Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemischte Schenkung bei Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nach bürgerlichem Recht zu beurteilen
Leitsatz (amtlich)
1. Ob eine Schenkung oder eine andere freiwillige Zuwendung i.S. des § 3 Abs. 1 ErbStG vorliegt, ist nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts zu entscheiden (Festhaltung an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung). Insoweit sind auch für die Frage, ob bei beiderseitigen Leistungen ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und deshalb eine gemischte Schenkung anzunehmen ist, nicht die nach steuerrechtlichen, sondern die nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen ermittelten Werte einander gegenüberzustellen.
2. Bei Bejahung einer Schenkung (nach bürgerlichem Recht) ist jedoch der Wert des schenkungsteuerpflichtigen Erwerbs nach den rechtlichen Bewertungsgrundsätzen des Bewertungsgesetzes zu ermitteln.
3. Bei der gemischten Schenkung ist Gegenstand der Schenkung nicht das empfangene Vermögensobjekt als solches, sondern nur die Wertdifferenz zwischen dem Empfang und der Gegenleistung.
Normenkette
ErbStG 1951 § 3 Abs. 1 Nr. 1, §§ 22-23; BewG § 16 Abs. 2
Tatbestand
In einer notariellen Urkunde vom 20. Dezember 1956 trat die Tante des Beschwerdegegners (Bg.)die ihr zustehende Darlehnsforderung gegen die OHG Wilhelm A & Co. in C in Höhe von 170.000 DM einschließlich Zinsen und Nebenleistungen an ihre Nichte Ilse B, geb. A, und ihren Neffen Horst A je zur Hälfte ab. Das Darlehen ist mit 2 % über dem jeweiligen Diskontsatz der Landeszentralbank, mindestens mit 5 1/2 % und höchstens mit 8 % jährlich zu verzinsen. In der gleichen notariellen Urkunde räumten die Bg. als Abtretungsempfänger ihrer Tante den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch an der vorerwähnten Forderung mit der Maßgabe ein, daß sie ihr eine monatliche Einnahme in Höhe des Betrages garantierten, den jeweils ein Justizamtmann im 9. und 10. Dienstjahr nach den jeweiligen Besoldungsgesetzen des Landes Nordrhein-Westfalen monatlich als Grundgehalt zu erhalten habe. Die derzeitige Höhe des Grundgehalts war in der notariellen Urkunde mit 824,25 DM monatlich angegeben.
In den von ihnen abgegebenen SchenkSt-Erklärungen machten die Bg. geltend, daß das vorgenannte Grundgehalt eines Justizamtmanns sich mit Wirkung vom 1. November 1957 auf 879,30 DM erhöht habe. Indem sie diesen Betrag zugrunde legten, aus dem sich ein Jahresgehalt von 10.551,60 DM errechnete, ermittelten die Bg. den Kapitalwert des Nießbrauchsrechts ihrer Tante unter Anwendung des Vervielfachers 11 auf 116.067 DM.
Das FA folgte bei der Veranlagung der Schenkst diesen Angaben der Bg. und setzte nach einem schenkstpfl. Erwerb von je 26.966,50 DM die Schenkst für jeden der beiden Bg. auf 3.228 DM fest.
Im Einspruchsverfahren gegen die beiden SchenkSt-Bescheide machten die Stpfl. geltend, das monatliche Grundgehalt eines Justizamtmanns habe sich ab 1. April 1957 nicht auf 879,30 DM, wie in den Steuererklärungen angegeben, sondern auf 923 DM monatlich erhöht, so daß der Jahreswert ihrer Gegenleistung auf 11.076 DM gestiegen sei. Der Wert ihres schenkstpfl. Erwerbes ermäßige sich dementsprechend auf je 24.000 DM.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg, führte im Gegenteil zu einer Erhöhung der festgesetzten SchenkSt-Beträge auf je 3.850 DM, weil das FA es nunmehr ablehnte, die erst nach der Abtretung der Darlehnsforderung eingetretene Änderung der Beamtengehälter zu berücksichtigen, und deshalb auf die Gehaltsangabe im notariellen Vertrag vom 20. Dezember 1956 zurückgriff. Unter Zugrundelegung monatlicher Bezüge in Höhe von 824,25 DM ermittelte das FA bei im übrigen gleichbleibender Berechnungsweise den Wert der Gegenleistung somit auf 108.801 DM, so daß sich bei freigebigen Zuwendungen in Höhe von je 30.599,50 DM SchenkSt-Beträge von je 3.850 DM ergaben.
Im Berufungsverfahren machten die Bg. in erster Linie geltend, daß ein Leistungsaustausch vorliege, hinsichtlich dessen auf beiden Seiten der erklärte Wille bestanden habe, einander gleichwertige Leistungen zu erbringen. Bei der versicherungsmathematischen Ermittlung des Gegenwartswertes der in Gestalt einer Leibrente zu erbringenden Gegenleistung ergebe sich eine derart geringe Abweichung vom Wert der Leistung, daß objektiv das Vorliegen einer Bereicherung verneint werden müsse und subjektiv das Vorhandensein eines Bereicherungswillens nicht unterstellt werden könne. Die Bg., die den Wert der als Gegenleistung zu erbringenden Rente zunächst unter Hinweis auf die Richtlinien der OFD Hamburg betr. Pensionsrückstellungen (vom 14. November 1952) mit rd. 157.000 DM beziffert hatten, haben im Laufe des Berufungsverfahrens die versicherungsmathematische Berechnung eines Versicherungsmaklers vorgelegt, die unter Abzinsung der Rente nach einem Zinssatz von 3 1/2 % den Barwert einer lebenslänglichen Rente von monatlich 923 DM für eine 57jährige Frau mit 166.703 DM ausweist. Da der so ermittelte Gegenwartswert der Rente den gemeinen Wert dieser Leistung darstelle, sei, wie die Bg. ausführen, von ihm als dem nach bürgerlichem Recht maßgebenden Wert auszugehen. Im übrigen wiesen die Bg. auch darauf hin, daß das fragliche Darlehen seitens der Gläubigerin bis zum 31. Dezember 1984 unkündbar sei. Mit dieser langfristigen Festlegung der Darlehnsforderung habe die Gläubigerin gegenüber der OHG Wilhelm A & Co. – d.h. gegenüber dem väterlichen Geschäft – auf die Verwertbarkeit der Forderung verzichtet und sich mit ihrem Zinsertrag begnügt. Ihr materielles Interesse habe sich somit in der Sicherung ihres Lebensunterhaltes durch die Vereinbarung einer Rente erschöpft, die auf die Gehaltsbezüge eines Justizamtmannes abgestellt worden sei. Diese Vertragsbestimmung stelle nach dem Urteil des BGH vom 24. November 1951 eine sog. „Spannungsklausel” dar. Sie könne daher nicht als eine reine Wertsicherungsklausel behandelt werden, wie es das FA getan habe; dabei sei auch zu beachten, daß die Landeszentralbank die Genehmigungsbedürftigkeit des Vertrages nach § 3 des Währungsgesetzes verneint habe. Die Einspruchsentscheidung sei deshalb aufzuheben, da abgesehen von der Frage, ob überhaupt eine Wertdifferenz zwischen dem abgetretenen Darlehen und der Gegenleistung bestehe, auf jeden Fall das Schwanken im Jahreswert der Nutzungen oder Leistungen, wie es sich nach den Besoldungsänderungen der Jahre 1957 und 1958 ergeben habe, im Rahmen des § 22 Abs. 1 ErbStG 1951 i. Vbd. mit § 17 Abs. 3 BewG berücksichtigt werden müsse. Daher sei gegebenenfalls als Jahreswert der Nutzungen der Betrag zugrunde zu legen, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich erzielt werde. Zur Frage der Anwendung des Stichtagsprinzips werde insoweit auf das Urteil des BFH III 200/55 S vom 13. Januar 1956 (BStBl 1956 III S. 62) Bezug genommen.
Das FG änderte die Einspruchsentscheidung und die zugrunde liegenden SchenkSt-Bescheide ab und setzte die Schenkst auf je 1.210 DM herab. Es ging davon aus, daß die Frage, ob eine Bereicherung des Bedachten eingetreten und ob ein Bereicherungswille des Zuwendenden vorhanden sei, nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts beurteilt werden müsse und daß dabei für das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung nicht die nach steuerrechtlichen, sondern die nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen ermittelten Werte bestimmend seien. Deshalb sei insoweit auch bei der Ermittlung des Wertes lebenslänglicher Nutzungen und Leistungen nicht § 16 BewG anzuwenden; vielmehr sei der Wertberechnung die Zeitdauer der durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung des Berechtigten zugrunde zu legen. Diese betrage bei einer weiblichen Person im Alter von annähernd 58 Jahren nach der Sterbetafel für Nordrhein-Westfalen 1949/1951 rd. 19 Jahre. Im übrigen wich das FG bei der Berechnung des Jahreswerts der Nutzung von der Berechnungsweise des FA ab, und zwar insofern, als es dabei nicht von einer Leibrente in Höhe des Grundgehalts eines Justizamtmannes im 9. und 10. Dienstjahr ausging, die nur für die Garantie eines monatlichen Mindestbetrages der Nutzung von Bedeutung sei. Vielmehr berechnete das FG seinerseits den Wert der Jahresnutzung nach dem der Tante der Bg. zufließenden Zinsertrag, der bei einem 2 v.H. über dem Landesbankdiskont liegenden Zinssalz von damals 7 v.H. im Zeitpunkt des Vertragsschlusses 11.900 DM jährlich betrug. Unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen in der nach Ansicht des FG angemessenen Höhe von 5 1/2 v.H. errechnete es nach Anwendung der Hilfstafel 2 zum BewG den Kapitalwert des Nießbrauchs auf 145.727,40 DM, so daß eine Bereicherung der Bg. in Höhe von 24.273 DM verblieb. Den Bereicherungswillen der Tante der Bg. glaubte das FG ohne weiteres aus der Tatsache schließen zu können, daß sie das Kapital selbst hingegeben und sich nur seine Nutzung vorbehalten habe. Sie habe im übrigen unter VI des Abtretungsvertrages angeordnet, daß die Bg. sich die abgetretene Forderung auf ihre späteren Erbteile anrechnen lassen müßten. Im Gegensatz zur Auffassung der Bg. bejahte damit auch das FG das Vorliegen einer unentgeltlichen Zuwendung, wobei es – insoweit unter Abkehr von der Rechtsprechung des RFH (Urteil V e A 211/25 S vom 23. März 1926, Slg. Bd. 18 S. 294) und des BFH (Urteile III 229/52 U vom 25. September 1953, BStBl 1953 III S. 308, Slg. Bd. 58 S. 43, und II 245/56 U vom 15. Juni 1960, BStBl 1960 III S. 372, Slg. Bd. 71 S. 329) – bei der Berechnung der SchenkSt-Beträge ebenfalls von dem nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen ermittelten (gemeinen) Wert der Bereicherung in Höhe von je 12.136 DM ausging.
Mit der Rechtsbeschwerde (Rb) wendet sich der Vorsteher des FA gegen die vom FG angewendete Berechnungsmethode bei der Ermittlung und Festsetzung der SchenkSt-Beträge. Er rügt insoweit Verletzung des § 23 (früher § 22) ErbStG, der für die schenkungsteuerrechtliche Wertermittlung zum Zwecke der Steuerberechnung und -festsetzung die Anwendung der Vorschriften des BewG zwingend vorschreibe. Nur für die Frage, ob überhaupt eine freigebige Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 1 ErbStG vorliege, sei nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen von den allgemeinen Verkehrswerten auszugehen, während alsdann der Wert der Schenkung gem. § 23 (früher § 22) ErbStG nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften des BewG zu ermitteln sei. Der Gesamtwert der Gegenleistung müsse deshalb gemäß § 16 Abs. 2 BewG nach einem Jahreswert von 11.900 DM und unter Anwendung des Vervielfachers 11 auf 130.900 DM berechnet werden, so daß der steuerrechtliche Wert des Erwerbs der beiden Bg. je 19.550 DM und demgemäß die darauf entfallende Schenkst je 1950 DM betrage.
Die Bg. verbleiben ihrerseits dabei, daß bei einer Berechnung des Gegenwartswerts der Gegenleistung nach versicherungsmathematischen Grundsätzen ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht bestehe, und beantragen die ersatzlose Aufhebung der Vorentscheidung VE und der zugrunde liegenden SchenkSt-Bescheide.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des FA führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Das FG ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, daß die Frage, ob überhaupt eine Schenkung oder eine andere freigebige Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 1 ErbStG vorliegt, nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts geprüft und entschieden werden muß. Dies entspricht auch der Rechtsansicht, die der RFH und der BFH in ständiger Rechtsprechung vertreten haben (vgl. Urteil des RFH V e A 211/25 S vom 23. März 1926, a.a.O., und Urteil des BFH III 229/52 U vom 25. September 1953, a.a.O.). Deshalb sind insoweit auch für die Frage, ob bei beiderseitigen Leistungen ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt und deshalb eine gemischte Schenkung anzunehmen ist, nicht die nach steuerrechtlichen, sondern die nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen ermittelten Werte einander gegenüberzustellen und zu vergleichen.
Dabei steht im Streitfall der Wert der Leistung, den die Tante der Bg. durch Abtretung der ihr zustehenden Darlehnsforderung in Höhe von 170.000 DM erbracht hat, außer Frage. Er ist in den Vorinstanzen gleichmäßig und zu Recht mit dem Nennwert der Forderung in Ansatz gebracht worden, wobei auch die verhältnismäßig lange Laufzeit des Darlehens (bis 1984) den Wertansatz der Forderung nicht beeinträchtigen kann, weil ihre zwischen 5 v. H. und 8 v. H. liegende Verzinsung einen mindestens durchschnittlichen, wenn nicht sogar günstigen Kapitalertrag sicherstellt. Im übrigen kann von einem Verzicht auf die Verwertung dieser Forderung entgegen der Darstellung der Bg. in der Berufungsbegründung überhaupt nicht die Rede sein, da ihre Tante die Forderung effektiv durch Abtretung an sie selbst verwertet hat.
Weiterhin ist das FG auch bei der Ermittlung des Wertes der Gegenleistung zutreffend von ihrem gemeinen Wert ausgegangen. Es hat deshalb den Wert des lebenslänglichen Nießbrauchsrechtes, das die Bg. ihrer Tante an der abgetretenen Forderung eingeräumt haben, mit Recht nicht unter Anwendung des in § 16 BewG vorgeschriebenen Vervielfachers ermittelt, der nicht zur Errechnung des gemeinen Wertes führt. Das FG hat vielmehr der Berechnung des Wertes der Gegenleistung die Zahl der Jahre zugrunde gelegt, die der durchschnittlichen statistischen Lebenserwartung der Berechtigten entspricht, und ist damit ebenfalls der Rechtsprechung des BFH in den Urteilen III 108/56 S vom 8. Juni 1956 (BStBl 1956 III S. 208, Slg. Bd. 63 S. 33) und III 156/54 U vom 15. Juni 1956 (BStBl 1956 III S. 252, Slg. Bd. 63 S. 143) gefolgt. Insoweit haben auch die Beteiligten gegen die Berechnung des FG keine Einwendungen erhoben.
Es ist ferner nicht zu beanstanden, wenn das FG von der Berechnungsweise des FA und der Bg. insofern abgewichen ist, als es den Jahreswert der Nutzung nach dem effektiven Zinsertrag der Darlehnsforderung berechnet hat. Denn nach dem Inhalt der notariellen Abtretungserklärung ist der Tante der Bg. nicht eine Leibrente in Höhe des Grundgehalts eines Justizamtmannes im 9. und 10. Dienstjahr zugesagt, sondern vielmehr ein Nießbrauch an der abgetretenen Forderung eingeräumt worden, dessen Jahresertrag sich aus den jährlich anfallenden Kapitalzinsen der Darlehnsforderung ergibt. Nur wenn dieser Zinsertrag hinter dem als Mindestbetrag garantierten Grundgehalt eines Justizamtmannes zurückgeblieben wäre, hätte eine andere Art der Nutzung in Betracht kommen und demgemäß auch eine andere Berechnungsweise des Jahreswerts der Nutzungen Platz greifen können. Da dies im Zeitpunkt der Abtretung der Darlehnsforderung und auch in der Zeit danach zunächst nicht der Fall war, ist das FG bei der Berechnung des Jahreswerts der Nutzungen zutreffend von den Zinserträgnissen ausgegangen. Das FA hat in seiner Rb. diese Berechnung des Jahreswerts der Nutzungen durch das FG nicht angegriffen, obwohl der zugrunde gelegte Betrag der Jahreszinsen mit 11.900 DM noch das von den Bg. in der Berufung geltend gemachte Jahresgehalt eines im 9. und 10 Dienstjahr stehenden Justizamtmannes in Höhe von 11.076 DM nicht unwesentlich übersteigt. Die Einwendungen der Bg. richten sich auch … weniger gegen den für sie günstigen Ansatz des jährlichen Zinsertrages der Kapitalforderung als gegen den Zinsfuß von 5 1/2 v. H., den das FG bei der Abzinsung der kapitalisierten Jahresnutzung angewendet hat. Die Bg. wollen statt dessen nach dem Inhalt des von ihnen vorgelegten Gutachtens und ihrer Ausführungen in der Rb.-Erwiderung bei der Abzinsung nur einen Zinsfuß von 3 1/2 v. H. angewendet wissen. Das FG hat diesen Zinssatz aber mit Recht als zu niedrig abgelehnt, weil er der allgemeinen Kapitalmarktlage nicht entspricht. Selbst wenn ein so niedriger Zinsfuß von nur 3 1/2 v. H. bei der Abzinsung von Renten im wirtschaftlichen Sektor Anwendung finden sollte, hätte dies für den vorliegenden Fall keine Bedeutung, weil es sich hier nicht um die Berechnung eines Rentenwerts, sondern um die Wertermittlung eines Nießbrauchs handelt, der auf einer privaten Vereinbarung unter Verwandten beruht.
Das FG ist deshalb mit Recht zu dem Ergebnis gelangt, daß im Streitfalle ein Mißverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besteht und daß die Leistung auch nach bürgerlich-rechtlichen Berechnungsmethoden den Wert der Gegenleistung um rd. 24.000 DM übersteigt. Im übrigen haben dies auch die Bg. selbst noch im Einspruchsverfahren anerkannt, da sie in der Einspruchsbegründung sogar einen schenkstpfl. Erwerb in Höhe von je 24.000 DM anerkannt haben. Es kommt jedoch für die Frage, ob der Bereicherungswille vorhanden gewesen ist, nicht so sehr darauf an, daß die Bg. das Bewußtsein vom Empfang einer unentgeltlichen Zuwendung gehabt haben, als daß ihre Tante, die ihren Darlehnsanspruch an die Bg. abgetreten hat, dies mit dem Willen zur Bereicherung der Bg. tat. Wenn das FG diesen Willen schon aus der Tatsache ableitet, daß die Tante der Bg. ihr volles Forderungsrecht abgetreten und nur den Nießbrauch daran zurückbehalten habe, so wird die Feststellung des FG auf jeden Fall entscheidend durch die Tatsache gestützt, daß unter VI des Abtretungsvertrages die Anrechnung der Darlehnsabtretung auf den zukünftigen Erbteil der Bg. festgelegt ist. Dies beweist, daß alle am Vertrag Beteiligten von einem Überwiegen der Leistung über die Gegenleistung ausgegangen sind, die zur erbrechtlichen Ausgleichung führen müsse.
Wenn somit der finanzgerichtlichen Feststellung darin beizupflichten ist, daß im Streitfall eine gemischte Schenkung vorliegt, so hat der Vorsteher des FA doch die schenkungsteuerrechtliche Wertberechnung mit Recht beanstandet. Er weist zutreffend darauf hin, daß zwar die Frage, ob überhaupt eine unentgeltliche Zuwendung vorliegt, ob mit anderen Worten der Tatbestand einer schenkungsteuerlichen Zuwendung gegeben ist, nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen zu beurteilen ist, daß aber bei Bejahung dieser Frage der Wert des schenkstpfl. Erwerbs dann nach den rechtlichen Bewertungsgrundsätzen des BewG zu ermitteln ist. Diese Auffassung stützt sich auf § 22 ErbStG 1951, der im Streitfalle noch anzuwenden ist. Sie entspricht im übrigen auch der ständigen Rechtsprechung des RFH und des BFH (vgl. Urteil des RFH V e A 211/25 S vom 23. März 1926, a.a.O.; ferner das Gutachten I D 1/30 vom 21. Mai 1931, Slg. Bd. 29 S. 137; ferner Urteil des BFH III 229/52 U vom 25. September 1953, a.a.O., und II 245/56 U vom 15. Juni 1960). Wenn das FG demgegenüber in dem angefochtenen Urteil ausführt, die Auffassung des RFH und BFH sei nicht näher begründet, sie finde auch im Gesetz selbst keine Stütze, so vermag der Senat dieser Ansicht nicht zu folgen. Schon der RFH hat in der erwähnten Entscheidung vom 23. März 1926, a.a.O., und in dem Gutachten I D 1/30, a.a.O., klargestellt, daß zwar die Frage, ob überhaupt eine Schenkung oder freigebige Zuwendung vorliege, nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts beurteilt werden müsse. Denn in § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG werde ausdrücklich von Schenkungen im Sinne des bürgerlichen Rechts gesprochen. Da aber die Schenkungen nur einen Unterfall der freigebigen Zuwendung darstellten, greife insoweit auch bei der Beurteilung, ob überhaupt eine freigebige Zuwendung vorliege, die bürgerlich-rechtliche Betrachtungsweise ein. Daß überhaupt auf das bürgerliche Recht zurückgegriffen werden muß, ergibt sich somit aus der Fassung des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, der für den Begriff der Schenkung auf das bürgerliche Recht verweist. Das BGB selbst enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, was im einzelnen als Gegenstand der Schenkung zu betrachten und wie der Wert der Schenkung zu berechnen ist. Wesentlich für den bürgerlich-rechtlichen Schenkungsbegriff ist nur der Eintritt einer Bereicherung, die der Beschenkte auf Kosten des Schenkers erlangt. Welcher Gegenstand im übrigen geschenkt ist, ergibt sich in der Regel aus der Natur der Sache, insbesondere soweit es sich um Geldzuwendungen oder um Schenkungen anderer beweglicher oder unbeweglicher Gegenstände handelt. Schwierigkeiten können insoweit nur bei der sog. gemischten Schenkung auftreten, da bei ihr nicht das vom Beschenkten empfangene Vermögensobjekt als solches, sondern nur die Wertdifferenz zwischen dem Empfang und der Gegenleistung des Beschenkten den Gegenstand der Schenkung bildet (vgl. hierzu BGB-RGRK 11. Aufl., Bd. II 1, Anm. 24 zu § 516; Rosenthal, Kommentar zum BGB, 14. Aufl., Anhang zu § 516 unter f.; Staudinger, Kommentar zum BGB, 11. Aufl., Bd. II 2, Anm. 22 ff. zu § 516 BGB). Nähere Bestimmungen über die gemischte Schenkung enthält das BGB ebensowenig wie über die Methode der Wertfeststellung, die zwecks Prüfung der Wertdifferenz im Rahmen der gemischten Schenkung erforderlich ist. Für das bürgerliche Recht spielt die Höhe dieser Wertdifferenz im übrigen nur insoweit eine wesentliche Rolle, als im Falle der Rückforderung einer gemischten Schenkung wegen groben Undanks (§ 530 BGB) nach herrschender Meinung grundsätzlich keine Rückgewähr der beiderseitigen Leistungen, sondern nur ein Ausgleich der Wertdifferenz stattfindet (vgl. hierzu RGZ Bd. 148 S. 236 und RGZ Bd. 163 S. 257). Ohne daß dabei ein bestimmter Bewertungsmaßstab zwingend vorgeschrieben wäre, geht das bürgerliche Recht regelmäßig von dem Vergleich der allgemeinen Verkaufs- oder Veräußerungswerte, des sog, gemeinen Werts aus. Ergibt sich insoweit nach den Maßstäben des bürgerlichen Rechts ein Wertunterschied zwischen der Leistung des einen und der Gegenleistung des anderen Teils, so liegt unter der Voraussetzung, daß sich die Vertragsparteien der Mehrleistung des einen Teils bewußt gewesen sind und dieser die Mehrleistung seinem Vertragspartner unentgeltlich zuwenden wollte, eine gemischte Schenkung vor. Bis zu diesem Punkte muß auch die schenkungsteuerrechtliche Prüfung von der Rechtslage des bürgerlichen Rechts ausgehen. Ist aber festgestellt, daß eine derartige Schenkung vorliegt, was im Rahmen der gemischten Schenkung nur zu bedeuten hat, daß dem Beschenkten die Wertdifferenz zwischen dem vom Schenker überlassenen Gegenstand und der eigenen Gegenleistung des Beschenkten zugewendet ist, so muß nunmehr der der SchenkSt-Pflicht unterliegende Wert der stpfl. Schenkung nach § 23 Abs. 1 i. Vbd. mit § 22 ErbStG ermittelt werden (vgl. hierzu Gutachten des RFH I D 1/30 vom 21. Mai 1931, a.a.O.). Die §§ 22, 23 Abs. 1 ErbStG schreiben für die Bewertung des schenkstpfl. Erwerbs ausdrücklich die Zuwendung der Bewertungsvorschriften des Steuerrechts vor, ohne dabei für den Bereich der gemischten Schenkungen eine Ausnahme zu machen. Für die Frage, mit welchem Wert das Besteuerungsobjekt der Schenkst zu unterwerfen ist, können deshalb die bürgerlich-rechtlichen Bewertungsmaßstäbe keine Bedeutung haben.
Da die Verentscheidung dies verkannt hat, unterliegt sie der Aufhebung. Die Sache ist spruchreif. Der Wert der Zuwendung ist nach Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und der Einspruchsentscheidung und unter Abänderung der zugrunde liegenden St-Bescheide wie folgt zu ermitteln:
Leistung (Darlehnshingabe): |
170.000 DM |
Gegenleistung: Nießbrauch, Jahreswert 11.900 DM, Vervielfältiger gem. § 16 Abs. 2 BewG 11 |
= 130.900 DM |
Differenz |
39.100 DM |
für jeden der beiden Erwerber 1/2 |
= 19.550 DM. |
Die Steuer ist demgemäß für jeden Erwerber nach Steuerklasse IV auf 1.950 DM festzusetzen.
Fundstellen