Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die formgerechte Erteilung und Aushändigung einer Hypotheken-Eintragungsbewilligung an den Forderungsgläubiger, die diesen in den Stand setzt, die Eintragung des Rechtes in das Grundbuch ohne weitere Mitwirkung des Schuldners herbeizuführen, stellt eine mittelbare Sicherung durch inländischen Grundbesitz im Sinne des § 49 Ziff. 5 EStG 1955 dar.
Normenkette
EStG § 49 Ziff. 5, § 49/5/a
Tatbestand
Streitig ist, ob der verstorbene Bf. wegen der Zinsen aus einem Auseinandersetzungsguthaben für 1955 der beschränkten Steuerpflicht unterliegt.
Der Bf. wohnte im Streitjahr in Argentinien. Er war an den Firmen X. und Y. als Gesellschafter beteiligt gewesen. Mit Wirkung zum 31. Dezember 1954 schied er zusammen mit anderen Gesellschaftern, der Gruppe Z., aus beiden Firmen aus. In dem darüber abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich vom 21. September 1955 wurde das Abfindungsguthaben des Bf. auf 140.000 DM festgesetzt (ß 2 des Vergleiches). Das Guthaben war mit 5 % ab 1. Januar 1955 zu verzinsen und in Teilbeträgen auszuzahlen. über die Sicherung des Abfindungsguthabens wurde im § 3 des Vergleiches vereinbart:
"(1) Zur Sicherung sämtlicher Ansprüche der Ausscheidenden gemäß II, § 2 dieses Vergleichs bestellt hiermit die Fa. X. und die Fa. Y. den ausscheidenden Gesellschaftern an folgenden Grundstücken eine Sicherungshypothek im Betrage von je 140.000 DM unter sich zu gleichem Rang, verzinslich ab 1. Januar 1955 mit 5 % jährlich.
Die Eintragungsbewilligung für die Hypothek (Abs. 1 und 2) wird bei den inländischen Bevollmächtigten der Gruppe Z. hinterlegt. Diese sind berechtigt, die Eintragungen zu veranlassen, falls die Fa. X mit einer Zahlung in Verzug kommen sollte. Fa. X. und Fa. Y. verpflichten sich, keine Belastung der Grundstücke vorzunehmen, die die Sicherungsanwartschaft der Gruppe Z. beeinträchtigt.
Die inländischen Bevollmächtigten der Gruppe Z. sind verpflichtet, die Eintragungsbewilligung für die Hypothek der Fa. X. Zug um Zug gegen Zahlung der letzten Abfindungsrate herauszugeben".
Das Finanzamt hat den Bf. für 1955 wegen der Zinsen aus dem Abfindungsguthaben, die es als beschränkt steuerpflichtige Einkünfte nach § 49 Ziff. 5 EStG ansah, zur Einkommensteuer herangezogen.
Einspruch und Berufung blieben erfolglos. Wie das Finanzamt kam auch das Finanzgericht zu dem Ergebnis, daß die dem Bf. zustehende Abfindungsforderung eine durch inländischen Grundbesitz unmittelbar oder mittelbar gesicherte Kapitalforderung darstelle und deshalb beschränkte Einkommensteuerpflicht hinsichtlich der Zinsen gegeben sei.
Mit der Rb. wird Verletzung des § 49 Ziff. 5 EStG gerügt. Unstreitig sei für die dem Bf. zustehende Kapitalforderung eine Eintragung im Grundbuch nicht erfolgt. Somit fehle es an der erforderlichen Sicherung an einem Grundstück und damit an der Voraussetzung für die beschränkte Steuerpflicht der Zinserträge.
Auf Ersuchen des Senats ist der Bundesminister der Finanzen gemäß § 287 Ziff. 2 AO dem Verfahren beigetreten. In seiner Stellungnahme, die dem Bf. mitgeteilt wurde, kommt der Bundesminister der Finanzen zu dem Ergebnis, daß im vorliegenden Falle eine mittelbare Sicherung der Forderung des Bf. durch inländischen Grundbesitz gegeben und somit die beschränkte Steuerpflicht zu bejahen ist. Aus der historischen Entwicklung der Vorschrift des § 49 Ziff. 5 EStG leitet der Bundesminister der Finanzen her, daß eine einengende Auslegung des Begriffs der mittelbaren oder unmittelbaren Sicherung durch inländischen Grundbesitz nicht am Platze ist.
Entscheidungsgründe
Die Rb. kann keinen Erfolg haben.
Die dem Bf. im Jahre 1955 zugeflossenen Zinsen sind Kapitaleinkünfte im Sinne des § 20 Abs. 1 Ziff. 4 EStG, d. h. Zinsen aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art. Da der Bf. unbestritten im Jahre 1955 seinen Wohnsitz im Ausland hatte, unterliegt er hinsichtlich dieser Einkünfte nach § 49 Ziff. 5 EStG 1955 der beschränkten Einkommensteuerpflicht nur, wenn das Kapitalvermögen durch inländischen Grundbesitz unmittelbar oder mittelbar gesichert ist.
Unstreitig ist eine Eintragung einer Hypothek nicht geschehen. Formalrechtlich ist eine dingliche Sicherung der Forderung des Bf. nicht erfolgt. Jedoch ist in dem gerichtlichen Vergleich dem Bf. von der Schuldnerin der Forderung eine grundbuchmäßig formgerechte Eintragungsbewilligung für eine Sicherungshypothek erteilt worden, die den Bf. jederzeit in den Stand setzte, die Eintragung der dinglichen Sicherung zu betreiben, sofern der Schuldner auch nur im geringsten in der Erfüllung der Zins- und Tilgungsverpflichtungen säumig geworden wäre. Es bedarf in diesem Falle keiner weiteren Erklärungen des Schuldners. Der Bf. konnte ohne dessen erneute Mitwirkung die dingliche Belastung des inländischen Grundbesitzes durchführen. Damit war, jedenfalls wirtschaftlich gesehen, die Rechtsstellung des Bf. der eines dinglichen Gläubigers sehr nahe gerückt. Eine unmittelbare Sicherung in formalrechtlichem Sinne war zwar noch nicht geschaffen, doch war in dem bestehenden Rechtsverhältnis eine dingliche Sicherung des Bf. im wirtschaftlichen Sinne zu erblicken. Es darf auch nicht übersehen werden, daß der Bf. durch die im Vergleich abgeschlossene materielle Einigung über die Eintragung der Sicherungshypothek eine dingliche Anwartschaft auf diese erlangt hatte (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 15. Aufl. § 873 Anm. 3 e). Das vom Bf. erlangte Recht geht mithin über einen rein obligatorischen Anspruch auf dingliche Sicherung hinaus. Der Abschluß des Vergleichs zeigt auch deutlich, daß den Beteiligten, insbesondere dem Bf., an einer dinglichen Sicherung gelegen war. Damit ist dem Erfordernis einer mittelbaren Sicherung durch inländischen Grundbesitz im Sinne des § 49 Ziff. 5 EStG 1955 Genüge geschehen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs III A 317/34 vom 8. November 1934, RStBl 1935 S. 582).
Mit Recht ist der Bf. hinsichtlich seiner Zinseinkünfte aus dem Auseinandersetzungsguthaben somit der beschränkten Einkommensteuerpflicht unterworfen worden.
Die sich dagegen richtende Rb. kann nicht durchdringen.
Fundstellen
Haufe-Index 409982 |
BStBl III 1961, 161 |
BFHE 1961, 438 |
BFHE 72, 438 |