb zu gemeinnützigen Zwecken von der Steuer zu befreien, daß er vielmehr die Befreiung auf wenige, von ihm namentlich bezeichnete Fälle besonderer gemeinnütziger Verwendung beschränkt hat und daß deshalb eine ausdehnende Auslegung der Befreiungsvorschrift nicht angängig ist. Wenn der Bf. außerdem darauf hinweist, das Stadion werde auch für Veranstaltungen der Stadt, der Parteien und Vereine, wie es z. B. anläßlich des Katholikentages geschehen sei, zur Verfügung gestellt, so kann dies keinesfalls im Sinne der Befreiungsvorschrift gewertet werden.

Der Erwerb des Geländeteils, auf dem die u. a. von den Kleingärtnern und den Bewohnern der Häuser der Umgebung besuchte Gaststätte errichtet ist, fällt schon deshalb nicht unter die Befreiungsvorschrift, weil die Gaststätte nicht der Erholung im Freien dient.

Ist hiernach die Befreiungsvorschrift auf das Stadion als Ganzes und das Gelände mit der Gaststätte nicht anwendbar und deshalb die Rb. insoweit unbegründet, so bleibt doch noch von Amts wegen zu prüfen, welche Bewandtnis es mit dem Gelände hat, das auf dem Lageplan mit Platz 2 bezeichnet ist und sich östlich an den Uhrturm und die dortige Rückwand der Zuschauerränge anschließt. Hierüber enthalten die Akten nichts. Die Sache wird deshalb unter Aufhebung der Vorentscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen, das zu prüfen haben wird, ob auf diesen Grundstücksteil die Befreiung Platz greift. Es erscheint nicht ausgeschlossen, daß dieser Teil zur Schaffung von Anlagen erworben worden ist, in denen die Allgemeinheit sich ergehen oder selbst Sport treiben kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407641

BStBl III 1953, 146

BFHE 1954, 373

BFHE 57, 373

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