Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführerin (Bfin.), ein Ziegeleiunternehmen, erwarb durch notariell beurkundeten Vertrag im Jahre 1955 ein Ziegeleigrundstück mit Gebäuden, Anlagen und Zubehör. Von dem Gesamtkaufpreis von 140.000 DM setzte das Finanzamt zunächst im Steuerbescheid 21.000 DM und später in der Einspruchsentscheidung noch 53.000 DM für Zubehör, Betriebsvorrichtungen und ähnliches ab; davon entfielen auf den Brennofen 45.000 DM. Dem weiteren Begehren, die Gegenleistung außerdem noch um 22.000 DM für die Umschließung des Brennofens und um 12.500 DM für drei Trockenschuppen zu kürzen, entsprach das Finanzamt nicht, da die Gegenleistung insoweit nicht auf Betriebsvorrichtungen, sondern auf Gebäude entfalle.

Mit der Berufung trug die Bfin. erneut vor, die Bauwerke über dem unstreitig als Betriebsvorrichtung behandelten Brennofen seien als bloße Überdachung ebenfalls nur Betriebsvorrichtungen, zumal die Mittelstützen der Umschließung auf dem Brennofen ruhten, so daß die Umschließung bei Entfernung des Brennofens bzw. der Mittelstützen in sich zusammenfallen müsse. Dies gelte auch von den Trockenschuppen, die lediglich Trockengestelle mit Überdachung seien.

Nach einer eingehenden Ortsbesichtigung wies das Finanzgericht die Berufung als unbegründet zurück, da die Umschließung des Brennofens (eines Zickzackofens älterer Art) und die noch streitigen Teile der Trockenschuppen als Gebäude anzusprechen seien.

Nach den Feststellungen des Finanzgerichts besteht die Umschließung des Brennofens aus einer etwa 25 m langen, 20 m breiten und 11 m hohen weichgedeckten, holzverschalten Halle mit je sieben Fenstern an den Längsseiten. Die Halle ruht auf 32 Außen- und rund 50 Innernholzpfeilern. Die Außenpfeiler sind über Steinsockel mit dem Grund und Boden fest verbunden. Die Innenpfeiler sind (vermutlich fest) mit Steinsockeln verankert, die ihrerseits auf den Außen- und Innenwänden der Brennkammern des etwa 2 1/2 m hohen Brennofens ruhen. Diese Pfeiler tragen eine nach allen Seiten über den Ofen hinausragende, etwa 2 m (nach der Skizze der Bfin; etwa 2,80 m) über die Ofenoberfläche gezogene, balkenverbundene Holzbohlenzwischendecke. Die auf den Längs- und Querbalken dieser Zwischendecke stehenden, gleichmäßig verteilten rund 80 Holzpfosten tragen den Dachstuhl. Der rund 6 m hohe Raum, zwischen Decke und Dach diente als Trockenraum für Ziegelrohlinge. Auf die Ofenoberfläche, führen zwei Holztreppen, in den oberen Raum eine Leiter.

Die bis auf einen kleinen Rest abgerissenen drei langgestreckten Trockenschuppen (von rund 60 × 8 bzw. 56 × 10 m) hatten teils mit Dachpappe, teils mit Wellblech oder Ziegel gedeckte Satteldächer; der Dachstuhl ruhte an den Außenseiten auf Vierkanthölzern mit in den Erdboden eingelassenen Steinsockeln. Die noch streitigen Trockenschuppen(teile) sollen allseitig offen gewesen sein. (Daß die verschalten Packschuppenteile Gebäude waren, ist inzwischen unstreitig.) Durch die Schuppenmitte führte ein Feldbahngleis; links und rechts davon befanden sich Latten zum Trocknen der Rohlinge; diese Latten waren außen an den Vierkanthölzern und innen an zwei Reihen von Holzstützen befestigt, die auch die Dachmitte mit abstützten.

Dem Umstand, daß die Halle zusätzlich von Stützen getragen wird, die auf der Betriebsvorrichtung (Brennofen) stehen, maß das Finanzgericht im Streitfall keine ausschlaggebende Bedeutung bei, da es vielfach bautechnisch möglich sein werde, die Teile der Betriebsvorrichtung stehen zu lassen, auf denen die Stützen ruhen, im Streitfall also die Ofenwände, oder – sofern dies wegen der Beschaffenheit der Wände nicht möglich sei – die Stützen gegen längere, bis auf den Boden reichende Stützen auszuwechseln. Insbesondere wegen des oberen Trockenraumes sei die Umschließung nicht als Teil der Betriebsvorrichtung, sondern als Gebäude anzusehen, das u.a. eine Betriebsvorrichtung (den Brennofen) enthalte. – Auch die streitigen Trockenschuppen(teile) hätten sich nach Ausmaßen und Bauweise als schuppenartige, mit dem Grund und Boden fest verbundene Gebäude dargestellt, die nach der Baubeschreibung des Ingenieurs … auch nach Entfernung der Trockenvorrichtungen nicht zusammengebrochen seien.

Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) macht die Bfin. im wesentlichen geltend, die Stützen über dem Brennofen gegen längere auszuwechseln, verbiete die Wirtschaftlichkeit; der obere Trockenraum sei nur für diesen Zweck geeignet, so daß das ganze Bauwerk zwei Betriebsvorgängen diene. Der Brennofen entspreche der zwischenzeitlich erschienenen Darstellung in Abbildung 3 der neuen Abgrenzungsrichtlinien 1960 (Bundessteuerblatt – BStBl – 1960 II S. 93 ff., 98). An den Trockenschuppen seien das Wesentliche die Trockengerüste gewesen, nach deren Entfernung die Trockenschuppen baufällig geworden seien.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Finanzgericht.

1. Nach § 2 Abs. 1 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) sind unter Grundstücken im Sinne dieses Gesetzes Grundstücke im Sinne des bürgerlichen Rechts zu verstehen; es rechnen nicht dazu u.a. Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören. Diese Vorschrift stimmt im Ergebnis mit der des § 50 Abs. 1 Satz 2 des Bewertungsgesetzes (BewG) überein. Deshalb konnte das Finanzgericht, obwohl § 50 BewG gemäß § 18 Abs. 2 BewG nicht für die Grunderwerbsteuer gilt, nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteil II 41/55 U vom 30. November 1955, BStBl 1956 III S. 21, Slg. Bd. 62 S. 55) in seinem vor dem Bekanntwerden der neuen Richtlinien 1960 für die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen (für Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein BStBl 1960 II S. 93 ff., S. 111) erlassenen Urteil vom 11. Dezember 1959 von den Grundsätzen des Bewertungsrechts und insbesondere von der entsprechenden Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs und praktisch den damit übereinstimmenden Richtlinien des Bundesministers der Finanzen vom 4. Mai 1940 (Reichssteuerblatt 1940 S. 498) für die Abgrenzung der Betriebsvorrichtungen vom Grundvermögen ausgehen.

Das Finanzgericht hat in seiner eingehenden und wohlabgewogenen Begründung auch nicht verkannt, daß zur Abgrenzung vom Gebäudebegriff auszugehen ist und daß deshalb Bauwerke nur dann als Betriebsvorrichtungen behandelt werden können, wenn sie nicht die Begriffsmerkmale eines Gebäudes erfüllen (Urteil des Bundesfinanzhofs III 434/58 S vom 24. Februar 1961, BStBl 1961 III S. 228, Slg. Bd. 72 S. 621). Noch in dem Urteil III 228/59 U vom 19. Januar 1962 (BStBl 1962 III S. 121, Slg. Bd. 74 S. 315), das ebenfalls Lufttrockenschuppen betrifft, hat der III. Senat des Bundesfinanzhofs daran festgehalten, daß für den Begriff der räumlichen Umschließung das Vorhandensein einer Überdachung auch dann genügt, wenn durchgehende Außenmauern teilweise oder an allen Seiten fehlen. Der erkennende Senat schließt sich dieser Auffassung an. Die im Urteil II 41/55 U vom 30. November 1955 (BStBl 1956 III S. 21, Slg. Bd. 62 S. 55) geäußerten Bedenken des erkennenden Senats bezogen sich auf die allgemeine Gleichstellung von offenen Hallen mit Gebäuden, während – ebenso wie in dem vom III. Senat entschiedenen Fall III 228/59 U (a.a.O.) – die noch streitigen, mit einem Satteldach versehenen Trockenschuppen von rund 60 m × 8 m bzw. 56 m × 10 m dazu dienten, die Ziegelrohlinge vor Witterungseinflüssen (Regen und unmittelbarer Sonneneinstrahlung) zu schützen. Voraussetzung ist jedoch nach den oben angegebenen Urteilen des III. Senats (a.a.O., BStBl 1961 S. 229 linke Spalte; 1962 S. 122 rechte Spalte), daß auch solche Gebäude ausreichend standfest und von einiger Beständigkeit sind. Der erkennende Senat teilt auch in diesem Punkt die Auffassung des III. Senats, der insoweit ausdrücklich den um die Voraussetzung der Standfestigkeit ergänzten Gebäudebegriff in den Richtlinien 1960, a.a.O., gebilligt hat.

Die Trockenschuppen waren auch durch die Steinsockel, auf denen an den Außenseiten die Vierkanthölzer standen, im Sinne des oben angegebenen Urteils III 228/59 U (BStBl 1962 III S. 122, rechte Spalte) fest mit dem Grund und Boden verbunden und gestatteten den Aufenthalt von Menschen. Dem Umstand, daß die der Ablage der Rohlinge dienenden Latten außen an den Vierkanthölzern und innen an den Mittelstützen befestigt und die Trockenschuppen hierdurch möglicherweise nur beschränkt verwendbar waren, hat das Finanzgericht zutreffend keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen. Vielmehr hat es bei Bejahung der Gebäudeeigenschaft der Trockenschuppen richtig darauf abgestellt, daß die Trockenschuppen auch nach Entfernung dieser Trockenlatten nach seinen Feststellungen nicht zusammengebrochen sind, also in sich ausreichend standfest waren. Dies hat das Finanzgericht – außer aus der Baubescheinigung des Ingenieurs … – auch daraus geschlossen, daß der Trockenschuppen Nr. 7, der ebenfalls als abbruchsreif bezeichnet worden war, weiter als Packschuppen diente. Die ordnungsmäßigen Tatsachenfeststellungen des Finanzgerichts sind frei von Rechtsirrtum und stehen auch nicht im Widerspruch zu den Denkgesetzen und dem Akteninhalt. Für die Entscheidung der Frage, ob ein Bauwerk von einiger Beständigkeit ist, ist es – z.B. bei einem leichten Bauwerk – bedeutungslos, daß es nichts Endgültiges, nur etwas Behelfsmäßiges ist (Entscheidung des Bundesfinanzhofs III 140/60 U vom 24. Mai 1963, BStBl 1963 III S. 376, Slg. Bd. 77 S. 156). Auch die Frage der ausreichenden Standfestigkeit eines Bauwerks, kann nur nach den tatsächlichen Verhältnissen des Einzelfalles beantwortet werden. Deshalb könnten aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 285/59 vom 19. Januar 1962 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung – HFR – 1962 Nr. 308 S. 322) für den Streitfall insoweit keine Folgerungen gezogen werden: Dort waren die Trockenschuppen nach dem Sachverständigengutachten als in sich nicht standfest bezeichnet worden und darum hatte der III. Senat – in tatsächlicher Hinsicht an die Feststellungen der Vorinstanz gebunden (§§ 288, 296 der Reichsabgabenordnung – AO –) – die Annahme der Betriebsvorrichtung als gerechtfertigt bezeichnet.

2. Der rechtlichen Beurteilung der Brennofenumschließung als Gebäude durch das Finanzgericht insbesondere mit Rücksicht auf den (früheren) Großtrockenraum über dem Brennofen kann der Senat jedoch nicht ohne weiteres folgen.

Auch im Streitfalle könnte, da die Umschließung das ganze Bauwerk umfaßt, die Gebäudeeigenschaft nur dann bejaht werden, wenn die ganze Umschließung in sich selbständig standfest wäre. Da die Umschließung – anders als im Beispiel Abbildung 3 der Richtlinien 1960, BStBl 1960 II S. 98 – zum Teil von den mit dem Grund und Boden fest verbundenen, zum Teil aber von Pfeilern getragen wird, die auf der Betriebsvorrichtung (dem Brennofen) selbst ruhen, wird es entscheidend darauf ankommen, ob diese enge Verbindung zwischen Umschließung und Betriebsvorrichtung technisch, (d.h. in der Regel ohne größere bautechnische Schwierigkeiten) gelöst werden könnte, ohne daß hierdurch die eigene Standfestigkeit der Umschließung und deren Brauchbarkeit beeinträchtigt würden. Dies wäre etwa möglich, wenn der Brennofen ganz oder in seinen wesentlichen Teilen entfernt (oder auch erneuert) werden könnte, ohne daß die Umschließung zusammenbräche oder abgebrochen werden müßte. Die eigene Standfestigkeit der Umschließung wäre z.B. dann zu bejahen, wenn Teile der Betriebsvorrichtung, die die Umschließung mit tragen, als Stützen stehenbleiben oder wenn – bei völligem Abbruch des Brennofens – die auf der Betriebsvorrichtung stehenden Pfeiler durch längere mit dem Grund und Boden zu verankernde Pfeiler unter vorübergehender leichter Abstützung ausgewechselt werden könnten. Weitere Voraussetzung wäre in diesen beiden Fällen und in diesem Zusammenhang aber, da nur die Frage der eigenen Standfestigkeit der Umschließung auch bei Aufhebung der Verbindung zwischen Umschließung und Betriebsvorrichtung zu entscheiden ist, stets, daß durch solche baulichen Veränderungen gleichwohl eine anderweitige Verwendung der Umschließung nicht wesentlich beeinträchtigt würde. Allenfalls wäre es vielleicht in ganz besonders gelagerten Ausnahmefällen außerdem denkbar, daß zwar nicht nur Teile, sondern die ganze Betriebsvorrichtung und hierdurch die bisherige Standfestigkeit des Bauwerks nunmehr als eigene Standfestigkeit nur der Umschließung erhalten blieben, wenn nämlich auch das bauliche Bestehenbleiben der ganzen Betriebsvorrichtung (nur noch als Bauteil) eine anderweitige Verwendung der Umschließung ebenfalls nicht wesentlich beeinträchtigen würde. Letzteres käme etwa dann in Betracht, wenn die bisherige Betriebsvorrichtung so gebaut wäre, daß sie ohne größere bautechnische Schwierigkeiten auch einer anderen sinnvollen und wirtschaftlichen Nutzung der Umschließung nicht hinderlich wäre. Ähnliche Gedankengänge dürften die Entscheidung des Finanzgerichts beeinflußt haben. Das Finanzgericht hat diese Fragen jedoch nur als (theoretische) Möglichkeiten aufgeworfen; es hätte aber unter Berücksichtigung der auch insoweit maßgebenden Umstände des Einzelfalls prüfen müssen, ob die bautechnischen Verhältnisse im Streitfall tatsächlich so gelagert oder gestaltbar sind, wie vorstehend ausgeführt.

Die Vorentscheidung mußte deshalb wegen Verkennung des Begriffs der selbständigen Standfestigkeit und damit auch des Gebäudebegriffs aufgehoben werden. Die nicht spruchreife Sache geht an das Finanzgericht zurück. Dieses wird unter Beachtung der obigen Rechtsausführungen – erforderlichenfalls ausnahmsweise (vgl. insoweit Urteil des Bundesfinanzhofs III 285/59 vom 19. Januar 1962, a.a.O., am Ende, wonach nicht in jedem Fall erst statische Berechnungen gefordert werden können) unter Zuziehung eines Bausachverständigen – zu prüfen haben, ob der Umschließung trotz der sehr engen Verbindung mit dem Brennofen die für die Gebäudeeigenschaft nötige eigene Standfestigkeit zugesprochen werden kann oder ob – wie im Falle des Urteils III 285/59 vom 19. Januar 1962, a.a.O. – Brennofen und Umschließung eine technische Einheit bilden, so daß das ganze Bauwerk als Betriebsvorrichtung zu behandeln ist. Gegebenenfalls wäre auch zu prüfen, ob der Trockenraum oberhalb des Brennofens möglicherweise wegen Heißluftstauung bei kontinuierlichem Betriebsvorgang nicht einen längeren, sondern nur einen vorübergehenden Aufenthalt von Menschen gestattet (vgl. insoweit Urteil des Bundesfinanzhofs III 434/58 S vom 24. Februar 1961, a.a.O., und Richtlinien 1960 Tz. 7).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2027943

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge